Für das Leben eines Freundes by Katha
Summary: Sheppard und McKay geraten während eine Routinemission in große Gefahr. Die Situation ist an sich schon brenzlich, doch schon bald kommt es zu einem Punkt an dem Sheppard eine schwere Entscheidung treffen muss.
Categories: Stargate Atlantis Characters: John Sheppard, Multi-Chara, Rodney McKay
Genre: Action, Friendship, Hurt/Comfort
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 13760 Read: 2535 Published: 19.12.10 Updated: 19.12.10
Story Notes:
Short-Cut: Sheppard und McKay geraten während eine Routinemission in große Gefahr. Die Situation ist an sich schon brenzlich, doch schon bald kommt es zu einem Punkt an dem Sheppard eine schwere Entscheidung treffen muss.
Spoiler: -
Charakter: Sheppard, McKay, Multi-Charakter
Kategorie: Hurt, Action, Friendship
Rating: PG-13
Author's Note: -
Widmung: -
Disclaimer: Stargate Atlantis und seine Charaktere gehören MGM Television.
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1. Kapitel 1 by Katha

Kapitel 1 by Katha
Für das Leben eines Freundes


Woolsey war ein Mann, der Ordnung schätzte, der Sinn und Zweck der Bürokratie kannte und achtete, aber selbst ihm stand die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben, wenn er den Aktenberg, der allmählich wirklich bedrohlich Ausmaße erreicht hatte, auf seinem Schreibtisch betrachtete. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er den Papierkram abarbeiten sollte, geschweige denn das heute noch.

Richard dachte einen Moment tatsächlich ernsthaft darüber nach, ob er nicht einfach das ganze Zeug in Brand stecken sollte, entschied sich dann aber doch gegen eine Rumpelstilzchen-Einlage in seinem Büro. Mit einem Kopfschütteln verwarf er seine Idee, konnte sich aber einen leidenden Seufzer nicht verkneifen. Die Idee war nun wirklich lächerlich, aber deswegen nicht weniger verlockend. Immerhin hätte er damit sein Problem gelöst, sich aber wohl eine unangenehme Stellungnahme gegenüber dem Komitee eingebrockt und darauf hatte er nun doch keine Lust.

Missmutig schnappte er sich einen Stift und wollte gerade den ersten Ordner in Angriff nehmen, als ein schnaufender Dr. Rodney McKay in sein Büro gepolter kam, mit hochrotem Kopf und herumfuchtelnden Armen. Der Wissenschaftler schien es nicht für nötig zu halten, eine Begrüßung auszusprechen, geschweige denn einer Entschuldigung, denn umgehend, kaum zur Tür hereingekommen, platzte der aufgestaute Wortschwall aus ihm heraus. “Ich muss den Energieverbrauch der Jumper neu konfigurieren, die Leitsysteme, den Schutzschild und das ZPM überprüfen, das Inventar meines Labors protokollieren, die Datenbank der Antiker entschlüsseln und ganz nebenbei noch darauf achten, dass mein inkompetentes Team nichts kaputt macht. Ich habe also weitaus Wichtigeres zu tun, als Sheppard auf diese Mission zu begleiten, bei der ich mir unter Garantie eine Erkältung einfangen würde, die mich wiederum daran hindern würde, meine Arbeit zu machen. Warum schicken Sie nicht Teyla oder Ronon mit?”

Der Leiter von Atlantis hatte im ersten Augenblick nicht die geringste Ahnung, von was Rodney da eigentlich sprach. Mit einem halb irritierten, halb belustigten Blick maß er McKay, wollte eine entsprechende Frage stellen, doch dann fiel ihm ein, worüber sich der Wissenschaftler so aufregte. Richard hatte für den Mittag eine Außenmission nach MX - EP379 – ein Planet, auf dem es nichts anderes weit und breit gab, außer Eis und Schnee - angesetzt. Es sollten Proben genommen werden, um festzustellen, ob dort eine Süßwassergewinnung möglich war.

Daher wehte also der Wind. Rodney wollte sich vor den arktischen Temperatur und damit vor der unangenehmen Arbeit drücken - typisch McKay, aber damit würde der Kanadier bei ihm nicht durch kommen.
Richard konnte ein Schmunzeln ob seiner Erkenntnis nicht ganz unterdrücken, setzte dann aber sofort sein seriöses Gesicht auf und antwortete: “Weil keiner von Beiden ein Wissenschaftler ist, Sie aber schon. Oder täusche ich mich jetzt in der Annahme, dass Sie einen Doktortitel inne haben?”

“Nein, natürlich nicht”, gab Rodney mit einer Arroganz in der Stimme zurück, die jeden Wraith vor Neid erblassen ließe.
“Dann ist Ihre Frage, weswegen Sie an dieser Mission teilnehmen sollen, geklärt.” Woolsey angelte sich wieder seine Akte und schlug diese auf. Für ihn war die Diskussion hiermit beendet - für McKay aber ganz und gar nicht. “Es gibt in dieser Stadt auch noch genügend andere Wissenschaftler, die natürlich nicht annäherend die selben Kompetenzen aufweisen, wich ich, aber durchaus in der Lage sind, Löcher ins Eis zu buddeln und dann davon etwas in ein kleines Röhrchen zu stecken. Ich habe hier Aufgaben … “
“ … die Dr. Zelenka während Ihrer Abwesenheit für Sie erledigen wird”, beendete der Leiter von Atlantis den angefangen Satz des Kanadiers und ließ an seinem Tonfall und dem genervten Blick erkennen, dass Rodney sich besser hüten sollte, zu widersprechen.
McKay reckte zwar trotzig sein Kinn vor, drehte aber auf dem Absatz und schritt mit Eiltempo durch die Tür.

Skeptisch und mit hochgezogener Augenbraue betrachtete Sheppard den Kanadier, der gerade den Jumper betrat, sich missmutig neben John setzte, seinen Laptop hervor holte und stur, ohne ein Wort zu sagen, darauf herumzuhämmern begann. Der Wissenschaftler hatte die militärische Kältekleidung angelegt und sah darin - im Gegensatz zu John - nicht eben allzu vorteilhaft aus.

Die Buschtrommeln in Atlantis funktionierten gut, daher wusste der Soldat von McKays misslungenem Versuch, Woolsey davon zu überzeugen, dass er dringender in der Stadt benötigt wurde, als auf einem Eisplaneten herumzugurken und Schnee einzusammeln. Der Colonel konnte sich ein Grinsen und eine bissige Bemerkung nicht verkneifen, als sein Blick auf eine offene Tasche in Rodneys Jacke viel und er erkannte, was sich darin befand. “Na, für alle Fälle Schnupfenspray und Hustenbonbons eingepackt, was?”
Der Kanadier funkelte Sheppard wütend an. “Wenn Sie nicht wollen, dass ich todkrank auf dem Sterbebett liege, wenn die Stadt von den Wraith angegriffen wird und Sie meine Hilfe benötigen, sollte Sie sich besser nicht über meine Vorkehrungen lustig machen.”

John war sich dessen sicher, dass er den Wissenschaftler jetzt besser nicht weiter provozieren sollte, wenn er wenigstens einigermaßen seine Ruhe in den nächsten Stunden haben wollte, aber trotz besseren Wissens meinte er staubtrocken und mit einem Schulterzucken: “Zelenka würde das auch hinkriegen.” Er konnte es einfach nicht lassen.

Von einen auf den anderen Wimpernschlag erfanden McKays Wangen eine neue Definition der Farbe Rot. In seinen Augen blitzte es angriffslustig auf. “Haben Sie eigentlich nur die geringste Ahnung davon, wie sehr Sie mich nerven?!” Der Soldat präsentierte Rodney eine Antwort, mit der er so gar nicht gerechnet hatte. “Klar.” Die Kinnlade des Kanadiers gab der Schwerkraft ohne großen Widerstand nach, stand sperrangelweit offen. Es gab nicht viele Momente, in denen der Wissenschaftler sprachlos war, aber der hier gehörte eindeutig dazu.

John war durchaus klar, dass seine Unverschämtheit Folgen haben würde und sich McKay in naher Zukunft an ihm rächen würde, aber der fassungslose Ausdruck in dessen Gesicht war es Sheppard wert gewesen. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen startete er den Jumper.



Viel gab es nun nicht zu sehen, aber der Soldat hatte auch nichts anderes erwartet. Einen Tag zuvor war ein MAP durch das Stargate geschickt worden und hatte stundenlang im Prinzip ein und dasselbe Bild nach Atlantis gesandt - Schnee, Schnee und noch mal Schnee. Und genau das konnten der Colonel und Rodney nun mit eigenen Augen bestaunen, wobei einer von Beiden alles andere als begeistert von diesem Anblick zu sein schien. Der Kanadier machte seinen Unmut mittels eines abfälligen Geräusches und fluchendem Herumgenuschels Luft. John verstand nicht wirklich etwas, von dem, was der Wissenschaftler da vor sich her brabbelte. Nur einzelne Wortfetzen wie `…Frechheit…`, `…zu wichtig dafür…` oder `…Fieber…lande auf Krankenstation` drangen ihrem Sinn entsprechend an seine Ohren, denen er aber weiter keine Beachtung schenkte.

Er kannte McKay und damit auch seinen heißgeliebten Hang zur Übertreibung. So lange er Sheppard in Ruhe ließ, konnte sich Rodney wegen ihm die Seele aus dem Leib brummen.
“Wo müssen wir zu erst hin?”, unterbrach der Soldat das pessimistische Schauspiel des Kanadiers. Der Wissenschaftler hielt einen Augenblick den Mund, tippte auf der Tastatur seines Tablet-Pcs herum, übermittelte dem Colonel die Koordinaten und versank darauf hin sofort wieder in leidklagendem Gemurmel. John maß McKay mit einem leicht genervten Blick und stellte fest, dass es ihm vielleicht doch nicht so ganz egal war, wenn Rodney weiterhin dermaßen ausgiebige Selbstgespräche führte, dennoch enthielt er sich einer entsprechenden Aussage. Er hatte den Kanadier erst vorhin zu Weißglut gebracht, da sollte er bis zum nächsten verbalen Angriff eventuell noch ein wenig Zeit verstreichen lassen. Ein hysterischer, wutentbrannter Rodney war schließlich weitaus schwerer zu ertragen, als ein gewöhnlich genervter McKay.

Also wandte sich Sheppard den Anzeigen im Jumper zu und studierte die Karte vor sich. Vier Punkte waren mit einem blauen Kreis markiert, dort sollten die Proben genommen werden. Nicht eben eine riesige Herausforderung, insofern würde es wohl auch nicht allzu lange dauern.
Und je früher sie fertig wären, desto eher konnte der Kanadier von dannen ziehen und seine Wut an seinem Team auslassen - und nicht an dem Soldaten - und der Colonel konnte sich wieder in seinem Quartier verschanzen, um sich ausgiebig der ergatterten DVD-Sammlung zu widmen.
Eine durchaus verlockende Aussicht. Also, worauf noch warten?



Der Schnee reichte den beiden Männern bis knapp unter die Knie und machte das Vorankommen zu einer mühseligen Angelegenheit. Sheppard hatte den Jumper nur knapp zehn, allerhöchsten fünfzehn Meter, neben dem eigentlichen Zielort gelandet, aber dennoch war selbst diese kurze Strecke schwer zu überwinden. Es war bitterkalt und der Wind schien sich förmlich ins Gesicht zu beißen, trotzdem lief John der Schweiß über die Stirn, was dem Brennen auf den Wangen allerdings nicht wirklich entgegenwirkte. Selbst für John waren diese paar Schritte ernsthafte Arbeit - von dem Wissenschaftler ganz zu schweigen. Rodney stapfte ein gutes Stück hinter dem Soldaten her, mit verbissener Miene und stillschweigend. McKay war viel zu sehr damit beschäftigt, nicht zu stolpern und der Länge nach hinzufallen, als nur ein Wort zu sagen. Einmal davon abgesehen hatte der Kanadier mörderisches Seitenstechen, was das Reden nicht unbedingt leichter machte, aber das Denken nicht verhinderte.

Innerlich belegte der Wissenschaftler Woolsey mit den übelsten Schimpfwörtern, die ihm auf die Schnelle einfielen. Sollte der feine Herr doch selber seine dämlichen Proben holen, wenn er sie unbedingt haben wollte. Wer war er denn? Der Depp vom Dienst oder was? Nein, mit Sicherheit nicht. Er war ein Genie - entdeckte mehr Bahnbrechendes, als sich Richard überhaupt merken konnte, vollbrachte wahre Wunder und erfand quasi im Alleingang eine ganz neue Mathematik. Und jetzt sollte er im Schnee herumwühlen? Das war seiner Person nicht würdig. Rodney fror sich hier sämtliche Gliedmaßen blau, wo er doch eigentlich in Atlantis sein und unmögliche Aufgaben lösen sollte - im Warmen, mit etwas Essbarem in der Hand und seine unfähiges Team kommandierend. Das war sein Job und dafür wurde er bezahlt, nicht für Arbeiten, die selbst Primaten zu erledigen im Stande waren. Bei diesem Gedanken fiel sein Blick auf den Colonel vor ihm und ein hämisches Grinsen umspielte seine Lippen. Immerhin musste sich der ach so große Held hier genauso abmühen, wie er selbst – gut, John kam bedeutend besser und schneller voran, aber McKay konnte sehen, dass Sheppard außer Puste war. Das zeigten nur allzu deutlich die feinen Nebelwolken, die bei jedem Atemzug vor dem Mund des Soldaten erschienen – und das in rascher Folge. Eine Genugtuung für den Kanadier.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam John am Zielort an, wandte sich um und wartete auf den Wissenschaftler, der dann auch mit einiger Verspätung und schnaufend eintrudelte. “Das ist die reinste Folter hier draußen”, japste Rodney und warf einen verhassten Blick über die Eislandschaft.
Der Soldat zuckte mit den Schultern. “Das ist der erste Punkt, wir haben noch drei Weitere vor uns.”
“Das weiß ich selbst, aber es ist erfreulich feststellen zu können, dass Sie durchaus in der Lage sind bis Vier zu zählen”, gab McKay spitz zurück.
In den Augen des Colonels blitzte es drohend auf, doch bevor er dem Kanadier ein ordentliches Donnerwetter um die Ohren jagen konnte, schien der Wissenschaftler doch noch zu der Erkenntnis zu kommen, dass dieser sich mittels seiner Worte eindeutig zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte und hob beschwichtigend die Hände, nuschelte ein gerade noch vernehmbares “Entschuldigung” und wechselte schnell das Thema. “Also, fangen wir an?”
Sheppard überlegte einen Moment, ob er McKay nicht doch auf die richtige Größe zurecht stutzen sollte, entschied sich dann aber dagegen und antwortete verschmitzt lächelnd. “Warum wir?”

Rodney blickte John verwirrt hat. Was meinte er denn damit? Ich und du macht wir - also, was meinte er denn bitte damit?
“Sie sind der Wissenschaftler, nicht ich.” Der Soldat zuckte unschuldig mit den Schultern.
“Aber Sie können genauso gut ein Loch buddeln. Dazu braucht man keinen Doktortitel.” Der Kanadier konnte es nicht fassen. Dieser Mistkerl wollte genüsslich dabei zu sehen, wie er sich einen Ast abrackerte. Oh nein, nicht mit ihm. Energisch verschränkte der Wissenschaftler seine Arme vor der Brust, um zu verdeutlichen, dass der Colonel bei ihm auf Granit beißen würde, egal welche aberwitzigen Argumente er auch noch auf Lager haben sollte.

“Mag sein, aber ich bin lediglich die Begleitung, sorge für die Sicherheit. Das hier ist Ihre Aufgabe und wenn Sie nicht wollen, dass ich in meinem Bericht etwas von strikter Arbeitsverweigerung erwähne, was Ihnen mit Sicherheit mehr Ärger mit Woolsey - vielleicht sogar mit dem Komitee - einbringen würde, als Ihnen lieb ist, sollten Sie sich jetzt lieber eine Schaufel schnappen und Maulwurf spielen.” Ein triumphierendes Glitzern legte sich in Sheppards Augen, wofür ihn Rodney wohl am Liebsten an die Gurgel springen würde - das verriet jedenfalls McKays äußerst empörter Blick, die fest zusammen gepressten Lippen und seine arbeitenden Kiefermuskeln.
“Das wagen Sie nicht”, stammelte der Kanadier und schüttelte dabei leicht seinen Kopf.

“Nein?”, fragte John mit süffisant hochgezogenen Mundwinkeln.
Das würde der Colonel nicht machen - oder doch? Der Wissenschaftler musterte aus zusammengekniffenen Lidern den Soldaten, der völlig gelassen neben ihm stand und einen überaus unverschämten Gesichtsausdruck hatte. Sollte er es d`rauf ankommen lassen? Rodney dachte fieberhaft nach. Sheppard würde ihn doch nie im Leben einfach so ans Messer liefern. Andererseits war John des Öfteren für die ein oder andere unangenehme Überraschung gut - das zeigten nur allzu deutlich dessen plötzliche Kamikazeaktionen in brenzlichen Situationen. McKay wollte sein Glück nicht auf die Probe stellen, also kramte er verbissen in der Tasche herum, holte Schaufel, sowie Pickel hervor und funkelte den Colonel noch einmal wütend an.

Der Soldat wusste, dass der Kanadier ihm für seine Untat wohl die nächsten zwei Wochen den Nachtisch klauen würde, aber heute hatte er einfach viel zu viel Spaß daran, dem Wissenschaftler den letzten Nerv zu rauben. Außerdem hatte er sich mit seiner `Zelenka-ist-genauso-gut-wie-Sie-Bemerkung` so oder so schon einen Rachfeldzug seitens Rodney eingebrockt, da machte eine Stichelei mehr oder weniger auch keinen Unterschied mehr. Zufrieden stemmte Sheppard seine Hände in die Hüften und deutete mit einem Kopfnicken nach unten. “Auf geht`s.”

Vor Zorn kochend bückte sich McKay und begann die ungeliebte Arbeit, aber nicht ohne sich bereits in Gedanken auszumalen, wie er John das heimzahlen konnte. Vielleicht hatten die Systeme von Atlantis plötzlich eine Fehlfunktion und die Tür zum Quartier des Colonel würde einfach nicht mehr aufgehen? Oder noch besser - eventuell würde ja jemand das Haargel des Soldaten mit Sekundenkleber austauschen? Ein teuflisches Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Kanadiers - Sheppard würde büßen müssen.



Nach geschlagenen drei Stunden waren zwei Proben eingesammelt, sicher in der Kühlbox verstaut und die beiden Männer auf dem Weg zu den nächsten Koordinaten. Der Soldat musste sich eingestehen, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass ein bisschen Schnee einsammeln so lange dauern würde, aber nun wurde ihm allmählich klar, weshalb Woolsey für diese Mission einen halben Tag angesetzt hatte. Aber immerhin lagen sie gut in der Zeit, was wohl zum größten Teil daran lag, dass McKay sich ausschließlich der Aufgabe widmete und beschlossen hatte, keinen Ton mehr von sich zu geben - eine Tatsache, die dem Colonel doch langsam ins Grübeln brachte. Der Kanadier liebte es im Rampenlicht zu stehen und sämtlichen Mitmenschen, die sich auch nur Ansatzweise in seiner Nähe befanden, von seinen unglaublichen Errungenschaften zu berichten - ob diese das nun hören wollten oder nicht. Sheppard ahnte, dass er sich Ärger eingehandelt hatte.



John war unruhig. Ein ungutes Gefühl hatte ihn beschlichen. Der Wissenschaftler hatte seit ihrer letzten, kleinen Auseinandersetzung kein Wort mehr gesagt und das war nicht das einzige Ungewöhnliche an Rodney Verhalten. Die ganze Zeit über hatte McKay ein seltsames Grinsen auf den Lippen, was dem Colonel nicht geheuer war. Der Kanadier heckte doch irgendetwas auf. Der Soldat konnte förmlich sehen, wie es im Hinterstübchen des Wissenschaftlers auf Hochtouren arbeitete. Was führte Rodney im Schilde? Sheppard hatte es wohl doch ein bisschen zu weit getrieben. Ihn beschlich das Gefühl, dass er seine Habseligkeiten, sobald er wieder auf Atlantis war, besser in Sicherheit bringen sollte. Vielleicht sollte er einen Versuch starten, um McKay den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Frage war nur, wie er das gedachte anzustellen. Eventuell reichte ja schon ein freundliches Gespräch?

John räusperte sich auffällig, um die Aufmerksamkeit des Kanadiers zu erregen, doch der hatte scheinbar nicht die geringste Lust auch nur seine Augen auf ihn zu richten. “McKay?”, hakte der Colonel nach und musste verunsichert feststellen, dass der Wissenschaftler noch immer keine Anstalten machte, sich dem Soldaten zuzuwenden. Rodney hatte also auf stur gestellt. Na wunderbar. Was sollte er denn jetzt tun? Er kannte nur eine Möglichkeit, wie er den Kanadier aus der Reserve locken konnte.

Sheppard wühlte kurz in seiner Westentasche herum und zog nach kurzem Suchen einen Energieriegel hervor. Die Verpackung der Leckerei knisterte leicht. John konnte erkennen, wie McKay seine Ohren spitzte und sich zusammenreißen musste, um seinen Blick nicht in die Richtung des verführerischen Geräusches wandern zu lassen. Der Colonel lächelte. Na also. Es geht doch. Der Soldat streckte den Arm etwas zu Seite und wedelte mit der Süßigkeit quasi vor Rodneys Nase herum. “Wollen Sie den?”

Die Hände des Kanadiers krallten sich in dessen Hose, aber er schaffte es tatsächlich weiter stur aus der Scheibe zu starren. Er musste wohl harte Geschütze auffahren. Mit übertriebenem Schulterzucken meinte Sheppard gleichgültig: “Dann eben nicht.” Mit diesen Worten riss er die Hülle des Energieriegels genüsslich auf, machte ein schmatzendes Geräusch und wollte sich die Leckerei provozierend langsam in den Mund schieben, als der Wissenschaftler ruckartig den Kopf zu ihm drehte. Für einen Wimpernschlag schmachtete Rodney die Süßigkeit gierig an, dann schnellte seine Hand mit einer Schnelligkeit nach vorne - die der Soldat McKay gar nicht zugetraut hätte - um den Energieriegel in seine Gewalt zu bringen, aber seine Finger griffen ins Leere. John war flinker, ruckartig zog er die Leckerei zurück und genoss den entsetzten Gesichtsausdruck seines Freundes.

Der Colonel wollte gerade einen Erpressungsversuch starten, um ein Friedensangebot zu erreichen, als es draußen von einen auf den anderen Moment mit rasch zunehmender Intensität zu schneien. Dicke Schneeflocken rieselten herab, bildeten eine dichte Wand, durch die der Soldat kaum noch etwas sehen konnte. Sheppard schluckte sämtliche Worte herunter und runzelte misstrauisch die Stirn. Was war denn jetzt los? Bevor John die Gelegenheit bekam eine entsprechende Frage zu stellen, leuchtete eine Anzeige des Jumpers rot auf. Die Außentemperatur sank - und das schnell: von - 15 Grad Celsius auf - 20 Grad Celsius. Und das innerhalb weniger Sekunden.

McKay war das Schauspiel nicht entgangen. Konzentriert und mit zusammen gekniffenen Augen hämmerte er bereits auf der Tastatur seines Laptops herum. “Es wird kälter”, stellte der Wissenschaftler knapp fest.
“Ach was.” Der Sarkasmus, den der Soldat in seinen Worten mitschwingen ließ, wurde zwar mit einem missbilligendem Blick seitens Rodneys postwendend bestraft, aber der Kanadier enthielt sich jedes weitere Kommentar dazu.

Wind kam auf, drückte plötzlich mit solch einer Wucht gegen den Jumper, dass das Flugobjekt einen Schwenker nach rechts machte.
“Passen Sie doch gefälligst auf”, kommentierte der Kanadier empört, der durch Johns unfreiwilliges Manöver fast seinen Computer fallen gelassen hätte.
“Wenn Sie es besser können, nur zu, setzten Sie sich doch ans Steuer”, gab Sheppard genervt zurück. Es war ja nicht so, als ob er das mit Absicht gemacht hätte.
“Soll ich?”, erwiderte McKay provokativ und grinste hämisch. Der Colonel war d`rauf und d`ran dem Kanadier an die Gurgel zu springen, als sämtliche Anzeigen des Jumper aufleuchteten und rot zu blinken begannen. Gleichzeitig sank die Temperatur schlagartig auf - 30 Grad Celsius. Der starke Wind wurde zu einem ausgewachsenen Sturm, der mit brachialer Gewalt an dem Flugobjekt rüttelte. Es rieselten auf einmal keine Schneeflocken mehr vom Himmel, sonder faustgroße Hagelkörner donnerten unter ohrenbetäubenden Lärm auf die Außenwand des Jumpers.

“Was zum Teufel ist hier los?”, schrie John gegen die Geräuschkulisse an, in der Hoffnung, dass Rodney ihn auch hörte.
Der Wissenschaftler sprang auf, rannte in das Heck des Flugobjektes, öffnete die Innenwand und fummelte hektisch an den Kabeln herum. “Die Energieversorgung fällt gleich aus.”
Anscheinend schien das Schicksal McKays Antwort Nachdruck verleihen zu wollen, den kaum hatte der Kanadier den Mund zu gemacht, flackerten sämtliche Leuchten des Jumpers kurz auf und verloschen danach zur Gänze, der Antrieb versagte.

Instinktiv wollte Sheppard nach oben ziehen, aber das lantianische Gerät wollte einfach nicht spuren und verlor rasant an Höhe.
“Hinsetzen!”, brüllte der Soldat nach hinten. Ihm war klar, dass sie abstürzen würden. “Das wird keine schöne Landung.” Der Kanadier angelte sich nach vorne, setzte sich mit vor Panik geweiteten Augen neben den Soldaten und krallte sich förmlich in den Sitz.

John zog die Schnauze des Jumpers mit aller Kraft hoch, versuchte ihn gerade zu halten und wenigstens so etwas Ähnliches wie einen Gleitflug hinzubekommen, aber er scheiterte kläglich. Das lantianische Flugobjekt hatte keine Tragflächen, unter denen die Luft hätten hindurch strömen und es so immerhin für eine Zeit lang oben halten können. So aber war es, als ob der Colonel einen Kasten zwingen wollte, sich gegen die Schwerkraft zu wehren.
Der Boden kam in erschreckendem Tempo immer näher, schien die ganze Frontscheibe des Jumpers zu verschlucken.
Sheppard spannte sich innerlich an. Ein lauter Knall ertönte, schmerzte fast schon körperlich. Glas brach, irgendetwas knirschte schrill, dann wurde alles mit einem Schlag schwarz.



Langsam lichtete sich der dunkle Nebel im Schädel des Soldaten, machte damit dröhnenden Kopfschmerzen platz, die ihn mit Gewalt wieder ins Bewusstsein trieben. Seine Lider fühlten sich tonnenschwer an, wollten sich nicht heben – lieber geschlossen bleiben und John in verführerischer Sicherheit wiegen. Der Colonel zwang sich dazu die Augen zu öffnen, was sein Körper sofort mit einem stechenden Schmerz in der Schläfe quittierte.

Alles schien vor seinen Pupillen zu verschwimmen, keinen richtigen Sinn ergeben zu wollen. Seine Ohren rauschten, ließen ihm Glauben machen, seinen eigenen Herzschlag hören zu könne. John musste in paar Mal blinzeln und sich ernsthaft konzentrieren, um wieder Herr seiner Sinne zu werden. Der Druck in seinem Schädel verschwand zwar nicht, aber senkte sich immerhin auf ein erträgliches Maß herab und auch der Schleier vor seinen Augen klärte sich - endlich konnte er etwas erkennen.

Die Scheibe des Jumpers war gebrochen. Überall lagen Scherben - die Armaturen, der Boden und im Prinzip der gesamte Innenraum des lantianischen Flugobjektes war übersät von scharfen Splittern. Durch das klaffende Loch in der Scheibe war Schnee und Eis eingedrungen, verstopfte es gänzlich und bedeckte einen Teil der Front und letztendlich auch zum Teil ihn selbst. Die Stromversorgung war tatsächlich komplett ausgefallen - keine Anzeige leuchtete oder blinkte wenigstens kurz auf. Das einzige Licht, was etwas Helligkeit spendete, kam von ein paar dünne, rote Leuchtstoffröhren an der Decke, die scheinbar nur noch mühselig vom Notstromaggregat am Leben gehalten wurden. Der flackernde Schein setzte die Schatten in Bewegung, erweckte fast den Eindruck, als würden sie tanzen.
Ein beißender Geruch lag in der Luft - es roch nach verschmorten Kabeln.
Eine Bruchlandung vom Feinsten, dachte Sheppard bitter. Was war er doch für ein großartiger Pilot.

Der Colonel drehte seinen Kopf zur Seite und sog erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ein, als sein Blick auf McKay fiel. Der Wissenschaftler hing mehr in dem Sitz, als das er wirklich saß. Sein Gesicht und seine Hände wiesen hauchdünne Schnittstellen auf, die zwar nicht eben einen schönen Anblick machten, aber wenigstens nicht weiter schlimm waren - im Gegensatz zu der langen Scherbe, die in Rodneys Bein steckte. Der Stoff der Hose war blutgetränkt, auf dem Boden hatte sich bereits eine Lache gebildet.

“Verdammt”, fluchte John und erhob sich. Keine besonders gute Idee. Ein stechender Schmerz flammte in seiner Schulter und Flanke auf, zwang ihn wieder dazu, sich stöhnend in den Sitz fallen zu lassen. Augenblicklich machte sich sein Kreislauf auf den Weg in den Keller - ihm verschwamm das Gesichtsfeld, sein Herz hämmerte gegen die Brust und sein Puls schnellte in die Höhe, während sich sein Blutdruck gen Null näherte. Fest kniff der Soldat die Augen zusammen, befahl sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Es dauerte einige Minuten, bis sich seine Vitalwerte wieder stabilisierten - aber immerhin.

Vorsichtig tastete Sheppard seine Flanke ab, zuckte bei seiner eigenen Berührung zusammen und zog sofort seine Hand wieder zurück. Er war zwar kein Arzt, aber er konnte sich auch so denken, dass sich die ein oder andere Rippe verabschiedet hatte. Das Selbe konnte er wohl auch über seine Schulter behaupten. Na wunderbar. Warum musste so etwas auch immer ihm passieren? Das Schicksal hatte es sich anscheinend zu Aufgabe gemacht, dem Colonel möglichst viel Stoff für sein eigenes Buch zu geben: “Wie gerate ich am Besten in ausweglose Situationen und verletzte mich dabei?”
John seufzte. Missmutige Gedanken brachten ihn jetzt auch nicht weiter, halfen ihm lediglich im besten Falle sich in eine Depression zu stürzen und für einen Heulkrampf war nun wirklich kein passender Augenblick.

Der Soldat biss die Zähne zusammen und stemmte sich abermals auf die Beine, dieses Mal allerdings langsam und mit Bedacht. Sein Kreislauf schien zwar immer noch nichts von etwas Bewegung zu halten, aber wenigstens blieb der Kollaps aus. Die Schmerzen blendete Sheppard schlicht aus, verbannte sie ins hinterste Eck seines Bewusstseins und ignorierte den stechenden Rest einfach. Er wusste, dass sein Körper sich früher oder später an ihm rächen würde, aber es half alles nichts - schlappmachen galt nicht.
Mit zwei mehr gestolperten als tatsächlich gelaufenen Schritten hangelte sich der Colonel zu dem Kandier. McKay war noch immer bewusstlos - was wohl auch besser für das war, was John vorhatte.

Rasch, aber dennoch vorsichtig genug, um sich selbst nicht noch mehr Schmerzen zu bereiten, als er ohnehin schon hatte, zog der Soldat seine Jacke aus und wickelte sich diese um die Hand. Er hatte schließlich nicht vor sich die Finger aufzuschlitzen. Skeptisch betrachtete Sheppard die Scherbe, die in dem Bein des Wissenschaftlers steckte. Der Colonel tat es nicht gerne, aber er musste sie herausziehen. Nur so konnte er die Blutungen stoppen - oder es immerhin versuchen. Vorsichtig umfasste er den Splitter und wollte ihn gerade entfernen, aber das plötzliche Stöhnen des Kanadiers ließ ihn mitten in der Bewegung verharren.

John musste sich beeilen - Rodneys Lider flatterten bereits. Der Soldat fummelte an seinem Gürtel herum, beschimpfte die Schnalle in Gedanken aufs übelste, als diese sich nicht sofort öffnen ließ, löste ihn und band damit das Bein des Wissenschaftlers ab. Sheppard atmete noch einmal tief durch, dann zog der die scharfkantige Scherbe mit einem Ruck heraus. Der Colonel hatte gehofft, dass McKay noch benommen genug war, um den Schmerz nicht wirklich wahrzunehmen oder die Qual nur am Rande seines Bewusstseins mitzubekommen, aber da hatte er sich getäuscht.

Schlagartig riss der Kanadier seine Augen auf, starrte entsetzt auf sein Bein und die Scherbe in Johns Hand. Rodney sog die Luft scharf ein, sein Mund öffnete sich, aber kein Schrei kam über seine Lippen - lediglich ein gepeinigtes, halb ersticktes Röcheln.
Der Wissenschaftler verkrampfte sich, sein Brustkorb hob und senkte sich hektisch, dann sackte er zusammen und krallte sich mit beiden Händen in den Sitz unter ihm. Keuchend atmete er ein und aus, kniff die tränengefüllten Augen zusammen und biss die Zähne aufeinander. Immer wieder stöhnte McKay vor Schmerz auf, begann am ganzen Leib zu zittern.
Das Gesicht des Kanadiers war mittlerweile nicht nur blass, sondern aschfahl und von Schmerz gezeichnet.

John beugte sich vor, legte eine Hand auf Rodneys Schulter und flüsterte eindringlich: “Schon gut, McKay, ganz ruhig.” Der Soldat wartete erst gar nicht auf Antwort - er hatte ernsthafte Zweifel daran, dass Rodney im Moment überhaupt auch nur ein Wort über die Lippen bringen konnte - und hangelte sich ins Heck des Jumpers.

Fieberhaft wühlte Sheppard in den herum liegenden Trümmern herum. Wo zum Henker war dieser blöde Erste-Hilfe-Koffer, wenn man ihn brauchte? Nach einer gefühlten Ewigkeit und duzenden, gemurmelten Flüchen fand der Colonel endlich den Kasten, der mit einem roten Kreuz gekennzeichnet war.
So schnell er konnte bugsierte er sich samt seiner Errungenschaft wieder nach vorne, ließ sich neben McKay nieder und holte aus dem Medi-Pak ein Desinfektionsmittel hervor. “Das wird etwas brennen”, sagte John - in dem Bewusstsein, dass das wohl herzlich untertrieben war.

Ohne noch einen weiteren Moment zu warten, goss der Soldat die klare Flüssigkeit über die Wunde des Wissenschaftlers. Augenblicklich zuckte Rodney zusammen und stöhnte auf. Sheppard tat das nicht gerne, aber wenn sich die Verletzung infizierte, würde es für den Kanadier nicht eben angenehmer werden. Hastig legte der Colonel einen Druckverband an - in der Hoffnung, dass er das auch richtig machte. Es war ja nicht eben so, als hätte er einen Doktortitel. Nein, er war ein einfacher Soldat, der nicht eben mit einem bahnbrechenden Wissen in der Versorgung von Wunden ausgestattet war, aber seine Kenntnisse mussten jetzt einfach ausreichen.

Vorsichtig erhob sich John, hielt aber mitten in der Bewegung inne und biss die Zähne zusammen. Der stechende Schmerz in Schulter und Flanke schien anscheinend nichts von seinem Rauswurf aus dem Bewusstsein des Soldaten zu halten, denn er meldete sich ob der Belastung mit Pauken und Trompeten zurück. Sheppard erlaubte es sich für einen Augenblick die Augen zu schließen, sich zu konzentrieren, um die Pein wieder auf seinen vorbestimmten Platz zurück zu drängen - oder wenigstens auf ein erträgliches Maß herunterzukurbeln. Es dauerte etwas, aber es funktionierte - immerhin. Bei dieser Mission war so ziemlich alles schief gelaufen, was schief gehen hätte können, aber immerhin ließ ihn sein Durchhaltevermögen und sein Wille nicht im Stich.

Mit einem letzten Ruck richtete sich der Colonel vollends auf und ging einen Schritt zu Seite, um dem Wissenschaftler ins Gesicht sehen zu können.
McKay hatte noch immer die Augen fest geschlossen und die Lippen zu einem schmalen Strich aufeinander gepresst, aber - sofern es kein Wunschdenken war - schien die Gesichtsfarbe des Kanadiers allmählich von schneeweiß auf eine annehmbare Blässe zu wechseln, die wenigstens davon zeugte, dass Rodney noch unter den Lebenden weilte.

John hatte den Kanadier schon in seinen schlimmsten Moment erlebt - umgeben von mordlüsternen Replikatoren, eingesperrt auf einem Hive voller hungriger Wraith, auf der Flucht vor heimtückischen Feinden und hoffnungslos übermüdet - und dennoch hatte er seinen Freund noch nie in einem derart elendigen Zustand gesehen. “McKay?”, sagte der Soldat leise, berührte sanft den Arm des Wissenschaftlers. “Rodney? Alles in Ordnung?” Kaum waren die Worte aus Sheppards Kehle gedrungen, verpasste sich der Colonel in Gedanken eine schallende Ohrfeige. Eine dämlichere Frage hätte er in diesem Moment wohl nicht stellen können. Warum zum Henker dachte er nicht einmal nach, bevor er seine Zunge in Bewegung setzte? Himmel - vor seinem inneren Auge konnte er bereits den Titel für sein zweites Buch sehen: “Empathie? - Wo denn?”

Der Kanadier schien etwas Ähnliches zu denken, denn er öffnete die Augen und sah John an, als ob er ihm gleich jedes Haar einzeln herausreißen wollte. “Klar, mir ging`s nie besser.” McKays Stimme klang gepresst und glich mehr einem heißeren Krächzen als fester Sprache und dennoch war der Sarkasmus in seiner Stimme unüberhörbar.
Ein leichtes Grinsen umspielte die Lippen des Soldaten. “Sieht man.”
Der Wissenschaftler zog eine Augenbraue nach oben, verkniff sich aber jegliche bissige Bemerkung, die ihm gerade auf der Zunge lag und versuchte sich stattdessen in eine aufrechte Position zu begeben - sich halb liegend, halb sitzend auf einem Stuhl zu befinden, war nicht eben bequem.

Vorsichtig wollte sich Rodney nach oben stemmen, musste aber augenblicklich feststellen, dass sein Körper so rein gar nichts davon hielt. Sofort durchzuckte ein flammender Schmerz sein Bein und ließ den Kanadier noch in derselben Sekunde stöhnend zurücksinken.
“Sie sollten sich besser nicht bewegen”, kommentierte Sheppard unter besorgtem Blick das Geschehen.
“Meinen Sie?” McKay funkelte den Colonel wütend an. “Ihre Bandscheibe droht ja auch nicht jeden Moment aus der Wirbelsäule zu springen. Außerdem kann ich so nicht arbeiten.”

Auf Johns Gesicht machte sich Verständnislosigkeit breit. “Warum arbeiten?”
Der Wissenschaftler seufzte genervt und brachte es tatsächlich, trotz seines Zustandes fertig, sich vom Feinsten in Rage zu reden. “Falls Sie es vergessen haben - die Energieversorgung des Jumpers ist zusammengebrochen, wir sind abgestürzt und sitzen somit auf einem Eisplaneten fest, von dem wir frühestens in sieben Stunden zurückerwartet werden - zuzüglich eingeplanter Verspätungen. Es wird also mindesten noch umgerechnet 480 Minuten dauern, bis Woolsey auf die glorreiche Idee kommen wird, einen Rettungstrupp loszuschicken. Dazu kommt noch - ich weiß ja nicht, wie`s Ihnen geht - …” Der Kanadier musterte den Soldaten skeptisch “ … dass ich verletzt bin und es hier verdammt kalt ist. Was wiederum die logische Schlussfolgerung zulässt, dass wir wohl eher nicht so viel Zeit haben - eh sei denn Sie verspüren den eindringlichen Wunsch zu erfrieren und als Tiefkühlkost in Atlantis zu landen.” Obgleich Rodney gerade eine McKay-Standpauke in alter Manier hingelegt hatte, schien ihn das Sprechen wohl doch mehr anzustrengen, als er offen zugeben wollte. Seine Atmung hatte sich stark beschleunigt, sein Herz hämmerte gegen die Brust und er konnte förmlich spüren, wie er augenblicklich schwächer wurde. Erschöpft lehnte der Wissenschaftler seinen Kopf nach hinten und schloss kurz die Augen, um sich wieder zu sammeln.

Erst jetzt bemerkte Sheppard, dass die Temperaturen hier tatsächlich alles andere als sommerlich waren - bei jedem Atemstoß verwandelte sich die Luft vor seinem Mund in eine zarte Nebelwolke. Es war wirklich bitterkalt.
Der Soldat stand einfach nur da und wusste nicht wirklich, was er sagen sollte - Rodney hatte recht und das wusste er auch.

Der Wissenschaftler wartete erst gar nicht auf eine Antwort des Colonels. “Helfen Sie mir schon, mich ordentlich hinzusetzen.” McKay blinzelte seinen Gegenüber energisch an und machte Anstalten sich abermals alleine hochzustemmen, kam allerdings nicht sehr weit. “Los jetzt”, bat der Kanadier entschlossen, wenn auch keuchend. John seufzte stumm, griff dann aber doch unter die Arme des Wissenschaftlers und brachte ihn mit einem Ruck in eine aufrechte Sitzposition - eine Belastung, die nicht nur Rodney Schmerzen brachte. Der Soldat biss die Zähne zusammen, konnte aber ein halbunterdrücktes Stöhnen nicht unterdrücken. Sheppards Beine wollten für einen Moment nachgeben. Er musste sich an der Rückenlehne des Kanadiers abstützen, um nicht in die Knie zu sacken. Dieser Zustand hielt nicht länger als vielleicht eine, oder zwei Sekunden an, dann hatte sich der Colonel wieder voll unter Kontrolle. Doch obwohl sich John seitlich hinter McKay befand, war dem Wissenschaftler die Showeinlage nicht entgangen.

Besorgt inspizierte Rodney den Soldaten von Kopf bis Fuß, konnte äußerlich nichts weiter als ein paar Schnittwunden entdecken, die nicht weiter dramatisch aussahen, dennoch - so sehr sich Sheppard auch bemühte den Schein zu wahren - fiel ihm auf, dass der Colonel eine leicht gebeugte Haltung inne hatte. Der Kanadier kannte John gut genug, um zu wissen, dass das nicht Gutes verhieß. Der Soldat war niemand, der offen zu gab, wenn etwas nicht stimmte - und schon gleich gar nicht, wenn er Hilfe benötigte.
McKay kniff die Augen zusammen und wollte zu einer entsprechenden Frage ansetzen, wurde aber sofort durch eine abwinkende Handbewegung seitens Sheppard unterbrochen, der sich sichtlich unwohl unter der Musterung des Wissenschaftlers fühlte. “Alles okay.”

Rodney schien etwas erwidern zu wollen - etwas Bissiges und Unfreundliches - entschied sich dann aber doch dagegen. Er wusste, dass der Colonel, wenn er nicht wollte, einen Teufel tun und ihm irgendetwas sagen würde. Resignierend wechselte der Kanadier das Thema. “Geben Sie mir meinen Laptop.” John machte keine Anstalten auch nur einen Finger krumm zu machen und entgegnete stattdessen: “Warum?”

McKay verdrehte die Augen und machte den Eindruck, als hätte der Soldat gerade etwas sehr, sehr Dummes gesagt. “Weil ich herausfinden möchte, was passiert ist und dann vorhaben, eine Möglichkeit zu finden, den Jumper wieder flott zu machen. Oder haben Sie vor, die ganze Strecke zurückzugehen?” Das war nichts weiter, als eine rhetorische Frage und Sheppard wusste das auch. Also beließ er es dabei, sah sich einen Augenblick um, bis er den kleinen Computer auf dem Boden entdeckt hatte, hob ihn auf und überreichte ihn wortlos den Wissenschaftler.

Rodney starrte entsetzt auf den doch sehr mitgenommen Tablet-Pc. Das Display hatte einen riesigen Sprung, der sich quer über den Bildschirm zog. Zudem hatte das Material an mehreren Stellen Risse bekommen - ganz zu schweigen von den unzähligen Macken überall. Das Display, das sonst hell beleuchtet war, blieb schwarz, auch nachdem der Kanadier ein paar Mal hektisch auf die verschiedensten Knöpfe gedrückt und Anschlüsse geprüft hatte.

“Kaputt, was?”, kommentierte der Soldat grinsend McKays Versuche, das technische Gerät zum Laufen zu bringen. “Finden Sie das etwa witzig?”, gab der Wissenschaftler giftig zurück. John setzte einen unschuldigen Blick auf und antwortete: “Nein, natürlich nicht.” Ein paar sarkastische Kommentare tanzten gerade Tango auf Rodneys Zunge und der Kanadier hatte alle Mühe, dem Colonel nicht eines davon gegen Kopf zu werfen, aber schließlich begnügte er sich mit einem wütenden Funkeln in den Augen und einem abfälligen Geräusch, das irgendwo zwischen Arroganz und Zorn pendelte.

Die nächste Viertelstunde verbrachte McKay damit, dem Soldaten Anweisungen zu geben, welchen Knopf er auf dem Armaturenbrett des lantianischen Flugobjektes drücken und welches Kabel er in welchen Anschluss wo und wie hineinstecken sollte. Das Ergebnis war immer das Gleiche - nämlich gar keines. Kein Lämpchen leuchtete auf, kein Licht ging an, keine Anzeige flammte kurz auf - es tat sich rein gar nichts, was die Laune des Kanadiers gegen null rasseln ließ. Noch weitere fünf Minuten scheuchte er Sheppard zwischen den technischen Geräten hin und her, dann warf er frustriert und mit einem Schwung - den der Colonel so Rodney nicht zu getraut hätte, einmal davon abgesehen, dass John es nie für möglich gehalten hätte zu sehen, wie der Wissenschaftler einen Tablet-Pc mit Absicht schrottete - auf den Boden. “Ich krieg` das nicht hin.”

“McKay, versuchen…”, wollte der Soldat einzulenken, kam aber nicht dazu, seinen Satz zu beenden. “Da gibt`s nichts zu versuchen. Der Laptop ist völlig hinüber und die Energiezufuhr ist komplett lahmgelegt. Hier würde nicht einmal mehr ein Wasserkocher funktionieren.” Der Tonfall des Kanadiers verbannte auch nur den Anflug eines aufkeimenden Widerspruches in Sheppard. Er wusste, dass Rodney zur Dramatik neigte, einfach nur hin und wieder einen Tritt in die richtige Richtung benötigte, aber ihm war auch klar, dass der Wissenschaftler nicht aufgeben würde, wenn er sich nicht sicher wäre, dass es keine andere Lösung gäbe.

Vorsichtig ließ sich der Colonel auf seinen Sitz sinken, hob die Hand und strich sich mit Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken. Das war nicht gut - überhaupt nicht gut. Seine Finger waren bereits klamm vor Kälte und seine Füße fühlten sich auch nicht unbedingt wohliger an. Die Anzeigen funktionierten zwar nicht, aber er schätzte, dass es um die -15 bis -20 Grad Celsius hatte. Nicht mehr so kalt wie zuvor, aber warm war etwas anderes.
“Was machen wir jetzt?”, fragte der Kanadier leise. “Warten”, antwortete John trocken. “Was?!”, hakte McKay erschrocken nach, konnte nicht fassen, was er da hörte. Das konnte doch nicht der Ernst des Soldaten sein.

“Sie haben mich schon verstanden”, erwiderte Sheppard. “Aber…”, setzte der Wissenschaftler an, wurde aber von dem Colonel unterbrochen. “Kein aber! Mir fällt im Moment nichts besser ein - sollten Sie aber eine erfolgversprechendere Idee haben, nur her damit. Ansonsten finden Sie sich damit ab und …” John hielt mitten im Satz inne, bremste sich innerlich. Er hatte mit einer Schärfe im Tonfall gesprochen, die er nicht beabsichtigt hatte. Der Soldat schluckte, rief sich zur Besinnung und fügte dann ruhig hinzu: “Hören Sie, McKay, das Stargate ist von hier aus mindestens eine Stunde zu Fuß entfernt - unter normales Bedingungen. Im Freien herrschen Minusgrade, der Planet ist von Eis und Schnee bedeckt und da draußen tobt eine Art Blizzard, der es geschafft hat, den Jumper lahmzulegen. Ich habe meine Zweifel, dass es besonders sinnvoll wäre, jetzt einen Spaziergang einzulegen. Mir ist durchaus bewusst, dass hier herumzusitzen nicht eben `ne tolle Lösung ist, aber es immer noch ungefährlicher, als ins Freie zu gehen.” Sheppard atmete tief durch. “Okay?”

Der Colonel konnte Rodney aus dieser Entfernung, auch wenn es vielleicht nicht mehr als ein Meter war, nicht eben scharf erkennen- das Licht war einfach zu schlecht - dennoch konnte er förmlich sehen, wie der Kanadier zu einer Antwort, die John mit Sicherheit nicht gefallen würde, ansetzte, dann aber wieder seinen Mund schloss, nachdachte und dann leise, fast schon flüsternd antwortete: “Okay.”

McKay hätte nur zu gerne widersprochen, aber letztendlich musste er sich doch eingestehen, dass alles, was auch immer seine Kehle verlassen hätte, nichts weiter als panisches, verzweifeltes Gerede, gepaart mit dem ein oder anderen bissigem Kommentar gewesen wäre. Er war in seinem Leben noch nie so schwer verletzt gewesen und hatte heute erst sein Talent für Schauspielerei entdeckt. Der Soldat war nicht der Einzige, der fähig war, eine Maskerade gekonnt aufrecht zu erhalten - wenn auch Sheppard darin wesentlich mehr Erfahrung hatte, als er - aber der Wissenschaftler schlug sich nicht schlecht. Sein Bein schmerzte wie die Hölle, er fühlte sich heiß, obwohl er eigentlich fror und er musste sich ernsthaft konzentrieren, um diese seltsame Müdigkeit, die mit gierigen Fingern nach ihm zu greifen schien, zurückzudrängen - und das alles, ohne einen Heulkrampf zu bekommen und apathisch vor sich hinzustarren. Eine Leistung, die sich Rodney selbst nicht zugetraut hätte, aber ihm im eigentlichen Sinne auch nicht weiter half.

Der Kanadier wusste sehr wohl, dass er häufig einen Hang zur Übertreibung und zum Pessimismus hatte, dennoch - auch ohne diese beiden Eigenschaften von ihm - beschlich McKay das Gefühl, dass es dieses Mal tatsächlich für ihn knapp werden könnte. Das änderte jedoch nichts daran, dass er dem Soldaten blind vertraute. Es würde schon alles gut gehen, wie immer - jedenfalls hoffte er das inständig. Also würde er sich jetzt gefälligst zusammenreißen und den Schein waren.

John gefiel es auch nicht gerade, dass er dazu verdammt war, zu warten, aber ihm wollte einfach kein Ausweg einfallen. Egal, welche Möglichkeiten er auch im Geiste durchspielte, alle endeten mit der Erkenntnis, dass sie nicht funktionieren würden. Es durfte doch nicht wahr sein - er hätte nicht gedacht, dass so etwas wie das hier, ganz ohne Wraith, Replikatoren oder sonstige Wesen, die ihm an die Gurgel springen wollte, so aussichtslos sein könnte. Er hasste es, derart hilflos zu sein. Aber er hatte keine andere Wahl - also hieß es jetzt: Durchhalten.



Die erste Stunde hatte der Colonel noch damit verbracht, dem Lobgesang des Wissenschaftlers zuzuhören, aber irgendwann hatte er dann doch auf Durchzug gestellt. Er wusste, dass dieses Endlosgerede Rodneys Art war, mit der Lage klarzukommen - also ließ er ihn sprechen, sprechen und sprechen. Er konnte nicht eben behaupten, dass er sich das gerne antat und es ihn nicht nervte, aber er hatte nicht vor, dem Kanadier das Einzige zu nehmen, was ihn ablenkte. Sheppard begnügte sich damit, immer wieder mal zu nicken, ein halbwegs interessiertes “hmm” von sich zu geben und ansonsten seine Klappe zu halten. So würde er diesen Vortrag schon irgendwie hinter sich bringen.

Es sollte noch weitere 30 Minuten dauern, bis selbst McKay die Lust am Reden vergangen war und sich der Kanadier in Schweigen hüllte. Innerlich atmete der Soldat auf - er hatte nicht einmal die Hälfte von dem verstanden, was Rodney da in Lichtgeschwindigkeit von sich gegeben hatte. Außerdem war es nicht gerade einfach, jemanden zu folgen, wenn die Kälte einem unerbittlich in die Glieder kroch. John war nicht zimperlich, aber selbst er fror allmählich mehr, als ihm lieb war. Er hatte zwar in der Zwischenzeit seine Jacke wieder angezogen und die Hände in die Taschen gesteckt, aber sonderlich viel hatte es nicht gebracht. Seine Finger begannen steif zu werden und seine Zehen fühlten sich etwas taub an. Missmutig schaute der Colonel auf seine leicht leuchtende Digitaluhr - und das sollten sie noch siebeneinhalb Stunden durchstehen?

Einen Vorteil hatten jedoch die tiefen Temperaturen - sie betäubten zunehmend den Schmerz in Sheppards Schulter und Flanke. Immerhin etwas gutes, wenn schon alles andere schief lief.

Vielleicht hätte der Wissenschaftler doch besser den Mund halten sollen. Das Sprechen hatte ihn mehr angestrengt, als er gedacht hätte, aber er hatte einfach nicht anders gekonnt. Er hatte sich von der Situation, in der er steckte, ablenken wollen, aber irgendwann war es ihm immer schwerer gefallen, seiner Stimme die notwenige Festigkeit zu verleihen - also hatte er sich in Schweigen gehüllt. McKay wollte nicht, dass seine Fassade bröckelte und schon gar nicht, dass der Soldat das mitbekam. Er war sich sicher, dass John selbst verletzt war - auch, wenn dieser das nicht zeigte - und hatte nicht vor, den Colonel zusätzlich zu belasten. Wenn Sheppard die Zähne zusammenbeißen konnte, würde er das ja wohl auch irgendwie hinbekommen.

Die Müdigkeit kroch unerbittlich in Rodneys Körper, winkte ihn verführerisch in die Dunkelheit, die sich langsam über seinem Bewusstsein wie ein wohliges Zelt ausbreitete. Der Kanadier erwischte sich immer wieder dabei, wie er in einen Dämmerschlaf zu sinken drohte und musste sich ernsthaft konzentrieren, um der Versuchung zu widerstehen, einfach die Augen zu schließen und einzuschlafen. Er wusste, dass er jetzt nicht nachgeben durfte, aber ihm fiel es immer schwerer. Es war seltsam - eigentlich müsste er frieren, aber stattdessen war ihm einfach nur heiß. McKay hatte das Gefühl, dass ein Feuer in ihm glühte, welches seine Kraft als Brennholz missbrauchte. Die Schmerzen in seinem Bein nahmen immer mehr zu, stachen, pochten, doch sie schienen nur wie durch einen Neben zu ihm durchzudringen - unwirklich, trügerisch, unscheinbar und doch quälend.

Der Wissenschaftler presste seine Lippen fest aufeinander, um keinen verräterischen Laut von sich zu geben. Lange würde er das nicht mehr durchhalten - allmählich konnte er die Fassade nicht mehr aufrecht erhalten. Ihm fehlte einfach die Energie dazu. Er würde jetzt gerne behaupten, dass er keine Angst hatte, dass er nicht verzweifelt war und seiner Lage mutig gegenüberstand, aber das konnte er nicht. So ein Mensch war er nicht - war er noch nie gewesen. Und er war schon gleich gar kein Soldat, der für so etwas ausgebildet wurde und wusste, wie man mit einer aussichtslosen Situation umzugehen hatte, durchhielt und nicht in Panik verfiel.
Irgendetwas sagte Rodney, dass das nicht falsch war, dass er so nicht sein musste, aber auch, dass er es nicht schaffen würde und davor fürchtete er sich.

Der Kanadier schüttelte den Kopf, so als wolle er seine Gedanken loswerden, aber es wollte nicht funktionieren. Er musste sich jetzt zusammenreißen, ob es ihm nun gefiel oder nicht. McKay schluckte ein paar Mal, drohte seinen Stimmbändern mit der Verbannung ins Fegefeuer, wenn sie ihm jetzt nicht gehorchen wollten, holte tief Luft und fragte: “Sheppard?”
Der Colonel zuckte leicht zusammen, hatte nicht damit gerechnet, dass der Wissenschaftler ihn ansprechen würde. “Was denn?”, gab er hastig zurück.

“Reden Sie mit mir”, antwortete Rodney knapp, musste sich bemühen, um nicht zu krächzen.
John drehte seinen Kopf, betrachtete überrascht die Umrisse des Kanadiers neben sich und wusste im ersten Moment nicht, wie er reagieren sollte.

“Was?”, hakte der Soldat irritiert nach. Er hatte McKay sehr wohl verstanden, hatte aber nicht die geringste Ahnung, was er damit anfangen sollte.
“Erzählen sie mir was - irgendetwas.” Der Wissenschaftler hatte sich nichts anmerken lassen wollen, aber sein Körper schien von seiner Entscheidung nicht begeistert zu sein, denn das letzte Wort klang gepresst und war von einem halberstickten Stöhnen begleitet.

Etwas stimmte hier nicht. Schlagartig erhob sich der Soldat von seinem Sitz, ignorierte das protestierende Stechen und war mit einem großen Schritt neben McKay angelangt.

Was Sheppard sah, gefiel ihm überhaupt nicht. Die Lichtverhältnisse waren zwar alles andere als gut, aber er benötigte keine Scheinwerfer, um zu erkennen, dass sein Freund den Eindruck machte, als wäre er gerade dabei, sich für das Reich der Toten zu begeistern.
“Rodney…”, setzte der Colonel an, brach aber wieder ab und legte, statt seinen Satz zu beenden, dem Kanadier eine Hand auf die Stirn. Fast schon erschrocken zog John seine Finger wieder zurück, als er die Hitze auf seiner Haut spürte. Der Soldat hatte eigentlich gedacht, dass es viel schlimmer nicht mehr hätte kommen können, aber das Schicksal schien ihm wohl unbedingt das Gegenteil beweisen zu wollen - McKay hatte Fieber, die Wunde hat sich doch infiziert. Ihre Lage war schon die ganze Zeit über alles andere als gut gewesen, aber nun drängte die Zeit vehement. Es wäre so schon schwer genug und auch fraglich gewesen, ob sie die verbleibenden Stunden bis zum Eintreffen des Rettungstrupp durchhalten würden, aber in seinem Zustand würde es der Kanadier nicht schaffen.

Was sollte er jetzt machen? Sheppard kannte nur eine Möglichkeit, was er jetzt tun könnte und die gefiel ihm überhaupt nicht - aber er hatte keine Wahl. Der Colonel hatte nicht vor zu zusehen, wie sein Freund elendig starb. Er musste eine Entscheidung treffen und das tat er auch.
“Versprechen Sie mir, dass Sie durchhalten werden”, forderte John unvermittelt, ernst - ohne auch nur die geringste Regung in seinem Gesicht. Rodney sah den Soldaten irritiert an, brauchte einen Moment, bis die Worte des Soldaten einen Sinn ergaben. Sein Verstand arbeitete nicht mehr so, wie er es gerne gehabt hätte. Alles ging langsamer, schleppender. Schließlich schaffte es der Wissenschaftler doch noch ein verwirrtes “Was?” über die Lippen zu bringen. “Versprechen Sie es mir einfach”, erwiderte Sheppard trocken, mit undeutbarem Ausdruck in den Augen.

McKay ahnte, dass der Colonel irgendetwas vor hatte, wovon er nicht begeistert sein würde, aber mit an hundertprozentig grenzender Wahrscheinlichkeit nichts dagegen machen konnte. Also begnügte sich der Kanadier mit einem besorgten Blick und skeptischen Stirnrunzeln, antwortete aber leise: “Okay.”
Mehr schien John nicht hören zu wollen. “Ich werde mich beeilen.” Ein seltsames Lächeln umspielte die Lippen des Soldaten. Dann drehte er sich auf der Stelle herum, trat einige Schritte zurück, tastete mit der Hand an der Wand des Jumpers entlang und fand das, was er gesucht hatte. Ohne auch nur noch einen Wimperschlag zu zögern, betätigte Sheppard den Schalter und löste damit den manuellen Mechanismus aus, der unabhängig von der Stromzufuhr war und dafür sorgte dass sich die Zwischentür - die den vorderen und hinteren Teil des lantianischen Flugobjektes trennte - schloss.



Rodney hatte erst begriffen, was der Soldat vorhatte, als sich die Tür hinter ihm mit einem leisen Zischen schloss. Entsetzt rief der Wissenschaftler den Namen des Colonels, wusste aber, dass dieser ihn so oder so ignorieren würde, auch, wenn er ihn hörte. Fluchend versuchte McKay aufzustehen, schaffte es sogar sich halb in die Höhe zu stemmen, aber sein Körper schien so rein gar nichts davon zu halten, John von diesem Wahnsinn abbringen zu wollen. Die Beine des Kanadiers gaben nach, seine Arme knickten - Rodney fiel stöhnend wieder zurück in den Sitz. Das durfte doch nicht wahr sein. Die Sorge um seinen Freund vertrieb die bleierne Müdigkeit aus seinem Geist und gab ihm wieder etwas Kraft. Wieder versuchte es der Wissenschaftler und wieder schaffte er es nicht. Warum zum Henker konnte er nicht einfach aufstehen? Abermals wollte sich McKay erheben, doch er scheiterte schon daran, sich überhaupt auf der Lehne abzustützen. Der Schmerz ob dieser Belastung hatte mittlerweile ein Maß erreicht, das dem Kanadier die Tränen in die Augen trieben. Ein Schweißfilm bedeckte Rodney Stirn, formte sich zu feinen Tropfen und rann seine Schläfen hinab. Keuchend sog er die Luft zwischen den Zähnen ein, versuchte seinen Puls zu beruhigen, aber es wollte einfach nicht funktionieren.

Die Gedanken des Wissenschaftlers begannen sich zu drehen. Ihm war durchaus bewusst, weshalb Sheppard diese halsbrecherische Aktion wagte - der Soldat sah keine andere Möglichkeit, wie er ihn retten konnte. Es war nicht so, dass McKay nicht gerettet werden wollte - schließlich hing er sehr an seinem wertvollen Leben - aber konnte doch nicht zulassen, wie John gerade dabei war in sein Verderben zu rennen. Trainierter Soldat hin oder her, aber das würde der Colonel nicht schaffen. Wenn der Kanadier schon dazu verdammt war, hier zu erfrieren und das Reich des Hades in Augenschein zu nehmen, dann wollte er um Himmelswillen nicht die Schuld an Sheppards Tod tragen.
Der Soldat musste wissen, dass seine Chancen nicht gut standen und trotzdem versuchte er es. Rodney musste ihn aufhalten - die Fragen war nur, wie.

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Hastig hob er die Hand an sein Ohr und schaltete das Head-Set ein. Wenn er schon nicht aufstehen und sich John in den Weg stellen konnte, dann würde er wenigstens versuchen, den Colonel in Grund und Boden zu reden - auch, wenn er bereits ahnte, dass das vielleicht nicht unbedingt so ablaufen würde, wie er es gerne hätte.



Der Colonel näherte sich langsam der Heckklappe, hielt einen Moment inne, dann legte er auch hier den Schalter um.
Die Tür öffnete sich - augenblicklich schlug ihm der eisige Wind ins Gesicht, stach mit tausenden Nadeln in seine Haut. Der Schneeflocken wirbelten durch die Lüfte, schienen miteinander zu tanzen, vernebelten die Sicht. Der Soldat atmete langsam ein und aus, spürte, wie die Kälte in seiner Luftröhre brannte, warf noch einen Blick auf den Kompass und wollte gerade den Schritt in diese unwirkliche Umgebung wagen, als aus seinem Funkgerät eine bekannte Stimme krächzte. “Sheppard, sind Sie verrückt?!”

Der Soldat hielt mitten in der Bewegung inne. An das Head-Set hatte er nicht mehr gedacht. Einen Wimpernschlag überlegte der Colonel ernsthaft, ob er McKay nicht einfach ignorieren sollte. Ihm war klar, dass der Wissenschaftler probieren würde, ihm die ganze Sache aus dem Kopf zu schlagen - das war schließlich auch der Grund gewesen, weshalb er sich in seinen Worten so kurz gefasst hatte. Er hatte eigentlich vorgehabt, so dieser Diskussion entgehen zu können, aber da hatte er sich wohl getäuscht. Warum hatte er auch nicht an dieses dämliche Funkgerät denken können? Aber gut - seine Entscheidung stand fest und er würde sich von seinem Vorhaben unter Garantie nicht abbringen lassen. Jetzt musste er sich zwar mit einem kleinen Wortgefecht abfinden, aber dabei Rodney wenigstens nicht in die Augen sehen müssen - das machte es um Einiges leichter. “Nein, eigentlich nicht. Meine geistigen Fähigkeiten bewegen sich durchaus noch im normalen Bereich.”

“Da würde Ihnen wohl jeder Psychologe widersprechen. Ich schaff` das auch ohne dass Sie den Helden spielen müssen! Also kommen Sie gefälligst wieder zurück!”, forderte der Kanadier. Der Colonel konnte McKay nicht sehen, aber auch die aufgesetzte Bosheit in dessen Worten täuschte nicht darüber hinweg, dass sich der Wissenschaftler Sorgen machte. Sheppard kam nicht umhin ein Lächeln unterdrücken zu müssen. Hinter Rodneys Arroganz und Selbstgefälligkeit steckte eine selbstlose Person. Hätte ihm das jemand zu Beginn der Atlantisexpedition erzählt, wäre er wahrscheinlich kopfschüttelnd und lachend auf der Hacke umgedreht und davon gelaufen - aber die Jahre hatten ihm gezeigt, welche Art Mensch der Kanadier tatsächlich war, was hinter dem Genie und der Fassade steckte.

John hatte genug mit McKay durchgestanden, um zu wissen, dass er jeder Zeit, wenn es darauf an kam, auf den Wissenschaftler zählen konnte. Rodney hatte ihm nicht nur einmal das Leben gerettet und dabei sein Eigenes auf`s Spiel gesetzt - er vertraute diesem Exzentriker und auch, wenn er es so niemals zugeben würde, der Wissenschaftler war für ihn nicht nur irgendein Kollege oder Bekannter - nein - er war sein Freund. Und so kitschig und dämlich es auch klang, das war der Grund, weshalb er das hier auf sich nahm. Er könnte es sich nie verzeihen, wenn McKay sterben würde und er einfach so daneben gesessen hätte, nichts tuend und Däumchen drehend.

“Zu spät”, antwortete der Soldat knapp und fügte dann noch leise hinzu: “Und denken Sie an Ihr Versprechen!” Bevor der Kanadier auch nur die Chance hatte, etwas zu erwidern, setzte sich John endgültig in Bewegung und trat entschlossen in die Eiseskälte hinaus.

Sofort war nur noch Rauschen und Knacken durch das Head-Set zu hören - die Witterung war einfach zu schlecht, zerstreuten sämtliche Funkfrequenzen. Jetzt war der Colonel zwar schneller als gedacht Rodneys Überredungsversuchen entkommen, büßte dafür aber die Möglichkeit ein, sich immerhin mit jemanden unterhalten zu können - jetzt war er alleine.



“Sheppard?”
“Verdammt noch mal, John?!”
Er bekam keine Antwort. Der Wissenschaftler schloss die Augen, lehnte seinen Kopf nach hinten und ballte seine Hände zu Fäusten. Die Verbindung zu dem Soldaten war abgebrochen. Warum musste dieser elendige Sturkopf auch immer so heroisch sein? Konnte er denn nicht einmal feige sein und einfach nicht sein Leben riskieren? Nein, natürlich nicht. Der Colonel musste ihn ja unbedingt retten wollen.

Mein Gott, McKay hätte nie gedacht, dass er sich jemals darüber beschweren würde, wenn sich jemand derart für ihn einsetzen würde.
Was sollte er denn jetzt machen? `Rumsitzen und Löcher in die Wand starren? Etwas anderes blieb ihm wohl oder übel nicht. Er war dazu verdammt zu warten - und durchzuhalten. Er hatte sein Wort gegeben und er wollte nicht, dass Sheppard das umsonst auf sich genommen hatte.



Der Soldat war bereits seit über einer Stunde unterwegs, aber er hatte das Gefühl, nicht wirklich vom Fleck zu kommen. Es gab keinen Anhaltspunkt, an dem er sich festmachen konnte - nur Schnee und Eis. Einzig sein Kompass verriet ihm, dass er in die richtige Richtung ging. Das Vorankommen war mühselig. Er sank knietief in das gefrorene Wasser ein, hatte alle Mühe, nicht alle paar Meter der Länge nach hinzufallen.
Das Laufen fiel John immer schwerer, aber er biss die Zähne zusammen und kämpfte sich weiter nach vorne. So schnell würde er mit Sicherheit nicht aufgeben.



Der Colonel spürte schon lange seine Beine nicht mehr - wie von selbst schienen sie einen Fuß vor den anderen zu setzen. Seine Hände waren taub, brannten noch nicht einmal mehr. Die Finger waren mittlerweile steif, er hatte alle Mühe überhaupt den Kompass noch zu halten. Seine Wimpern und Augenbrauen waren von einem dünnen Eisfilm überzogen. Weder seine Schulter, noch seine Flanke schmerzten. Er hatte das Gefühl, dass sein ganzer Körper nur funktionierte, darauf programmiert, sein Ziel zu erreichen.

Er zitterte noch nicht einmal mehr. Seine Gedanken waren zum Stillstand gekommen, schienen in Watte gepackt und träge zu sein. Sheppard hatte seinen Blick stur gerade aus gerichtet, wagte es nicht, auch nur einmal stehen zu bleiben, durchzuatmen und sich einen Moment der Ruhe zu gönnen – zu groß war die Angst davor, dass genau diese Verlockung zu seinem Verhängnis werden würde. Er wusste, eine Pause und er würde sich wohl nicht mehr dazu überwinden können, weiter zu machen. Die Zeit drängte und verschnaufen konnte er auch noch später.



Nach zweieinhalb Stunden Fußmarsch über diesen verfluchten Planeten verließen den Soldaten die Kräfte - ohne Vorwarnung gaben seine Beine unter ihm nach. Haltlos sank John auf die Knie, konnte sich gerade noch mit den Armen abfangen, um nicht vollends im Schnee zu landen. Urplötzlich begann der Colonel am ganzen Körper zu beben, seine Zähne schlugen hart aufeinander. Die Taubheit, die ihn die ganze Zeit über im Griff gehabt hatte, alle Qual und Müdigkeit von ihm fort gehalten hatte, brach mit einem Schlag zusammen, ließ ihn mit voller Wucht seine Schmerzen und die Erschöpfung spüren. Seine Finger bohrten sich in das Eis, verkrampften sich. Er hatte das Gefühl, als ob seine Schulter lichterloh in Flammen stand. Seine Rippen brannten wie Feuer und schienen bei jedem Atemzug mit einem Dolch in seine Lungen zu stechen.

Tränen des Schmerzes, der Verzweiflung und der Wut auf sich selbst sammelten sich in seinen Augen, verschleierten die Sicht. Das durfte doch nicht wahr sein - war hier etwas sein Weg zu Ende? Sollte alles umsonst gewesen sein? Sollte er McKay alleine zurückgelassen haben, nur um auf diesem Planeten mitten im Schnee elendig zu verrecken? Nein! Sheppard schüttelte energisch den Kopf. So würde auf diesem verdammten Planeten sicherlich niemand sterben. Er hatte schon schlimmere und aussichtslosere Kämpfe gefochten, da würde ihm doch so ein bisschen Kälte und ein paar Kratzer nicht das Handwerk legen. Das konnte sich Väterchen Frost schön abschminken.

John blinzelte ein paar Mal, vertrieb die Tränen, hob den Kopf und konnte kaum glauben, was er sah. Überrascht starrte der Soldat auf einen Schatten, der sich schwach vom Schneegestöber abhob, ihm aber mehr als nur bekannt vorkam - das Stargate.

Der Soldat kniff die Lider zusammen, konzentrierte sich auf diese Umriss - vielleicht war es ja nur eine Wahnvorstellung - aber der Schatten blieb bestehen. Er bildete sich das Sternentor nicht nur ein.
Schlagartig hellte sich Sheppards Gesicht auf. Entschlossen rappelte sich der Colonel wieder auf und machte sich stolpernd auf den Weg. Die paar Meter würde er auch noch schaffen.

Diese paar Meter erwiesen sich allerdings schnell als quälend langer Kilometer, aber John hielt durch und erreichte völlig erschöpft das DHD. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, als er Atlantis anwählte, seinen Code übermittelte und sich das Wurmloch etablierte. Er hatte es gleich geschafft. Mit letzter Kraft und mehr durch den Ereignishorizont fallend, als gehend, durchquerte er das Stargate.



Woolsey hatte bereits geahnt, dass irgendetwas nicht stimmte, als sich das Sternentor aktiviert und kurz darauf John Sheppards Übermittlungscode eingetroffen war, doch als er sah, wie der Soldat, kaum, dass er den Ereignishorizont durchquert hatte, in die Knie ging, hatte sich seine Vermutung in Gewissheit verwandelt. Hastig rannte er auf den Colonel zu und orderte noch im Laufen Dr. Keller über Funk.

Erst von Nahem konnte Richard erkennen, welch einen elenden Anblick John eigentlich bot. Die Kleidung des Soldaten war durchnässt und an einigen Stellen schlicht gefroren. Sheppards Augenbrauen und Wimpern waren von einer dünnen Eisschicht bedeckt, sein Gesicht war blass und eingefallen, die Lippen bläulich verfärbt und er zitterte am ganzen Körper. Der Colonel war völlig erschöpft.

“Was ist … “, setzte der Leiter von Atlantis an, als er John endlich erreicht hatte, wurde aber sofort von dem Soldaten unterbrochen. “Sorgen Sie dafür, dass Zelenka sofort einen Jumper startklar macht, der nicht gleich den Geist wegen eines Eissturm aufgibt - und schicken Sie ihn umgehend, mit einem Ärzteteam, los. McKay ist noch da draußen, schwerverletzt.”

Woolsey dachte nicht lange nach, aktivierte sein Head-Set und informiert Radek. Was immer auch passiert war, die Erklärung konnte warten - erst wollte er seine Leute in Sicherheit wissen.

Der Soldat konnte kaum noch. Er kippte nach vorne und wurde gerade noch von Richard aufgefangen. In dem Moment betraten Jennifer und ihre Leute den Raum und kamen auf Sheppard zu gerannt.
“Was ist passiert?”, fragte die junge Ärztin erschrocken, während die Krankenschwestern versuchten den Colonel einigermaßen sanft auf die Trage zu verfrachten, was ihnen aber nicht wirklich gelang. John verzog sein Gesicht, konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken, riss sich aber irgendwie zusammen. Mehr als ein gekeuchtes “Abgestürzt” brachte er nicht über die Lippen.
“Schon gut, das wird schon wieder”, lächelte Keller und legte eine Hand auf die Schulter des Soldaten. Ob ihre Worte auch der Wahrheit entsprachen - dessen war sich Jennifer nicht wirklich sicher. Sheppard sah alles andere, als gut aus.



Allmählich bereitete es dem Wissenschaftler immer größere Probleme, seine Lider wenigstens einen Spalt breit offen zu halten. John war schon seit einer Ewigkeit - so fühlte es sich jedenfalls für McKay an - verschwunden und Rodney tat sich immer schwerer damit, seine innere Stimme, die ihm vehement einzubläuen versuchte, dass es der Soldat wohl nicht geschafft hatte, zum Schweigen zu bringen.

Mittlerweile spürte er noch nicht einmal mehr seine Schmerzen - alles fühlte sich unglaublich taub an. Ja, er hatte noch nicht einmal mehr Angst. Eigentlich wäre das eine Situation, in der er hysterisch herumschreien und fluchen sollte, was das Zeug hielt, stattdessen saß er einfach nur da und starrte vor sich hin. Eigentlich sollte er frieren, tat er aber nicht. Im Gegenteil - ihm war furchtbar heiß. Er wusste, dass das nicht unbedingt ein gutes Zeichen war, aber aus irgendeinem Grund, kümmerte ihn das nicht im Geringsten.

Vielleicht sollte er einfach aufgeben? Darin war er immer gut gewesen. Sich verstecken, vor irgendetwas davon zu laufen - das hatte er immer gut gekonnt. Sein Leben lang hatte er sich einzig und allein auf die Wissenschaft konzentriert, seine ganze Leidenschaft in dieses Gebiet gesteckt - und jetzt? Jetzt war es eigentlich noch immer so - mit dem Unterschied, dass ihm nicht mehr alles andere gleichgültig war. Er hatte sich niemals sonderlich um soziale Kontakte bemüht. Er war immer der Meinung gewesen, sie würden zu viel Zeit und Mühe kosten und im Endeffekt nichts bringen, außer einer Karte zum Geburtstag.

Dieser Ansicht hatte sich Rodney allerdings entledigen müssen - wenn man so wollte, gezwungenermaßen. Auf Atlantis war ihm nichts anderes übrig geblieben, als mit den Menschen auszukommen, die ihn umgaben. Gut, er gab ehrlich zu, dass er nicht eben ein offensichtlich sympathischer Mann war - eigentlich wohl eher ein sowohl emotionales, als auch soziales Desaster - aber er hatte tatsächlich ein paar Leute gefunden, die ihn mochten, die ihm schon mehr als einmal das Leben gerettet und dabei ihr Eigenes aufs Spiel gesetzt hatten. Und das war etwas, das McKay verändert hatte - auch, wenn es niemals zugeben würde.

Nur half ihm diese Erkenntnis jetzt auch nicht weiter. Und eine Antwort auf seine Frage hatte er dadurch auch nicht bekommen. Also, zurück zum Wesentlichen. Aufgeben oder weiter machen? Verlieren oder gewinnen? Den einfachen Weg gehen - oder den Schweren? Zwei Möglichkeiten, wobei ihm die Erste wesentlich verlockender vorkam. Es war aber auch wesentlich simpler, jetzt die Augen zu schließen, als wach zu bleiben und sich weiter zu quälen - gerade deshalb, weil er unglaublich müde war.



Eine Krankenschwester schien anscheinend zu glauben, dass der Soldat seine Oberbekleidung auf herkömmlichen Weg ausziehen konnte, denn sie zerrte für einen Augenblick an Johns Weste herum, ließ aber sofort von ihm ab, als der Colonel zwar keinen Ton von sich gab, aber gequält den Mund verzog und sie mit einem strafenden Blick maß. Die Pflegerin holte daraufhin, mit entschuldigendem Ausdruck in den Augen, eine Schere hervor und schnitt kurzerhand damit Sheppards Kleidung auf.

Bevor John überhaupt richtig mitbekam, wer was mit ihm machte, hatte er bereits die Elektroden für ein EKG auf der Brust, eine Sauerstoffmaske über den Mund, einen Wärmestrahler über sich und einen zentralen Venenkatheter samt Infusion im Arm.

Jennifer leuchtete dem Soldaten kurz mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen, presste ihre Lippen aufeinander - was wohl so viel hieß, wie “nicht gut” - und tastete rasch, aber vorsichtig Sheppards Körper ab. Die junge Ärztin übte kaum Druck mit ihren Fingern aus, dennoch zuckte der Colonel bei jeder Berührung leicht zusammen. Keller musste nicht lange überlegen, um zu wissen, was zu tun war. “Bereiten Sie einen OP vor.” Noch während die junge Ärztin sprach, zog sie ein Narkotikum auf und verabreichte es John.
OP? Was? Oh nein - nein, nein, nein, nicht bevor der Soldat sich nicht sicher sein konnte, dass McKay auf Atlantis war. Sheppard versuchte sich in die Höhe zu stemmen, scheiterte daran aber kläglich. Kaum einen Zentimeter schaffte er es, sich in die Höhe zu hieven. Jennifer drückte den Colonel sanft in die Matratze zurück. “John, bleiben Sie liegen.”

Das Medikament wirkte schnell. Sheppard konnte fühlen, wie sich in ihm eine angenehme Ruhe ausbreitete, wie die Lider schwer wurden. “Rodney …”, brachte er flüsternd über die Lippen, dann riss ihn der Strudel der Bewusstlosigkeit mit sich.



Der Wissenschaftler war lange genug den schweren Weg gegangen - jetzt konnte er nicht mehr. Seine Kräfte waren aufgebraucht, die Grenze war überschritten.

John hatte umsonst die Gefahr auf sich genommen, hatte umsonst sein Leben gegeben - bei diesem Gedanken zuckte der Wissenschaftler zusammen. Mein Gott, er war Schuld am Tod seines besten Freundes. Er hätte ihn aufhalten sollen, irgendetwas tun sollen. Jetzt war es zu spät.
Rodney schüttelte leicht den Kopf, lächelte, obwohl ihm so gar nicht zum Lächeln zumute war, atmete einmal tief durch und schloss die Augen.

Keine Sekunde später zerriss ein unsagbar lauter Knall die Stille. Rauch erfüllte den Jumper, irgendjemand rief seinen Namen. “Dr. McKay?!”
Der Wissenschaftler brauchte nicht zu antworten. Bevor er einen Ton sagen konnte, stand auch schon Major Lorne neben ihm, im Schlepptau Marines und ein Ärzteteam. Sheppard hatte es also doch geschafft - wie auch immer er das angestellt hatte.

“John?”, krächzte Rodney schwach.
“Ist in Behandlung - die sie auch dringend nötig haben.” Evan trat einen Schritt zur Seite, legte aber noch, bevor er mit seinem Team den Jumper verließ, um für die Mediziner platz zu machen, seine Hand auf McKays Schulter und meinte lächelnd: “Es geht nach Hause.”



Als der Soldat aufwachte, schaffte er es kaum seine Augen zu öffnen. Alles an ihm fühlte sich unglaublich schwer an, schien Tonnen zu wiegen. Er hatte Schmerzen, sein ganzer Körper tat einfach nur weh. Er wollte etwas sagen, brachte aber nur einen erbärmlichen Laut zustande.

Sofort spürte er eine Hand auf seinem Arm, konnte hören, wie jemand auf ihn einredete, aber die Worte wollten keinen Sinn ergeben - eine sinnlose Aneinanderreihung von Buchstaben. Seine Lider wurden angehoben, eine Taschenlampe leuchtete ihm kurz in die Pupillen. Er schaffte es nicht den Kopf zur Seite zu drehen, blinzelte stattdessen ein paar Mal.
Wenigsten waren jetzt seine Augen offen, was ihm aber nicht wirklich viel brachte. Er sah alles verschwommen, konnte lediglich Umrisse erkennen, die ihm bekannt vor kamen.

Sheppard schluckte, drohte seinen Stimmbändern mit einem qualvollen Tod, wenn sie nicht wenigstens für einen Moment funktionieren wollten und brachte es tatsächlich fertig, kaum verständlich etwas zu krächzen. “Was … McKay?”
“Keine Sorge, er lebt.” Jetzt erst erkannte er die Stimme - Jennifer Keller.
Mehr wollte der Colonel nicht hören. Erleichtert ließ er sich wieder zurück in den Schlaf gleiten.



Wieder schaffte er es kaum die Lider zu heben, wieder wollte ihm nicht einmal der kleine Finger gehorchen und wieder hatte er Schmerzen - dieses Mal gab John allerdings nicht so schnell nach. Verbissen - nach dem fünften Anlauf - brachte es irgendwie fertig, seine Augen zu öffnen und sein Sehsinn ließ ihn nicht gar so im Stich, wie das letzte Mal. Gut, es war alles noch ziemlich unscharf, aber das war nichts, was er nicht durch ein paar Mal blinzeln wieder gerade biegen konnte. Siehe da - es funktionierte.

Der Soldat drehte vorsichtig seinen Kopf nach rechts, nicht ohne dafür mit einem Pochen in den Schläfen belohnt zu werden und hätte, wäre er nicht so elend d`ran gewesen, wohl jetzt einfach nur gegrinst. Ronon saß auf einen Stuhl und schnarchte in einer wirklich beeindruckenden Lautstärke, während sich gleichzeitig ein langgezogener, dünner Speichelfaden aus seinem Mundwinkel allmählich seinen Weg auf die Brust des Hünen machte. Ein unbezahlbarer Anblick.

Sheppard schloss kurz die Lider, gönnte sich einen Moment Ruhe. Er tat hier nichts anderes, als schlafen und trotzdem war er schon wieder einfach nur müde. Als er dann gerade wieder seine Augen öffnete, blickte er direkt in das Gesicht des Sateders. “Hab` ich`s mir doch gedacht”, grinste Ronon, fügte dann aber laut hinzu: “Dr. Keller, er ist wach.”
Der Colonel maß den Hünen mit einem strafenden Blick. Warum musste er unbedingt gleich die Ärztin rufen? Der Sateder schien zu wissen, was in Johns Kopf vor sich ging, denn er zuckte mit den Schultern und meinte knapp: “Muss sein.”

Toll. Es muss also sein. Prima. Deswegen wollte er trotzdem nicht, dass Keller angetrabt kam und ihm dadurch wohl die ungeteilte Aufmerksamkeit der Krankenstation zu teil wurde.

Er hatte es befürchtet und genau so traf es auch ein. Jennifer kam im Laufschritt an sein Bett gerast, keine zwei Sekunden später Teyla und die Krankenschwestern taten zwar so, als ob sie ihrer Arbeit nach gingen, schielten aber verdächtig oft über ihre Akten oder lugten durch den Türspalt, um einen Blick zu erhaschen. Wie sehr er es doch hasste, im Mittelpunkt zu stehen.

Die junge Ärztin lächelte ihn freudestrahlend an. “Na, das klappt doch schon mal besser, als beim letzten Mal.” Sheppard wollte seinen Stimmbändern noch etwas Schonzeit geben und begnügte sich deshalb mit einem schichten Kopfnicken.
“Wie fühlen Sie sich?”, fragte Keller, wohl wissend, dass sie keine ehrliche Antwort bekommen würde.

Damit hatte es sich dann wohl mit der Schonzeit. Der Soldat schluckte ein paar Mal und krächzte dann: “Spitze.” Noch ein bisschen leiser hätte er wohl kaum sprechen können. Himmel, er glaubte sich ja nicht mal selbst.
Jennifer zog eine Augenbraue nach oben, ließ diese Lüge aber unkommentierte. Es würde ja doch nichts bringen, wenn sie dagegen anreden würde - sie könnte sich theoretisch genauso gut vor eine Mauer setzen und ihr Shakespeer vortragen, der Effekt wäre der Selbe, aber einen Versuch wollte sie dennoch starten. Der Liebe zu ihrem Beruf wegen. “Sie wissen schon, dass Sie mehr als nur einen Schutzengel hatten, Colonel?“ Ja, dessen war er sich bewusst, aber das mussten ihm ja nicht alle anmerken.
“Das Glück der Abenteurer.” Keller seufzte ob Johns Antwort, machte gerade den Mund auf, um noch etwas zu erwidern, wurde aber schon im Ansatz von einer nörgelnden Stimme unterbrochen. “Hey, kann vielleicht mal jemand zur Seite gehen? Stimmt was nicht mit ihm? Ich will auch was sehen.”

Teyla folgte den Worten und gab den Blick auf McKay frei, der sich halb in seinem Bett aufgesetzt hatte und besorgt auf den Soldaten stierte, erleichtert auflächelte, als ihn Sheppard irritiert anschaute und sich dann wieder zurück in die Matratze fallen ließ, nur um sich brummend zu beschweren: “Wurde ja auch Zeit. Dachte schon, das wird nie was.”

Dem Colonel huschte ein Grinsen über das Gesicht, bevor er fragend die junge Ärztin ansah. “Er hatte ein bisschen mehr Glück, als Sie - was wohl zum größten Teil daran lag, dass er nicht stundenlang durch die bittere Kälte gelaufen und sich dabei eine Lungenentzündung geholt hat.”
Lungenentzündung? John blickte Jennifer überrascht an. So fühlte er sich überhaupt nicht. Das Atmen machte ihm keine Probleme und er meinte, allenfalls ein bisschen warm zu sein. Nicht mehr und nicht weniger.

Keller musste keine Hellseherin sein, um zu wissen, dass Sheppard gerade an ihrer Diagnose zweifelte, was Sie allerdings auch nicht weiter wunderte - der Soldat hatte von der ganze Prozedur nichts mitbekommen. Er hatte geschlafen, gezwungenermaßen - und das würde John nicht wirklich gefallen. Jennifer suchte noch einen Moment nach den richtigen Worten und erklärte dann: “Sie hatten bereits Fieber, als ich Sie operiert habe - erst sah es so aus, als würden wir die Infektion im Griff haben, wurden aber zwei Tage später eines besseren belehrt. Ihre Körpertemperatur stieg schnell an, Ihre Atmung wurde immer schlechter, genauso wie die restlichen Vitalwerte … um es kurz zu machen, ich hatte keine andere Wahl, als Sie ins künstliche Koma zu versetzen, zwei Wochen lang.”

Der Colonel hat sich für einen kurzen Augenblick nicht unter Kontrolle, riss überrascht die Augen auf, hatte sich dann aber sofort wieder im Griff. 14 Tage? Damit hatte er nicht gerechnet. Als ihn seine Freunde besorgt musterten, setzte er rasch ein schiefes Lächeln auf und meinte: “Wenigstens hab` ich jetzt ausgeschlafen.”
“So ziemlich”, sagte die junge Ärztin augenzwinkernd, setzte dann aber wieder eine ernste Miene auf und meinte streng: “Und jetzt alle `raus hier. Er braucht trotzdem Ruhe.”

Teyla und Ronon machten eine Sekunde lang den Eindruck, als wollten sie widersprechen, fügten sich dann aber doch ihrem Schicksal, als Jennifer drohend die Arme in die Hüften stemmte. Fast schon mit eingezogenem Kopf verließen die Beiden die Krankenstation. Jennifer nickte Sheppard noch einmal freundlich zu und machte sich dann ihrerseits auf den Weg.
Und da lag er nun - dumm aus der Wäsche guckend. Anscheinend hatte er tatsächlich mehr als einen Schutzengel gehabt. Dieses Mal war es gerade noch mal gut für ihn ausgegangen.

“Hey, wie geht’s Ihnen?” Der Wissenschaftler hatte sich etwas zur Seite gedreht, um nicht gar so den Kopf verrenken zu müssen, wenn er zu dem Soldaten blickte - etwas, was John nicht gegönnt war. Er durfte sich den Hals verdrehen, um Rodney einigermaßen sehen zu können.
Er machte eine abwertende Handbewegung und antwortete dann in typischer Sheppard-Manier: “Ging nie besser.” McKay verdrehte genervt die Augen. Er hasste diese dummen Spielchen des Colonels. “Schön … und wie geht es Ihnen wirklich?”

Der Soldat musste grinsen. Der Wissenschaftler kannte ihn besser, als er dachte - aber das hieß noch lange nicht, dass er deswegen auch die Wahrheit sagen würde. Also zuckte John nur mit den Schultern und hakte dann selbst nach - er wollte schließlich nicht unhöflich sein: “Und wie sieht`s bei Ihnen aus?”

Oh, wäre er doch nur unhöflich gewesen. Er hätte den Mund halten, so tun sollen, als wäre er plötzlich schrecklich müde und müsste dringend schlafen. Rodney überschüttete ihn praktisch mit Informationen über seinen körperlichen und geistigen Zustand - und das in einem Tempo, bei dem einem schlecht werden konnte. Kopfschmerzen hier, Armziepen da und nicht zu vergessen das Bein, dass er um ein Haar verloren hätte, hätte er nicht die guten Venen seiner Mutter geerbt und dann selbstverständlich noch diese psychischen Belastungen, ein einziger Alptraum … blablabla … Sheppard würde gerade nichts lieber tun, als sich seine Finger in die Ohren zu stopfen.

Grund Gütiger, so ging das noch die nachfolgenden 15 Minuten - ohne Punkt, Komma oder gar einer Verschnaufpause. Der Mann konnte reden wie ein Wasserfall. Aber dann, irgendwann, wurde es dann doch still - und der Colonel litt an völliger Reizüberflutung. Er hatte nicht einmal die Hälfte von dem verstanden, mit was Rodney ihn gerade zu getextet hatte.

Innerlich atmete John auf. Mein Gott, die Ruhe war doch etwas Schönes - war aber nur von kurzer Dauer. McKay räusperte sich auffällig, öffnete den Mund, schloss ihn aber sofort wieder, begann seine Hände zu kneten, nestelte an der Bettdecke herum und starrte dann Sheppard derart hilflos an, als wäre er der verbalen Sprache nicht mehr mächtig, müsste ihm aber etwas ungeheuer wichtiges sagen.

Der Soldat kniff die Augen zusammen. “Was?” Der Wissenschaftler kratzte sich nervös am Kopf, setzte ein dämliches Lächeln auf, das aber sofort wieder verschwand und einem amüsant aussehenden Mundwinkelzucken platz machte. “Rodney?”, hakte John noch einmal nach. Was war denn jetzt los? Und täuschte er sich und - der Colonel konnte die Anzeigen von McKays Vitalwerte-Überwachungsmonitor sehen - waren Blutdruck und Puls des Wissenschaftler erhöht?
Endlich hatte Rodney seine Sprache wieder gefunden, die allerdings in äußerst unglücklicher Zusammenstellung aus ihm heraus polterte. “Ich … Sie … wir … “ Allmählich wurde John ungeduldig und unterbrach den Wissenschaftler. “Ja, schon klar - ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie - und weiter?”

McKay holte tief Luft und schaffte es doch wahrhaftig ein anständiges Wort über die Lippen zu bringen: “Danke.” John wusste selbst nicht, wieso, aber er grinste von einem Ohr bis zum Anderen und erwiderte: “Gern geschehen.”

- Fin -
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