Let go by Lenari
Summary: Erinnert irgendwie an die Folge „Hilfe aus der Traumwelt“ und läuft ungefähr so: Jack bekommt die Chance, sich zu verabschieden und muss lernen, was es heißt, Daniel nie kennen gelernt zu haben…
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara
Genre: Hurt/Comfort, Romance, Slash
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 6 Completed: Ja Word count: 23745 Read: 34263 Published: 03.01.12 Updated: 30.03.12
Story Notes:
Diese Geschichte wurde ursprünglich auf der (ehemaligen) Seite 'More-than-just-Friends' veröffentlicht!

1. Prolog + Kapitel 1 by Lenari

2. Kapitel 2 by Lenari

3. Kapitel 3 by Lenari

4. Kapitel 4 by Lenari

5. Kapitel 5 by Lenari

6. Kapitel 6 by Lenari

Prolog + Kapitel 1 by Lenari
Author's Notes:
Spoiler: Ende der fünften, nach Daniels Tod

Anmerkung: Ich bin im Moment echt auf dem Slasher-Trip. Ich kann nicht einmal erklären, warum. Mir schwirrt einfach soviel im Kopf herum, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Ich werde es wohl nie schaffen, nicht mal irgendwo noch einen Anfang einer FF herumschwirren zu haben, während ich schon wieder etwas Neues beginne. Wem es als Autor nicht so geht, werfe bitte die erste Tastatur!
Let go


Prolog

 

 

„Unautorisierte Aktivierung des Stargates von außen.“, teilte Sgt. Siller mit. „SG-1 Code.“

 

„Iris öffnen!“, befahl General Hammond und begab sich vom Kontrollraum aus in Richtung Sternentor.

 

Währenddessen traten die Mitglieder von SG-1 aus dem Ereignishorizont. Colonel O’Neill wurde dabei von Teal’c und Major Carter gestützt, wenn nicht sogar schon halb getragen. Nur schwerlich konnte er sich auf den Beinen halten. Samantha rief sofort nach den Sanitätern. Jack blutete stark im Bauchbereich. Seine Weste samt Haut war von einer Stabwaffenentladung verbrannt worden. Er war kaum noch bei Bewusstsein, drohte jeden Augenblick zu kollabieren.

 

„Was ist passiert?“, wollte Hammond mit gehetzter Stimme wissen.

 

In der Zwischenzeit traf Doktor Fraiser mit zwei Sanitätern, welche eine Barre trugen, ein. Sofort waren sie bei Jack O’Neill und versuchten, die Blutung so gut es bei der Erstversorgung eben ging, zu versorgen.

 

„Wir wurden angegriffen, Sir.“, berichtete Sam besorgt und wandte dabei nicht eine Sekunde den Blick von ihrem Vorgesetzten ab.

 

Erst Daniel, jetzt er. Sie wollte ihn nicht auch noch verlieren. Das würde sie nicht verkraften. Ihre Hoffnung, dass Doktor Jackson irgendwann zu ihren zurückkehren konnte bestand auch noch weiterhin in ihrem Herzen, aber Jacks Tod würde sicherlich endgültig sein und sie nicht bereit, das einfach so zu akzeptieren. Sie hätte alles gegeben, ihm zu helfen, doch sie konnte nur tatenlos zusehen, wie Janet ihn auf die Trage verfrachtete und zur Krankenstation führte.

 

Weg aus Sams Blick, wo ihre Augen nicht über all das wachen konnten, was mit O’Neill passierte. General Hammond sah in ihrem als auch in Teal’cs Gesicht, dass sie ihrem Kameraden gerne folgen würden, um auf ihn Acht geben zu können, und so entließ er sie vorläufig. Er machte sich ebenso große Sorgen um seinen besten Mann und hoffte, dass dieser die schwere Verletzung überlebte.

 

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In der Nachbesprechung fragte der General gefasst an Doktor Fraiser gewandt: „Wie geht es dem O’Neill jetzt?“

 

„Er liegt im Koma.“, antwortete sie und pausierte, um jedem begreiflich zu machen, wie es um diesen außergewöhnlichen Mann stand.

 

Sie war nie jemand gewesen, der Tatsachen beschönigte, nur um es anderen leicht zu machen. Natürlich hatte sie Jack noch nicht aufgegeben, aber sie war Realistin und als solche konnte sie die Tatsachen nun einmal nicht verdrängen. Als Medizinerin hatte sie Menschen schon an weit harmloseren Wunden sterben sehen, aber sie hatte auch Fälle erlebt, in denen man die Hoffnung bereits aufgegeben hatte und doch noch ein Wunder geschehen war. O’Neill war zäh, er musste bloß um sein Leben kämpfen.

 

Sie fuhr fort: „Wir haben ihn zwar stabilisieren können, aber er hat sehr viel Blut verloren. Sein Zustand ist äußerst kritisch. Sollte er die nächsten vierundzwanzig Stunden überleben, haben wir gute Chancen, dass er durchkommen wird. Es liegt jedoch ganz allein an ihm, er ist es, der diesen Kampf gewinnen muss, wir können nur versuchen, ihn dabei zu unterstützen, so gut es uns eben möglich ist.“

 

Man konnte den Schmerz und die Hilflosigkeit deutlich in ihren Augen sehen. Auch den Wunsch, sich auf einen von Goa’uld besetzten Planeten zu begeben, nur um einen Sarkophag mit bloßen Händen zum Stargate zu schleifen, damit er ihren Freund wieder gesund machte. Sie war mit Leib und Seele Ärztin, sie konnte es nicht ertragen, Patienten sterben zu sehen, besonders nicht, wenn sie ihr so nahe standen, wie dieser Mann.

 

„O’Neill ist stark. Er wird es schaffen.“, blieb Teal’c trotz allem optimistisch.

 

Er vertraute voll und ganz auf die Stärke seines Freundes - dieser hatte schließlich schon weit Schlimmeres überstanden. Major Carter wollte das auch glauben, doch sie blieb eher verhalten positiv gestimmt. Sie hatte bereits Menschen an weit weniger brutalen Verletzungen sterben sehen, sie konnte die Möglichkeit, ihn vielleicht verlieren zu können, nicht aus ihrem Geist verdrängen.

 

„Können wir zu ihm?“, fragte sie zurückhaltend.

 

„Im Moment braucht er noch absolute Ruhe, aber in ein oder zwei Stunden sicher. Ich werde solange bei ihm bleiben.“, antwortete Doktor Fraiser mit einem leichten Lächeln, um ihre Freundin aufzumuntern.

 

Nach weiteren fünfzehn Minuten entließ General Hammond sie dann alle drei aus der Besprechung und befahl dem restlichen SG-1 Team, sich erst einmal auszuruhen, ehe sie sich die Nacht um die Ohren schlugen, nur um bei Jack sein zu können.

 

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Kapitel 1

 

 

Colonel O’Neill öffnete langsam die Augen. Es war relativ dunkel im Raum. Nur durch das Fenster seines Schlafzimmers drang das spärliche Licht der Straßenlaterne vor seinem Haus. Noch immer geisterte der Traum, den er gehabt hatte, durch seinen Geist. Der Schmerz, der seinen ganzen Körper hatte erbeben lassen, das warme Blut, welches durch seine Finger geronnen war, als er hatte die ganze Zeit nur einen Gedanken gehabt: Daniel! Dieser war nicht bei ihnen gewesen, war vor nicht allzu langer Zeit selbst gestorben. Jack hatte ihn so sehr vermisst, dass er sich fast gewünscht hätte, seinen Verletzungen zu erliegen, um bei seinem Freund sein zu können.

 

Instinktiv griff O’Neill an seinen Bauch, wollte sichergehen, dass es doch nur ein Traum gewesen war. Er fühlte nichts. Das änderte alles. Erinnerungen strömten in sein Bewusstsein, andere verblassten. Doktor Jackson war am Leben. Sie hatte den Abend und diese Nacht zusammen verbracht. Er war nicht gestorben, sondern hatte überlebt. Jakob hatte ihn retten können, die Asgard hatte ihn wieder vollständig geheilt. Er war wieder er selbst. Er war nicht fort und so sehr das auch Jacks Herz erleichterte, eine leise Stimme in seinem Kopf sagte ihm, dass dies unmöglich der Wahrheit entsprechen konnte. Der kleine Funken eines Zweifelns verblasste im Angesicht der Tatsache, dass sich ein warmer Körper etwas näher an ihn heranrückte.

 

„Schlecht geträumt?“, fragte die männliche Stimme hinter ihm, welche ihm wohl vertraut war,  während sich ein Arm um Jacks Taille schlang und seine Hand von einer anderen ergriffen wurde.  

 

„Ja.“, antwortete O’Neill immer noch aufgewühlt.

 

Sein Traum wollte ihn einfach nicht loslassen. Er konnte es nicht erklären, aber es war einfach so verdammt real gewesen. Seine Gefühle, der stechende Schmerz, der Geruch von verbranntem Fleisch und das warme Blut zwischen seinen Fingern. Er spürte das alles noch immer.

 

„Es war irgendwie… ach, ich weiß auch nicht.“

 

Daniel hakte nach: „Willst du es mir erzählen?“

 

„Ich denke nicht.“, antwortete Jack ehrlich.

 

Jack drehte sich zu seinem Freund um. Er wollte in das Gesicht des Mannes sehen, welcher dort neben ihm lag. Auch musste er sich vergewissern, dass er sich diese Unterhaltung nicht nur eingebildet hatte. Es lag jemand an seiner Seite, doch er konnte nur Umrisse erkennen. Jedoch spürte er instinktiv, dass es sich um seinen Geliebten handelte.

 

Daniel erwiderte: „Dann solltest du vielleicht versuchen, wieder einzuschlafen. Du wirst deinen Schlaf noch brauchen.“

 

„Ich will aber nicht schlafen.“, wehrte O’Neill ab.

 

Einerseits hatte er Angst, dass sein Alptraum wiederkehren würde, andererseits war dieser Traum so real gewesen, dass er befürchtete, dass dies hier das Geträumte hätte sein können, auch wenn es ihm ebenso wirklich erschien. Ihre Münder trafen sich zu einem zarten Kuss. Jack strich über die Wange des jungen Mannes, fuhr ihm durchs Haar und versuchte, sich alles Bekannte noch einmal von neuem einzuprägen. O’Neill merkte, wie er langsam wieder schläfrig wurde, auch wenn er es nicht wollte. Diese innige Berührung mit seinem Liebsten ließ ihn einfach jeden Zweifel vergessen. Sie lösten sich vorsichtig von einander und Jackson nahm ihn erneut in den Arm.

 

„Schlaf jetzt, Jack!“

 

Kaum hatte Daniel diese Worte ausgesprochen, war O’Neill auch schon eingeschlafen.

 

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„Schön, dass du wach bist, Jack. Wir haben uns bereits Sorgen gemacht.“, begrüßte Major Carter ihn, als er die Augen aufschlug und sich verwundert umsah.

 

Er fühlte sich orientierungslos, zwischen Realität und Phantasie hin und her gerissen, konnte nicht mehr erahnen, ob er immer noch träumte oder ob er bereits aufgewacht war. Beides konnte er nicht mehr auseinander halten. Eines wusste er jedoch mit Sicherheit, dass sein Freund und Liebhaber nicht mehr neben ihm lag.

 

„Ich bin nicht unterzukriegen, das weißt du doch, Sam.“, erwiderte Jack mit schwacher Stimme.

 

Sein Bauch schmerzte beim  Sprechen fürchterlich. Er war von einer Stabwaffe getroffen worden. Langsam kamen all die Erinnerungen zurück und verdrängten die Leere in seinem Kopf. Sie waren abweichend zu dem, was er zuvor für wahr gehalten hatte. Es war so vieles anders und doch fühlte es sich an, als wäre das hier die Realität. Als hätte er jahrelang nur geträumt, sich in ein besseres Leben geflüchtet. Eine alternative Welt, wo er glücklich sein konnte, wo er jemand besonderen hatte. Einen Menschen, den er lieben konnte und der ihn liebte. Es war soviel besser gewesen als das hier.

 

„Ich wünschte, Teal’c würde das auch so sehen.“

 

Samanthas Blick gewann an Trauer, als sie an ihren anderen Freund dachte, der ebenfalls wie ein Bruder für sie geworden war. Dieser war bei einer ihrer letzten Missionen nicht so glimpflich davon gekommen, wie O’Neill.

 

„Wie geht es ihm eigentlich?“, wollte Jack wissen.

 

Auch er erinnerte sich wieder an das Schicksal seines Freundes, eines, welches er sicher nicht teilen wollte. Teal’c war von einer Granate getroffen worden. Eigentlich kein Problem für Junior, nur leider hatte es ihm beide Beine weggefetzt. Doktor Fraiser hatte sie leider nicht mehr retten können. Das hatte seinem Freund allen Lebensmut genommen. Jack konnte gut nachvollziehen, wie dieser sich fühlen musste, dennoch konnte er nicht mit ansehen, wie sein Freund sich immer weiter aufgab, wie er Stückchen für Stückchen immer tiefer in Depressionen versank.

 

Carter entgegnete: „Noch immer nicht besser. Er badet immer noch in Selbstmitleid und hat abermals versucht, sich das Leben zu nehmen, als er von deinem Unfall hörte. Er gibt sich irgendwie die Schuld daran. Er meinte, er hätte da sein sollen, um dich zu schützen.“

 

„Du hast ihm doch hoffentlich gesagt, dass das ausgemachte Blödsinn ist, oder?“

 

„Er wollte nicht hören. Ich hatte gehofft, du würdest noch einmal mit ihm reden. Er würde sich sicher freuen und du verstehst  wohl am Ehesten, was im Moment durch seinen Dickschädel geistert.“

 

„Du spielst wohl auf meine Selbstmordversuche an.“, meinte O’Neill ruhig.

 

Er war über den Tod seines Sohnes hinweg, auch wenn ihn allein der Gedanke daran immer noch traurig machte.  Das Stargateprogramm hatte ihn ins Leben zurückgerufen, ihm eine neue Aufgabe gegeben, die er so gut wie möglich erfüllen wollte, doch das konnte er nicht, wenn er sich Sorgen um seine Freunde machte. Er hasste es, untätig mit ansehen zu müssen, wie es seinem besten Freund, seinem Bruder, immer schlechter ging. Das war nicht fair. Teal’c hatte mehr als jeder andere ein normales und glückliches Leben verdient. Jack wusste nicht, was er an dem Zustand des Jaffa ändern konnte. Er bezweifelte, auch nur irgendetwas gegen die momentane seelische Verfassung seines Freundes ausrichten zu können. Da musste dieser schon alleine wieder herausfinden.

 

Er meinte, wenn auch nur widerwillig, resignierend: „Er wird nicht mit sich reden lassen, aber ich kann es ja mal versuchen, wenn es dich beruhigt.“

 

„Das würde es.“, blieb Samantha optimistisch.

 

Noch wollte sie Teal’c nicht aufgeben. Das konnte sie nicht. Er war immer der Fels in ihrem Leben gewesen, derjenige, der nicht zu erschüttern war. Wie sollte sie jetzt mit dem Wissen klarkommen, dass es ihn so nicht mehr geben würde, dass er sie nie wieder trösten, nie wieder bestärken würde. Sie wollte ja noch nicht einmal darüber nachdenken. Sie blickte ihren Vorgesetzten an und erkannte den abschweifenden, nachdenklichen Blick in seinem Gesicht.

 

Zögerlich fragte Carter: „Jack, alles in Ordnung?“

 

O’Neill wurde je aus seinen Gedanken gerissen. Ihm war dieser Traum nicht aus dem Kopf gegangen. Es war alles so real gewesen, so echt. Die Gefühle und die Schmerzen. Er hatte alles mit jeder Faser seines Körpers gespürt. Aber nicht nur die körperliche Seite auch die seelische. Die Qualen, die nur ein Verlust einem zuführen konnte. Er kannte diese Art von Schmerz besser als so manch ein anderer. Er zerfraß einen von innen, ließ einen langsam sterben. Es wurde oft fast unerträglich, ihn aushalten zu müssen. Und er hatte auch gewusst, wieso er so empfunden hatte. Doch jetzt war dieses Wissen einfach verschwunden. Er konnte sich nicht mehr erinnern.

 

„Ja, ich habe mich bloß gerade gefragt, was geschehen wäre, wenn alles anders gelaufen wäre, wenn wir Hilfe gehabt hätten.“, antwortete Jack zögerlich und immer noch leicht verwirrt.

 

Er wurde das Gefühl einfach nicht los, dass etwas fehlte, dass sein Leben nicht so verlaufen war, wie es eigentlich sollte. Erklären konnte er sich das nicht, aber es ließ ihn einfach nicht los.

 

„Es war nicht deine Schuld.“, erwiderte Samantha.

 

Sie glaubte, dass seine Bemerkung eine Art Schuldzuweisung seinerseits war, denn normalerweise stellte er keine solchen Theorien auf. Es entsprach nicht seinem Charakter, philosophische Gedanken zu äußern oder sich gar darüber den Kopf zu zermartern. Er war immer ein einfacher Mann gewesen, der sich nicht viel aus Wissenschaft oder den Mysterien der Welt gemacht hatte. Für ihn war es immer nur unverständliches Gebrabbel gewesen, das keinen Sinn ergeben hatte. Carter wusste sofort, dass irgendetwas geschehen sein musste, dass ihn so verändert hatte und sie nahm an, dass es sich dabei um Gewissensbisse gehandelt haben musste.

 

„Ja, ich weiß. Aber trotzdem.“

 

Er versuchte, es ihr begreiflich zu machen: „Hast du nie daran gedacht, dich gefragt, was wir hätten anders machen können? Ich meine, es hätte doch besser sein können. Kein Utopia, nur Kleinigkeiten. Dass Teal’c laufen kann, dass nicht unser halber Planet zerstört worden wäre, dass dein Vater noch leben würde. Dass wir einfach hätten Hilfe haben müssen. Einen Menschen, der uns vor allem Unheil bewahrt. Eine Art höheres Gewissen.“

 

Sie blickte ihm verwirrt entgegen. Ihr war immer noch nicht ganz klar, was er von ihr wollte, was er als Antwort erwartete. Doch es schien ihr, als wäre jedes Wort, welches sie sagen würde, ihm nicht reichen könnte. Er hatte nur laut gedacht und konnte selbst auch nicht wirklich begreifen, was ihn zu diesen Überlegungen gebracht hatte. Sein Instinkt sagte ihm einfach nur, dass es so nicht hätte sein dürfen.

 

„So etwas wie einen Schutzengel? Das ist eine schöne Vorstellung, aber wie sollte ein Einzelner so etwas schaffen? Das ist doch unmöglich.“, gab Sam grübelnd zurück.

 

Ihr logischer Verstand wollte solch eine Tatsache nicht so ohne weiteres zulassen.

 

Jack meinte nur: „Nicht in meinem Traum. Da war alles besser.“

 

„Vielleicht haben wir ja jetzt deinen Engel an unserer Seite. General Hammond hat beschlossen, uns einen neuen Mann zuzuteilen, so eine Art Ersatz für Teal’c. Er ist Archäologe und soll für uns alles übersetzen.“, wechselte Major Carter beiläufig das Thema.

 

„Ein Zivilist? Da lerne ich doch vorher lieber selbst dieses ganze Goa’uldzeug.“, versuchte O’Neill einen sarkastischen Witz, auch wenn er tief in seinem Inneren wusste, dass, selbst wenn er es erst gemeint hätte, es nichts an der Tatsache geändert hätte, dass dieser Mann ihnen zugeteilt wurde.

 

„Das will ich sehen.“, erwiderte Sam mit einem Lächeln. „Auf jeden Fall hat er die Tests alle bestanden und wird in ein paar Tagen hier eintreffen. Bis dahin sind wir bis auf weiteres beurlaubt. Genug Zeit für dich, sich zu erholen.“

 

„Ist das ein Befehl?“, fragte Jack mit hochgezogenen Augenbrauen.

 

„Nein, eine ärztliche Anordnung von Janet. Ich habe dich schon viel zu lange wach gehalten.“

 

Jack ließ sich in die Kissen zurücksinken und schloss geschafft die Augen.

 

„Wenn das so ist, werde ich wohl noch etwas schlafen.“, meinte er nur und driftete auch bereits wieder in eine Art Dämmerzustand.

 

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„Major Carter, du solltest zu Bett gehen. Ich werde hier bleiben und über O’Neill wachen.“, meldete dich Teal’c sachte zu Wort, nachdem er die Krankenstation betreten hatte. Sie hatte die ganze Nacht an der Seite ihres Freundes verbracht und wirkte ziemlich erschöpft. Die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sam brauchte Ruhe, vor allem aber eine Mütze voll Schlaf.

 

„Nein, ich kann sowieso nicht schlafen.“, wehrte sie gähnend ab. Das strafte ihre Worte Lügen.

 

„Ich soll dir von Doktor Fraiser ausrichten lassen, dass sich bis jetzt noch keine Veränderung hat feststellen lassen.“, versuchte der Jaffa es diplomatischer.

 

Doch er bezweifelte, dass er sie mit den Fakten überzeugen würde, dass sich während ihrer Abwesenheit genauso wenig verändern würde, wie während ihrer Gegenwart. Insgeheim befürchtete sie nämlich, dass genau dieser Fall eintreten würde.

 

Müde lächelnd gab sie zurück: „Wenigstens kann er selbstständig atmen. Das ist doch schon mal was, oder?“

 

„Es kann noch dauern, bis er aufwacht. Du solltest wach sein, wann es soweit ist.“

 

„Ich werde wach sein.“, meinte Sam entschieden.

 

Selbst wenn ich kurz darauf in eine Art Dornröschenschlaf fallen sollte, fügte sie in Gedanken hinzu.

 

„Dann iss wenigstens etwas. Dich auch noch auf der Krankenstation zu wissen, ist nicht sehr förderlich.“, erwiderte Teal’c kompromissbereit.

 

Er machte sich auch um seine Freundin Sorgen.

 

„Dann wäre ich wenigstens Tag und Nacht bei ihm, ohne dass sie mich hinauswerfen könnten.“, wehrte sie sarkastisch ab, fügte dann aber doch noch hinzu: „Aber du hast ja Recht, ich werde mir gleich etwas holen.“

 

 

Sam tat ihrem Jaffafreund den Gefallen, auch wenn es ihr nicht behagte, Jack allein zu lassen. Selbst wenn er natürlich nicht von Teal’c verlassen werden würde, welcher sich doch bereits entschieden hatte, auf O’Neill zu achten.

 

Er verkündete für sie wie zur Besänftigung ihrer Ängste: „Ich werde hier solange warten.“

 

„Janet meint, wir sollen mit ihm reden, aber ich denke nicht, dass er uns hören kann.“, versuchte Carter dennoch das Unausweichliche hinauszuzögern.

 

Sie wollte einfach nicht von seiner Seite weichen, egal wie schlecht es ihr auch ging. Ihre Angst, ihn auch noch zu verlieren, war einfach zu stark.

 

„Ich sehe das anders, Samantha Carter.“, wandte Teal’c ein. „O’Neill hört uns, da bin ich sicher. Vielleicht nicht mit dem Kopf, aber mit dem Herzen.“

 

„So etwas hat Bra’tak auch gesagt, als du das Mal’sha’ran durchliefst. Ich hoffe, du hast Recht damit.“

 

Wieder ein eher klägliches Lächeln, aber sie gab sich alle Mühe, stark und optimistisch zu sein. Sonst hatten ihre beiden Freunde diesen Part immer übernommen, auf die eine oder andere Weise, aber Daniel war nicht mehr bei ihnen und O’Neill wachte einfach nicht auf. Teal’c gab sich wirklich alle Mühe, aber das war nicht dasselbe. Sie vermisste es, von diesen beiden Männern aufgemuntert zu werden.

 

„Ich werde ihm vorlesen. Dieses Buch hat er mir empfohlen, aber ich verstehe es nicht so ganz.“

 

Er reichte es Major Carter, welche auffordernd die Hand ausgestreckt hatte. Sie betrachtete es kurz und blätterte durch die abgegriffenen Seiten.

 

„Romeo und Julia.“, las sie nachdenklich vor. „Ich wusste gar nicht, dass Jack es je gelesen hat. Vielleicht hilft er dir ja, es zu verstehen, sobald er aufwacht.“

 

„O’Neill meinte, es würde vieles erklären.“, dachte der Jaffa laut. Für ihn erklärte diese Tragödie absolut nichts, sie warf nur noch mehr Fragen auf.

 

Samantha hingegen meinte nur: „Das tut es, Teal’c, das tut es.“, ehe sie sich aufraffte, in die Cafeteria zu gehen, um sich etwas zu essen zu holen und sich danach umziehen zu gehen. Schlafen würde sie jedoch nicht, nahm sie sich ganz fest vor.

weiter: Kapitel 2

Kapitel 2 by Lenari

Kapitel 2

 

 

Zwei Hände legten sich von hinten auf seine Augen. Allein diese sanfte Berührung ließ Jack erschauern, da er genau wusste, wem sie gehörten. Er kannte diese schmalen, behutsamen Finger nur zu gut. Er hatte sie oft gespürt, waren mit der Zeit zu einem beständigen Teil seiner Welt geworden. Dennoch kam es ihm irgendwie falsch vor. War er nicht gerade noch in einem Krankenbett gelegen, hatte geträumt und solch einen schmerzlichen Verlust in seinem Herzen verspürt. Jetzt wusste er auch, wieso. Der Besitzer dieser Hände hatte ihn dazu gebracht, innerlich zu zerbrechen. Nur Stück für Stück und ganz langsam, aber unaufhörlich.

 

Aber er war hier bei ihm, berührte ihn, atmete in seinen Nacken und hauchte leise Worte in sein Ohr: „Rate, wer ich bin!“

 

Das untermauerte nur noch Jacks Annahme. Diese leicht raue Stimme kam ihm ebenso bekannt vor wie seine eigene. Die Gefühle waren echt, so etwas konnte man unmöglich träumen. Es war so real, es konnte kein Traum sein. Er überlegte, ob nicht vielleicht eingeschlafen sei und das andere wäre ein Traum gewesen oder aber er hatte einen kleinen Ausflug in die Welt der Phantasie gemacht, obwohl ihm diese Welt ebenso real vorgekommen war. Wie konnte das sein. Er konnte es sich nicht erklären, aber er wollte im Moment auch nicht wirklich darüber nachdenken. Er war nur froh, dass sein Freund bei ihm war und ihn berührte, auch wenn sich dieser im Augenblick wie ein großes Kind benahm.

 

„Ich erkenne dich an der Stimme, ich hoffe, dass dir das klar ist, Daniel.“, entgegnete O’Neill trocken.

 

„Ich bin nicht Daniel.“, wehrte Doktor Jackson ab und schüttelte entschieden den Kopf, was Jack natürlich nicht sehen konnte.

 

„OK, wer denn dann?“, beschloss dieser mitzuspielen.

 

So konnte er seinen Freund wenigstens etwas ärgern. Ratespielchen boten schon immer die richtige Grundlage dafür, sich mal wieder so richtig dumm zu stellen. Außerdem half es ihm, seinen merkwürdigen Traum im Traum zu vergessen.

 

„Ich gebe dir einen Tipp: Ich bin groß…“, begann Daniel.

 

Und wurde sofort von Jack unterbrochen: „Teal’c.“

 

„Nein!“, protestierte Jackson murrend. „Ich bin sexy…“

 

Wieder fiel sein älterer Freund ihm ins Wort.

 

„Carter.“

 

O’Neill machte dieser Ratespiel umso mehr Laune, desto genervter sich sein junger Freund fühlte. Ein frustriertes Seufzen entfuhr diesem, als er diesen Namen vernahm. Er hatte sich von Anfang an von dieser blonden Schönheit bedroht gefühlt und das hatte sich bis jetzt auch nicht geändert. Jack wusste das nur zu gut, weshalb er sie auch mit ins Spiel gebracht hatte. Das würde dem Anthropologen wenigstens eine Lehre sein, so etwas nie wieder zu versuchen.

 

„Jack, ich war noch nicht fertig und lustig finde ich das auch nicht.“, brüskierte er sich.

 

Daniel mochte es gar nicht, von seinem liebsten so aufs Korn genommen zu werden. Das dieser es auch nie lassen konnte, ihn so zur Weisglut zu treiben.

 

„OK, OK, mach weiter.“, erwiderte Jack resignierend, dachte aber gar nicht daran, jetzt schon so einfach nachzugeben, nur weil sich sein Freund auf den Schlips getreten fühlte.

 

„Und ich habe silbergraues Haar.“, beschrieb Daniel das Bild vor seinen Augen weiter.

 

„Siller?“, stieß Jack, ohne groß darüber nachzudenken, hervor. „ Also der ist wirklich niedlich. Vielleicht manchmal etwas tollpatschig, aber das reizt mich irgendwie an ihm.“

 

Er ließ sich bestimmt gegen Jacksons Brust sinken, so als würde ihm dieser Gedanke gefallen, was er natürlich nicht tat. Er mochte Sgt. Siller, aber nur als Kollegen. Auf jeden Fall verfehlte sein Ausspruch sein Ziel nicht, denn sein Gefährte begann leise und misstrauisch zu knurren. 

 

 Dieser protestierte dann umso lauter: „He! Das ist auch nicht witzig.“

 

„Also, ich finde schon.“, gab Jack ehrlich zurück und grinste über das ganze Gesicht.

 

Daniel hatte die Wahl zwischen brutalem Ignorieren - etwas, das auch ihm nur Nachteile gebracht hätte - und der Überwältigungstaktik, für welche er sich dann auch entschied.

 

„Na warte.“, fuhr er auf, wirbelte seinen älteren Freund herum und küsste ihn leidenschaftlich.

 

Mit einem kräftigen Schubs landete Jack dann auf dem Sofa. Dort kniete Daniel sich über ihn und begann erneut, seine Lippen zu liebkosen. O’Neill beschloss daraufhin, dass wohl genug gescherzt wurde. Es war Zeit zur Sache zu kommen. Etwas worauf er sich jeden Abend freute, selbst wenn nichts weiter als Kuscheln dabei herauskam.

 

„OK, OK, du bist also meine Wenigkeit. Nennt man das hier dann eigentlich Selbstbefriedigung oder zählt es eher zu Inzest?“, wollte er wissen, da er sich diese Frage nun doch nicht verkneifen konnte.

 

„Du machst es mir ja sehr einfach.“, stellte Daniel, zwischen zwei Küssen auf Jacks nackte Haut, fest.

 

„Immer.“, bestätigte sein Liebster nur zufrieden schnurrend.

 

Seine Divise für heute war klar: Gewehrt wird sich ein anderes Mal. Wenn sein junger Freund Lust auf ihn verspürte, wäre er der Letzte, der ihn von dem abhalten würde, was auch immer er geplant hatte. Es hätte ihm eh nichts gebracht außer einem schmollenden Anthropologen, der sehr nachtragend werden konnte, wenn er nur wollte.

 

Nach einer Weile ließ Daniel von ihm ab und meinte ernt: „Ich muss mit dir reden.“

 

„Kann das nicht warten?“

 

Jack hatte gerade Gefallen daran gefunden, sich verwöhnen zu lassen und einfach nur zu genießen. Eine Unterbrechung der ernsten Art, konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen. Er wollte es, ehrlich gesagt, auch gar nicht wissen.

 

„Es ist aber wichtig.“, wandte Jackson ein.

 

„Geht es um Leben und Tod?“, wollte O’Neill wissen, hörte jedoch nicht auf, Daniels Hals zu küssen.

 

„Nein.“, entgegnete dieser, hatte jedoch noch ein Aber auf den Lippen.

 

In weiser Voraussicht fiel Jack ihm vorher ins Wort: „Dann will ich es jetzt nicht hören.“

 

Seine Hand wanderte an Daniel hinunter zwischen seine Beine, um auch noch den letzten Versuch eines Protestes von vornherein im Keim zu ersticken. Wie immer hatte er damit vollen Erfolg.

 

„Überredet. Aber später, in Ordnung?“

 

Jackson wollte dennoch die Zustimmung seines Geliebten, dass diese Unterhaltung lediglich vertagt und nicht völlig vom Tisch war.

 

„Was auch immer.“, meinte O’Neill nur, damit Daniel endlich die Klappe hielt und da weitermachte, wo er aufgehört hatte.

 

Oh Gott, wie sehr ich ihn doch liebe.

 

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„Wie geht es dir?“, fragte Colonel O’Neill sanft und nahm auf dem Stuhl neben dem Bett seines Freundes platz.

 

Er hatte sich endlich durchgerungen, mit diesem zu reden. Die kleine Schachtel, die er mitgebracht hatte, legte er auf den einfachen Nachttisch. Teal’c würde sie öffnen, wenn er dazu bereit war.

 

„Gut, O’Neill.“, erwiderte Teal’c stoisch.

 

„Du siehst aber nicht so aus.“, bemerkte Jack ruhig.

 

Er wollte Zeit schinden, seinen Freund auf seine Art und Weise aufmuntern, ihn davon überzeugen, dass sein Team ihn trotz allem immer noch brauchte.

 

Der Jaffa gab zurück: „Du auch nicht.“

 

Jack zuckte mit den Schultern.

 

„Ja, da ist was dran. Wie wäre es mit einer kleinen Spritztour durch den Mountain? Wir könnten die Schwestern ärgern.“, schlug er vor, einfach nur, um seinen Freund abzulenken.

 

„Kein Interesse.“, war die knappe Antwort Teal’cs.

 

Er fühlte sich nicht dazu in der Lage, sein Quartier zu verlassen, seine Unzulänglichkeit vor all den anderen zur Schau zu stellen oder sie sich gar selbst einzugestehen. Er wollte im Grunde ja nicht einmal Besuch empfangen, doch Colonel O’Neill hatte sich nicht abwimmeln lassen. Für den Jaffa war es eine Sache, von Krankenschwestern und Ärzten umgeben zu sein, aber eine vollkommen andere, wenn seine Kameraden ihn besuchten. Für sie war er immer der starke Krieger gewesen und nun fühlte er sich nur noch als altes Wrack ohne jeden Nutzen.

 

Er wollte sterben, seinem kläglichen Dasein ein Ende setzen. Man ließ ihn jedoch nicht. Es war auch nicht ehrenvoll, aber er glaubte sowieso schon daran, alle Ehre verloren zu haben. Seine Freunde - schon gar nicht Jack - würden ihm helfen, den Tod zu finden, weswegen er sie bis jetzt auch noch nicht darauf angesprochen hatte. O’Neill würde sich an Teal’cs Stelle ebenso den Tod wünschen, wusste, wie er sich fühlte, und doch würde er seiner Bitte sicher nicht nachkommen.

 

„Na los, dass könnte die letzte Chance für ein Rollstuhlduell mit mir sein. Zumindest für den nächsten Monat. Ich lasse mich nicht absichtlich für dich anschießen, aber du weißt ja, wie Kugeln mich mögen.“

 

Jack schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter, um seinen Freund aufzurütteln. Er wollte ihn unter allen Umständen auf andere Gedanken bringen.

 

Teal’c entgegnete stoisch: „Ich habe dich auch nicht darum gebeten.“

 

„Ach komm schon, Großer. Hör auf zu schmollen. Ich meine, die Ärzte sagen, du könntest wieder laufen lernen. Das sind doch gute Nachrichten.“, versuchte O’Neill es jetzt mit Optimismus.

 

Auch das brachte nicht viel, wie er schnell feststellen musste. Sein Jaffafreund war nicht davon abzubringen, dass er jetzt zu nichts mehr zu gebrauchen war, dass er selbst mit Alien-Prothese nicht wieder seine volle Kraft zurückbekommen könnte. Doktor Fraisers Arm war jedoch stärker denn je. Sie konnte sogar einen Menschen ohne Probleme anheben. Jack hatte es am eigenen Leib gespürt, auch wenn sie ihn nur einige Zentimeter vom Boden bekommen hatte. Größer war sie halt nicht gewesen. Tauschen würde er mit ihr trotzdem nicht wollen.

 

„Wie mit diesen Stümpfen.“, fuhr Teal’c ihn an, zog dabei die Decke von seinem Unterleib, so dass die Verletzungen zum Vorschein kamen, die er sich vor Monaten zugezogen hatte.

 

Narbengewebe, das gut verheilt war, angespannte Muskeln, aber keine Unterschenkel oder Füße. Es wirkte abstrakt, irgendwie unwirklich - ungewohnt. Teal’c erschien Jack auf einmal viel kleiner. Er war diesen Anblick nicht gewohnt, aber er versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sich erschrocken hatte. Mitleid stieg in ihm auf, doch er versuchte es in den nächsten Sätzen nicht mitschwingen zu lassen, da es sicherlich für den Jaffa nicht förderlich gewesen wäre, ihn auch noch zu bedauern. Das war das Letzte, was dieser wollte.

 

Jack gab ruhig zurück: „Janet hat es auch geschafft, wieder operieren zu können und sie hatte nicht einmal die Hälfte ihres Armes.“

 

Sie hatte nicht aufgegeben und der Hüne sollte das auch nicht tun. Er gehörte zu SG-1 und das Handtuch u werfen war einfach nicht ihr Stil.

 

„Sie hat aber auch nur einen Arm verloren und nicht beide Beine. Ich bin ein Krüppel.“

 

Immer mehr schwang Verbitterung in Teal’cs Stimme mit. Jack hätte ihn für diese Entgegnung am Liebsten geohrfeigt. ER wollte das nicht hören, nicht zugeben müssen, dass sein Freund die Wahrheit sagte. Er hätte an dessen Stelle doch genauso reagiert. Auch er hätte sich aufgegeben. Wieso ließ er es denn jetzt nicht zu? Glaubte er immer noch, dass Teal’c stärker war als er selbst. Nicht nur körperlich, sondern auch mental? Er wollte die Hoffnung einfach nicht aufgeben. Dazu war es einfach noch viel zu früh. Im Moment kam ihm alles immer noch wie ein schlechter Alptraum vor, der einfach nicht enden wollte.

 

„Trotz allem bist du immer noch stärker als ich.“, wehrte O’Neill überzeugt ab.

 

„Dennoch nutzlos.“, erwiderte Teal’c und deckte sich wieder zu.

 

Er konnte den Anblick seines eigenen Körpers nicht länger ertragen. Seit Wochen hatte er in keinen Spiegel mehr gesehen. Es frustrierte ihn - machte ihn wütend, ließ ihn immer deprimierter werden. Er wollte so nicht leben, er verabscheute sich selbst dafür, nichts mehr wert zu sein. Wieso können meine Freunde das nicht verstehen?

 

„Nicht für uns.“, blieb Jack standhaft in seiner Meinung, auch wenn er nicht annahm, dass es seinem Jaffafreund helfen würde. „Du bist immer noch ein Mitglied meines Teams und ich erwarte von dir, dass du dich auch so benimmst.“

 

Er hatte seinen Befehlston aufgelegt. ER hoffte, mit Bellen weiterzukommen, zu seinem Kameraden durchzudringen und diesen zur Vernunft zu bringen. Der Colonel in ihm übernahm die weiteren Verhandlungen und der einfache Mann - derjenige, der nachvollziehen konnte, wie Teal’c sich fühlte - wurde abgestellt. Nur so konnte er die Dinge sagen, an die er im Grunde seines Herzens nicht wirklich glaubte. Auch für ihn waren es nur überflüssige Floskeln, die nichts an dem Geschehenen oder dem Zustand seines Freundes ändern würden.

 

Der Hüne wandte trocken ein: „Ich wurde längst ersetzt.“

 

„Gegen einen nervenden Wissenschaftler, der wahrscheinlich nicht einmal die erste Woche überleben wird. Ach komm schon, den kannst du doch nicht als ernste Bedrohung ansehen. Wir haben schon viele kommen und gehen sehen, aber wir bleiben.“, schmetterte Jack seinen Einwand mit entschiedener Härte und auch etwas Sarkasmus zurück.

 

 Aufgeben war nicht seine Stärke. Er hatte es versucht, doch er war immer zu feige gewesen. Er hatte nie wissen wollen, wie es sein würde, noch einmal zu versagen und damit leben zu müssen.

 

„Ich möchte dich um etwas bitten, O’Neill.“, wechselte Teal’c das Thema.

 

Jack wusste sofort, worauf sein Freund hinaus wollte.

 

„Sprich gar nicht erst weiter. Ich will es nicht hören. Ich befehle dir, dich zusammenzureißen und alles zu unternehmen, was notwendig ist, um wieder in den aktiven Dienst treten zu können.“, befahl er unnachgiebig.

 

Von einer Bitte, die mit dem Tod seines Freundes zu tun hatte, wobei er auch noch abdrücken sollte, wollte er nichts hören. So würde er dieses Problem ganz sicher nicht handhaben. Es musste eine andere Lösung geben, eine, die Teal’c nur noch zu akzeptieren hatte. Zumindest sagte ihm das sein militärischer Verstand, nicht aber sein Herz, das nicht mit ansehen konnte, wie sein Freund sich quälte.

 

„Ich würde lieber…“

 

Jack unterbrach ihn schroff: „Ich werde dich nicht töten und auch niemand sonst. Du bist unser Freund, verdammt, und die knallt man nicht einfach so ab. Hast du kapiert?“

 

„Bra’tak hätte es getan.“, entgegnete Teal’c nur.

 

„Er ist aber tot, genau wie der Rest unserer Familien.“, stellte Colonel O’Neill klar. Diese Worte taten ihm in der Seele weh, denn es erinnerte ihn daran, dass auch er Menschen verloren hatte, die ihm wichtig gewesen waren. Sarah. Charlie. Viele seiner Kollegen. Aber so war es nun einmal und er konnte es nicht mehr ändern.

 

„Stört dich das denn gar nicht, O’Neill?“, wollte der Jaffa wissen.

 

„Doch, natürlich! Aber es ist nun einmal nicht zu ändern. Wenn ich es könnte, würde ich es tun.“

 

Jack war ehrlich, als er das sagte, aber dennoch auch wieder nicht. Er wurde das Gefühl nicht los, zu lügen, nicht die volle Wahrheit zu sagen. Da war etwas, das ihm sagte, dass er nicht alles in seiner Macht stehende getan hatte, dass es hätte auch anders laufen können. So war es gewesen, seit er Teal’cs Quartier betreten hatte - wenn nicht schon, seit er in der Krankenstation aufgewacht war.

 

Dann ständig diese Träume, die ihn immer wieder überkamen. Er und dieser junge Mann, dessen Namen ihm schon wieder entfallen war. An solch eine Verbindung hatte er nie zuvor in seinem Leben gedacht, doch jetzt kam es ihm so wirklich, so real, so richtig vor, dass ihn der Gedanke einfach nicht mehr losließ. Er konnte sich das beim besten Willen nicht erklären. Ihm fehlte etwas. Etwas Lebensnotweniges.

 

Teal’c meinte gedämpft: „Wenn du mir nicht helfen willst, solltest du lieber gehen.“

 

Bei diesen Worten erkannte O’Neill, was dieses etwas war, das nicht vorhanden war, was sie alle bereits aufgegeben hatten: die Hoffnung. Sie lebten und kämpfen eigentlich nur noch, um zu überleben, jedoch nicht mehr, weil sie ihr Dasein liebten, sondern nur noch, wie die Alternative nach trostloser erschien. Jack gab nicht auf, obwohl es um so vieles einfacher gewesen wäre und das nur, weil es für seinen militärischen Geist nicht in Frage kam. Er wusste ja nicht einmal mehr, was ihn jeden Morgen aus dem Bett trieb. Resignationen dieser Art waren Neuland für ihn - er hasste, was er nicht kannte - er wusste schließlich nur, wie man kämpfte.

 

„Also keine kleine Wettfahrt? Dann suche ich mir halt jemand anderen. Ruf mich an, wenn du endlich zur Vernunft gekommen bist.“, meinte Jack zum Abschied, so als würde er nicht für immer sein.

 

Doch er hatte seine Entscheidung bereits getroffen. Er würde seinem Freund helfen, wenn es das war, was dieser wollte. Er wusste auch nichts mehr zu sagen, das seinen Freund oder ihn überzeugt hätte. Als er die Tür hinter sich schloss, fühlte er sich allein. Er wusste nicht, ob sie die Waffe finden würden, ob sein Kamerad sie benutzen würde, aber er hatte wenigstens zu helfen versucht.

 

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Major Carter betrat die Krankenstation. Sie war doch noch für ein paar Stunden eingeschlafen. Eigentlich hatte sie sich nach einer heißen Dusche nur einmal kurz hinlegen wollen, um ihre Augen auszuruhen und war dann bis spät in die Nacht hinein eingedöst. Länger konnte und wollte sie ihn jedoch nicht mehr so alleine lassen. Ihr Essen hatte sie sich mitgebracht und knabberte nun appetitlos an ihrem Sandwich.

 

„Wie geht es ihm?“, fragte sie zwischen zwei Bissen, aber erst nachdem Teal’c das Kapitel des Buches fertig gelesen hatte.

 

„Unverändert.“, antwortete dieser stoisch.

 

Dennoch hakte Sam nach: „Hat er sich heute schon bewegt?“

 

„Nein.“

 

Wieder nur ein Wort. Sam wurde allmählich wütend. Nicht nur auf Teal’cs Einsilbigkeit, sondern auch auf sich selbst. Sie fühlte sich so unendlich hilflos - so nutzlos.

 

„Am Liebsten würde ich ihn schütteln, ihn anschreien oder was auch immer nötig ist, damit er die Augen aufmacht.“, dachte sie laut.

 

Der gereizte, verzweifelte Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

 

„Ich denke nicht, dass das so eine gute Idee wäre, Samantha Carter.“, wandte der Jaffa stoisch ein.

 

Er verstand Samantha nur zu gut, doch blieb in Anbetracht dieser Situation dennoch ruhig. Er sah keinen Sinn darin, zornig zu werden, weil es sowieso nichts geändert hätte. Auch hatte er nie begriffen, warum seine Freunde bei Begebenheiten wie diesen immer aus ihrer Haut gefahren waren. Besonders Colonel O’Neill.

 

Vielleicht, um ihre eigene Unzulänglichkeit zu kaschieren, folgerte Teal’c. Aber genau diese Art Gefühl brauchte Carter im Augenblick. Das beruhigte sie komischerweise immer wieder. Dann wusste sie, dass sie nicht alleine stand.

 

„Ich weiß.“, resignierte sie und setzte sich zu dem Hünen.

 

Seufzend fügte sie hinzu: „Aber ich fühle mich so hilflos. Ich hasse das.“

 

„Ich weiß, wie du dich fühlst.“, bestätigte Teal’c.

 

Dem war wirklich so, auch wenn er es kaum zeigte. Allein seine Augen sprachen von der Trauer, die er empfand. Nicht nur für Jack, auch für Daniel, welcher vor nicht allzu langer Zeit gegangen war. Außerdem galt das Zeigen von Gefühlen für ihn immer noch als Schwäche, auch wenn seine Freunde ihm mehr als einmal bewiesen hatten, welche Kraft man aus ihnen ziehen und welche Gabe sie doch sein konnte.

 

„Ob ich es vielleicht mal mit dem Handgerät versuchen sollte?“, dachte Carter laut und erhielt eine ehrliche Antwort.

 

„Bei Daniel Jackson hat es damals nicht funktioniert.“

 

Genau diese Tatsache hatte sie die ganze Zeit davon abgehalten, das Thema überhaupt in Erwägung zu ziehen. Sie ärgerte sich darüber, dass es bei einem Goa’uld immer funktionierte, bei ihr jedoch nicht, außer sie heilte einen dieser Schlangenköpfe. Ihr Vater war auch nicht zu erreichen und einen anderen Tok’ra wollte sie nicht rufen, ehe es Colonel O’Neill nicht noch schlechter ging. Er traute ihnen nicht und sie tat es auch nur im begrenzten Maße.

 

„Erinnere mich nicht daran. Ich wünsche mir sowieso schon, dass er hier wäre. Allein seinetwegen würde Colonel O’Neill die Augen öffnen.“, erwiderte sie mit plagenden Schuldgefühlen.

 

Nur zu gut wusste sie um die besondere Beziehung der beiden Männer. Das stille Einverständnis, das Wissen, um des anderen Gedanken, über das, was sie tun und lassen würden, Daniel und Jack verstanden sich auch ohne Worte. Solch eine Chemie herrschte zwischen ihr und einem der beiden nicht in diesem Maße. Sie waren Freunde und sie vertrauten einander, aber oft war ihr nicht bewusst, was Jackson oder O’Neill dachten, während diese sich schon stillschweigend darüber geeinigt hatte, was sie machen würden. Auch zu Teal’c verspürte sie kein so außergewöhnliches Band, nicht einmal zu Janet, die ihr ebenso nahe stand wie die drei Männer. Sie beneidete die beiden darum. Um die Zuneigung, die sie für einander empfanden - die unausgesprochene allgegenwärtige Liebe. Keiner von ihnen würde das je zugeben, aber so war es.

 

„Wir können es leider nicht ändern.“, riss der Jaffa sie aus ihren Gedanken.

 

„Ob Daniel vielleicht doch hier ist?“, sprach sie das, was in ihrem Kopf herumgeisterte, abermals laut aus. „Ich meine, ob er uns zusieht, uns emotional beisteht und Jack beschützt.“

 

Major Carter zuckte nur mit den Schultern.

 

Stoisch sagte Teal’c: „Du meinst, wie ein Engel.“

 

„Klingt verrückt, nicht.  Wir kämpfen gegen falsche Götter und ich versuche Daniel gerade zu so etwas ähnlichem zu machen.“, lachte sie auf.

 

Samantha wusste nicht, wie sie seinen Zustand - falls er wirklich aufgestiegen sein sollte - sonst beschreiben würde. Man sah ganz deutlich, dass sie christlich erzogen worden war, konnte sie doch nicht das Bild von Daniel mit weißen Flügeln vor ihrem inneren Auge verdrängen. Es kam ihm so nahe, so als würde seine Güte und Sorge um andere nach außen hin strahlen.

 

„Ich habe viel über euren barmherzigen Gott gehört und ich bin sicher, wenn jemand diesem Bild gerecht wird, dann Daniel Jackson.“, erwiderte Teal’c ernst und stimmte damit mit ihr überein.

 

„Er wäre sicher angetan von diesem Kompliment gewesen, aber das hätte es sehr schwer gemacht, noch vernünftig mit ihm arbeiten zu können.“

 

Sam schenkte ihrem Freund ein sanftes Lächeln, bei dem Gedanken daran, wie Daniel selbstgefällig zu philosophieren beginnen und keinen Widerspruch mehr dulden würde. Auch eine Unterbrechung wäre undenkbar gewesen.

 

Er hatte den Hang zu Übertreibungen.

 

„O’Neill hätte ihn schon wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.“, meinte Teal’c nur und Carter konnte ihm da nur zustimmen. Wenn es einer geschafft hätte, dann nur Jack O’Neill. Er hatte es schließlich schon einmal getan, hatte sie alle auf dem Boden der Tatsachen gehalten und sie immer wieder in ihre Grenzen gewiesen, aber sie auch zu Höchstleistungen herausgefordert. Dabei hatte er nicht auch nur einen Moment überheblich gewirkt. Er hatte nie zuviel von ihnen verlangt, nur, das sie auf ihn hörten.

 

„Er hat uns alle dort gehalten.“, sprach Samantha in Erinnerungen schwelgend.

 

Der Hüne konnte nur zustimmen: „In der Tat.“

 

Sie blieben schweigend nebeneinander sitzen und blickten ihren gemeinsamen Freund voller Sorge an. Jeder hing dabei seinen ganz persönlichen Gedanken nach und erinnerte sich an Vergangenes.

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Kapitel 3 by Lenari

Kapitel 3

 

 

Daniel und Jack lagen atemlos auf dem Boden. Es war für beide sehr berauschend und befriedigend gewesen. Sie hatten sich vollkommen verausgabt, um es dem anderen so schön wie möglich zu machen. Es war ja auch schon eine ganze Weile her gewesen, seit sie das letzte Mal ungestört gewesen waren. Eine halbe Ewigkeit, wie beide fanden. Jetzt kamen sie beide langsam wieder zur Ruhe. Daniel kuschelte sich enger an Jack, während dieser eine Decke über beide verschwitzten Körper ausbreitete. Es war dann doch etwas kühl geworden.

 

„Können wir jetzt miteinander reden?“, fragte Jackson in die Halsbeuge seines älteren Freundes.

 

„Natürlich.“, meinte dieser zufrieden und hakte nach einer kurzen Pause abwartend nach: „Also, worum geht es?“

 

Daniel wusste nicht genau, wie er das Kommende ausdrücken sollte, also entschied er sich letztendlich für den direkten Weg. O’Neill hasste es sowieso, wenn man um den heißen Brei herumredete und alles blumenhaft verpackte.

 

„Ich werde gehen, Jack.“, sagte er ernst. Er blickte seinen Kameraden an und wartete auf irgendeine Reaktion. Was er bekam, war nicht das, mit dem er gerechnet hatte.

 

Jack meinte nur: „Ich habe dein Symposium nicht vergessen und ich wünsche dir viel Vergnügen.“

 

Doktor Jackson war wohl doch etwas zu direkt gewesen. Das Archäologentreffen hatte er längst abgesagt und aus seinem Gedächtnis gestrichen. Er würde wohl doch etwas ausführlicher werden müssen. Innerlich stellte er sich bereits darauf ein, dass sein Liebster vor Wut kochen würde und ihn des Hauses verwies.

 

„So meine ich das nicht. Ich werde wirklich gehen. Nach Ägypten. Man hat mir dort die Leitung einer Ausgrabung angeboten.“, sagte Daniel sachlich.

 

Je weniger Gefühle - welcher Art auch immer - er in seine Worte hineinlegte, desto besser würde es für alle beide werden. Jack jedoch sah das sicher ganz anders.

 

„Was?“

 

O’Neill konnte seine Verwirrung nicht verbergen. Sie stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Er wollte die Worte seines Freundes keinen Glauben schenken. Das konnte er nicht. Das würde für ihn bedeuten, dass er es akzeptieren musste und das wollte er nicht. Er macht Witze.

 

„Ich wollte ja erst ablehnen, aber ich denke, es wäre das Richtige für mich. Es gibt mir die Chance, meine Theorien zu beweisen.“, fuhr Daniel aus.

 

Für ihn stand bereits fest, dass er gehen würde, egal was sein Lebensgefährte sagen würde. Das ausgerechnet er diese Chance bekommen hatte, grenzte sowieso schon an ein Wunder. Er wollte und konnte sich diese Gelegenheit einfach nicht entgehen lassen. Er hoffte nur, dass Jack das verstehen würde. Er hatte alles Für und Wider abgewogen, sich über die Zukunft Gedanken gemacht sowie seine Möglichkeiten abgewogen, dennoch mit seinem Liebsten zusammen sein zu können.

 

Es war ihm nicht leicht gefallen, doch er hatte diese Entscheidung getroffen. Daniel wollte etwas erreichen, beweisen, dass er mit seinen Theorien Recht hatte und das konnte er nur, wenn er diesen Auftrag annahm. Er hatte damals den Respekt seiner Kollegen verloren, nun konnte er ihn zurückgewinnen. So eine Aussicht würde sich für ihn nie wieder bieten, das musste Jack doch verstehen. Dieser sagte schließlich auch nie nein zu einem Auftrag. Auch er wollte vorankommen und geachtet werden. Es würde ja auch nicht für immer sein.

 

O’Neill hakte empört nach: „Und was ist mit uns?“

 

Irgendwie schlich sie bei ihm das Gefühl eines Déjà-vus ein, als hätte er diese Unterhaltung schon einmal geführt, als wäre sein Freund schon einmal gegangen. Er versuchte, es zu verdrängen, es als Unsinn abzustempeln, doch es war so tief in ihm verankert, dass er das nicht konnte. Das machte ihn nur noch zorniger.

 

„Es fällt mir ja auch schwer, mich von dir zu verabschieden, aber ich kann nicht anders. Ich muss gehen. Ich kann nicht ewig an der Uni Archäologie unterrichten und mir die gemeinen Scherze meiner Kollegen und das Getuschel meiner Studenten anhören. Ich brauche die Gewissheit, dass ich richtig liege, dass ich mich nicht umsonst zum Gespött des Landes gemacht habe. Außerdem könnte das der Fund des Jahrhunderts sein und ich kann aktiv dazu beitragen. Allein die Erkenntnisse, die wir gewinnen könnten, wären überwältigend. Das ist eine Herausforderung, die ich jetzt einfach ergreifen muss.“, redete Daniel eindringlich auf Jack ein.

 

Ihre Beziehung hatte doch schon viel mehr überlebt, als diese fast lächerliche Entfernung von einigen hundert Kilometern und einem Ozean zwischen ihnen. Viel Schwierigeres war schon auf sie eingeströmt. Jacks Arbeit und die damit verbundene Geheimhaltung ihrer Beziehung, die vielen schlaflosen Nächte, wenn sein Liebster im Einsatz Gott-weiß-wo war und er sich Sorgen machte, ob er diesen je wieder sehen würde, oder die unzähligen Verletzungen, mit welchen O’Neill nach Hause zurückgekehrt war und er nichts gesagt, seine Angst heruntergeschluckt hatte. Jetzt war er einmal an der Reihe.

 

„Das interessiert mich aber nicht. Mir ist nur wichtig, dass du bei mir bist.“, fuhr Jack ihn an und richtete sich auf.

 

Er ertrug die Nähe zu seinem Kameraden nicht länger. Langsam begann er zu gereuen, dass sie nicht vorher miteinander gesprochen hatten. O’Neill fühlte sich benutzt, auch wenn er es gewesen war, der darauf gedrängt hatte, intim zu werden. Wieso ist Daniel nicht schon früher damit herausgerückt? Muss es denn ausgerechnet jetzt sein?

 

 Ihm brannten noch viel Fragen auf der Seele, doch er wagte nicht, sie auszusprechen. Das würde einer vorzeitigen Kapitulation gleichkommen. Etwas, das zu dieser Zeit für ihn absolut noch nicht in Frage kam. Er wusste, er würde seinen Freund nicht aufhalten können, doch er musste es wenigstens versuchen. Das war er sich schuldig.

 

„Ich werde doch wiederkommen, auch wenn ich noch nicht genau weiß, wann.“, wandte Daniel mitfühlend ein.

 

Er wollte sich einfach heute nicht mehr streiten, viel eher wollte er Jack und die verbleibende Zeit mit ihm genießen.

 

Dieser entgegnete entschieden: „Dann komme ich eben mit.“

 

„Das kannst du nicht und das weißt du. Du kannst nicht einfach deinen Job hinwerfen, nur wegen mir. Deine Leute brauchen dich. Du bist nicht umsonst zum General ernannt worden. Es ist wichtig, dass du ihnen in den Hintern trittst.“, wehrte Jackson ab.

 

So sehr er sich das auch gewünscht und sich darauf gefreut hatte, wenn sein älterer Freund mitkommen würde, müsste er selbst mit der Gewissheit leben, dass Jack dort nicht glücklich werden würde. Für ihn war Ägypten ein traumhaftes Land und er könnte sein ganzes Leben zwischen den Ruinen, den Grabkammern sowie alten Pyramiden verbringen, doch für Jack wäre es eher wie eine Art Exil – er würde sich einfach nur nutzlos und fehl am Platze fühlen.

 

„Ich kann in den Ruhestand gehen und dir folgen. Es gibt genug fähig Männer, ich bin ersetzbar.“

 

Jack hat wohl für jeden meiner Einwände eine Erwiderung parat, schoss es Daniel durch den Kopf.

 

„Als ob du es lange aushalten würdest, nur herumzusitzen, und das auch noch in einem Land, dass du nicht magst.“, bemerkte Jackson besserwisserisch.

 

Wieso konnte sein Kamerad es nicht einfach akzeptieren und ihm versichern, dass ihre Liebe stark genüg wäre und sie es schon irgendwie schaffen würden.

 

„Dann lasse ich mich eben dorthin versetzten und beginne, Ägypten zu mögen.“, versuchte O’Neill erneut einen Einwand, auch wenn er genau wusste, dass das nie der Fall sein würde.

 

Es war, für seinen Geschmack, zu warm und zu sandig in der Wüste, mal ganz abgesehen von den eigenwilligen Fortbewegungsmitteln, der fremden Kultur und der Tatsache, dass er Daniel kaum zu Gesicht bekommen würde. Sie würden die Rollen tauschen und das behakte ihm gar nicht. 

 

Wissend seufzend entgegnete Daniel: „Das wirst du nie. Außerdem könntest du doch nie deine Hütte aufgeben. Du brauchst die Stille dort, um dich zu erholen, besonders in dieser schwierigen Zeit. Ich will nicht, dass du all das aufgibst, was dir wichtig ist, nur um bei mir zu sein. Das ist unnötig.“

 

Er wollte Jack in den Arm nahmen, doch dieser schlug einfach seine Hände beiseite und erhob sich. Er war ganz und gar nicht in der Stimmung, besänftigt zu werden. Er wollte wütend sein, damit es nicht ganz sosehr schmerzte.

 

„Soll meinetwegen doch die Welt in die Luft fliegen, Hauptsache, ich bin bei dir.“, fuhr er sarkastisch auf, den Zorn nicht verbergend.

 

Ernst meinte er das nicht, aber wenn schon, dann so und nicht anders. Außerdem verdeutlichte es das, was er fühlte, was er wollte, dass er Daniel brauchte.

 

„Wenn du mich liebst, dann lass mich gehen.“, stellte Daniel klar, drängte seinen Freund damit in die Enge.

 

Es war die einzige Möglichkeit, diese Diskussion zu beenden, ohne das Jack beginnen würde, seine Koffer zu packen und ein Versetzungsgesuch aufzusetzen. Jackson hatte sich ebenfalls erhoben und O’Neills Gesicht in beide Hände genommen. Jetzt wartete er nur noch auf die erhoffte Resignation seines Liebsten.

 

„Das ist nicht fair von dir, Daniel.“, gab Jack kleinlaut zum Besten.

 

Das war es wirklich nicht - für keinen von beiden - aber so war es nun mal.

 

„Das Leben ist niemals fair, Jack. Wir sollten versuchen, das beste aus unserer Situation zu machen.“

 

Doktor Jackson küsste seinen Gefährten auf die Stirn, als Bestätigung, dass sie es schaffen könnten, sie mussten sich nur irgendwie mit den Gegebenheiten arrangieren.

 

Resignierend fragte O’Neill: „Wann musst du los?“

 

Er hatte beschlossen, sich damit abzufinden, dass sein junger Freund seine Meinung nicht mehr ändern würde, auch wenn es ihm unglaublich schwer fiel, diesen Gedanken überhaupt zuzulassen.

 

„Ende der Woche. Wir haben also noch etwas Zeit.“

 

Nicht viel, aber immerhin, fügte Daniel in Gedanken hinzu.

 

„Ich hasse es, wenn du weg bist, dann läuft bei mir immer alles schief.“, murrte Jack traurig.

 

Er lehnte sich gegen Jackson in dem Wissen, dass er es für lange Zeit nicht mehr würde tun können, dass ihr gemeinsames Leben, so wie er es kannte, erst einmal auf Eis gelegt sein würde.

 

„Ich bin immer bei dir, auch wenn du mich nicht siehst, solange du mich nur liebst, das weißt du doch.“

 

Ein leichtes Lächeln zauberte sich auf Daniels Lippen, ehe er O’Neill küsste.

 

Jack fügte hinzu, nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten: „Und du weißt, dass mir das nicht reicht.“

 

„Es muss aber.“, wandte Jackson ein. „Ich werde auf jeden Fall gehen. Ich muss es tun.“

 

Mit diesen Worten wolle er noch einmal deutlich machen, wie erst ihm diese Entscheidung war. Er hätte es nicht angesprochen, wenn er sich nicht sicher gewesen wäre. Deswegen hatte er doch auch so lange gezögert, es Jack zu erzählen. Er war selbst nicht überzeugt gewesen, ob es das Richtige sein würde. Zumindest nicht bis heute. Er hatte darüber nachgedacht, sich entschieden und würde jetzt auch dazu stehen.

 

„Ich will jetzt ehrlich gesagt nicht weiter darüber diskutieren. Streiten können wir immer noch.“, meinte Jack erledigt, bettete seine Stirn an Daniels Schulter, schloss die Augen und genoss die Wärme und den herben Duft seines Gegenübers.

 

„Ich liebe dich, Jack.“, gestand ihm dieser.

 

Behutsam streichelte Daniel seinen Rücken, während diese zärtlichen Worte leise die Stille zwischen ihnen durchbrachen.

 

„Ich…“, begann O’Neill mit einer Erwiderung, wurde dann jedoch von einem sanften Kuss Daniels unterbrochen.

 

„Sag nichts. Zeig es mir!“, forderte dieser ihn auf, ehe sie sich erneut in einem leidenschaftlichen Lippenbekenntnis verloren.

 

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„Carter?“, stieß Colonel O’Neill gepresst hervor und drückte Samantha sanft von sich, um einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sie beide zu bringen.

 

Was ist das denn gewesen? Sie hatte ihn geküsst. Er hatte es zwar erwidert, doch das mehr aus Reflex. Außerdem hatte er immer noch das Gefühl, als wären es im ersten Moment nicht einmal ihre Lippen, sondern die eines anderen gewesen. Noch vor Sekunden hatte er gewusst, wem diese Erwiderung gegolten hatte, doch nachdem er die Augen geöffnet hatte, war dieses Wissen einfach nicht mehr da gewesen. Wie weggeblasen. Ihn schmerzte dieser Verlust, doch er hatte unmöglich Zeit, darüber nachzudenken. Er musste erst einmal das zwischen Carter und ihm auf die Reihe kriegen, ehe er sich mit seinen Tagträumen beschäftigen konnte.

 

Samantha entgegnete reumütig: „Es tut mir leid, Jack.“

 

Sie spielte mit dem Saum ihres Pullovers, wagte es nicht, ihn anzusehen. Sie schämte sich zu sehr für das, was sie getan hatte. Zumindest für den Teil, mit dem der Kuss so abgrubt geendet hatte.

 

„Was…, ich meine…, warum?“, stotterte Jack noch immer verwirrt.

 

Er konnte das eben Geschehene noch immer nicht ganz begreifen. Er wusste zwar, warum er zuerst darauf eingegangen war, sie zu küssen, aber er konnte einfach nicht verstehen, was sie dazu getrieben hatte. Er wollte ihre Freundschaft nicht wegen eines dummen Fehlers aufs Spiel setzen. Dafür bedeutete sie ihm zu viel. Außerdem durften sie das einfach nicht.

 

„Wir brauchten das wohl einfach.“, antwortete Sam die Schultern zuckend.

 

„Aber es ändert nichts, oder?“

 

Jack griff nach seinem Bier und nahm einen kräftigen Schluck, sowohl um ihren Geschmack von seinen Lippen zu bekommen, als auch um einen klaren Kopf zu bekommen. Er musste zugeben, es hatte ihm gut getan. Es war zur Abwechslung ein angenehmes Gefühl gewesen. Doch das lag nur an dem Kuss an sich, nicht an der Person, welche ihn geküsst hatte. Allein deswegen plagten ihn bereits die Schuldgefühle. Es war alles andere als angebracht gewesen und auch unangenehm.

 

„Nein, es macht es nur schwerer.“, gestand sich Carter verlegen ein.

 

Damit hatte sie voll ins Schwarze getroffen.

 

„Wir sollten es am Besten gleich wieder vergessen.“, meinte Jack bestimmt.

 

Sie blickte auf. Sah ihn ungläubig an, als verstünde sie nicht, was er gerade vorgeschlagen hatte. Sie würde das eben Geschehene nicht einfach vergessen können, sich jedoch irgendwie mit seiner Entscheidung arrangieren müssen. Dabei wollte sie doch nur zur Abwechslung etwas anderes als Schmerz in ihrem Leben.

 

Hoffnungsvoll fragte sie: „Hat es dir denn nicht gefallen?“

 

„Doch schon, denke ich.“, erwiderte O’Neill unsicher.

 

Er wusste selbst nicht recht, was er davon halten sollte.

 

Schließlich wandte er doch noch ein:  „Es wäre einfach nicht richtig.“

 

„Wieso denn nicht, wenn wir es doch beide wollen?“, fragte sie enttäuscht.

 

„Wir können uns doch nicht einfach so in etwas hineinstürzen, dass uns beide zerstört, nur weil der Verlust zu schmerzvoll ist. Pete wäre sicher nicht begeistert. Und Sarah… ich will nicht daran denken.“

 

Diese Worte waren Jack sichtlich schwer gefallen. Er, der früher womöglich jede Gelegenheit zur Ablenkung genutzt hatte, hatte nie angenommen, jemals so etwas über die Lippen zu bekommen. Aber hier ging es um weit mehr, als ein kleines Techtelmechtel, es stand seine Freundschaft zu Sam auf dem Spiel. Dummheiten wie diese konnte er sich einfach nicht erlauben.

 

„Aber sie sind beide tot, Jack!“, warf Carter, lauter als beabsichtigt, ein.

 

„Gerade darum geht es doch! Außerdem ist es nicht nur das. Ich denke nicht, dass ich den Kuss auch nur annähernd sosehr gewollt habe, wie du.“, gab er zögerlich zu und hakte gleich nach: „Hast du deswegen etwa begonnen, mich zu duzen?“

 

Samantha antwortete kleinlaut: „Schon möglich.“ und sah wieder auf ihre Hände.

 

Colonel O’Neill wollte und konnte nicht weiter darüber nachdenken, geschweige denn reden. Er war müde, es war spät und sie hatten getrunken. Sie mussten beide erst einmal wieder nüchtern werden und im Geiste zur Ruhe kommen. Er war sich nicht sicher, ob nicht doch noch etwas passieren würde, selbst wenn er es nicht wollte. Er hatte sich in den letzten Tagen seit dem Unfall einfach nicht mehr unter Kontrolle. Ständig diese realen Tagträume und all die anderen Umstände zerrten an seinen Nerven.

 

„Wir sollten schlafen gehen…“ Schnell fügte er noch hinzu: „…getrennt.“

 

„Sicher. Ich werde nach Hause.“

 

Sam wollte schon aufstehen, doch er hielt sie sanft am Handgelenk zurück. So wollte er sie nun auch nicht fahren lassen. Er machte sich Sorgen um sie. So hatte er Sam noch nie erlebt und das gefiel ihm gar nicht.

 

„Bleib!“, sagte er bestimmt. „Du hast getrunken, du kannst jetzt unmöglich fahren. Außerdem habe ich ein weiches Gästebett, das vielleicht endlich einmal eingeweiht werden sollte. Fühle dich ganz wie zu Hause.“

 

Er erhob sich und ging zu Bett, auch wen er fast eine Ewigkeit brauchte, um in einen ruhelosen Schlaf zu verfallen.

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Kapitel 4 by Lenari

Kapitel 4

 

 

Es war spät geworden. Draußen herrschte bereits von Laternen durchbrochenes Dunkel. Nur im Schlafzimmer von Jacks Haus brannte noch Licht. Daniel war am Packen, während O’Neill im Bett lag, in einem Journal blätterte und nebenbei seinem Liebsten zusah, wie dieser Vorbereitungen traf, die zwangsläufig zu ihrem baldigen Abschied führen würde. Wie er seine sieben Sachen ordentlich in dem großen Koffer verstaute, immer wieder inne hielt, um zu überlegen, was ihm noch fehlte, ehe er in eines der anderen Zimmer schlenderte, um es zu holen.

 

Gerade war er aus dem Bad zurückgekommen, bepackt mit den verschiedensten Sorten an Duschgel und Aftershave. Nicht, dass das nicht noch Zeit gehabt hätte, aber er wollte sichergehen, dass er auch wirklich nichts vergaß. Er wollte keine weitere Zeit mehr verschwenden müssen, wenn es endlich Abschied nehmen hieß. Jack wurmte es gewaltig, jeden Tag an das unausweichliche erinnert zu werden. Er wollte Daniel nicht gehen lassen. Weder in ein paar Tagen noch in einigen Jahren. Nie. Der junge Anthropologe sollte immer bei ihm bleiben.

 

Jackson wollte spöttisch wissen: „Schmollst du immer noch?“, während er unablässig seine Habseeligkeiten verstaute.

 

„Darf ich nicht?“, hakte Jack knurrend nach.

 

„Es ändert nichts.“, blieb Daniel ehrlich und gelassen.

 

„Einen Versuch ist es wert.“

 

Colonel O’Neill hatte ein Déjà-vu-Erlebnis, als hätte er seinen Freund schon einmal ziehen lassen müssen. Als wäre es nicht das erste Mal gewesen, dass sie schon einmal Abschied voneinander genommen und er das Gefühl gekommen hatte, dass sie sich wahrscheinlich nie mehr begegnen würden.

 

„Und du willst wirklich unsere letzten Tage so verbringen?“, wollte Daniel wissen und grinste seinen Liebsten dabei herausfordernd an.

 

Er hatte nämlich nicht vor, seine letzten paar Tage trostlos und streitend zu vergeuden. Er wollte sie viel eher in vollen Zügen genießen. Für ihn gehörte die intime Zeit mit Jack dazu - stand auch weiterhin ganz oben auf seiner Liste.

 

„Ich kann mich ja schon mal an unsere Situation gewöhnen.“, erwiderte dieser kühl.

 

Er war für das, was sein Freund von ihm verlangte, einfach nicht bereit: Ihn ziehen zu lassen. Und in Stimmung war er schon gar nicht. Schon gar nicht, wenn die gepackten Koffer überall herumstanden und ihn immer wieder schmerzlich daran erinnerten, dass er sehr bald abermals ganz allein in diesem, für eine Person viel zu großem, Haus sein Leben verbringen müsste. Allein bei dem Gedanken daran, zogen sich seine Eingeweide zusammen.

 

Sein Liebster raunte ihm betörend zu: „Ich werde aber nicht heute fliegen. Und ich will unsere gemeinsame Zeit in vollen Zügen genießen.“ und sprach damit seine Wünsche aus.

 

„Und wenn ich nicht in Stimmung bin?“, fragte Jack wahrheitsgetreu, aber dennoch mehr als patzig.

 

Es kam wirklich eher selten vor, dass einer von ihnen keine Lust auf den anderen verspürte, aber wenn doch, dann hatte es meist triftige Gründe.

 

Einfach unser bisheriges Leben über den Haufen zu werfen, ist ein sehr guter, wie O’Neill fand.

 

Dafür, dass Daniel das ganz anders sah, konnte er nun wirklich nichts. Dass es für Daniel gerade deswegen so wichtig war, intim zu werden, konnte er ebenfalls nicht ändern. Aber auch an ihm nagte die Frage, wann sie wohl jemals wieder eine Nacht zusammen verbringen würden.

 

„Das hat uns doch noch nie davon abgehalten.“, hauchte Jackson ihm entgegen und kroch neben ihm aufs Bett.

 

Langsam zog er die schwere Decke beiseite und begann O’Neills Oberkörper mit Unmengen von kleinen Küssen zu übersähen. Er wollte seinen älteren Freund überzeugen, dass sein Plan, die restliche Zeit gemeinsam zu verbringen, viel sinnvoller wäre, als sich schweigend aus dem Weg zu gehen oder sich bis aufs Blut zu zanken. Jack drückte Daniel jedoch schon bald wieder von sich weg - hielt ihn mit ausgestreckten Armen auf Abstand - und schüttelte entschieden mit dem Kopf. Der griff um die Schultern des jungen Archäologen waren fest und unnachgiebig.

 

„Daniel, tu das nicht!“, bat Jack verletzt.

 

Der Schmerz stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Darauf wollte Jackson jedoch keine Rücksicht nehmen. Auch ihn quälte ihre Trennung, aber er versuchte wenigstens das Beste aus der Situation zu machen.

 

„Ach, komm schon, Jack! Höre endlich auf, dich wie ein kleines Kind zu benehmen.“, wurde er langsam aber sicher unbeherrscht.

 

Jack stellte sich in seinen Augen einfach unmöglich an. Sturheit was etwas, dass Daniel jetzt unter keinen Umständen gebrauchen konnte. Zumindest nicht, solange sie gegen ihn und seine Absichten gerichtet war.

 

Jack fauchte ihn ungehalten an: „Ich habe alles Recht der Welt dazu, schließlich bin ich es nicht, der hier wegen ein paar Steinchen eine langjährige Beziehung einfach so wegwirft. Eine Beziehung, für die ich jeden Tag aufs Neue alles riskiere, was mir wichtig ist.“

 

Er war lauter geworden als beabsichtigt und hatte ungewollt mit Beschuldigungen um sich geworfen, die nur noch mehr Probleme schufen, als sie lösten. Aber so schuldig er sich auch im Nachhinein gefühlt hatte, so zornig war er auch, weshalb er sich dafür auch einfach nicht entschuldigen konnte. Nicht nur, weil sein Gefährte ihn einfach so zurücklassen wollte, sondern vielmehr, weil er es selbst nicht verhindern konnte.

 

„So ist es nun auch wieder nicht und das weißt du.“, erwiderte Daniel mit dem kläglichen Versuch, nicht gekränkt und beleidigt zu klingen, die Äußerungen seines Freundes einfach zu ignorieren.

 

„Aber diese beschissene Ausgrabung ist dir wichtiger als ich es bin.“, fuhr O’Neill griesgrämig mit seinen Vorwürfen fort, ungeachtet dessen, ob die Empfindungen seines Gegenübers dabei Schaden nahmen.

 

„Ich sehe diese mehr als kleine Prüfung unserer Liebe an, aber du scheinst schon daran zu scheitern, bevor sie überhaupt beginnt. Wenn wir eine gemeinsame Zukunft wollen - und glaube mir, das will ich wirklich - sollten wir auch lernen, damit umzugehen. Du warst auch schon des Öfteren tagelang verschwunden und ich habe mich nie deswegen beklagt.“, wehrte Jackson ab.

 

Er wollte sich nicht rechtfertigen müssen, aber er hatte auch nie erwartet, dass sein Liebster es ihm leicht machen würde. Das war einfach nicht des Colonels Stil. Er hatte sich schon immer schwer damit getan, Dinge als gegeben hinzunehmen. Nicht einmal, wenn es um ihre Zukunft gegangen war. Am Anfang war es ihm unmöglich gewesen, überhaupt in Worte zu fassen, was sie einander bedeuteten, in welcher Beziehung sie zueinander standen.

 

O’Neill erwiderte Schuld zuweisend: „Nein, du hast jedes Mal einen Staatsakt daraus gemacht und mir Dinge an den Kopf geworfen, die ich nicht einmal in den Mund nehmen würde.“

 

Er ließ sich von seinem Kameraden keine Vorhaltungen machen. Das musste er sich nun wirklich nicht bieten lassen, schließlich war Daniel auch nicht gerade friedlich gewesen, wenn er von einem Auftrag heimkehrte. Er hatte es sich nie aussuchen können. Außerdem war er immer wieder nach Hause gekommen und nicht dort geblieben, wo er sich auch immer aufgehalten hatte. Nur weil er wusste, dass jemand auf ihn wartete, hatte er all die Jahre nicht zu kämpfen aufgehört, nicht aufgegeben. Allein um ihn - Doktor Daniel Jackson - wieder zu sehen.

 

„Ich darf dich aber auch daran erinnern, dass dein Job viel gefährlicher ist als meiner.“

 

„Das sagt der, dessen Eltern von ihren geliebten Steinchen erschlagen wurden.“, wurde Jack jetzt endgültig niederträchtig.

 

Diese Aussage war härter getroffen, als er gewollt hatte. Am Liebsten hätte er die Zeit zurückgedreht und es ungeschehen gemacht, als er seinem Freund in Augen sah und dessen Schmerz in ihnen lag, doch das konnte er nicht. Er wollte sich schon entschuldigen, als Daniel auch schon zu einer Erwiderung ansetzte.

 

Jackson konterte ebenso hart: „Und dein Sohn hat sich mit deiner Dienstwaffe in den Kopf geschossen.“

 

„Das reicht! Verschwinde!“, fuhr Jack ihn an und wies mit dem Finger zur Tür, während dieser ihn nun vollends von sich herunterschubste.

 

In ihm keimten dieselben Schuldgefühle auf wie in seinem jungen Freund. Das war einfach zuviel für ihn gewesen. Er hätte alle Vorhaltungen verkraftet, nur das nicht. Nie hätte er geglaubt, dass Daniel soweit sinken würde. Dass dieser sich auf sein Niveau begab. Jack war nicht besser gewesen und das wusste er auch, aber erwartet hatte er solch einen Schlag unter die Gürtellinie von dem jungen Linguisten nun wirklich nicht. Das schmerzte.

 

Er konnte die Abwehrhaltung Jacksons ja verstehen und hätte im umgekehrten Fall sicher genauso gehandelt, aber er schaffte es einfach nicht, über seinen Schatten zu springen, die Wut in seinem Bauch zu verdrängen und die Angelegenheit vernünftig zu klären. Das war um so vieles leichter, als sich mit ihrer momentanen Situation sachlich auseinandersetzen zu müssen.

 

„Du hast doch damit angefangen.“, schnauzte Daniel zurück, machte keine Anstalten, sich vom Platz zu bewegen. „Ich werde mich von dir sicher nicht kränken lassen und es einfach hinunterschlucken.“

 

„Ich wollte dir ja auch nicht wirklich wehtun, es ist mir nur herausgerutscht. Aber ich wollte… ach, ich weiß auch nicht.“, resignierte Jack nun doch noch.

 

Er konnte seinen Freund dabei jedoch nicht in die Augen sehen. Er hätte dem Blick seines Gegenübers eh nicht standhalten können. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass Daniel gehen würde, egal was er sagte oder tat. Es war unausweichlich und nicht mehr zu ändern. Schlimmer noch, er würde nicht erst in ein paar Tagen verschwinden, sondern sofort, wenn sie nicht zu streiten aufhörten. Er würde dann vielleicht auch nie mehr zurückkehren. Das wollte O’Neill nun wirklich nicht riskieren. Er liebte Daniel doch über alles und wollte nicht, dass sie so auseinander gingen. Sie hätten nichts dadurch gewonnen.

 

Jackson, welcher bereits dabei gewesen war, aufzustehen - er hatte sich entschieden, dass es besser für beide wäre, wenn er im Gestezimmer schlafen würde - wurde von Jack am Arm zurückgehalten. Der Blick des Älteren bat ihn beschwichtigend, wieder Platz zu nehmen und doch noch alles in einem vernünftigen Ton zu klären, ihn nicht in ihrem Schlafzimmer allein zu lassen. Ein leichtes Nicken als Zustimmung signalisierte Jack, dass auf Daniel es nicht so gemeint hatte.

 

Wenigstens ein Anfang.

 

„Ich weiß.“, sagte dieser schließlich resignierend.

 

Er ließ sich aufs Bett zurücksinken und lehnte sich an seinen Geliebten. Körperkontakt, die Nähe zum Partner war genau das, was sie jetzt so dringend brauchten. Zärtlich strich er Jack über die Brust, wanderte mit seiner Hand unaufhörlich tiefer. Berührungen hatten bei ihnen schon immer mehr Bedeutung gehabt, als Worte es je konnten, und in diesem Fall sprachen sie all das aus, was sie nicht zu sagen fähig waren.

 

Daniel wollte sich auf eine ganz besondere Art und Weise bei seinem Freund entschuldigen, sich mit ihm aussöhnen, und hegte die Hoffnung, dass er nun endlich auch wollen würde. O’Neill ergriff ihm am Handgelenk noch bevor er das ersehnte Ziel erreicht hatte, und hielt ihn somit von weiteren Aktivitäten ab. Er war zu diesem Schritt lange noch nicht bereit. So vieles musste er noch loswerden, einiges war trotz allem noch anzusprechen.

 

„Ich hasse es, wenn wir uns streiten. Das hält uns immer vom Spaß ab.“

 

„Daniel, ich sagte doch schon, dass ich nicht in Stimmung bin, und das hat sich auch bis jetzt noch nicht geändert.“, meinte Jack versöhnlich.

 

„Was nicht ist, kann ja noch werden.“, erwiderte Jackson zweideutig grinsend und fügte manipulierend hinzu: „Außerdem werden wir in Zukunft kaum noch Gelegenheit dazu bekommen, über einander herzufallen.“

 

„Dann gehe nicht.“, versuchte O’Neill noch ein letztes Mal, seinen Freund zum Bleiben zu bewegen.

 

Er nahm nicht an, dass sein Beitrag von Erfolg gekrönt sein würde. Ebenso wenig, wie die anderen Unterhaltungen über dieses Thema. Daniel schüttelte entschieden den Kopf.

 

„Ich muss gehen.“

 

„Nein, Daniel, musst du nicht.“, stellte sein Gegenüber in alter Manier klar.

 

„Jack, bitte! Akzeptiere es einfach.“, bat Jackson eindringlich.

 

„Nicht mehr heute Nacht.“, resignierte Jack wenigstens zum Teil.

 

„OK, dann schlage ich vor, dass wir jetzt schlafen und morgenfrüh noch einmal darüber reden.“, verschob Daniel die Unterhaltung und kuschelte sich enger an seinen Kameraden heran.

 

Er hatte all die Vorbereitungen, die noch zu treffen waren, längst vergessen. Es war ja auch noch etwas Zeit.

 

O’Neill stimmte ihm schläfrig zu: „Ich nehme nicht an, dass ich auch nur ein Auge zubekomme, aber ich glaube, dass es so am Besten wäre.“

 

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Colonel O’Neill sah schon zum x-ten Mal auf die Uhr, doch weit und breit war keine Spur des Wissenschaftlers zu entdecken, auf welchen sie jetzt bereits geschlagene zwanzig Minuten warteten. Pünktlich hatte die Besprechung bekommen, doch weiter als bis zu einem höflichen ‚Guten Tag’ waren sie bis jetzt noch nicht gekommen. Es herrschte lediglich betretenes Schweigen. Langsam wurden sie ungeduldig und Jack schwor sich, dass er diesen Doktor Jackson nicht ungeschoren davonkommen lassen würde. Eine Standpauke würde das Mindeste sein, was dieser sein anhören müssen würde.

 

„Dieser Typ von Wissenschaftler macht ja nicht gerade einen netten ersten Eindruck. Der ist schon zweiundzwanzig Minuten überfällig.“, zischte er Major Carter genervt zu.

 

„Jetzt bin ich aber beleidigt, Sir.“, gab diese im spöttischen Ernst zurück.

 

„Nichts gegen Sie, Carter, Sie sind schließlich keine Zivilistin. Außerdem kommen Sie doch nie zu spät.“, wehrte Jack winkend ab. Im selben Augenblick schnellte die Tür auf und ein junger Mann Mitte Dreißig betrat den Raum.

 

Dieser presste abgehetzt hervor: „Entschuldigen Sie die Verspätung, aber ich bin von einem überkorrekten Airman aufgehalten worden.“

 

Daniel setzte sich verlegen auf Teal’cs Stuhl, was Jack innerlich zum Kochen brachte. Wenn er aufsah, war er es gewohnt gewesen, in das Gesicht des nüchternen und logischen Jaffa zu schauen, in welchem er all die Unterstützung fand, die er brauchte, um eine Mission durchführen zu können. Noch schlimmer als die Tatsache, dass da niemand mehr saß und ihm zunickte, war, dass er nun die Augen dieses Freaks vor sich hatte, welchen er bereits seit dem Wissen von dessen Existenz nicht ausstehen konnte. Allein für diese Anmaßung wäre O’Neill am Liebsten an die Decke gegangen und hätte diesen Wissenschafter achtkantig hinauswerfen können.

 

„Dann sollten Sie vielleicht nächstes Mal einfach pünktlicher sein, Doc.“, fauchte er ihn stattdessen nur genervt an und warf ihm einen alles vernichtenden Blick zu.

 

Etwas in O’Neill sträubte sich mit aller Macht dagegen, diesem Mann zu vertrauen, ihm etwas zu verzeihen, dass er gar nicht gesagt oder getan hatte, und etwas für ihn zu empfinden, dass weiter ging als Zorn. Seine Träume und die Geschehnisse mit Teal’c hatten ihn voreingenommen werden lassen. Es musste doch einen Grund geben, warum das alles geschah. Nie war schließlich etwas in seinem Leben ohne bestimmten Zeck passiert.

 

Aber mehr als all das sträube er sich gegen die Gefühle, die tief in seinem Herzen aufkeimten. Empfindungen, die er einfach nicht zulassen wollte, es nicht konnte. Es schmerzte zu sehr, zerriss seine Seele und machte ihn so unendlich verletzlich. Er versuchte, sie auszusperren, sie nicht an sich heran zu lassen, doch es gelang ihm nicht. Das machte ihn nur noch wütender. Auf sich, seinen Gegenüber - die ganze von Good verdammte Welt.

 

„Sie müssen Colonel O’Neill sein. Man hat mich schon vor Ihnen gewarnt. Sie wollen mich wohl nicht in Ihrem Team, weil ich den Außerirdischen ersetze.“, entgegnete Doktor Jackson ernst und beugte sich herausfordernd vor.

 

Nur ein knapper halber Meter trennte die beiden jetzt noch voneinander. Es war geradezu eine Einladung für Jack, die Beherrschung zu verlieren, aber er raufte sich zusammen, weil er genau wusste, dass es alles nur noch schwieriger machen würde, als es sowieso schon war, und er wollte doch unbedingt weg von diesem Ort, wo ihn alles daran erinnerte, dass er einmal mehr versagt hatte, wie schon so oft in den letzten Jahren. Er brauchte Ablenkung, einen Kampf - einen Krieg - irgendetwas, um seinen Zorn freien Lauf lassen zu können.

 

„Erstens: Sein Name ist Teal’c und er mag es gar nicht, wenn man als Alien beschimpft. Zweitens: Sie können ihn niemals ersetzen, sondern von Glück reden, wenn Sie überhaupt überleben. Und Drittens: Es würde mich nicht im Geringsten kratzen, wenn Sie ins Gras beißen würden.“, erwiderte Colonel O’Neill hart.

 

Am Liebsten hätte er ihn über den Tisch gezogen und windelweich geprügelt, nur um ihm heimzuzahlen, was dieser nie begangen hatte, um die Qualen in seiner Brust zu lindern. Er wusste jedoch auch, dass es nichts ändern, dass der Schmerz nur stärker werden würde. Er war innerlich am Verzweifeln, doch das ließ er sich mit keiner Faser seines Körpers anmerken. Dieser Blöße konnte und wollte er sich nicht hingeben. Die Trauer saß tief und auch das Gefühl eines Abschiedes, um den er nicht gebeten hatte. Etwas in ihm war zusammengebrochen, gestorben, als hätte er einen unsagbaren Verlust erlitten, doch er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern.

 

„Colonel, bitte!“, ermahnte ihn General Hammond erbost.

 

Dieser konnte nicht ganz begreifen, wie sein stellvertretender Kommandeur nur so die Fassung verlieren konnte, was in seinem Freund vor sich ging.

 

„Entschuldigen Sie, Sir. Ich wollte nicht respektlos sein, jedenfalls nicht zu Ihnen.“, gab O’Neill gepresst hervor, bedachte Daniel jedoch auch weiterhin mit einem vernichtenden Blick.

 

„Vielleicht sollten wir jetzt anfangen, General.“, versuchte Major Carter die Situation zu entschärfen, indem sie einfach zum eigentlich Thema überging.

 

„Richtig.“, stimmte Hammond ihr dankbar zu, dass wenigstens einer seiner Leute noch nicht in den Sog des Zornes geraten war. „Ihre nächste Mission geht nach M47-239. Auf dem Planeten herrschen optimale Lebensbedingungen, es gibt sogar einige verlassene Ruinen, die Sie sich genauer ansehen werden.“

 

„Ich bin begeistert.“, platzte es patzig aus Jack heraus. „Wäre doch ein toller Spielplatz für Sie, Doc. Vielleicht sollten wir Sie dort gleich mal zurücklassen.“

 

Den letzten Satz hatte er durchaus ernst gemeint, auch wenn er es mit Sarkasmus zu verschleiern versuchte. Er war dem General gegenüber respektlos, sich so kindisch aufzuführen, doch Jack konnte es einfach nicht lassen. Allein die Anwesenheit dieses Anthropologenfreaks provozierte ihn. Fast noch mehr, als einen Goa’uld neben sich zu wissen. Der Schmerz saß tiefer als der über Shau’ris und Skaaras Versklavung.

 

Ich sehne mich nach den Beiden.

 

Das eine Jahr auf Abydos war das Beste seines Lebens gewesen. Noch immer ohrfeigte er sich selbst dafür, das Tor nicht geschlossen zu haben.

 

„Sehr witzig, Colonel. Wirklich sehre witzig.“, erwiderte Doktor Jackson zynisch.

 

Er verstand die Feindseeligkeit seines Gegenübers nicht. Weder wusste er, was er getan, noch was er falsches gesagt haben sollte. Er war doch gerade erst angekommen und hatte O’Neill nie zuvor gesehen. Es schloss also darauf, dass es sich nur um diesen Jaffa handeln konnte, dessen Platz er hatte einnehmen müssen.

 

Ironisch fragte Jack: „Oh ja, finden Sie?“

 

„Hat das M.A.L.P. Hinweise auf die Kultur gegeben, die dort mal existiert haben muss.“, hakte Major Carter ein.

 

Sie versuchte sich von dem Hahnenkampf nicht beeindrucken zu lassen. Keiner von ihnen konnte gewinnen, die beiden Männer mussten das nur noch einsehen. Es war ja nicht einmal klar, warum sie sich eigentlich so absurd aufführten.

 

„Nur, dass sie mit keiner uns bekannten Zivilisation übereinstimmt, die wir bis jetzt kennen lernen durften.“, antwortete Daniel ruhig.

 

Wenigstens einer von ihnen schien von der Voreingenommenheit unberührt geblieben zu sein.

 

„Dann sollten wir vielleicht gleich ein ganzes Team an Archäologen dort vergessen, um auch alles erfassen zu können.“, mischte Colonel O’Neill sich anmaßend ein.

 

Er hasste nicht nur diese Art von Missionen, weil er sich jedes Mal hatte mit diesen Geschichtsspinnern herumplagen müssen, obwohl Teal’c auch gereicht hätte, er konnte es auch nicht ausstehen, sich unnütz zu fühlen. Kurz gesagt: Er langweilte sich zu Tode und diesmal würde ihm keiner dabei Gesellschaft leisten können. Er vermisste seinen Freund, wenn er nur daran dachte.

 

Hammond drohte: „Noch so eine Bemerkung von Ihnen, Jack, und ich suspendiere Sie auf unbestimmte Zeit.“

 

Diesem ging die Aggressivität des Colonels langsam aber sicher zu weit. Ein Machtwort war längst überflüssig gewesen, aber er hatte einfach gehofft, dass es auch ohne gehen würde. Er verstand, was in Jack vorgehen musste, aber auch er konnte nichts an dem momentanen Zustand ändern. Er konnte Teal’c nicht heilen und auch Doktor Jackson nicht wieder wegschicken. Auch er hatte Entscheidungen anderer zu respektieren und Befehlen zu folgen, die ihm oft nicht zusagten.

 

„Versteh schon: Klappe halten.“

 

Jack lehnte sich zurück, als Zeichen, dass er sich ab jetzt zusammenreißen würde, auch wenn er bezweifelte, dass er das lange durchhalten würde. Carter brauchte ihn jedoch - er konnte und wollte sie nicht mit diesem Freak allein lassen - er konnte sie nicht auch noch verlieren. Das wäre zu viel für ihn gewesen. Außerdem hatte er auf der Mission noch genug Gelegenheiten, seine Spitzen loszuwerden.

 

„Wir erhoffen uns natürlich, dass Sie eine brauchbare Waffe oder wenigstens wichtige naturwissenschaftliche Erkenntnisse finden. Wenn nicht, wird dieser Planet als ungeeignet eingestuft.“, stellte Hammond unmissverständlich klar, was Daniel jedoch nicht ganz zu begreifen schien oder es einfach nicht hinnehmen wollte.

 

„Man sicherte mir aber zu…“, begann dieser, wurde jedoch schroff unterbrochen.

 

„Ich habe Ihnen gar nichts versprochen, Doktor Jackson. Colonel O’Neill obliegt die Entscheidung, welchen Nutzen diese Ruinen in sich bergen. Vorerst gewähre ich Ihnen eine Frist von zwölf Stunden, danach sehen wir weiter.“, erläuterte der General mit Nachdruck.

 

„Aber das reicht nicht einmal…“, setzte Doktor Jackson noch einmal an, doch ihr Vorgesetzter war bereits aufgestanden und im Begriff, den Konferenzraum zu verlassen.

 

„Wegtreten.“

 

Auch Colonel O’Neill erhob sich und hatte kurz darauf den Raum verlassen. Daniel blickte Carter verwundert an, aber sie konnte auch nur mit den Schultern zucken. Sie verstand keinen der beiden. Sie verhielten sich sonst eigentlich nie so abweisend und uneinsichtig.

 

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„Es ist jetzt schon über eine Woche her, seit er angeschossen wurde, und er ist immer noch nicht aufgewacht. Auch wenn er noch so stabil ist, besteht immer noch die Möglichkeit, dass er nie wieder aufwachen wird. Was, wenn du mich fragst, tausendmal schlimmer ist. Jack würde nicht so vor sich dahinvegetieren wollen.“, überlegte Carter laut an Teal’c gewand.

 

„Willst du die Hoffnung aufgeben, Major Carter?“, fragte er leicht verwundert.

 

Er konnte ihre negativen Gedanken nicht verstehen. Sie war doch sonst auch nie so hoffnungslos gewesen und hatte immer auf Jacks stärke vertraut.

 

„Das nicht, aber wir können ihn doch nicht ewig hier verrotten lassen. Er wird bereits künstlich ernährt. Was, wenn er nicht wieder aufwacht?“, fragte sie mit zitternder Stimme, die Tränen unterdrückend, die in ihren Augen ruhten.

 

Sie hatte immer damit rechnen müssen, dass sie irgendwann solch eine Entscheidung hätte treffen müssen, seit er sie vor Jahren darum gebeten hatte. Kein anderer würde das für sie übernehmen können. Sie hatten diese Abmachung getroffen, als sie zur zweiten Mission aufbrachen. Nach Daniels Tod lag es nun bei ihr allein, die Belange des Colonels zu regeln, Entscheidungen über seinen Besitz und sein Leben zu treffen, sollte solch ein Ereignis eintreten. Sie hatte immer gehofft, dass es nie dazu kommen würde, aber nun war es geschehen. Doch sie wollte ihn nicht gehen lassen, so sehr es sie auch quälte, ihn so zu sehen. Sie wollte nicht noch einen Menschen verlieren, der ihr so viel bedeutete wie Daniel.

 

Teal’c blieb optimistisch, als er sagte: „O’Neill ist stark, er wird wieder genesen.“

 

„Er hat sich ja nicht einmal richtig bewegt. Nur seine Augen können nicht stillhalten, aber sie zu öffnen vermag er dennoch nicht.“

 

Angst schwang in ihrer Stimme mit, denn sie begriff einfach nicht, warum ihr Freund nicht aufwachen wollte, was ihn davon abhielt, die Augen zu öffnen und zu ihnen zurückzukehren.

 

„Ich habe mich über seinen Zustand informiert. Es wird beschrieben, wie Patienten ihr Leben noch einmal träumen, eine Art zweite Chance, um Fehler wieder gut machen zu können. Vielleicht macht O’Neill gerade Ähnliches durch. Es hilf ihm sicher, wieder ins Leben zurückzufinden, wenn wir bei ihm sind. Davon bin ich überzeugt.“, versuchte der Hüne Samantha aufzumuntern.

 

In seinen Augen war noch nichts verloren. Solange O’Neills Herz schlug, wusste er einfach, dass sein Freund wieder gesund werden, ins Leben zurückkehren würde.

 

„Hammond sieht das etwas anders. Er hat uns bereits Morgen für eine Mission eingeteilt. Mir hat er die Leitung übertragen. Es ist zwar nur Personenschutz für einige Wissenschaftler, aber dennoch fühle ich mich, als würde ich Jack hintergehen.“, sagte sie mit schlechtem Gewissen.

 

Seinen Platz einzunehmen, während er um seine Existenz focht, behagte ihr überhaupt nicht.

 

„Ich bin sicher, dass O’Neill es verstehen würde. Er konnte, soweit ich mich erinnere, diese Art von Missionen sowieso nicht leiden.“

 

Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, auch wenn ihr nicht danach zumute war. Der Jaffa neben ihr hatte Recht. Für Jack wäre eine Verletzung und die daraus resultierende Bettruhe eine sehr gute Ausrede gewesen, ihr diese Mission aufs Auge zu drücken und stattdessen das Krankenhauspersonal zu terrorisieren. Aber wenn er wach wäre, würde es ihr leichter fallen, zu einem anderen Planeten aufzubrechen.

 

Wissend entgegnete Sam: „Das hat er zwar immer behauptet, aber es machte ihn glücklich, Daniel dabei zuzusehen, wie dieser Dinge tat, die ihm Freude bereiteten. Missionen, auf denen wir glücklich waren, waren für ihn die Besten von allen. Ich weiß ja nicht einmal, wie wir es ohne ihn schaffen sollen, gegen die Goa’uld zu bestehen.“

 

Sam schloss die Augen. Eine einzelne Träne bahnte sich langsam, aber unaufhörlich ihren Weg über ihre Wange.

 

„Gib die Hoffnung niemals auf, Samantha Carter. Ich vermute, O’Neill ist nicht allein mit seinem Kampf.“

 

Teal’c legte ihr beschwichtigend und tröstend die Hand auf die Schulter.

 

„Wir sind ihm jedenfalls keine große Hilfe.“, erwiderte Sam bekümmert.

 

Der Jaffa stellte richtig: „Ich rede nicht von uns. Daniel Jackson wird seinen Freund nicht im Stich lassen.“

 

„Er ist tot, Teal’c.“, gab Carter ernst zurück.

 

„Aufgestiegen.“, korrigierte er.

 

„Wie auch immer.“, wehrte Samantha ab. „Für mich ist das dasselbe und für Jack auch.“

 

Oh Daniel, du fehlst mir so.

weiter: Kapitel 5

Kapitel 5 by Lenari

Kapitel 5

 

 

„Was fällt Ihnen ein?“, brauste Colonel O’Neill auf und packte Doktor Jackson grob am Kragen.

 

Er konnte nicht glauben, was er gerade gehört hatte.

 

Dieser verrückte Wissenschaftler hat doch tatsächlich behauptet, dass mein bester Freund ein Wrack ist, dass er kein wertvolles Mitglied dieses Projektes mehr ist - nur ein Resultat des unerbittlichen Kampfes der Erde gegen den Rest des Universums. Hat er denn vollkommen vergessen, dass wir überhaupt nicht mehr existieren würden, wenn es Teal’c nicht gegeben hätte? Dieser Freak sollte sich nicht noch einmal anmaßen, einen von meinen Freunden so zu beleidigen, sonst werde ich ihn erschießen.

 

„Ach, kommen Sie, Jack. Dieser Jaffa ist zu nichts mehr zu gebrauchen.“, erwiderte Daniel und versuchte, sich loszureißen, was ihm aber nicht gelang.

 

„Der einzige, der hier überflüssig ist, sind Sie, Doc. Und für Sie heißt das immer noch Colonel O’Neill oder Sir. Haben wir uns da verstanden?“, fauchte Jack ihn an.

 

Am Liebsten hätte er sofort zugeschlagen, doch noch riss er sich zusammen. Es würde ihm nur Ärger einbringen, wenn er jetzt etwas Unüberlegtes tat. Das konnte er im Moment wirklich nicht gebrauchen. Er würde noch genug Probleme bekommen, sollte Teal’c seine Drohung wirklich wahr machen. Man würde früher oder später auf ihn zurückkommen und ihn wahrscheinlich vor das Militärgericht bringen. Er hoffte nur, dass sein Freund sich doch noch besinnen würde, glaubte aber nicht daran. Was ihm jedoch nur noch mehr Magenschmerzen bereitete, war, dass dieser Jackson genauso dachte und Teal’c damit nur noch in seinem Glauben bestärkte.

 

Daniel erwiderte provozierend: „Sie stehen wohl darauf, Ihre Macht zu demonstrieren, aber ich lasse mich von Ihnen nicht einschüchtern.“

 

„Schade, vielleicht sollte ich Sie dann gleich erschießen, dann kann ich mir die grauen Haare, die ich wegen Ihnen bekommen werde, ersparen.“, kam es sarkastisch von Colonel O’Neill, welcher den Griff nur noch verstärkte.

 

Er war drauf und dran…

 

Nein, diese Dummheit kann ich mir im Moment leider nicht leisten.

 

Er wusste, dass auch so schon genug auf ihn zukommen würde, wenn sie erst einmal von dieser Mission zurück waren. Es war längst etwas mit Teal’c passiert. Das spürte er selbst hier.

 

„Jack, bitte!“, flehte Major Carter beschwichtigend.

 

Sie hatte keine Kraft mehr für die Zankereien der beiden. Ihr Herz war so schon schwer genug. Zu viele Verluste hatte sie in letzter Zeit ertragen müssen und zu viel Misstrauen sowie Hass lagen in der Luft. Wenigstens außerhalb des Planeten Erde wollte sie ein wenig Ruhe haben, soweit es ging, zumindest.

 

„Lassen Sie sich von einer Frau etwa Befehle erteilen?“, stichelte der junge Anthropologe weiter, was eigentlich ganz gegen seine Natur war.

 

„Colonel! Doktor!“, wurde jetzt auch Samantha laut. „Jetzt reicht es aber. Das ist nicht die Zeit für eine handfeste Auseinandersetzung. Wir haben wichtigeres zu tun, als mit Ihrem Testosteron herumzuschleudern.“

 

Demonstrativ stemmte sie die Hände in die Hüften und schnaubte verächtlich. O’Neill ließ murrend von Daniel ab und schloss zu Carter auf. Den Wissenschafter, dem eben noch seine ganze Aufmerksamkeit gegolten hatte, würdigte er keines weiteren Blickes mehr, zumindest keinen für diesen offensichtlichen. Aus dem Augenwinkel heraus hatte Jack diesen aber genau im Visier.

 

O’Neill begann mit gedämpfter Stimme zu reden: „Du hast ja Recht, Sam, aber wurmt es dich denn gar nicht, dass er…“

 

„Doch“, fiel Carter ihm ins Wort. „…aber ich will nicht, dass dir auch noch etwas passiert. Was, wenn die Goa’uld auftauchen oder es doch noch Leben auf diesem Planeten gibt. Wir sollten das Risiko nicht eingehen. Du weißt, Teal’c würde das genauso sehen.“

 

„Im Moment wäre er jedoch lieber an Jacksons Stelle.“, erwiderte Jack patzig.

 

Mit zwei gesunden Beinen und uns um sich herum, fügte er in Gedanken hinzu.

 

„Sie reißen sich beide zusammen, sonst werde ich Sie Ihres Kommandos entheben und General Hammond vorschlagen, Sie beide in eine Arrestzelle zu stecken, bis Sie diesen albernen Zwist entweder überwunden oder sich gegenseitig erschlagen haben. Kapiert?“, befahl Sam laut genug, dass beide es hatten verstehen können und warf jedem von ihnen einen viel sagend vernichtenden Blick zu, der keine Widerrede duldete.

 

Sie war selten so aggressiv dem Colonel gegenüber, aber wenn doch, dann meinte sie es verdammt ernst und er tat lieber, was sie sagte, wenn er keinen Ärger mit ihr wollte. Im Augenblick war das nun wirklich nicht seine Absicht.

 

„Nicht übertreiben, Carter.“, sagte Jack zynisch, gab jedoch gleichzeitig klein bei.

 

Er wollte am wenigsten, dass sie auf ihn wütend war. Da nahm er auch in Kauf, dass sich dieser Doktor Jackson sonst was für eine Meinung bildete. Sam würde ihn noch früh genug hassen, wenn sie erst einmal zurückkehrte und sie das mit Teal’c erführ, was er getan hatte - so schwer ihm diese Entscheidung auch gefallen war.

 

„Was ist mit Ihnen, Doktor?“

 

„Was immer Sie sagen, Sam.“, murmelte er halblaut, während er sich ein Tuch um den Kopf band.

 

Er riss sich zusammen und fuhr sachlich fort: „Bei den Schriftzeichen handelt es sich übrigens um die alten Griechen. Eine Art altes Latein einer wahrscheinlich noch früheren Hochkultur. Es ist die ganze Zeit von Antikern die Rede. Das sind die ‚Erbauer der Straßen’. Es könnten durchaus die Sternentore gemeint sein. Aber das weiß ich erst, wenn ich alles übersetzt habe, was seine Zeit dauern wird. Allein alles auf Film zu bannen, wird seine Zeit in Anspruch nehmen. Zwölf Stunden werden wohl kaum ausreichen.“

 

Daniel blickte Major Carter bittend an, wollte ihre Unterstützung erlangen, denn er nahm nicht an, dass der Colonel so begeistert über eine Verlängerung wäre oder ihr gar widerstandslos zustimmen würde. Selbst, wenn sie über eine Waffe oder ähnliches gestolpert wären, würde er wahrscheinlich nur schwer Jacksons Worten nachgeben, aber auf die junge Frau mit dem kurzen, blonden Haar würde er hören.

 

Jack versuchte wenigstens professionell und unparteiisch zu klingen, als er fragte: „Irgendwelche Waffen oder andere Technologien?“

 

„Bis jetzt nicht, aber die Ruinen erstrecken sich über mehrere Kilometer in jede Richtung. Es wäre durchaus möglich, dass wir etwas finden.“, erwiderte Carter. Sie atmete erleichtert aus, als sie sicher sein konnte, dass sich die beiden Männer wohl wieder gefangen und endgültig zu streiten aufgehört hatten.

 

„Und Sie sind sicher, dass diese Aliens die Stargates erfunden haben, Doc.“, fragte O’Neill spitz.

 

Versteckte Aggression trat ganz deutlich aus seiner Stimme hervor, doch Sam hoffte, dass wenigstens Daniel sich beherrschen können würde. Noch einen Streit hätte sie wohl nicht verkraftet. Egal, welchen Schatz diese Ruinen auch in sich verbergen mochten, sie hätte die Mission auf der Stelle gekanzelt und wäre mit den Streithähnen zur Erde zurückgekehrt. Sie hatten wichtigeres zu tun, als sich wie verzogene Kinder zu benehmen, die um ein Spielzeug stritten.

 

„Irgendjemand muss es ja getan haben.“, entgegnete Jackson schnippisch.

 

„Und dieser jemand ist auch ganz sicher tot, ja?“, hakte Jack in seiner typisch flapsigen Art nach.

 

Daniel erwiderte, genervt die Augen verdrehend: „Nach all der Zeit wäre das eine logische Annahme.“

 

„Dann bringt uns dieser Planet wahrscheinlich nicht einmal etwas?“, folgerte Jack daraus.

 

Er wollte nicht länger als nötig hier bleiben und hatte aber auch keine Lust, die ganze Zeit durch die Gegend zu stiefeln. Andererseits würde die Rückkehr zur Erde auch nicht berauschender werden. Noch wollte er nicht aufbrechen, aber auch nicht unbedingt hier bleiben. Am Liebsten wäre ihm ein Kampf gewesen, in dem er seinem Dasein hätte ein Ende machen können, doch auch das war nur eine mehr als dürftige Alternative. Das konnte er Samantha auch nicht antun. Es war aussichtslos. Für eines musste er sich entscheiden und er würde das für sich im Moment noch kleinere Übel wählen.

 

Er konnte nur noch nicht sagen, welches es war. Daniel ertragen - sein Gesicht, seine Stimme, seine ganze Art, die ihn so verunsicherte - oder wahrscheinlich vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Der Tod stellte da noch die schmerzloseste Variante dar. Wenn ihm dieser Mann, der ihm wieder einmal gegenüber stand und so ansah, wenigstens nichts bedeuten würde, wenn er ihm egal wäre, könnte er noch weitere Stunden auf diesem Gottverlassenen Planeten verbringen, ohne unweigerlich durchzudrehen, doch so viel es ihm unendlich schwer. Die Träume, die er immer wieder hatte, hielten ihn davon ab, diesen Anthropologen wirklich zu hassen.

 

Viel mehr fühlte er sich verletzt, gedemütigt und einsam. Er wollte Daniel berühren, seine warme Haut spüren, ihm durchs Haar fahren oder ihn einfach nur unentwegt ansehen, doch all das konnte er nicht. Es schmerzte so sehr und zerriss ihm das Herz. Tief in ihm brach etwas und niemand ahnte etwas davon. Er hatte gelernt, seine Gefühle zu verbergen, doch im Augenblick wollte er einfach nur schreien und weinen. Es wuchs ihm alles über den Kopf, war einfach zu viel für ihn. Er hatte Mühe, überhaupt noch atmen zu wollen, geschweige denn, nicht einfach zusammenzubrechen. Ein Blick in Carters Augen und er wusste, wieso. Allein ihretwegen. Nicht auch noch ihn sollte sie verlieren müssen.

 

„Das würde ich nicht behaupten. Wir könnten erfahren, wie es funktioniert oder wie man es nachbauen kann.“, stellte Daniel die technologische Komponente dieses Trips heraus und hoffte, dass Sam ihn jetzt endlich unterstützen würde.

 

Sie konnten sich doch nicht beide gegen ihn verschworen haben. Wenigstens sie müsste doch objektiv geblieben sein, egal, was er über Teal’c gesagt hatte. Er hatte es ja nicht einmal so gemeint - er hatte diesem arroganten Colonel einfach nur einen Schlag versetzen wollen und deswegen nicht nachgedacht. Natürlich würde er es nicht zugeben, dazu war er einfach zu stolz.

 

„Das könnte Jahrhunderte dauern.“, wandte Carter realistisch ein, ohne sich jedoch eine Meinung zu bilden.

 

Natürlich würde sie so etwas interessieren, aber die Chancen standen schlecht, dass diese Wesen einfach mal eben die Baupläne zurückgelassen und in sauberes Englisch übersetzt hätten. Das wäre einfach zu schön um wahr zu sein.

 

„Oder aber wir finden nur ein stinkendes Kochrezept und verschwenden unsere Zeit.“

 

Jack war ebenso wenig überzeugt von diesem Argument, was er den jungen Wissenschaftler auch spüren ließ.

 

„Und wenn nicht?“, wehrte Jackson ab.

 

Er wurde bei der Inkompetenz und Ignoranz Jacks wieder wütend. Dieser gab Daniel ja nicht einmal eine Chance, sich zu beweisen, wie sollten sie dann miteinander auskommen. Aber noch wollte der junge Anthropologe nicht aufgeben. Dieser Mann musste eine Schwachstelle haben, Daniel hatte sie nur noch nicht gefunden. Wenn er wenigstens Sam als Unterstützung gehabt hätte, aber nicht einmal auf ihre zustimmenden Worte konnte er zählen.

 

„Sie müssen doch zugeben, dass der Nutzen für die Menschheit astronomisch wäre.“

 

„Nein, muss ich nicht.“, erwiderte O’Neill lapidar.

 

„Oh doch.“

 

„Nein.“

 

„Doch.“

 

Major Carter brüllte dazwischen: „Jungs! Verdammt noch mal, jetzt reicht es aber wirklich.“

 

„Nicht ausfällig werden, Carter.“, gab Jack zurück.

 

Aber ihr Blick zeigte ihm sofort, dass seine Sprüche jetzt auch nichts mehr bringen würden. Er würde es wieder gut machen müssen - irgendwie.

 

„Ich werde Sie beide nur noch einmal daran erinnern, dass ich von Hammond die Befugnis habe, Sie beide mit einen Tritt auf die Erde zurückzubefördern, wenn Sie sich nicht benehmen, und das werde ich auch tun, wenn Ihr euch nicht endlich wie Erwachsene benehmt.“, drohte sie mit eiserner Stimme, auch wenn ihr bereits Tränen in die Augen traten.

 

Sie war kurz davor, zu weinen anzufangen.

 

Flüsternd fügte sie hinzu, so dass nur Jack es hören konnte: „Bitte.“

 

Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, nahm er sie fest in den Arm und drückte sie an sich. Erste Tränen rollten über ihre Wangen. Der Schmerz der letzten Tage hatte sie einfach übermannt. Wie sehr wünschte er sich, ebenfalls Tränen vergießen zu können, doch dieses Glück war ihm nicht vergönnt.

 

„Es tut mir leid.“, hauchte er ihr zu.

 

Jack entschuldigte sich nicht nur dafür, sie wie der letzte Idiot benommen zu haben, sondern auch für all die Entscheidungen, die er in den letzten Tagen getroffen hatte: Für Teal’cs Tod besonders. Ihre Tränen verebbten und er löste sich langsam von ihr. Mit einem Nicken deutete sie ihm an, dass es ihr wieder besser ging. Er hatte eine Entscheidung getroffen.

 

Nach einem kurzen, aber lauten Räuspern, sagte O’Neill zu Sam, um von der Situation abzulenken: „Wieso kümmern Sie sich nicht um die Bodenproben, während Jackson alles filmt und ich mich etwas umsehe. Und nicht vergessen: Nicht weglaufen und nichts anfassen. Das gilt für Sie beide.“

 

Dann setzte er sich in Bewegung, ohne auch nur noch eine Erwiderung abzuwarten. Er wollte einfach nur alleine sein, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

 

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„Wie jetzt?“, fragte Daniel verwundert.

 

Er blickte O’Neill irritiert an, lag aber immer noch halb auf ihm. Sie hatten Sex haben wollen, doch Jack war die ganze Zeit nicht bei der Sache gewesen. Jetzt auch noch diese komische Bemerkung. Jackson wusste nicht, was er davon halten sollte.

 

„Was?“, erwiderte Jack konfus.

 

„Du hast doch gerade gesagt, dass ich nichts anfassen soll.“, stellte Daniel fest und setzte sich auf.

 

Sein Gegenüber tat es ihm gleich. Dieser musste sich erst einmal wieder orientieren. Noch immer klang der Tagtraum, dieses andere Leben in seinem Kopf nach, doch die Erinnerungen an das eben erlebte, verebbten bereits wieder. Nur noch schemenhaft konnte er sich an das erinnern, was er geträumt hatte.

 

O’Neill wehrte ab: „Habe ich nicht.“

 

„Doch, hast du!“<

 

„Nein, habe ich nicht.“

 

„Und ob du das hast.“, bestätigte Jackson noch einmal, aber diesmal mit Nachdruck.

 

„Hör auf damit.“, fauchte Jack ihn an, duldete keine weitere Erwiderung mehr.

 

Er war verwirrt, fühlte sich hin und her gerissen. Er glaubte nun vollkommen den Verstand verloren zu haben. Er brachte Traum und Wirklichkeit immer mehr durcheinander, wenn er überhaupt noch klar zwischen beidem unterscheiden konnte. Er wusste nicht einzuordnen, was welches darstellte. Langsam zweifelte er sogar daran, dass eine dieser beiden Leben real war. Alles erschien ihm wie ein langer, nicht enden wollender Traum. Beide Leben behagten ihm nicht. Immer verlor er jemanden, den er sehr gern hatte. Er schüttelte den Gedanken darüber ab und widmete sich den jetzigen Gegebenheiten.

 

„Jack, was ist eigentlich los mit dir? Du bist schon die ganz Zeit so komisch.“, riss Daniel ihn endgültig aus den Gedanken.

 

Er hatte Jack in die Arme geschlossen, nachdem er sic hinter diesen gesetzt hatte. Sie würden heute wohl nichts weiter tun als kuscheln und reden. Jackson gefiel das zwar gar nicht, aber er würde seinen Liebsten auch zu nichts überreden, was dieser absolut nicht wollte. So wollte er sich nun gar nicht verabschieden. Sie mussten das zwischen sich klären, bevor er in den Flieger stieg.

 

Jack wehrte ab: „Ich schlafe schlecht, das ist alles.“

 

Er fuhr sich übers Gesicht.

 

„Deswegen träumst du jetzt auch schon am Tage, was?“, versuchte Daniel einen Witz, doch seinem Freund war gar nicht zum Lachen zumute.

 

„Sehr witzig.“, erwiderte dieser murrend.

 

„Nicht böse sein.“, versuchte Jackson ihn zu beschwichtigen und gleichzeitig wieder in Stimmung zu bringen.

 

Einen Versuch schien es ihm jedenfalls wert zu sein, auch wenn er sich zu beherrschen und Jack die Entscheidung zu überlassen versuchte. Sie würden sich schließlich bald nicht mehr jeden Tag sehen, geschweige denn öfter als ein paar Mal im Jahr.

 

Mit sanfter Stimme fügte er hinzu: „Du weißt doch genau, dass ich mich mit dir nicht streiten will.“

 

„Jedenfalls nicht verbal.“, ergänzte O’Neill und zwang sich zu einem Lächeln.

 

„Du kennst mich wirklich viel zu gut.“

 

Daniel hauchte seinem Liebsten einen Kuss auf die Wange und setzte dann seinen Weg über den Hals und die rechte Schulter fort.

 

Abwesend fragte Jack: „Musst du nicht noch fertig packen?“

 

Er konnte einfach die bevorstehende Abreise seines Freundes nicht aus seinem Gedächtnis verbannen. Es schmerzte ihn zu sehr, ihn zu verlieren, auch wenn sie nur ein Ozean trennen würde und sie sich irgendwann in der Zukunft wieder sehen würden. Das machte es nicht gerade leichter.

 

„Das kann ich auch nachher noch. Ich brauche sicher nicht lange, bis ich mit dir fertig bin.“, witzelte Jackson und schickte seine Hände auf Wanderschaft.

 

Jack jedoch hielt sie sofort wieder davon ab und setzte sich auf die Bettkante. Er war nicht länger in Stimmung - war er von Anfang an nicht gewesen. Er hatte es für Daniel versuchen wollen, doch das war ihm so falsch vorgekommen, dass er dieses Gefühl jetzt nicht mehr unterdrücken, es nicht mehr aushalten konnte. Er musste raus. Nicht nur aus dem Zimmer, sondern auch aus seinen Träumen. Das er seinen Liebsten damit kränken würde, war ihm durchaus bewusst, aber wenn er nicht bald ging, würde er wahrscheinlich laut los schreien und vor Wut mit Sachen um sich zu werfen beginnen.

 

Er wollte doch nur endlich aufwachen, wissen, welche dieser Leben das Richtige war - wenn keines von ihnen der Realität entsprach, dann wollte er dorthin zurück, egal wie sie aussah. Er hielt alles für besser als dieser ständige Wechsel, diese Ruhelosigkeit und die Unwissenheit. Das brachte ihn fast um. So verzweifelt hatte er sich noch nie zuvor in seinem Leben gefühlt.

 

Ich vertraue langsam auf gar nichts mehr.

 

Seine Stimme klang erstaunlicherweise ziemlich ruhig, als er sagte: „Da magst du sogar Recht haben. Ich gehe etwas spazieren.“

 

Jack erhob sich, um das Schlafzimmer zu verlassen. Er hatte die Tür hinter sich wieder geschlossen, noch bevor Daniel irgendetwas hätte erwidern können. Er ließ ihn einfach im Halbdunkel zurück.

 

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Das Letzte woran Colonel O’Neill sich erinnerte, war, dass er die Tür zu seinem Schlafzimmer zugezogen hatte, als er sich plötzlich zusammen mit Doktor Jackson in einer Geheimkammer irgendeines Gebäudes wieder fand. Es war anscheint alles ganz schnell gegangen, auch wenn Jack sich sicher nicht daran erinnern würde. Er war schon wieder von einem Leben in das andere gestolpert und jedes Mal schien es unerträglicher zu werden.

 

Ich will nicht mehr.

 

„Ich habe doch gesagt, nichts anfassen!“, fauchte er gereizt, um seiner Wut Luft zu machen.

 

Es galt nicht wirklich Daniel, aber das war ihm egal. Wenn er nicht einfach in Tränen ausbrechen wollte, musste er seinen Zorn und seine Verzweiflung anders katalysieren und der junge Wissenschaftler schien ihm das beste und auch einzige Opfer zu sei.

 

„Ich habe mich ja nicht einmal bewegt.“, verteidigte sich Jackson.

 

Er hatte wirklich nichts getan und beide wussten das, aber das spielte anscheinend keine Rolle.

 

„Wer denn sonst?“, erwiderte O’Neill ernst, wies damit alle Schuld von sich.

 

„Sie vielleicht. Schon mal an diese Möglichkeit gedacht?“, gab Daniel patzig zurück.

 

Jack entgegnete lapidar: „Nein, eigentlich nicht.“

 

„Sie haben sich an die Wand gelehnt.“

 

Daniel wollte diese anmaßenden Anschuldigungen und diese Arroganz, mit welcher sein Gegenüber ihm begegnete, nicht auf sich sitzen lassen.

 

Mich trifft schließlich keine Schuld.

 

„Habe ich nicht.“, protestierte O’Neill.

 

„Doch haben Sie.“

 

„Nein.“

 

„Müssen Sie eigentlich immer das letzte Wort haben?“, zischte Doktor Jackson wütend.

 

„Anscheinend bekomme ich es nicht, dann Sie plappern immer wieder dazwischen.“, entgegnete Jack besserwisserisch und mit einem sarkastischen Ton in der Stimme, für welchen sein Gegenüber ihn am Liebsten geschlagen hätte.

 

Im Grunde hatte er aber längst die Nase gestrichen voll davon, sich mit dem jungen Anthropologen zu streiten, wollte jedoch auf gar keinen Fall klein bei geben. Das würde bedeuten, dass er einen Fehler zugab, doch das stand nun einmal nicht zur Debatte.

 

„Ich rechtfertige mich lediglich.“, stellte Daniel klar.

 

O’Neill wandte prompt ein: „Lassen Sie es!“

 

„Ich werde es Ihnen doch nicht Recht machen.“, brauste Jackson erneut auf.

 

„Und wieso nicht?“, wollte Jack gereizt wissen.

 

„Weil ich Sie nicht leiden kann. Sie sind ein riesengroßes Arschloch.“, begann Daniel mit den Beleidigungen, weil er sich nicht nur in seinem persönlichen Stolz verletzt fühlte, sondern er auch nicht länger gewillt war, sachlich zu bleiben.

 

„Wie bitte?“

 

Jack glaubte, sich verhört zu haben. Er hatte ja viel von dem jungen Mann erwartet, aber nicht das. Von ihm selbst schon - da wäre es kein Wunder gewesen - aber nicht von diesem sonst so vor Selbstbeherrschung strotzenden Wissenschaftler. Zumindest noch nicht.

 

„Sie haben mich schon verstanden.“

 

O’Neill fauchte ihn an: „Was fällt Ihnen ein?“

 

„Ach, kommen Sie, Colonel. Als ob Ihnen das noch nie jemand gesagt hat.“, antwortete Doktor Jackson anmaßend.

 

„Nur Sarah und mit der war ich verheiratet.“

 

Der Colonel hatte unabsichtlich etwas von sich preisgegeben, etwas, dass er nicht gewollt hatte. Es erinnerte ihn sofort an Charlie und an den Verlust, den er damals erlitten hatte. Er vermisste seinen Sohn, ebenso wie Shau’ri und Skaara. Er schien jeden Menschen in seinem Leben, den er jemals geliebt hatte, verloren zu haben. Das machte ihn gefühlsmäßig angreifbar und verletzlich. Seine Vergangenheit war schon immer sein wunder Punkt gewesen und er hatte diese Karte nun in Daniels Hände gespielt. Dieser musste sie nur noch benutzen. Genau darauf versuchte Jack sich nun vergeblich einzustellen.

 

„Sie hatten einen kluge Frau.“, stellte der junge Archäologe fest, der von der Ehrlichkeit des Colonels überrascht worden war.

 

„Ja und Sie ist tot.“, erwiderte Jack verletzt.

 

Mit diesem Satz brachte er sich selbst noch mehr in Schwierigkeiten, aber das spielte für ihn jetzt auch keine Rolle mehr. Er war das Kämpfen und das Durchhalten leid. Er wollte nur noch endlich aufwachen.

 

„Tut mir leid.“, entgegnete Daniel reumütig.

 

Er hatte ein schlechtes Gewissen, auch wenn er nicht wusste, wieso. Vielleicht, weil es ihm nicht anders ergangen war. Niemand auf der Erde konnte nicht von sich behaupten, einen geliebten Menschen verloren zu haben, aber Jack hatte gleich zweimal die Liebe seines Lebens verloren. Das brachte mehr Leid mit sich, als der junge Mann seinem ärgsten Feind gewünscht hätte. Er hielt es für besser, nicht weiter in dieser Wunde herumzubohren. Das war dieser Streit bei weitem nicht wert.

 

„Als ob.“

 

Ich glaube Ihnen kein Wort.

 

„Was erwarten Sie eigentlich von mir?“, wollte Jackson wissen, der es dem Colonel anscheinend nie Recht machen konnte, auch wenn er freiwillig darauf verzichtete, diesen noch mehr zu demütigen.

 

O’Neill schrie ihm zornig entgegen: „Wenn Sie mich schon so fragen: Das Sie wieder verschwinden, Doc.“

 

„Würde ich ja gerne, wenn ich könnte, aber ich sehe hier leider kein Schild mit der Aufschrift ‚Ausgang’.“, konterte Daniel sarkastisch, mit einer Stur seines ganz eigenen Humors.

 

„Dann finden Sie eines.“

 

„Wieso? Ich habe uns schließlich nicht in diese Situation gebracht.“, brummte Jackson und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.

 

Er hatte nicht vor, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen, geschweige denn, einen Ausgang zu suchen. Er fühlte sich hier drinnen eigentlich ganz wohl und konnte es gut und gerne eine Weile in dieser Geheimkammer aushalten. Wenigstens so lange bis sein Gegenüber sich bei ihm entschuldigt hatte.

 

Jack meinte nur: „Tun Sie es trotzdem!“

 

„Ich bin nicht einer Ihrer braven, kleinen Soldaten, also hören Sie endlich auf, mich herumzukommandieren.“, erwiderte Daniel unbeeindruckt.

 

„Ich kann Ihnen genauso gut meinen Willen einprügeln.“, drohte der Colonel.

 

Jackson blickte ihm herausfordernd entgegen, rührte sich ansonsten aber keinen Millimeter von der Stelle. Er legte es einfach darauf an - er wollte herausfinden, wie viel Wahrheit in der Drohung des älteren Mannes steckte, auch wenn es ihn einige harte Schläge kosten würde. Vielleicht wurde es auch endlich Zeit, dass sie es ein für alle Mal ausdiskutierten und hier drinnen würde Major Carter sie nicht davon abhalten können. Das hier ging nur sie beide etwas an.

 

„Versuchen Sie es doch.“


weiter: Kapitel 6

Kapitel 6 by Lenari
Kapitel 6


„Nicht so grob, Jack. Ich bin nicht dein Feind.“, presste Daniel unter Jacks Küssen hervor.

„Daniel.“, sagte O’Neill verwirrt.

Er blickte sich um, war orientierungslos. Er fand sich in einer Toilette wieder, wahrscheinlich die eines Flughafens.

Ist es schon soweit?

Jack versuchte, sich daran zu erinnern, was alles geschehen war, doch nur die letzten Fetzen seines Traumes - oder war es doch die Wirklichkeit gewesen - hingen in seinem Geist. Er konnte sich weder daran erinnern, wie er hierher gekommen war, noch, warum er das tat. Er hatte doch beschlossen, sich nicht so zu verabschieden und schon gar nicht, wenn sie jeden Augenblick erwischt hätten werden können.

„Auch wenn dir das vielleicht nicht gefällt, hier ist sicher nicht der richtige Ort für unsere Spielchen. Es könnte was kaputt gehen. Ich zum Beispiel.“, erwiderte Daniel amüsiert.

Jack hatte ihn also nicht wirklich verletzt. Darüber war er froh.

„Entschuldige.“, presste er dennoch reumütig hervor und hauchte einen Kuss auf die Lippen seines Liebsten.

Jackson fragte besorgt: „Bist du so, weil du nicht willst, dass ich gehe?“

„Ich tue dir weh, weil ich dich behalten will. Findest du diese Theorie nicht auch etwas absurd?“, stellte Jack eine Gegenfrage mit hochgezogenen Augenbrauen, um nicht wahrheitsgemäß auf die Frage zu antworten, denn das wäre wahrscheinlich ein klares Ja gewesen.

„Na ja, so kompensierst du deine Trauer.“

Daniel kannte ihn viel zu gut, als das er diesem hätte etwas vormachen können.

„Ach ja, Sigmund Freud. Dann verrate mir doch, wie du zu dieser Annahme kommst.“, entgegnete O’Neill zynisch.

„Ganz klar, das klassische Prinzip: Verdrängung.“, witzelte Daniel, fügte mit einem Grinsen noch hinzu: „Vielleicht auch noch ein kleiner Ödipuskomplex.“

„Wirklich interessant. Und welche Behandlung schlagen Sie vor, Doc.“, erwiderte Jack anzüglich, schmiegte sich enger an seinen Freund.

„Eindeutig Sextherapie.“, stellte Jackson nüchtern fest und küsste ihn leidenschaftlich.

Er würde doch noch einen gebührenden Abschied bekommen, so wie er es die ganze Zeit gewollt hatte.

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Samantha Carter war kurz davor gewesen, einzuschlafen, als plötzlich das EKG Alarm schlug. Ein nervig beunruhigendes Piepsen ließ sie aufschrecken. Auch Teal’c hatte es gehört und machte auf dem Absatz kehrt, um zu seinem Freund zurückzukehren. Sie warfen fast gleichzeitig einen besorgten Blick auf Colonel O’Neill, welcher heftig zu atmen begonnen hatte. Seine Augen bewegten sich unkontrolliert hin und her. Er bewegte sich seit langer Zeit wieder von selbst, aber sein Zustand war dennoch beängstigend, weil sein Puls unaufhörlich anstieg und es einem Schock gleichkam.

„Irgendetwas stimmt nicht.“, fuhr Sam auf. „Hol bitte Janet.“

Noch bevor Teal’c sich in Bewegung setzen konnte, war Doktor Fraiser auch schon bei ihnen. Sie hatte sowieso gerade nach O’Neill sehen wollen.

„Sein Puls rast. Vielleicht ein schlechter Traum.“, stellte sie nach einem kurzen Blick auf die Monitore fest.

Es war auf jeden Fall eine der ersten wirklichen Reaktionen, die sie von ihm empfingen und das ließ sie hoffen. Schon seit Tagen hatte sich an seinem Zustand nicht das Geringste geändert und sie hatte schon befürchtet, dass er nie wieder erwachen würde, aber jetzt sah alles wieder ganz anders aus. Nun war wieder alles offen.

Carter fragte hoffnungsvoll: „Bedeutet das, dass er aufwacht?“

„Möglich wäre es, aber ich bin mir nicht sicher.“, antwortete Janet ehrlich.

Sie wollte einfach auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, deswegen gab sie einer der Schwestern auch den stummen Wink, sich mit dem Devibrilator bereit zu halten. Sie hoffte jedoch, diesen nicht benutzen zu müssen. Es konnte nämlich genauso gut sein, dass es die letzten Lebenszeichen vom Colonel sein könnten, dass er wirklich eine Art Schock erlitten hatte und sein Herz aussetzen würde.

„Es könnte aber auch das Gegenteil bedeuten.“, riss sich Sam selbst in die Realität zurück, sprach damit aus, was ihre Freundin ihr nicht hatte sagen wollen.

Sie konnte nicht sagen, was schwerer für sie war: Es auszusprechen oder die Erkenntnis, die hinter diesen Worten lag. Wenn er zu kämpfen aufgehört hatte, würde selbst Doktor Fraiser ihn nicht vom Sterben abhalten können. Als hätte Teal’c ihre Gedanken lesen können - vielleicht waren es auch seine gewesen - legte er ihr schützend die Hand auf die Schulter. Ebenfalls um sie zu trösten und ihr Hoffnung zuzusprechen. Sie dankte es ihm stumm, indem auch sie ihre schlanken Finger auf die seinigen legte.

„Es ist ein gutes Zeichen, aber trotz allem könnte es noch Tage oder sogar Wochen dauern, bis er wieder zu sich kommt. Wir wollten ihn sicherheitshalber ruhig stellen, bevor er sich noch verletzt. Teal’c, halten Sie ihn bitte fest.“, ließ Janet alles offen und eine der Schwestern brachte ihr eine Spritze mit klarer Flüssigkeit. Im selben Augenblick beruhigte sich Jacks Atmung wieder und sein Herzschlag normalisierte sich. Es war fast so, als wäre nie etwas geschehen, als hätte es diesen Schub von Leben in ihm nie gegeben.

„Ich denke, das wird nicht mehr nötig sein.“, bemerkte Teal’c stoisch.

Doktor Fraiser nickte: „Gut. Rufen Sie mich, wenn sich wieder etwas ändert. Ich werde nachher noch ein CT anordnen. Wir sollten sichergehen, dass das Koma keine irreparablen Schäden hinterlassen hat, obwohl es bis jetzt nicht so aussieht.“

„Wir rühren uns nicht von der Stelle.“, erwiderte Sam und nahm ihren Platz an seiner Seite wieder ein.

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„Was zum Teufel…“, stieß Doktor Jackson geschockt hervor und stieß Colonel O’Neill von sich.

Sie hatten sich gerade geküsst. Wieso, wusste jedoch keiner von ihnen. Jack hatte sich ja noch nicht einmal neu orientiert. Aber das war eindeutig ein Fehler gewesen. Jetzt hatte er nicht nur irgendetwas gesagt, sondern auch getan. Genau davor hatte er sich die ganze Zeit gefürchtet. Er konnte es seinem Gegenüber ja nicht einmal erklären. Er verstand es ja selbst nicht ganz. Wenn er sich selbst schon für verrückt hielt, was musste dann erst Daniel von ihm denke. Sie hatten sich prügeln wollen und sich letztendlich geküsst. Am Liebsten wäre Jack tief im Erdboden versunken und das auf der Stelle.

Klasse hingekriegt, Jack! Besser hättest du Vollidiot das auch nicht machen können!

„Scheiße, wieso habe ich das denn nun schon wieder gemacht?“, zischte O’Neill sich selbst an.

Den jungen Mann ihm gegenüber versuchte er dabei zu ignorieren.

„Das würde ich auch gerne wissen.“, fügte Daniel verwundert hinzu.

Nur mit Mühe schaffte Jack es, diesen Einwand aus seiner Realität auszublenden. Er wollte sich einfach im Moment nicht mit dem Anthropologen auseinandersetzen.

Unbeirrt fauchte er weiter: „Langsam reicht es. Ich hasse Tagträume.“

„Sie träumen davon, mich flachzulegen?“, fragte Jackson überrascht, klang aber kein bisschen verlegen, geradeso als hätte ihm diese Situation nicht halb sosehr mitgenommen, wie es verständlich gewesen wäre.

„Ja,… nein,… ich meine… das interessiert Sie einen Scheißdreck.“, stotterte Jack verlegen.

Daniel blickte ihn einen Moment nur wissend an. Er wusste genau, was in dem sonst so harten Colonel vor sich ging. Dieser hasste das zutiefst.

„Und ich habe angenommen, dass Sie mich nicht leiden können. Sie sind ein sehr kranker Mensch.“, erwiderte Daniel, jedoch weder anklagend, noch verurteilend oder gar angewidert.

Viel mehr war Spott und eine gewisse Amüsiertheit aus seinen Worten herauszuhören. Was Jack nur noch mehr verwirrte.

„Ich kann Sie auch nicht leiden.“, wandte Jack sofort ein, fügte aber etwas kleinlauter hinzu: „Jedenfalls hier nicht.“

„Wissen Sie überhaupt, was Sie wollen?“, fragte Doktor Jackson ruhig.

Er nahm die Situation gelassener auf als O’Neill lieb war. Schon allein dafür hasste er ihn erneut und der Wunsch, sein Gegenüber zu schlagen, kehrte plötzlich wieder zurück. Er wusste nur nicht, wie es diesmal enden würde.

Jack antwortete ernst: „Ein Loch zum Verkriechen wäre nicht schlecht.“

„Damit kann ich leider nicht dienen. Vielleicht einen anderen Wunsch?“, erwiderte Daniel mit zweideutigem Grinsen.

In Jacks Verwirrtheitszustand bekam er diesen Unterton jedoch nicht mit.

„Dass Sie die Klappe halten, wäre schon mal ein guter Anfang.“

Jack nahm seine Mütze ab und fuhr sich durchs ergraute Haar. Er war konfus. Seine Gedanken rasen durch seinen Kopf, ließen ihn nicht mehr klar denken. Es war so vieles auf einmal geschehen, dass er es nicht so schnell verarbeiten konnte. So sehr er es auch versuchte, er konnte seine Gefühle nicht ordnen - sie nicht alle unter einen Hut bekommen. Da war der quälende, nie enden wollende Schmerz, den er seit dem ersten Tag verspürte, als seine Tagträume begonnen hatten.

Gleichzeitig die Wut. auf den Mann ihm gegenüber und die gleichzeitige Zuneigung, die er für Daniel empfand. So widersprüchlich sie auch waren, so wahr und real kamen sie ihm auch vor. So, als hätte er das alles schon einmal durchmachen müssen, als wäre es nicht das erste Mal, dass er so empfand. In einer Zeit vor den Träumen, an die er sich aber nicht mehr erinnerte. In einem anderen Leben. Im Grunde wollte er nicht einmal darüber nachdenken. Das einzige, wonach sich sein Herz sehnte, war die Tatsache, dass das alles schnell ein Ende nehmen sollte. Auf die eine oder andere Weise.

Daniel hakte nach: „Noch irgendetwas?“

Sein Grinsen wurde breiter. Noch deutlicher konnte er wirklich nur noch werden, wenn er das Kind beim Namen nannte, wenn er handelte, anstatt darauf zu warten, dass Jack den nächsten Schritt tat. Das würde dieser jedoch nicht tun, denn soweit war sein Geist noch gar nicht gekommen.

„Was?“

Zum ersten Mal seit dem Kuss, kam Jack wirklich wahr, war Daniel sagte und das irritierte ihn nur noch mehr. Er wurde aus dieser ganzen Situation, aus seinem Leben, nicht mehr schlau - hatte vollkommen die Kontrolle darüber verloren. Ein Grund mehr, der ihn zum Verzweifeln brachte, der ihn wütend auf Daniel werden ließ. Aber, dass dieser das alles auch noch so leichtfertig hinnahm, ihm sogar noch zweideutige Antworten vor die Füße warf, die soviel mehr versprachen als das Verständnis für die eigentliche Problematik, brachten ihn vollkommen aus dem Konzept.

„Sie haben mich schon verstanden, Jack.“, erwiderte Jackson ruhig und trat einen Schritt auf O’Neill zu.

Er hatte es satt, zu warten. Außerdem wollte er damit seine Worte unterstreichen und keinen Raum mehr für Spekulationen anderer Art lassen. Er wusste genau, was er zu tun hatte. Schon längst hatte er die Kontrolle übernommen und Jack schwamm im Meer seiner Willkür. Daniel hatte ihn vollkommen in der Hand.

„Das denke ich nicht.“, wandte O’Neill trocken ein.

Er schluckte schwer, als Daniel noch einen Schritt näher kam. Automatisch wich Jack zurück.

Jackson fragte verführerisch: „Was denn, kein Interesse mehr?“

Wieder kam er etwas dichter und abermals vergrößerte Jack den Abstand zwischen ihnen beiden wieder. Diesmal jedoch stieß er mit dem Rücken gegen die massive Steinwand der kleinen Kammer, in welcher sie immer noch festsaßen. Er war gefangen - konnte weder vor, noch zurück - und wusste nicht, ob er zulassen sollte, dass Daniel den Kuss wiederholte.

Bin ich denn überhaupt bereit dazu?

„Doch… nein… Ich weiß nicht. Sollten wir uns nicht lieber darüber Gedanken machen, wie wir hier wieder herauskommen. Die Deadline endet in sieben Stunden.“, versuchte O’Neill vom eigentlichen Thema dieser kleinen Unterhaltung abzulenken, sich aus der peinlichen und unangenehmen Situation zu befreien.

„Sehen Sie vielleicht einen Ausgang?“, entgegnete Doktor Jackson säuselnd und überwand das letzte Stückchen Freiraum zwischen ihren Körpern.

Er schmiegte sich an Jack, der vor Aufregung zu atmen aufgehört hatte, jetzt aber scharf die Luft ausstieß und laut seufzte. Er hatte nicht gedacht, dass sein ganzer Leib bei jeder noch so kleinen Berührung vor Verlangen erbeben, dass es sich so gut anfühlen würde.

„Nein.“, brachte er nur gepresst hervor, als nicht mehr als ein Flüstern.

„Zieren Sie sich eigentlich immer so?“, fragte Daniel amüsiert.

Eine Spur zu sehr für Jacks Geschmack.. Dieser wollte seinen Widerstand noch nicht ganz brechen lassen, auch wenn es genau das war, wonach alles in ihm schrie. Zum ersten Mal seit diese Träume begonnen hatten, war er sich wirklich sicher, was er wollte.

Daniel!

„Nur bei Ihnen, Daniel.“, hauchte er und hakte nach: „Sind Sie immer so direkt?“

„Nur bei Ihnen, Jack.“, antwortete Jackson und zog mit seinem Feigefinger kleine Kreise über O’Neills Brust, während er weiter sprach: „Küssen Sie mich jetzt endlich oder drucksen Sie noch weiter herum?“

Jacks ganzer Körper erschauderte unter dieser zärtlichen Berührung und der betörenden Stimme, die nur noch ganz leise an sein Ohr drang. Und dann küsste er Daniel. Er ließ sich einfach von der Ekstase des Augenblicks mitreißen. Er ließ sich endlich fallen.

Daniel!

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Als der Kuss nach einer schier endlos langen Ewigkeit endete, in welcher die Zeit still zu stehen schien, war Colonel O’Neill abermals in einer anderen Realität gelandet. Er befand sich wieder in der Flughafentoilette und hielt den Daniel in den Armen, mit dem er die letzten Jahre in einer festen Beziehung gelebt hatte und welcher nun im Begriff war, ihn zu verlassen.

„Lass mich gehen.“, bat Daniel ruhig und strich Jack zärtlich über die Wange.

Für einen Moment schloss dieser die Augen, schüttelte dann den Kopf und lehnte seine Stirn gegen die seines jungen Freundes.

„Ich kann nicht.“, erwiderte O’Neill traurig.

Es zerriss ihm das Herz, seinen Liebsten loslassen zu müssen. Er wollte es nicht. Nicht jetzt, wo er sich endlich klar darüber geworden war, was er wirklich wollte, wie er sich sein weiteres Leben vorstellte. Es war auf einmal alles so einfach und klar für ihn geworden. Alle Zweifel, alle Probleme schienen vergessen, aber wie immer im Leben waren sie auch allgegenwärtig. Er würde Daniel in dieser Welt nicht aufhalten können. Sie würden nie so leben können, wie er es sich erhoffte. Es stand immer etwas zwischen ihnen.

„Aber ich muss. Ich kann einfach nicht länger bleiben.“, versuchte Jackson ihn zu überzeugen.

O’Neill fragte hoffnungsvoll: „Kommst du wieder?“

„Ich werde immer da sein, wenn du mich brauchst.“, versprach Daniel und küsste ihn abermals, diesmal jedoch nur kurz, aber auch voller Liebe.

„Ich brauche dich jetzt.“, meinte Jack ernst.

Er hätte alles getan, damit der junge Anthropologe ihn nicht verließ, damit er bei ihm blieb. Aber er wusste auch, dass nichts, was er tun oder sagen würde, seinen Freund davon abgehalten hätte, zu gehen. dass es nichts geändert hätte.

„Nein, das tust du nicht.“, widersprach Daniel.

Entschieden schüttelte er den Kopf und trat einen Schritt zurück - löste sich aus Jacks leichter Umarmung.

„Versprichst du es mir.“, hakte Jack nach, um Zeit zu schinden, auch wenn er damit das Unausweichliche nur hinauszögerte.

„Ich verspreche es.“

„Wann kommst du zurück?“, wollte er als Nächstes wissen.

„Das weiß ich nicht.“, gestand Daniel ihm ehrlich.

Auch er war traurig, hatte jedoch das Gefühl, für sie beide stark sein zu müssen. Es war zu spät, um seinen Entschluss zu revidieren. Er war schon viel zu weit gegangen, um es jetzt ungeschehen zu machen. Er würde es auch nicht tun, selbst wenn er könnte. Er hatte sich entschieden und er stand dazu. Das war es, was er wollte, und selbst seine Liebe zu Jack würde ihn nicht aufhalten.

„Wieso nicht?“

Daniel entgegnete: „Ich weiß auch nicht alles. Ich kann dir nur versichern, dass ich da sein werde, wenn du meine Hilfe benötigst.“

Sie sahen sich tief in die Augen. Tränen waren in beiden Paaren zu sehen. Sie hatten einfach nicht erwartet, dass sie sich einmal auf diese Weise verlieren würden. Als einzige Option hatte Jack immer nur seinen eigenen Tod gesehen, nicht dass Daniel ihn verlassen würde. Das war für ihn schlimmer, als zu sterben. So würden sie beide zurückbleiben und mit der Sehnsucht und Einsamkeit klarkommen müssen.

Genau so muss es sich anfühlen, in der Hölle sein.

Es hatte sich bereits alles verändert. Sie redeten schon längst nicht mehr über einen Flug nach Ägypten, sondern über die Wahrheit. Über das, was wirklich real war. Eine Wirklichkeit, die noch schmerzvoller erschien als diese anderen Leben zusammen. Daniel war fort. Langsam, Schritt für Schritt, kamen all die Erinnerungen zurück. Der Schmerz blieb der Gleiche.

„Wir brauchen deine Hilfe jetzt.“, flehte Jack mit zitternder Stimme.

„Im Moment kommt ihr ohne mich aus. Eine Weile jedenfalls noch.“, erwiderte Jackson mit einem zuversichtlichen Lächeln.

Er war jetzt in warmes Licht gehüllt, ansonsten herrschte schwarzes, lautloses Nichts um sie herum. Sie standen sich einfach gegenüber, hatten längst einen gewissen Abstand zwischen ihre Körper gebracht. Auch wenn Jack das nicht gewollt hatte, hatte es doch sein müssen. Sie würden sich erneut trennen müssen, das war beiden bewusst.

„Aber du kommst wieder?“, fragte O’Neill hoffnungsvoll.

„Ja.“, antwortete Daniel ehrlich, nickte zur Bestätigung seiner Worte.

Er streckte seinen Arm aus und strich Jack mit der Hand abermals über die Wange, um ihn zu trösten, eine verwaiste Träne wegzuwischen. Noch immer hielten sie dem Blick des jeweils anderen stand, konnten sich einfach nicht abwenden. Keiner von ihnen wollte, dass es so endete.

„Bekomme ich einen Abschiedskuss?“

Wieder zitterte Jacks Stimme bei diesen Worten. Nur noch mit Mühe und Not konnte er weitere Tränen unterdrücken. Er wollte nicht zu weinen anfangen, nicht vor Daniel. Auch er wollte für sie beide stark sein, auch wenn alles in ihm danach schrie, es nicht zu tun.

Ich hasse das!

„Sicher.“

Kaum, dass sich ihre Lippen berührten, wurden beide auch schon von dem hellen, warmen Licht Daniels eingehüllt und sie spürten, wie es dem anderen in diesem Moment erging. Für beide war es überwältigend angesichts der Intensität der Liebe, die sie für einander empfanden.

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Leise drangen Geräusche an sein Ohr. Sie kamen ihm so bekannt vor, als hätte er sie schon öfter als einmal gehört. Ein pochender Schmerz breitete sich über seinen ganzen Körper aus, der taub und vollkommen kraftlos in einem Bett zu liegen schien. Bei jedem Atemzug durchzuckte ihn ein quälender Stromstoß aus purem Schmerz. Das Zentrum befand sich im Bauchraum und er erinnerte sich wieder an seinen aller ersten Traum: Er war angeschossen worden.

Es war alles wieder da. Die Erinnerungen an die Mission und seinen Verwundung, an Daniels Fortgehen sowie die Trauer über diesen herben Verlust. Er hatte sich gewünscht, dass es endete, dass diese Träume endlich ein Ende haben würden, aber nicht so, nicht auf diese Weise. Nicht mit der Tatsache, dass Daniel nicht mehr am Leben sein würde - mit der Erkenntnis, dass er jetzt einsam und allein sein Dasein verbringen musste.

Allmählich öffnete er die Augen, nur um sicher zu gehen, dass er sich auch wirklich nicht mehr in einem Tagtraum befand, sondern dass das hier die Wirklichkeit war, auch wenn sie ihm nicht gefiel. Dass er wieder zurück war - dort hin, wo er hingehörte. Er blickte genau in Major Carters Gesicht., welche seine Hand fest zwischen ihren Fingern hielt und leicht lächelte. Tränen traten ihr in die Augen. Sowohl aus Sorge als auch aus Freude. In diesem Moment wusste er einfach, dass diese Welt die richtige war.

„Er wacht auf!“, rief Samantha erfreut und fragte besorgt den Mann, an dessen Seite sie gesessen und gebetet hatte: „Colonel, können Sie mich hören?“

„Sam?“, fragte Jack mit schwacher Stimme.

Er konnte seine Augen kaum offen halten. Es erlangte fast seine ganze Kraft, sie anzusehen.

Bedacht entgegnete sie: „Wie geht es Ihnen, Sir?“

Noch immer hielt sie seine Hand fest im Griff und streichelte diese jetzt beruhigend mit ihrem Daumen.

„Wo bin ich?“, wollte er orientierungslos wissen.

Noch immer konnte er sich nicht bewegen.

„Auf der Krankenstation. Sie sind angeschossen worden, wissen Sie nicht mehr?“, antwortete Carter so gefasst, wie es ihr möglich war, auch wenn sie innerlich mit ihren Tränen kämpfte.

Sie wollte vor ihm nicht weinen, auch wenn es Freudentränen waren. Sie wollte für ihn stark sein, ihm die Kraft geben, ganz ins Leben zurückzukehren. Er konnte ihre Angst dennoch in ihren Augen lesen. Am Liebsten hätte er sie in den Arm genommen und getröstet - ihr gesagt, dass alles wieder gut werden würde - aber er fühlte sich so schwach. So leer und hoffnungslos. In seinem Herzen klaffte ein riesiges Loch und nichts in dieser Welt könnte es wieder schließen. Nur einer würde es schaffen, doch er - Daniel Jackson - würde nicht zu ihm zurückkehren. Jack musste einen anderen Weg gehen. Doch wie sollte er es seinen Freunden nur sagen?

„Es tut mir leid.“, hauchte er in die Stille des Raumes, wagte jedoch nicht, einen von ihnen anzusehen.

Eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange, als er kraftlos die Augen schloss und es geschehen ließ, zu sterben. Einfach seinen Körper aufzugeben und weiter zu gehen.

„Colonel?“, rief Sam ängstlich. „Jack!“

Seine Vitalwerte verschlechterten sich drastisch und um ihn herum begannen die verschiedensten Geräte an wie wild zu piepsen. Kurz darauf setzten sein Herzschlag und seine Atmung aus. Er hatte einfach aufgegeben. Er konnte und wollte nicht mehr weiterkämpfen. Er hielt diesen schmerzlichen Verlust nicht mehr aus. Er war zerbrochen, längst mit seinem Freund gegangen. Für ihn gab es nur noch eines, was er wirklich wollte, und das war bei seinem Liebsten zu sein - egal auf welche Weise.

Teal’c rief: „Doktor Fraiser!“

Diese kam sofort mit einem Notfallteam angelaufen. Ein verheißungsvoller, schrecklicher, anhaltender Piepton erfüllte bereits die gesamte Krankenstation. Allen war klar, was das zu bedeuten hatte. O’Neill lag im Sterben, doch noch würde ihn niemand aufgeben. Noch bestand Hoffnung. Sie betete, dass er nicht aufgeben würde, dass er wie immer kämpfte.

„Devi vorbereiten. Fünf Milligramm Ephi.“, wies Janet die Sanitäter an und begann bereits mit der Reanimation, während eine Schwester ihn mit Sauerstoff versorgte.

„Sofort, Doktor.“

Eine andere Schwester zog eine Spritze auf, während ein anderer Pfleger die Paddels vorbereitete, um Jack damit zu reanimieren. Das Ephiniphrin wurde in den Infusionsschlauch gespritzt. Doktor Fraiser nah die Paddels zur Hand, rieb sie kurz aneinander und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass alle einen Schritt vom Bett zurückgetreten waren, platzierte sie diese routiniert auf Jacks Brust. Ein starker Stromstoss durchzuckte seinen Körper. Für einen Augenblick schlug sein Herz wieder, doch dass war nur die Wirkung des Devibrilators gewesen.

„Kommen Sie, Colonel. Kämpfen Sie.“, redete Janet auf ihn ein, während sie sich bereit machte, es noch einmal zu versuchen.

„Gib jetzt nicht auf, O’Neill.“, flehte auch Teal’c.

Er hoffte einfach, dass sein Freund ihn hörte.

„Zurücktreten!“

Noch einmal durchströmte ihn die Leben spendende Energie in der Hoffnung, sein Herz würde diesmal wieder zu schlagen beginnen.

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Epilog


Währenddessen befand sich Jack O’Neills Geist wieder in der Dunkelheit. Ein warmes Licht umströmte und schützte ihn, so wie es zuvor auch bei Daniel gewesen war. Er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so wohl und leicht gefühlt, als könnte er einfach alles erreichen, wenn er nur fest genug daran glaubte. Aber im Grunde war er ja nicht einmal mehr am Leben. Er hatte seine Hülle all seine Lasten einfach abgestreift und in seinem alten Leben zurückgelassen. Er brauchte sie jetzt nicht mehr.

„Jack, was soll das? Du kannst doch nicht einfach so sterben?“, zwang ihn eine strenge Stimme, sich umzudrehen.

Er sah genau in das Gesicht von Daniel Jackson. Hier war alles, was er wollte. Hier war er zu Hause.

Patzig entgegnete Jack: „Wieso nicht?“

„Weil das nicht geht, deswegen.“, erwiderte Daniel hart.

Er konnte O’Neill einfach nicht verstehen. Der Mann, der immer gekämpft hatte, der nie hatte aufgeben wollen – dieser außergewöhnliche Mann stand nun vor ihm und war bereit, alles aufzugeben, wofür er gekämpft hatte. Er wollte einfach nicht mehr stark sein. Das war für Daniel unbegreiflich.

„Ich musste wissen, ob ich mit meiner Vermutung richtig lag.“, erwiderte Jack ehrlich.

Er machte keine Anstalten, es sich anders zu überlegen, um sein Leben zu kämpfen.

„Und was bringt dir das?“, wollte Jackson wissen.

„Ich will mit dir gehen.“

Daniel wehrte entschieden ab: „Das kannst du nicht.“

„Bin ich denn nicht gut genug?“, fragte Jack mit sarkastischem Unterton in der Stimme.

„Daran liegt es nicht. Es ist nicht dein Weg.“, antwortete sein Liebster beschwörend.

„Aber deiner?“, hakte O’Neill nach.

„Genau.“

Ein zustimmendes Nicken unterstützte seine Antwort.

„Und woher weißt du das?“, wollte Jack zynisch wissen.

„Ich weiß es einfach und, wenn du ehrlich bist, siehst du das auch so.“

„Nein.“, platzte es aus dem Colonel heraus.

„Jack!“, ermahnte Daniel ihn. „Es tut mir leid, aber ich kann das nicht zulassen.“

„Daniel, bitte.“, bat Jack traurig.

Er wollte seinen Freund nicht noch einmal verlieren. Er wollte viel lieber bei ihm sein. Egal in welcher Form.

Jackson blieb unnachgiebig, auch wenn es ihm schwer fiel, als er mit fester Stimme „Auf Wiedersehen.“ sagte.

„Nein, ich will keinen Abschied, kein Auf Wiedersehen.“, wehrte O’Neill ab, ergriff die Hand seines Liebsten.

„Etwas anderes wirst du nicht bekommen.“, erwiderte Daniel ernst.

Er wollte ja auch nicht gehen, seinen Freund alleine lassen, aber er musste. Er konnte es so nicht enden lassen. Er konnte nicht einfach ihre Gefühle über das Schicksal der ganzen Welt, des ganzen Universums stellen. Die Erde brauchte Jack noch immer. Er war ihre einzige Hoffnung. Jack musste Leben und die Goa’uld bekämpfen - das war sein Weg.

„Dein letztes Wort.“

Jack blickte seinen Kameraden fragend an. Auch er wusste, dass es falsch war, aufzugeben, aber es war um so vieles einfacher als zu versuchen, mit dem Verlust zu leben.

„Ich liebe dich!“, gestand Daniel ihm sanft und hauchte seinem Liebsten einen Kuss auf die Lippen.

Jetzt war es doch noch zu einem Abschied gekommen. Beide wussten, dass es unvermeidlich gewesen war, dass es nicht anders hätte kommen dürfen, und beide Schmerzte dieses Lebewohl. Aber in diesem Kuss lag auch ein stummes Versprechen. Dass sie sich eines Tages wieder sehen würden. Dass ihre Liebe nicht vorbei war, sondern lediglich eine weitere Hürde zu meistern hatte. Ihre Trennung würde nicht auf Dauer sein. Aus dieser Erkenntnis konnten beide genügend Kraft schöpfen, um die Einsamkeit zu überstehen.

Jack schlug die Augen auf und zog so scharf die Luft ein, dass er husten musste. Jeder Nerv und jeder Muskel in seinem Körper schmerzte. Ein Zeichen dafür, dass er lebte, dass es kein Traum war. In den Augen seiner Freunde konnte er die Sorge lesen, die er ihnen bereitet hatte. In diesem Augenblick erkannte er, dass Daniel Recht gehabt hatte. Sie brauchten ihn, auch wenn es ihm nicht gefiel, von seinem Liebsten getrennt zu sein. Er hatte gar keine andere Wahl, als zu kämpfen und zu hoffen, dass Doktor Jackson irgendwann zurückkommen würde.

O’Neill hatte gesehen, wie es hätte sein können, und er musste zugeben, dass es allemal besser war, seinen Freund zu vermissen, als seine Welt zu Grunde gehen zu sehen. Keine Welt war perfekt, aber es gab hier zumindest noch Hoffnung.

Ende
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