Zurück in die Stille by moth-to-flame
Summary: Wie viel kann ein Mensch ertragen? Kann man zwei Mal sterben und trotzdem weiterleben??
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Drama, Friendship, General
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 6 Completed: Ja Word count: 10543 Read: 35029 Published: 17.11.11 Updated: 17.11.11

1. Kapitel 1 by moth-to-flame

2. Kapitel 2 by moth-to-flame

3. Kapitel 3 by moth-to-flame

4. Kapitel 4 by moth-to-flame

5. Kapitel 5 by moth-to-flame

6. Kapitel 6 by moth-to-flame

Kapitel 1 by moth-to-flame
Zurück in die Stille


Wie ein Schlummertrunk des Tages,
rinnt Abendrot
in meine Seele
ein kurzer Trost
im tiefen Schmerz
wieder lauert
nur Nacht
hinter der Sonne
greift unerbittlich -
nach meinem Herz.
~Hans-Christoph Neuert~

Freitag, 14.36 Uhr
Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt und legte einen feinen Wasserschleier über die Stadt. Es war ein heißer Sommer gewesen, und allen tat die erfrischende Feuchtigkeit des sich ankündigenden Herbstes gut. Der sanfte Regen wusch die staubig-schmutzige Luft rein und die Menschen atmeten auf. Der Regen wurde stärker, die Tropfen dicker. Es war, als löse sich ein eiserner Ring, den man um den Brustkorb getragen hatte. Jack hatte den Geruch von im Regen abkühlendem Asphalt immer schon gemocht. Gierig sog er die Luft ein und blinzelte ein paar Regentropfen aus den Augenwinkeln. Auch er genoss den Schauer. Doch als sich die vereinzelten Tropfen in einen richtigen Regenguss verwandelten, beschleunigte auch O'Neill seine Schritte und er stieg in seinen dunkelgrünen Truck. Er freute sich schon, endlich wieder einmal nach Hause zu kommen und es sich mit einer Tasse Kaffee auf dem Sofa gemütlich zu machen. Das war das schöne am schlechten Wetter. Es gab nichts Besseres, als ein hübsches kleines Feuer im offenen Kamin anzufachen, in die züngelnden Flammen zu starren und vor sich hinzuträumen. Jack seufzte leise. Der Regen prasselte immer stärker auf das Dach des Wagens. Ja, warum nicht? Warum sollte man nicht schon Anfang September mit dem Feuermachen beginnen? Genau das würde er tun. Voller Vorfreude drehte er den Zündschlüssel um und ließ den Motor aufheulen.
Die Windschutzscheibe war ein einziger Vorhang aus Wasser, den die Scheibenwischer kaum zu durchbrechen vermochten. Trotzdem schaffte er es irgendwie, das große Auto aus der Parklücke auf die offene Straße zu zwängen. Er hatte das Wochenende frei, die Einkäufe bereits erledigt - noch etwa eine halbe Stunde Fahrzeit, dann konnte er die Füße hochlegen! Jack fuhr langsam, den Kopf starr über das Lenkrad gebeugt, um draußen überhaupt etwas erkennen zu können, und trotzdem summte er fröhlich vor sich hin. Die starken Scheinwerfer seines Pick-up schnitten sich durch die Wasserfälle und gaben zusammen mit den wenigen anderen Autos, die unterwegs waren, ein abstraktes Bild. Eilende Menschen in neonfarbenen Regenmänteln waren das einzige, was noch klar erkennbar war. An den Straßenrändern schossen ganze Sturzbäche auf die Gullys zu. O'Neill stöhnte. Die Sicht war gleich Null, fast hätte er eine rote Ampel überfahren. Doch es schien besser zu werden und Jack wollte schon aufatmen, als sich plötzlich ein von rechts kommender Schatten aus dem Wasservorhang löste und in sein Blickfeld trat. Ein Schemen, der plötzlich wie aus dem Nichts auftauchte. Er versuchte zu bremsen, doch es war zu spät. Der Wagen prallte mit voller Wucht mit dem Körper zusammen. Der laute Knall, der den Unfall begleitete, bohrte sich tief in Jacks Gedächtnis. Die Räder blockierten, der Wagen kam ins Schleudern und bleib schlitternd erst einige Meter weiter zum stehen.
Jacks Augen waren weit aufgerissen und er musste sich einige Sekunden lang besinnen, um zu begreifen, was gerade passiert war. Dann realisierte er die schreckliche Wahrheit. Er stieg aus. Der reglose Körper war nur ein weiterer farbloser Schatten, der vom Regen umspült wurde. Der Mann ging langsam darauf zu. Regen durchweichte seine Kleidung, Tropfen verbanden sich und liefen ihm über das Gesicht. Seine Schuhe spritzen Wasser auf, als er immer schneller auf die reglose Form zuging. "Oh Gott", entfuhr es ihm und er kniete sich  auf die nasse Straße. Sein eigener Körper schlotterte, andere Autos blieben hupend stehen, Passanten scharten sich um ihn. Er bemerkte es nicht einmal. Jack berührte den leblosen, viel zu kleinen Körper, der vor ihm lag. Blut verband sich mit dem Regen und bildete kleine Rinnsale um seine Knie. Langsam drehte er den Körper, bekleidet mit einer dunkelgrünen Regenjacke, um. Er schloss die Augen. Die Scheinwerfer der fremden Autos beleuchteten das schreckliche Szenario. Jack wagte nicht, die Augen wieder zu öffnen. Sein Mund formte einen tonlosen Schrei. O'Neill brachte es nicht fertig, noch einmal in das unschuldige Gesicht des kleinen Mädchens zu sehen, welches er gerade angefahren hatte. Sein Herz hämmerte gegen den Brustkorb, als er mit zittrigen Fingern nach dem Hals des Kindes tastete. Kein Puls.
Mit an Verzweiflung grenzender Ausdauer hämmerte er auf die schmale Brust des kleinen Mädchens ein, pumpte seinen Atem in ihre schlaffen Lungen - vergeblich. Nach endlosen Minuten richtete er schließlich seinen Blick gen Himmel und ballte die Fäuste. Der Regen prasselte ihm ins Gesicht, doch das nahm der Mann nicht wahr. Nur weit entfernt hörte er die Sirenen der Rettungswagen näher kommen und wusste mit Gewissheit, dass auch die nichts mehr ausrichten konnten.
***
Samstag, 10.57 Uhr
Daniel betrat den Besprechungsraum mit gemischten Gefühlen. Eigentlich hatte SG1 das Wochenende frei - und das verdient. Schließlich hatten Sie die letzten Wochen, wenn nicht sogar Monate, nahezu ununterbrochen gearbeitet. Aber wahrscheinlich hatte Hammond guten Grund dazu, ihnen ihre Freizeit zu stehlen. Und vor solchen kurzfristigen Besprechungen hatte Daniel meistens ein mulmiges Gefühl - sie bedeuteten selten etwas Gutes.
Teal'c saß - wie nicht anders erwartet - bereits an seinem Platz. Aus dem Gesichtausdruck des Jaffa ließ sich wie üblich keine Stimmung ablesen. "Hi, Teal'c. Irgend ne' Ahnung, worum's geht?". fragte er. Teal'c wiegte den Kopf. Daniel seufzte und setzte sich. Kurz darauf betrat Sam den Raum und lächelte flüchtig. Sie schien genauso ahnungslos wie die beiden Männer. Sie nickte kurz und nahm wortlos ihren Platz ein. Hammond ließ nicht lange auf sich warten. Mit überraschender Eile rauschte er in den Raum und warf die Tür hinter sich zu.
"Guten Morgen.", murmelte er unverständlich.
"Wo ist der Colonel?", wollte Sam wissen. Hammond sah sie lange schweigend an, bevor auch er Platz nahm. "Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Colonel O'Neill hat gestern mit seinem Wagen ein Kind überfahren. Die Verletzungen waren zu schwer...Jack hat alles versucht, aber die Sanitäter konnten nur noch den Tod des Kindes feststellen.", erklärte der General mit gepresster Stimme. Stille trat ein. Sam schloss kurz die Augen und versuchte, die Bedeutung der Worte des Generals zu erfassen. Daniel starrte ihn geschockt an.
Als müsse er krampfhaft das eisige Schweigen unterbrechen, fuhr Hammond fort. "Es hat geregnet, die Sicht war nahezu Null. O'Neill hat keine Schuld an dem Unfall.", fügte Hammond hinzu.
"O'Neill wird es sich trotzdem nicht verzeihen.", murmelte Teal'c. Carter hatte einen Kloß im Hals. Wenn sie sich vorstellte, ihr würde so etwas passieren..."Oh mein Gott", flüsterte sie erstickt. Ein Kind zu töten, auch wenn es nur ein Unfall war - war bei weitem das Schlimmste,  was Sam sich vorstellen konnte. Was könnte schrecklicher sein, als ein junges, unschuldiges Leben auszulöschen? Wie konnte Gott so etwas zulassen? Das konnte er doch nicht wollen. In einer Sekunde, ein fröhliches, kleines Kind, das vielleicht schon an seinen nächsten Geburtstag dachte. Von Feen, Prinzen, Einhörnern und Zauberern träumte, in der nächsten, heranrasende, blendende Scheinwerfer. Das Quietschen von Bremsen...
Sam schlug die Hände vors Gesicht und versuchte verzweifelt, die Bilder, die in ihre Gedanken einfielen wie Blitze, zu verdrängen. Was nur im Moment in Jack vorging? Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er erlebte, wie ein Kinderleben unter seinen Händen ausgehaucht wurde. Mit geschlossenen Augen nahm Sam die Hände vom Gesicht und legte sie auf den Tisch. Abwesend beobachtete sie, wie ihre schweißnasse Handfläche einen feinen Film auf der Oberfläche hinterließ. Konnte man die Konsequenzen dieses Unfalles überhaupt ermessen? Würde Jack je wieder der alte werden? Würde er...oh Gott...würde er überhaupt weitermachen wollen?

weiter: Kapitel 2
Kapitel 2 by moth-to-flame
2. Kapitel

Das Schweigen im Raum war wie auf einem Friedhof. Ein kalter Schauer suchte sich den Weg über Daniels Rücken. Das hatte Jack nicht verdient. Nach Charlie war sein Leben nicht mehr so gewesen, wie es einmal war. Aber er hatte diese schwere Zeit überwunden. Er war fröhlicher geworden, in den letzten Jahren.
Zwischen dem steifen und unfreundlichen Air-Force Colonel, mit dem er damals zusammen das erste Mal nach Abydos gegangen war, und dem heutigen Jack lagen Welten. Den wenigen persönlichen Gesprächen, die er mit ihm geführt hatte, hatte Daniel entnommen, dass es Jack manchmal gelang, den Tod seines Sohnes zu verdrängen. Sicher war O'Neill immer noch ein verschlossener, in sich gekehrter Mensch. Aber wenn man ihn besser kannte, entdeckte man auch emotionale Seiten an ihm, die man nie für möglich gehalten hätte. Wie weit würde dieser Unfall ihn zurückwerfen? Wie viel konnte ein Mensch aushalten, bevor er zerbrach? Warum war das Schicksal so grausam zu Jack? Hatte er in einem früheren Leben, von dem Daniel nichts wusste, etwas getan, das Gott denken ließ, Jack wäre ein schlechter Mensch?
***
Was konnte schlimmer sein, als den eigenen Sohn zu verlieren? Zuzusehen, wie eigen Fleisch und Blut, Produkt der Liebe zwischen Mann und Frau, sein junges Leben aushaucht? Dir eine fremde Macht dein Liebstes wegreißt - früh, viel zu früh? Was könnte ein schlimmerer Schlag des Schicksal sein?
Vielleicht, wenn man Jahre später, wenn man manchmal schon glaubt, es für ein paar Stunden, Tage, vergessen zu können, noch einmal schmerzhaft daran erinnert wird...
Teal'c kämpfte mit dem inneren Drang, sofort durch das Stargate zu treten und nach seinem Sohn Rya'c zu sehen. Er konnte sich nur ansatzweise vorstellen, was nach diesem tragischen Ereignis im Kopf seines Freundes vorging. Und das, was er sich vorstellen konnte, war grausam genug. In seinen Kinderjahren hatte Rya'c seinem Vater auch oft einen Schrecken eingejagt, war stundenlang verschwunden. Wie oft hatte Teal'c sich Sorgen um den Jungen gemacht! Und wie groß war dann die Wiedersehensfreude, wenn er seinen Sohn in die Arme nehmen konnte? So groß, dass er aus lauter Liebe nicht einmal imstande war, ihn zu bestrafen...
Als er noch Primus von Apophis war, hatte er oft schlimme, grauenhafte Dinge tun müssen. Hatte hunderte von Menschen umbringen müssen, auch Frauen und Kinder. Wie viele Kinder hatten seinetwegen schon ihr Leben gelassen? Zu viele...Aber das alles war weit entfernt. Ein alles verdeckender Vorhang hatte sich über seine Vergangenheit gelegt. Und die Hoffnung, die seit so langer Zeit in seinem Herzen gelebt hatte, hatte alles andere besiegt. Heute dachte er mit Schmerz daran, welche Taten er früher vollbringen hatte müssen. Aber er dachte auch an die vielen Momente in letzter Zeit, in der er Gutes getan hatte und gegen seine einstigen Herren revoltiert hatte. Für die gute Sache gekämpft hatte, Seite an Seite mit den besten Freunden, die er je gehabt hatte. Es erschütterte den Jaffa zutiefst, dass O'Neill das Schicksal erneut so schwer getroffen hatte. Sein Freund war stark, das wusste er. Aber wie viel konnte ein Mann ertragen? Selbst ein Soldat hatte seine emotionalen Grenzen. Auch wenn O'Neill es nie zeigte - und das zeugte vom wirklichen Geiste eines Kriegers - sein Inneres war verletzlich. Auch lange nach dem Tod seines Sohnes. Und wie stark waren dieses Mal die Verletzungen? Waren alte Wunden wieder aufgerissen worden? Kamen neue hinzu? Waren sie tödlich?
***
Samstag, 15.45 Uhr
Der Raum war kahl und kalt. Genauso leer, wie Jack sich fühlte. Sein ganzer Körper bebte und er konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Er hatte sie getötet. Das kleine Mädchen war tot. Seine Schuld...seine Schuld. Wäre er nur zwei Sekunden später losgefahren, oder zwei Minuten früher, dann würde sie noch leben. Hätte er doch noch die Tomatensoße geholt, die er im Supermarkt erst kaufen wollte und dann doch nicht getan hatte. Dann hätte die Kleine die Straße überqueren und schnell nach Hause laufen können. Ihre Mutter hätte sie in die Arme genommen, ihr über das Haar gestreichelt und gefragt, was sie denn bei diesem Wetter draußen zu suchen hatte. Doch stattdessen musste sie genau in der falschen Sekunde über die Straße rennen. Genau an einem Regentag, genau am Tag, an dem er durch die Stadt fuhr. Wie viele schreckliche Zufälle mussten mitspielen, um so etwas möglich zu machen? Oder war es gottgewollt? War er dazu verdammt, Kinder auf dem Gewissen zu haben?
Sein Blick, der bis jetzt an der grauen Mauer des Raumes geruht hatte, senkte sich auf seine geballten Fäuste. Seit dem Zeitpunkt, in dem er am Hals des Mädchens keinen Puls feststellen hatte können, hatte er keine Erinnerung mehr. Wie war er hier in diesen Raum gekommen? Wer hatte ihn hergebracht? Hatte er gegessen oder sogar geschlafen? Er wusste es nicht. Jack schlug mit beiden Fäusten so fest auf die Tischplatte, dass die Kaffeetasse darauf einen Hüpfer machte. Kaffee! Was dachte sich jemand dabei, ihm Kaffee anzubieten! Verdammter Kaffee...verdammtes Leben....verdammte Welt! Am liebsten hätte er laut hinausgeschrieen. Seinen Schmerz und seinen Hass auf sich selber dieser ungerechten Welt, diesem ungerechten Gott mitgeteilt!
Aber er konnte sich beherrschen. Wie immer. Er beherrschte sich und starb - innerlich. Den zweiten Tod. Wie konnte man zweimal sterben und doch noch existieren? Er spürte, wie Tränen in seine Augen stiegen, spürte den Drang, einfach loszuheulen. Es raus zu lassen. Nein...nein...das konnte er nicht. Das letzte Mal, dass er geheult hatte war...wie lange her? Am Tag von Charlies Begräbnis? Seitdem hatte er es sich selbst verboten, zu weinen. Es brachte nichts. Es machte alles nur noch hoffnungsloser, trostloser. Charlie...Jack konnte fühlen, wie etwa in ihm brach. Er bekam keine Luft mehr und ihm war, als würde eine tonnenschwere Last auf ihm liegen. Er hatte gedacht, er würde mit Charlies Tod umgehen können. Glaubte, es ab und zu verdrängen zu können...die Erinnerungen an das lachende kleine Gesicht vielleicht sogar manchmal zu vergessen. Ja...es war ihm beinahe gelungen...Er wusste nicht einmal den Namen des Mädchens...
Er stand abrupt auf. Der Raum war so kalt...so kalt. Ein Schaudern ging durch seinen Körper. Jack nahm den Stuhl und warf ihn einhändig mit aller Kraft gegen die Wand. Das Geräusch hallte wider und der Stuhl zerbrach in zwei Teile. Was würden wohl die anderen denken? War er überhaupt im SGC? Ach zum Teufel mit dem SGC...zum Teufel mit dem Stargate...zur Hölle mit den Anderen! Es war alles so egal...so sinnlos...
Er hatte keine Zeit, auch den kleinen Tisch noch gegen die dicken Mauern zu werfen. Die Tür öffnete sich und Hammond trat ein. Hammond! Was wollte er? Konnte er ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Sah er denn nicht, dass er im Moment niemanden sehen wollte? Niemanden sehen konnte? Das Leben war wie eine Lotterie - und er hatte nun mal das falsche Los gezogen...
Am besten wäre es, durch das Stargate zu gehen. Auf einen Goa'uld Planeten. Zu sterben und dabei möglichst viele Feinde mitnehmen...

weiter: Kapitel 3
Kapitel 3 by moth-to-flame
3. Kapitel

Hammond hatte geahnt, welchen Jack O'Neill er vorfinden würde. Aber er wurde trotzdem vom Gesichtsausdruck des Mannes überrascht, der nun vor ihm stand. Sein Gesicht war zu einer Grimasse verzogen und hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der Gelassenheit und den sanften Zügen, die dieser Mensch normalerweise an den Tag legte. Seine Augen...waren so leer. Es waren böse blitzende Schlitze. Ausdruckslos und starr. Dieser ausdrucksstarke, oft schelmische Blick, wo war er hin? Dieser fröhliche Schalk, diese braunen Augen, verschwunden...fast schwarz blickten sie ihm entgegen, herausfordernd und anklagend. Als wäre er derjenige, der zugelassen hatte, was passiert war. Der General sah zu wie Jack den Tisch wieder hinstellte. Er zitterte am ganzen Körper.
Hammond stand einfach da und starrte seinen Colonel an. Dieser senkte resignierend den Kopf. Hammond hatte zumindest einen weiteren Gewaltausbruch erwartet, doch selbst der blieb aus. Und da begann er, sich Sorgen um O'Neill zu machen.
Widerstandslos ließ Jack sich von zwei Männern aus dem Raum begleiten und in sein Quartier bringen. Hammond würde sofort dafür sorgen, dass ein Psychologe sich um ihn kümmerte...nachdem er seinen Freunden die Chance geboten hatte, ihn zu sehen.
***  
Samstag, 17.11 Uhr
"Ich kann das nicht. Ich kann es nicht ertragen, ihn so zu sehen.", sagte Sam leise und biss sich auf die Unterlippe. Daniel legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Er braucht uns. Er hat Charlies Tod überwunden, und er wird auch dieses Mal stark sein.", sagte er. Sam wischte die Hand des Freundes von ihrer Schulter und sah ihn mit ärgerlich an. "Sie glauben es ist so einfach?", sagte sie bissig. Daniel seufzte, "Natürlich nicht. Aber er hat jetzt uns."
Trotzdem hegte Carter Zweifel. Hammond hatte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass O'Neill in keinem guten Zustand war und er sich Sorgen um ihn machte. Wen würden sie dort hinter dieser Tür vorfinden? Carter hatte Angst. Sie wusste trotz der jahrelangen Zusammenarbeit mit diesem Mann nicht viel über ihn. Sie wusste, dass er im Umgang mit Gefühlen nicht sehr geschickt war. Das er ein introvertierter Mensch war. Nicht gern über Emotionen redete. Aber was ging in ihm vor? Würde sie ihn wieder erkennen, wenn sie jetzt zusammen mit Teal'c und Daniel diesen Raum betrat? Würde er derselbe sein, wie vor dem Unfall mit dem kleinen Mädchen, und es schaffen, alles mit seiner üblichen Maske zu überdecken? Sie hatte ihn noch nie anders erlebt. Aber nun hatte sie das Gefühl, es könnte das erste Mal werden.
Sie wurde daran gehindert, weiter darüber nachzudenken, als Teal'c seine Hand auf den Türknopf legte. Einmal sah der Jaffa sich fragend nach Daniel um. "Es hätte wahrscheinlich nichts gebracht, zu klopfen.", meinte dieser traurig. Sam spürte, dass auch Daniel ein ungutes Gefühl hatte. Sam betete zu Gott, er möge Jack die Stärke geben, um das hier zu überstehen. Mit diesem Gedanken betrat sie hinter ihren beiden Freunden Jacks Quartier.
Es war dunkel. Nur das einströmende Licht aus dem Gang erhellte den Raum ein wenig. Und wenn man sich Mühe gab, erkannte man einen Körper, der auf dem Bett lag, den Blick starr zur Decke gerichtet. "Jack, dürfen wir reinkommen?", fragte Daniel vorsichtig. Die Antwort blieb wie erwartet aus. Die drei betraten schließlich den Raum und Teal'c knipste das Licht an. Geblendet hielt sich Jack die Hände vor die Augen, machte aber keine Anstalten, sich aufzusetzen. Sam hielt sich dicht bei Teal'c, als könnte sie sich hinter seiner großen Gestalt verstecken.
"Wir haben gehört, was passiert ist...", begann Daniel wieder. Keine Reaktion. "Wir dachten, wir könnten dir helfen.", warf Teal'c ein. Jack schüttelte langsam den Kopf, behielt die Hände aber oben. "Helfen? Wobei?", fragte er mit einer Kälte in der Stimme, die nicht nur Sam zusammenzucken ließ.
Daniel ließ sich nicht irritieren, das hatte er erwartet. "Wir können uns vorstellen, was du durchmachst!", setzte der Archäologe nachdrücklich dagegen.
Plötzlich ging ein Ruck durch Jacks Köper und er saß aufrecht im Bett. "Ihr könnt euch nicht annähernd vorstellen...", begann er wütend und knirschte mit den Zähnen, als er sich selbst unterbrach. Sam schloss kurz die Augen. Es war grausam, ihn so zu erleben. Jack stand auf und fuhr sich durch sein Haar.
Minutenlang sprach niemand ein Wort. Jack stand mit dem Gesicht zur Wand und schwieg.
"Möchtest du darüber reden?", fragte Teal'c. Stille.
"Nein! Ihr könnt mir nicht helfen und ich will auch nicht darüber reden. Was passiert ist, ist passiert. Ich bin schuld am Tod des Mädchens, und dagegen kann niemand mehr etwas ausrichten. Geht!", flüsterte O'Neill endlich und Sam hörte die unendliche Traurigkeit, die aus ihm sprach. Jack sah Furcht erregend aus. Plötzlich spürte sie seinen Blick auf ihr. Sie hatte das Gefühl, dass seine Gesichtszüge weicher wurden, aber das konnte sie auch täuschen. "Geht.", wiederholte er, lauter diesmal, aber immer noch beherrscht.
Die drei zögerten. "Verschwindet endlich!", brauste er auf. Endlich traten Daniel und Teal'c den Rückzug an. Sam nahm all ihren Mut zusammen und versuchte es noch einmal. "Sir, ich...", begann sie. "Gehen Sie, Carter!", sagte er nachdrücklich und unterbrach sie damit. Sam nickte resignierend und senkte den Kopf, als sie Daniel auf den Gang folgte. Das hatte weh getan, und das Schlimmste war, dass sie ihm nicht einmal einen Vorwurf machen konnte. Sie würde ihm nur so gerne helfen, versuchen ihn zu verstehen. Es war schlimm, einen Freund so leiden zu sehen.
***  
Wenig später standen Sam, Teal'c und Daniel vor dem Kaffeeautomaten und warteten darauf, dass sich etwas tat. Hammond hatte etwas von einem Psychiater gesagt und Daniel und Carter leerten einen Kaffeebecher nach dem anderen. Sam war sich nicht sicher, ob das Herzrasen, das sie schon seit einer Weile verspürte, nur vom Kaffee stammte.
Bisher hatte keiner die richtigen Worte gefunden, um zu beschreiben, was in ihnen allen vorging. Trotzdem hatte die Gemeinschaft ihrer beiden Freunde etwas tröstliches an sich.
Plötzlich hörten sie das rhythmische Klappern von hohen Absätzen auf dem harten Betonboden des SGCs. Erstaunt verfolgte Sam, wie eine etwa 1,75 m große Frau um die Ecke bog, den drei Freunden zulächelte und dann auf ihren Stöckelschuhen auf sie zu gestakst kam. Sam musterte die Fremde. Gekleidet war sie in einen kurzen, beigefarbenen Rock, der ihre langen, schlanken Beine noch mehr zur Geltung brachte. Dazu trug die Frau eine weiße, gut sitzende Bluse. Ihr helles, lockiges Haar trug sie offen. Sam war bei ihrem Gesicht angelangt. Sie hatte große Augen, aber der Lippenstift war zu grell. Er stahl dem schönen Gesicht seine Natürlichkeit. "Dr. Robin May.", stellte sich die Frau schließlich vor und gab Sam einen schwachen Händedruck. Ihr Lächeln wirkte distanziert.
"Guten Tag.", antwortete Daniel an ihrer Stelle zögernd.
Teal'c verbeugte sich anerkennend. Dr. May sah ihn abschätzig an und lächelte wieder dieses weit entfernte Lächeln.
"Wollen Sie zu O'Neill?", fragte Sam endlich. Die Frau nickte und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Ja...ja. Sie sind...?"
"SG1...Wir sind Jacks Team...seine Freunde.", gab Daniel zurück. May nickte. "Das ist gut, er wird jetzt Freunde sehr gut gebrauchen können...", erwiderte die Psychologin. Sam wusste nicht, was sie von dieser Frau halten sollte.
Schließlich verabschiedete sie sich und stöckelte auf die Tür zu Jacks Quartier zu. Sam schaute ihr noch einige Momente lang nach.
"Er wird nicht mit ihr reden.", stellte Teal'c fest. Daniel und Sam sahen den Jaffa erstaunt an. "Ich denke, Jack redet momentan mit niemandem.", meinte Daniel.
Sam seufzte. Sie hatten beide Recht.
***
"Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Ich habe allen gesagt, wie es passiert ist.", sagte Jack leise. Die Frau, die ihm gegenüber am Tisch saß, hatte sich ihm als Robin May vorgestellt, mehr wusste er nicht.
"Ich weiß. Sie brauchen mir nichts zu sagen, wenn Sie nicht wollen.", sagte Dr. May ebenso gedämpft. Ihre Stimme war angenehm.
"Aha. So läuft das. Sie sind eine Psychologin und sollen dem armen kranken O'Neill helfen, sein Seelenheil wieder zu finden...alles klar. Dann können Sie gleich wieder gehen, Miss May. Ich habe Ihnen nämlich nichts zu sagen.", knurrte Jack.
Wenn sein Ausbruch die Frau erstaunt oder gar erschreckt hatte, zeigte sie es nicht. Sie hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Jack war sich durchaus bewusst, dass er viele Menschen mit seiner Art einschüchtern konnte, wenn er wollte. Aber diese Frau schien so ein Gespräch nicht zum ersten Mal zu führen. Egal. Er wollte nicht darüber reden. Er war Schuld. Er hatte das Mädchen getötet und musste mit den Konsequenzen selber umgehen. Worüber sollte man noch diskutieren. Was sollte man da noch analysieren? Egal was er tun würde, das Mädchen wurde deswegen trotzdem nicht wieder lebendig. Sollte sich diese Dr. May doch sonst wohin scheren! Es war sowieso alles egal.
"Sie können mir nicht helfen...niemand kann das.", wiederholte er gedämpft. Robin May schloss kurz die Augen. Die Traurigkeit sprach aus seiner Stimme ebenso, wie seine Körpersprache sie zeigte. Und trotzdem erstaunte sie seine Stärke. Er wirkte verzweifelt, aber er war gefasst und ruhig. Einzig seine Hände zitterten, lagen im Moment aber still auf der Tischplatte. Sein Kopf war gesenkt.
Normalerweise bemühte sich Robin, sich die Schicksale von Patienten nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen - nur so konnte sie ihre Professionalität bewahren. Doch dieser Mann strahlte etwas aus, das sie tief in ihrem Inneren berührte - sie war sich sicher, dass es für ihn nicht das erste Mal war, vom Leben enttäuscht zu werden. Und genau das ließ sie mit ihm eine eigenartige Verbundenheit fühlen.
Auch sie hatte es in ihrem Leben nicht einfach gehabt. Sie war ein Einzelkind, ihre Mutter war gestorben, als sie 5 war. Ihr Vater war Mediziner - ein Workaholic, dem die Arbeit und das Geld bei weitem mehr Wert waren als seine Tochter. Robin war in der Obhut eines gut bezahlten Kindermädchens aufgewachsen, das für sie die Stellung einer zweiten Mutter eingenommen hatte. Und trotzdem hatte ihr in ihrer Kindheit und Jugend immer etwas gefehlt. Die Verbindung, die Eltern mit ihrem Kind eingegangen. Eine Liebe, die sie niemals empfangen hatte.
Doch ihre miserable Kindheit war ausschlaggebend für ihren Berufswunsch gewesen, heute war sie Psychologin, um anderen Menschen, die ebenso vom Schicksal gebeutelt worden waren wie sie, zu helfen. Und darin sah sie ihre Berufung. "Möchten Sie ein anderes Mal mit mir sprechen?", fragte sie schließlich hartnäckig. Man konnte ihr vieles nachsagen, aber nicht, das sie schnell aufgab! Es schien sogar, als würde ihr Gegenüber tatsächlich den Bruchteil einer Sekunde lang diese Option in Erwägung ziehen. "Lassen Sie mich einfach in Ruhe!", flüsterte O'Neill dann aber. Dr. May seufzte und setzte zu einem neuen Versuch an. Wenn er schon nicht kooperierte, könnten sie wenigstens einen Kompromiss aushandeln...
"Wie wäre es, wenn ich morgen wiederkomme?", versuchte sie sanft. Jack zuckte die Achseln. Er hätte nahezu alles getan, damit diese Frau endlich den Raum verließ. May nickte lächelnd und verbuchte seine Gleichgültigkeit als Erfolg. Auch wenn er es so aufgeschoben hatte, würde sie ihn solange unter Druck setzten, bis er mit ihr zusammenarbeitete. Schließlich lag ihr nicht nur etwas am psychischen Zustand dieses Mannes - es galt auch, ihrer Karriere einen kleinen Stoß zu geben. Einen Kick, der sie ganz schnell zu einer der renommiertesten Psychiater in ganz Colorado machen würde. Warum auch nicht hoffen?
Schließlich schwamm sie im Moment auf einer Welle des Glücks....
Ihre Gedanken drifteten ab. Zu Frank, dem Mann, der ihr nun schon seit mehr als 3 Jahren zur Seite stand. Frank hatte ihr vor nunmehr einer Woche einen Heiratsantrag gemacht. Natürlich hatte Robin die Antwort auf seine gestotterte, schüchtern gestellte Frage sofort gewusst - Frank war der Mann ihres Lebens - aber sie war nun mal keine Frau, die einem Mann ihr Leben vor die Füße warf!
Sollte er ruhig noch ein bisschen zittern! In Gedanken konnte sie sich ja schon mal die Hochzeit ausmalen...sie wünschte sich eine Feier in kleinem Kreis. Nur mit den engsten Familienmitgliedern und Freunden! Was wohl Frank dazu meinen würde? Egal...der Mann würde wahrscheinlich so froh über ihre Zusage sein, dass ihn das überhaupt nicht mehr interessierte...
May lächelte beim Gedanken an ihren Lebensgefährten...er war so gutgläubig und naiv. Dabei aber so sensibel und zärtlich.
Trotzdem sollte sie all ihre Gedanken und Fähigkeit im Moment auf ihre Arbeit konzentrieren. Immerhin war es eine Ehre, als psychologische Beraterin der US-AirForce zu fungieren! Sie wusste, dass sie ihren Job gut machte - immer schon gemacht hatte. Das hatte sie wahrscheinlich von ihrem Vater. Sie legte all ihre Kraft, Zeit und Ausdauer in ihren Beruf.. Aber das war nicht genug! Sie wusste, dass sie es besser machen konnte. Und dieser Job hier bei der Army konnte ihr den Weg dahin ebnen!
Ein siegessicheres Lächeln umspielte ihre nachgezogenen Lippen, als sie schließlich ohne ein weiteres Wort den Raum verließ. Jack sah ihr nach und seufzte. Diese Frau hatte etwas an sich, das ihm gar nicht gefiel. Er hatte das Gefühl, sie konnte sich mit ihren ausdrucksstarken Augen tief in seine Seele bohren.
Draußen standen, wie nicht anders erwartet, die anderen drei und sahen sie fragend an. Robin warf wieder einen Blick auf den groß gewachsenen, muskulösen Schwarzen mit dem sonderbaren Emblem auf der Stirn. Und sofort kam ihr wieder der Gedanke auf, dass sie ihr doch nicht "alles" gesagt hatten, was sie wissen musste, um hier in diesem Stützpunkt arbeiten zu können...

weiter: Kapitel 4
Kapitel 4 by moth-to-flame
4. Kapitel

Sonntag, 17.23 Uhr
"Ist Dr. May über das Stargate-Projekt informiert?", fragte Teal'c den General. Dieser verzog die Mundwinkel. Es war bereits die zweite Besprechung an diesem eigentlich freien Sonntag, und langsam wurden Daniel, Sam und Teal'c es leid, fragend ihren Vorgesetzten anzustarren, der seinerseits auch nicht mehr wusste, als sie selbst. "Mein Befehl war, Sie nicht darüber zu informieren, aber es hieß, sie wüsste alles, was nötig sei.", erklärte dieser nun.
"Haben die bei 'alles was nötig ist' auch Teal'c mitgerechnet?", wollte Daniel wissen. Hammond wechselte einen langen Blick mit dem Jaffa und zuckte dann die Schultern. "Warum?", fragte er. "Weil Dr. Robin May äußerst verwundert war, als sie 'mich' heute ansah.", erklärte Teal'c.
Hammond fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und schnaufte.
"Gehen Sie ihr in den nächsten Tagen so weit wie möglich aus dem Weg, wir werden sehen...", meinte er schließlich. Teal'c nickte, wenig überzeugt.
"Hat Dr. May Ihnen etwas über ihr Gespräch mit dem Colonel gesagt?", fragte Sam nach einer Weile des Schweigens.
Hammond schüttelte den Kopf. "Nicht viel, nur...uhm...dass er nicht sehr...kooperativ gewesen sei.", antwortete er.
"Das war zu erwarten.", warf Daniel ein. Die anderen nickten. Hammond wollte gerade zu einem neuen Satz ansetzen, als plötzlich die Tür zum Besprechungsraum geöffnet wurde und Jack eintrat.
Sam und die anderen staunten nicht schlecht. "Colonel...", stellte der General verwundert fest. Bis jetzt hatte O'Neill den Kopf gesenkt gehalten, aber nun sah er seinen Vorgesetzten direkt an. Sam erschrak über den Ausdruck in seinen Augen...so leer und dunkel hatte sie sie noch nie gesehen...Seine Tränensäcke waren geschwollen und dunkle Ringe zierten seine Augen.
"Ich bitte darum, an der Besprechung teilnehmen zu dürfen, Sir!", bat er mit erschreckend stoischer Ruhe. Hammond konnte nur verwirrt den Kopf schütteln. "Ich denke nicht, dass das eine gute Idee wäre...", sagte er vorsichtig.
Jack schnaufte verächtlich. "Was soll ich dann Ihrer Meinung nach tun? Soll ich Beruhigungspillen schlucken und mich bei dieser seltsamen karrieregeilen Frau auf die Couch legen?", brauste er. Hammond schüttelte energisch den Kopf.
"Natürlich nicht, Jack. Ich dachte nur, Ihnen würden vielleicht ein paar freie Tage ganz gut tun. Machen Sie Urlaub...und entspannen Sie sich ein bisschen. Danach sehen wir weiter.", negierte der General. Jack holte tief Luft. "So ist das also. Sie haben meine Entlassungspapiere also schon so gut wie unterzeichnet. Ich stelle wohl eine Gefahr für mich selber und meine Umwelt dar. Haben Sie Angst, dass ich noch mehr Menschen umbringe?", schrie Jack außer sich.
"Sie wissen, dass das nicht stimmt, Jack!", mischte sich Daniel ein. O'Neill warf ihm einen giftigen Blick zu, sodass der Archäologe eingeschüchtert einen Schritt zurück tat. "Vielleicht...vielleicht haben Sie Recht, General. Ich könnte wirklich zur Gefahr für jemanden werden.", sagte er beherrschter und drehte sich wortlos um, um wieder aus der Tür zu verschwinden.
"Wo will er hin?", fragte sich Sam laut. Die im Raum verbliebenen Personen schauten sich verwirrt an. "Was...war das?", fragte Daniel.
***
Zehn Minuten später saß Jack in seinem Wagen. Sollten sie doch denken, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte - vielleicht hatten sie sogar Recht? Zumindest konnte ihn keiner aufhalten. Er fuhr die vertrauten Straßen entlang und einem inneren Impuls folgend stoppte er das Auto vor einer Bar. Es war eine ziemlich heruntergekommene Kneipe, in die er sich kaum einmal verirrte, es sei denn, das Leben hatte es wieder einmal nicht sonderlich gut mit ihm gemeint. Und heute war er hier mehr als richtig.
Er trat ein und wurde von der abgestandenen Luft und der düsteren Beleuchtung fast umgehauen. Gleichgültig atmete er tief durch und steuerte auf die Bar zu.
Nach 2 oder auch 3 Whiskeys fiel ihm eine Frau auf, die irgendwie verlassen am anderen Ende der Theke saß und in ihr leeres Glas schielte.
Ohne zu zögern stand er auf und setzte sich auf den Barhocker neben sie. Ihr gelocktes Haar verdeckte ihr Gesicht, aber er konnte auch so sagen, dass sie hübsch war.
"Einen Whiskey für die Lady hier!", trug er dem Barkeeper auf und merkte, wie der Alkohol langsam seinen Dienst tat und die schmerzvollen Gedanken in wogenden Wellen davonschwemmte.
Langsam sah die Frau auf. Jack staunte nicht schlecht - es war Robin May. Die Psychiaterin!

"Was...uhm...machen Sie denn hier?", stutzte sie. Jack fand seine Stimme schneller als erwartet wieder und antwortete: "Das könnte ich Sie genauso gut fragen.". May seufzte. "Hat man sie rausgelassen oder sind sie abgehauen?", fragte sie zynisch. "Warum soll ich abgehauen sein. Ich bin ein freier Mann. Ich kann tun und lassen, was ich will!", erwiderte Jack. Dr. May hatte zwar schon etwas getrunken, aber sie hatte die wiederaufkeimende Distanz in seiner Stimme gespürt. Ein betretenes Schweigen trat ein. "Was tun Sie hier, so ganz allein?", fragte Jack erneut. Der Alkohol löste seine Zunge eher als er gedacht hätte. Was sollte es? Er hatte nichts zu verlieren.
Robin May lachte kurz höhnisch. "Wollen Sie das wirklich wissen?", fragte sie.
Jack nickte und schwenkte sein Glas abwesend hin und her. "Mein Freund hat mir letzte Woche einen Antrag gemacht.", begann sie und machte eine theatralische Pause. Ihr Gegenüber schaute sie unbeeindruckt an.
"Ich hätte sofort JA sagen sollen. Ich wollte es, aber ich bin nicht der Typ von Frau, der es einem Mann zu leicht macht...wenn Sie verstehen, Jack.", erklärte sie. O'Neill nickte wieder.
"Und...na ja...ich hab wohl zu lange gewartet. Er hat sich eine andere geangelt.", sagte sie traurig. "Das...tut mir leid.", stammelte Jack.
"Ja. Mir auch. War echt ein netter Kerl. Ich versteh' es nur nicht. Wie kann man sich so in einem Menschen täuschen? Ehrlich gesagt dachte ich, er wäre zu blöd dafür, sich eine andere zu suchen...", sagte die Psychologin und lachte.
Wieder trat Stille ein. Die monotonen Hintergrundgeräusche waren alles, was man hören konnte. "Mein Gott, warum erzähle ich Ihnen das...", sagte Robin kurz darauf und lächelte verlegen. "Schon gut.", murmelte O'Neill und lächelte ebenfalls flüchtig.
"Wie geht es Ihnen?", fragte May nach einer Weile.
"Mir...ach wissen Sie...es ist doch alles egal.", gab er zurück. Dr. May nickte. Jack hob erstaunt eine Augenbraue und bestellte noch eine runde Whiskey.
"Der Tod ist allgegenwärtig. Unabhängig davon, ob wir ihn zuschweigen oder bewusst in unser Leben einbeziehen.", begann sie plötzlich. Jack warf ihr einen fragenden Blick zu. Beschwingt vom Alkohol grinste ihn sein Gegenüber an.
"Kommt jetzt die Psychologin in Ihnen durch?", fragte er keck. Auch sein Verstand wurde von nebligen Schwaden verdeckt und eine angenehme Gleichgültigkeit breitete sich in ihm aus.
"Irgendwann im Leben zwingt er einen jeden zur bewussten Auseinandersetzung.", fuhr sie fort. "Meine Mutter ist gestorben, als ich 5 war.", erzählte sie.
Jack senkte den Kopf. "Das tut mir leid.", meinte er.
"Das muss es nicht...Das Zusammentreffen mit dem Tod kann sehr schmerzhaft sein, wenn es uns unerwartet trifft, sei es durch einen Unfall, eine Krankheit oder den Verlust eines lieben Menschen.", sagte sie.
"Robin?...Ich darf dich doch Robin nennen, oder?", unterbrach Jack sie.
Die Frau sah auf und ihre Blicke trafen sich. "Ja...ja...Jack.", erwiderte sie sanft.
"Könnten wir das Thema wechseln...bitte?", fragte er. Seine Stimme war sanft und klang vom Alkohol irgendwie höher. Es gefiel ihr. Seine ganze Präsenz fing an, sie anzusprechen. Seine Gesellschaft tat gut. Zu gut.
Irgend etwas in ihrem Inneren versuchte sie daran zu erinnern, dass er ihr Patient war, ein Mann mit einem sehr wichtigen Beruf und...dass er momentan in einer unzurechenbaren Verfassung war, aber sie hörte nicht darauf. Sie wollte nicht darauf hören.
Nach noch mehr Alkohol und einigen Gesprächsrunden später wurde Robin May schließlich bewusst, dass sie diesen Mann attraktiv fand. Ob es nur dem Alkohol zuzuschreiben war, konnte sie zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht mehr einschätzen. Aber es war eine Tatsache. Die Art, wie er lächelte, wie sein Hemd sich an seinen Oberkörper schmiegte oder wie seine Lippen das Glas berührten...begann ihr zuzusetzen.
Wie durch Zufall streifte wenige Zeit später seine Hand die ihre und blieb darauf liegen. Sie sahen sich an. Sein Blick durchbohrte sie. Sein Daumen strich sanft über ihren Handrücken. "Vielleicht sollte ich jetzt lieber gehen...", sagte Jack langsam und ließ plötzlich ihre Hand los, als wäre ihm die Intensität des Augenblickes jäh allzu bewusst geworden. Er rief den Kellner und bezahlte seine Drinks - und einen Großteil der ihren.
"Wo wohnst du?", fragte er sie. Gekränkt sah sie ihn an, konnte ihm jedoch nicht böse sein. "Ich weiß nur, dass es nicht hier in der Gegend liegt. Aber ich wohne wohl in einem Hotel...aber wie komme ich dorthin...ich hab es vergessen...", überlegte sie laut und kicherte. Jack grinste. "Ich werde dir ein neues Hotelzimmer besorgen. Lass uns erst mal zu mir gehen, dann werde ich anrufen.", schlug er vor. Sie nickte glücklich.
Jack stand auf und versuchte so geradlinig wie möglich auf die Tür zuzugehen. Robin machte es ihm nach.
Endlich an der frischen Luft fingen die beiden wie hysterisch an zu lachen.
"Wir sind echt betrunken, was?", lallte Jack. Robin stimmte ein und gluckste ungehalten. "Ist es weit bis zu dir?", fragte sie, als sie sich endlich wieder etwas gefasst hatte. Jack schüttelte den Kopf und versuchte, dadurch nicht die Balance zu verlieren...

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Kapitel 5 by moth-to-flame
5. Kapitel

Sonntag, 20.48 Uhr
Eine halbe Stunde nachdem sie das Lokal verlassen hatten, standen die beiden wie durch ein Wunder tatsächlich vor Jacks Haus. "Voilà, da sind wir", verkündete er und versuchte, das Schloss zu finden. Nach einer halben Ewigkeit torkelten sie schließlich ins Wohnzimmer. Robin stand unschlüssig neben ihm und sah sich um. "Hübsch hier...", kommentierte sie. "Ach ja?", versicherte sich Jack und kam näher. Er sog gierig den Duft ihres Parfüms ein und verspürte plötzlich ein unbändiges Verlangen, sie zu küssen. Das tat er dann auch und ihr Körper versteifte sich unter ihm. Doch schließlich küsste sie ihn zurück. Es war ein wunderbares Gefühl, seine Lippen auf den ihren zu fühlen und Robin wurde ungestümer. Ihre Zunge schob sich an seinen Lippen vorbei und erkundete mit schnellen Bewegungen seine Mundhöhle. Er schmeckte nach Whiskey, süß und herzhaft zugleich.
Sie konnte gar nicht genug bekommen und als sie endlich voneinander abließen, fühlte sich ihre Oberlippe geschwollen an. Eine Sekunde lang sahen sich die beiden an, bis Jack sich wieder nach vorne beugte und ihre Lippen zu einem weiteren wilden Kuss einfing. Doch diesmal reichte es ihm nicht. Seine Hände schlossen sich um ihre Taille und massierten anschließend ihren Rücken. Langsam zog er ihr ihre Jacke aus, ohne den Kuss zu brechen. Robin spürte eine Begierde in sich aufsteigen, die sie schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Auch Jacks Augen glühten vor Verlangen und er zog sie noch dichter an seinen Körper, bis sie seine Erregung spüren konnte. Er zog seine Jacke aus und sie streifte ihm den Pullover samt T-Shirt über den Kopf. Er seinerseits beraubte sie um ihrer Bluse und des darunter liegenden Tops. Plötzlich hielt er inne und seine talentierten Hände stoppten auf ihrem heißen Fleisch. Robin öffnete die Augen, die sie zuvor genussvoll geschlossen hatte. Auf seinem Gesicht lag ein undefinierbarer Ausdruck, als wären seine Gedanken meilenweit entfernt. "Was ist?", fragte sie ungeduldig. Jack schüttelte kurz den Kopf. Dann sah er an seinem nackten Oberkörper nach unten. Ihre Hände, die bislang links und rechts seiner Taille verweilt hatten, rutschten nach unten, als er einen Schritt zurück tat. Er starrte sie verwirrt an. "Was tun wir hier?", fragte er sich laut. Robin musterte ihn erschrocken. Sie hatte das Gefühl, ihr Körper würde zerspringen, wenn sie den Abstand zwischen sich und ihm nicht wieder sofort überbrückte. Schließlich tat sie es und legte ihm beide Hände auf die nackte Brust. Jack sah sie an und die Frau konnte die Verwirrung in seinen Augen sehen. Zärtlich streichelte sie seinen Bauch. Sie versuchte ihn zu küssen, aber er drehte den Kopf. "Was ist denn?", fragte sie, diesmal forscher. Jack schien endliche wieder bei Sinnen zu sein und stieß sie sanft aber nachdrücklich von sich. Er bückte sich, zog sich rasch sein T-Shirt wieder an und rieb sich mit de Faust die Augen.
Robin stand immer noch sprachlos vor ihm. "Jack! Was soll das werden?", fragte sie. Dieser fuhr sich durchs Haar. "Ich kann nicht.", erklärter er und klang wenig überzeugend. "Oh, ich glaube, du kannst sehr wohl.", meinte sie, wies auf die nach wie vor offensichtliche Beule in seiner Hose und machte Anstalten, wieder näher zu kommen. "Du verstehst nicht...", rief Jack aus und machte noch einen Schritt zurück. Irgend etwas hatte ihn gerade davor bewahrt, einen großen Fehler zu machen. Irgendwie hatte er die letzten Reste seines vor Alkohol und sexueller Erregung benebelten Verstandes zusammengekratzt und sich selbst gestoppt. "Es gibt da eine andere, hab ich Recht?", brauste die Frau auf. Jack starrte sie ratlos an. Ihm kamen ihre Worte von vorhin in den Sinn, dass sie keine Frau wäre, die es einem Mann leicht mache. Hatte sie das schon wieder vergessen? "Ist dir nicht klar, was wir hier tun?", fragte Jack. Robin starrte ihn kurz  an, bevor sie ihre Kleidungsstücke zusammensuchte und sich hastig anzog. Mit wenigen großen Schritten war sie bei der Tür. "Soll ich im Hotel anrufen?", rief Jack ihr nach. "Vergiss es, du Bastard!", kam die Antwort. Die Tür fiel mit einem lauten Knall ins Schloss und weg war sie.
Jack seufzte und ließ sich auf das Sofa fallen. Er vergrub das Gesicht in seinen Händen und stöhnte. Konnte er denn nichts richtig machen? Er wollte gar nicht daran denken, was alles passiert wäre, hätte er sich nicht aufgehalten. Er fühlte sich immer noch kribbelig und benebelt, als er in die Dusche stieg. Nach einer kalten Dusche waren nicht nur seine Erregung, sondern teilweise auch die Wirkungen des Alkohols verschwunden. Und damit auch das süße - obgleich gefährliche - Vergessen...Die Erinnerung an den Unfall holte in mit solch einer Wucht ein, dass er sich mit einer Hand an der feuchten Fliesenwand des Badezimmers abstützen musste, um nicht zu Boden zu sinken. Das bleiche Gesicht und die leblosen Augen des Mädchens erschienen ihm wie in einer Vision. Eine so reale Vision, dass die Grenzen zur Realität verschwammen. Stöhnend schlug Jack mit geballten Fäusten gegen die Wand, der Schmerz in seinen Händen holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Mühsam richtete er sich auf und torkelte erschöpft ins Wohnzimmer. Plötzlich ertönte die Türklingel. Einige Sekunden lang stand Jack wie angewurzelt da und versuchte abzuschätzen, ob ihm sein verwirrter Verstand wieder etwas vormachte oder das Geräusch in das Hier und Jetzt gehörte. Beim erneuten Klingeln löste er sich aus seiner Erstarrung und ging bemessenen Schrittes auf die Haustür zu. Es war schon weit nach zehn Uhr abends, wer konnte da noch...war Robin zurückgekommen? Jack atmete tief durch und öffnete mit neu gewonnener Selbstbeherrschung die Tür. Sein Team stand vor ihm...
***
Teal'c trug seinen modischen Cowboyhut, auf Daniels Armen stapelten sich vier Pizzas und Sam hatte unzählige Videos mit. "Hi Jack!", begrüßte Daniel ihn und lächelte vorsichtig. "Was zum...!", kam es von Jack, aber bevor er irgend etwas tun konnte, war der Archäologe schon an ihm vorbei ins Wohnzimmer geschlüpft. Sam und Teal'c folgten ihrem Kollegen schulterzuckend. O'Neill schloss die Tür mit einem Knall hinter sich und trat zu seinen Freunden, die es sich bereits auf seiner Couch bequem gemacht hatten.
Er wusste, warum sie hier waren. Und es rührte ihn auch - auf eine bestimmte Art und Weise. Aber verstanden sie denn nicht, dass er damit selber fertig werden würde - sollte er es schaffen? Dass er kein Mensch war, der solche Sachen mit Freunden besprach, ihren Rat, ihre Hilfe in Anspruch nahm?
Er musterte sie nacheinander, bevor er sich einen Armsessel heranzog und sich setzte. Er seufzte tief.
"Jack. Lassen Sie sich von uns helfen. Ich bitte Sie.", sagte Daniel eindringlich. "Sir, wir können nicht im Mindesten erfassen, was in Ihnen grade vorgeht, aber wir sind für Sie da - und das wollten wir Sie wissen lassen.", flüsterte Sam und Jack konnte aus ihrer Stimme hören, dass es sie große Überwindung gekostet hatte, mitzukommen. Jack schwieg eine Weile.
"Carter hat Recht.", brach er das Schweigen schließlich, "ihr könnt nicht wissen, was in mir vorgeht. Aber ich kann euch sagen, dass ich alleine versuchen muss, damit klarzukommen. Geht jetzt bitte.", sagte er beherrscht.
"O'Neill!", betätigte sich Teal'c plötzlich lautstark. "Nein Teal'c. Bitte. Helft mir, indem ihr diesen Kram wieder mitnehmt und die Videos bei Carter schaut.", sagte Jack fest und starrte seinem Freund in die Augen. Teal'c senkte resignierend den Kopf. Eines hatte er während seiner Freundschaft mit O'Neill gelernt, nämlich, dass es zwecklos war, ihn von etwas zu überzeugen, dass er selber nicht wahrhaben wollte. So war er der Erste, der aufstand und sich zum Gehen wandte. Sam erhob sich ebenfalls und senkte den Kopf, als sie bei ihm vorbeiging. Daniel versuchte ihm die Hand auf die Schulter zu legen, aber Jack wich aus. "Versprechen Sie mir, dass Sie morgen mit Dr. May sprechen werden?", fragte er leise. Jack zog scharf Luft ein. Daniel sah ihn verständnislos an. "Daniel, glauben Sie mir, wenn ich sage, dass Dr. May morgen nicht mit MIR sprechen wird.", sagte er einfach und schob den verwirrten Mann zur Tür hinaus.
***
"Was...geht hier vor?", fragte sich Daniel laut, als Jack ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. "Was soll das bedeuten?", wollte auch Sam wissen. "Er hat getrunken."; stellte Teal'c stoisch fest. Sam nickte. Wenn sie ihre Nase nicht getäuscht hatte, hatte ein hauchzarter Parfümduft in der Luft gelegen, als sie eingetreten waren. Die Frau schüttelte den Kopf und verbot sich, weiterhin darüber nachzudenken. Sie wollte nur noch ins Bett und ihren Kopf freibekommen, in dem sich die Gedanken drehten wie in einem Karussell. "Was haben wir eigentlich erwartet? Dass er uns seine Seele ausschüttet?", sagte Daniel laut, als sie versammelt wieder im Wagen saßen. Sam schloss kurz die Augen. Ja, was hatten sie von ihm erwartet? Jetzt kam es ihr selber lächerlich vor, was sie getan hatten. Wie konnte ihnen eigentlich einfallen, mit Pizza und Videos vor seinem Haus aufzukreuzen?
Sonntag, 23.15 Uhr
Sam ließ sich mit einem tiefen Seufzen in ihr Bett fallen und wälzte sich ein paar Mal herum, bis sie eine angenehme Schlafposition gefunden hatte. Sie schickte ein kurzes Dankgebet gen Himmel, dass sie Morgen nicht in der Basis verlang wurde. Sie hatte also den ganzen Tag Zeit, sich über alles den Kopf zu zerbrechen - und auszuschlafen. Mit einem letzten Gedanken, ob Jack wohl in diesen Nächten überhaupt ein Auge zutun würde können, döste sie schließlich ein.
***
Montag, 16.13 Uhr
Wer oder was dort oben sorgte für die grausame Ironie, dass es in diesem Moment anfing, zu regnen? Dass sich, wie vor ein paar Tagen, einzelne Tropfen zu einem wahren Regenguss verwandelten und einem jede Sicht nahmen? Als sich die kalte Nässe des herbstlichen Regens langsam durch seine Jacke fraß, realisierte Jack O'Neill, dass das Wetter doch relativ gut zu seiner Stimmung passte. In seiner Seele war der Regen sogar noch stärker. Mit tief in den Hosentaschen vergrabenen Händen und gesenktem Kopf kämpfte er gegen die Wände aus Wasser an und bereute bereits, diesen Spaziergang gemacht zu haben. Aber er hatte es einfach nicht mehr in seinem kalten, leeren und vor allem einsamen Haus ausgehalten. Er hatte ausbrechen müssen, auch wenn sich seine Stimmung aufgrund des trostlosen Wetters nicht gebessert hatte. Aber das hatte er eigentlich auch nicht erwartet. Noch lange nicht. Es würde wieder lange Zeit dauern, bis er wieder lachen würde können .Aber diesmal wusste er, WIE lange es dauern würde. Denn auch wenn es ein Kind war, dessen Namen er nicht einmal kannte, tat es genauso weh wie damals bei seinem Sohn. Dieser Schmerz, der einem in krankhaften Anfällen heimsuchte. Einem die Brust zuschnürte, den Atem aus den Lungen presste. Der alles vor Augen verschwimmen ließ und jede Hoffnung auf eine Zukunft entriss.
Obwohl Jack schon völlig durchgeweicht war, verlangsamerte er plötzlich seine Schritte, als er ein Stück vor ihm auf dem Weg einen Schatten bemerkte, der langsam näher zu kommen schien. Ein kurzer Flashback durchzuckte sein Gehirn. Für Bruchteile einer Sekunde sah er sich wieder hinter dem Steuer seines Wagens, als plötzlich das Kind von rechts auftauchte und er reflexartig auf die Bremse trat. Stöhnend riss er die Augen auf und versuchte durch heftiges Kopfschütteln, wieder zu sich zu kommen. Die Gestalt war nicht verschwunden.
Eigentlich hatte er nicht vermutet, hier in diesem abgelegenen Park am Stadtrand jemanden zu treffen - vor allem nicht bei Regen.
Unauffällig setzte er seinen Weg fort. Hätte er nicht seinen Blick gesenkt gehalten, um dem Regen besser trotzen zu können, hätte er die Person wahrscheinlich gar nicht erkannt, die genauso wortlos und eingemummt wie er an ihm vorbeiging. Doch ihm stachen die Militärstiefel ins Auge, die der Fremde trug. Jack stoppte und drehte sich nach der Person um. "Hey!", rief er aus. Auch der Unbekannte drehte sich um und hob den Kopf. Es war eine Frau. Und zwar eine ihm wohlbekannte Frau.
"Ca...Carter?", brachte er mit Mühe hervor, während Regentropfen von seinen Lippen perlte und er die Augen zusammenkniff, um überhaupt etwas zu erkennen. "Sir?", kam es genauso erstaunt zurück.
"Was machen Sie hier?", fragte Jack mit durch den prasselnden Regen gedämpfter Stimme. Sam zögerte kurz. "Ich denke mal das selbe wie Sie.", gab sie dann zur Antwort. "Ach ja? Und was mache ich hier?", wollte Jack abwesend wissen. "Nachdenken,...die Gedanken ordnen...einen klaren Kopf bekommen.", stammelte Sam unsicher. "Ja. Ja, so könnte man es nennen.", gab O'Neill zurück. Carter atmete erleichtert auf. Er wirkte heute wenigstens ein bisschen entspannter als gestern. Auch wenn sie blind - allein aus seiner Stimme - hören konnte, dass nichts so war, wie es sein sollte. "Und Sie machen das gleiche?", fragte er. Sam nickte. "Vielleicht können wir es ja zusammen machen.", fügte sie hinzu. Sie lächelte und versuchte durch die Wasserschleier den Ausdruck auf seinem Gesicht zu erkennen. "Wenn Sie der Regen nicht stört.", murmelte er dann. "Ich bin schön nass bis auf die Knochen.", gab Sam zurück. Wortlos drehte sich Jack um und setzte seinen Weg fort. Carter nahm das als Einladung und schloss zu ihm auf, bis ihre Schulter fast die seine berührte.
Der Regen wurde schwächer und damit auch Sams Nervosität. Sie musste feststellen, dass es das Schweigen zwischen ihnen sogar ganz angenehm war. Sie fühlte sich plötzlich nicht mehr verpflichtet, etwas Tröstendes zu sagen - war sich sicher, ihre Gesellschaft alleine wäre ihm lieber als das Zeigen von Emotionen.
Auch Jack musste zugeben, dass es gut tat, jemanden an seiner Seite zu wissen. Würden sie im Trockenen sitzen, es wäre bei weitem nicht so tröstlich wie dieser Spaziergang im Regen. Nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen waren, beschloss Jack, Carter zu zeigen, was er von ihrer Gesellschaft hielt. Langsam streckte er seine Hand aus und tastete nach der ihren. Er spürte, wie sie ihren Arm im ersten Moment ruckartig zurückzog, als dachte sie an eine ungewollte Berührung. Aber dann entspannte sie sich und Jack schloss ihre Hand in die seine. Ihre Finger waren eiskalt und doch ging eine familiäre - fast vertraute - Wärme von ihrer Verbindung aus. Sams Lippen verzogen sich zu einem verwunderten Lächeln.
Wieder gingen sie einige Minuten in kameradschaftlicher Stille, bis Sam schließlich stehen blieb. "Ich glaube, jetzt wird mir langsam kalt.", stellte sie fest. Jack nickte zustimmend. Auch sein Körper sehnte sich nur mehr nach einer heißen Dusche.

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Kapitel 6 by moth-to-flame
6. Kapitel

Sam wunderte sich auf dem Rückweg noch, Jacks auffallenden Truck bei ihrer Ankunft auf dem kleinen Parkplatz nicht bemerkt zu haben. Doch als sie schließlich vor Sams Wagen standen, realisierte sie, dass Jack gar nicht mit dem Auto da war. Natürlich. Warum hatte sie vorhin nicht daran gedacht? Er würde wahrscheinlich nie wieder bei so einem Wetter in seinen Wagen steigen. "Ich freue mich jetzt auf eine Dusche.", gab Sam schließlich abwesend bekannt, um das Schweigen zu brechen und seufzte erwartungsfroh. Jack nickte schweigend.
"Soll ich...soll ich Sie nach Hause bringen?"; fragte sie vorsichtig und wies auf seine durchgenässten Klamotten. O'Neill schüttelte energisch den Kopf. "Nicht nötig. Ich hab's nicht so weit.", meinte er. "Das hab ich aber anders in Erinnerung. Nun kommen Sie schon.", forderte sie ihn auf.
Jack seufzte und nickte dann.
Schweigend legten sie die Strecke zu Jacks Haus zurück. "Die nächste rechts?", vergewisserte sich Sam vor der letzten Kreuzung. "Ja, ja genau. Da vorne.", wies Jack sie mit ausgestrecktem Arm an. Mittlerweile hatte sich der Regen ganz gelegt. "Klar, jetzt wo wir im Trockenen sind, hört der Regen auf.", kommentierte Sam und fuhr an den Straßenrand, um Jack aussteigen zu lassen. "Danke fürs mitnehmen, Carter. Wir sehen uns.", verabschiedete er sich und stieg aus. Als er gerade die Tür zuwerfen wollte, hielt Sam ihn auf. "Jack, ich...kann ich Sie zu einem Kaffee bei mir überreden?", fragte sie schließlich und lächelte unsicher. Im nächsten Moment fragte sie sich, was in sie gefahren war. Erst kutschierte sie ihn vor seine Haustüre, dann ließ sie ihn aussteigen...und dann fragte sie, ob er noch zu ihr auf einen Kaffee kommen wolle...sie hätte über sich selbst lachen können, wenn es nicht so traurig wäre.
Jack wischte sich über sein nasses Gesicht. "Ich weiß das Angebot zu schätzen, Carter. Aber ich denke, die Dusche ist mir doch lieber.", wiegelte er schließlich freundlich ab und wies auf die Haustüre. Sam nickte heftig. "Natürlich. Aber das Angebot steht, wenn Sie...reden möchten...oder einfach nur zusammen nachdenken wollen.", sagte sie nachdrücklich.
"Okay.", sagte Jack knapp und drehte sich dann schnell um.
Sam wertete seine Reaktion nicht als Niederlage, sondern als Fortschritt. So viel hatte sie eigentlich gar nicht erwartet. Seufzend fuhr sie an und Jack schaute den Rücklichtern ihres Wagens nach, bis sie in der nebelschwangeren Luft schwächer wurden und schließlich ganz verschwanden.
Dann drehte er sich um und trottete langsam auf sein Haus zu. Zurück in die Leere, die Kälte, die Einsamkeit...zurück in die Stille. Warum legte er sich selber solche Bürden auf? Alleine hatte der Schmerz eine viel größere Macht über ihn - und trotzdem erlaubte er es sich nicht, jemand anderes ein Stück dieses Schmerzes zu übernehmen. Aber warum? Hatte er sich das je ernsthaft gefragt?  
***
Montag, 21.34 Uhr
Sam hatte beschlossen, heute zur Abwechslung einmal früh ins Bett zu gehen - zumal sie morgen wieder früh raus musste. Ins SGC musste, um Hammonds Entscheidung zu hören, was mit Teal'c, Daniel und ihr passieren würde, solange Jack nicht 'fähig' war, ein Team durch das Stargate zu führen...falls er das je wieder werden würde, fügte sie gedanklich hinzu. Seufzend betrachtete sie ihr Gesicht im Spiegel und versuchte einmal mehr, sich in seine Lage zu versetzen. Würde sie es verkraften, ihr eigenes Kind sterben zu sehen, erschossen, mit der eigenen Waffe? Würde sie je wieder auch nur eine Waffe anfassen können, mit ihr umgehen können? Damit ihre Feinde erschießen können, so wie Jack es jeden Tag tun musste? Würde sie mit dieser seelischen Last weiterleben können? Sie war sich nicht sicher. Eines wusste sie jedoch mit Gewissheit. Einen zweiten Schicksalsschlag wie Jack ihn hatte hinnehmen müssen, würde sie nicht überstehen. Langsam wiegte sie ihren Kopf hin und her. Seufzend drehte sie am Wasserhahn und wusch sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser. Sie kämmte ihr Haar und putzte sich gerade die Zähne, als es an der Tür klingelte. Vor Schreck fiel ihr die Zahnbürste aus der Hand und sie blickte an sich hinunter. Sie trug ihren übergroßen, hellgelben Schlafanzug. Sam zuckte die Schultern. Wer um diese Zeit hier aufkreuzte, musste mit so einem Anblick rechnen!
Als sie die Tür öffnete, revidierte sie diese Meinung wieder. "Carter...ich. Eigentlich bin ich hier, um zu fragen...es ist schon spät, aber...steht ihr Angebot von heute Nachmittag noch?", stammelte Jack. Sam lächelte. "Natürlich, kommen Sie rein, Colonel.". "Ich meine, wenn es zu spät ist, oder...ich ungelegen kommen, dann...", kam es wieder von ihm und er musterte sie von oben bis unten. "Keins von beidem, Jack.", sagte Sam und legte ihren Kopf schief. Jack nickte erleichtert und trat ein.
Sofort verschwand Sam in der Küche und ließ Jack im Vorraum stehen. Dieser suchte sich den Weg ins Wohnzimmer und nahm steif auf ihrem Sofa Platz.
"Wissen Sie, was lustig ist?", rief Sam aus der Küche. "Ich hab gar keinen Kaffee mehr.", fügte sie hinzu ohne eine Antwort abzuwarten und kicherte leise. Sie stand in der Verbindungstür und zuckte die Schultern. "Wären Sie mit Rotbuschtee einverstanden?", fragte sie. Jack nickte, was immer das auch sein mochte.
Wenig später kam Sam mit zwei dampfenden Tassen wieder und reichte ihm eine. "Heiß!", warnte sie und setzte sich im Schneidersitz auf die Couch neben ihm. "Das sehe ich.", murmelte Jack. Nach dem ersten Schluck hätte er fast wieder ausgespuckt, schluckte den Tee aber tapfer hinunter. Sam beobachtete ihn grinsend. "Sie müssen noch Zucker reingeben.", erklärte sie und wies auf den Zuckerstreuer. Jack nickte langsam.
"Also?", sagte Sam nach einer Weile und musterte Jack. "Also?"; fragte dieser verständnislos. "Wollen wir zusammen nachdenken oder...wollen Sie reden?", fragte sie zurück. "Ah.", gab Jack knapp zurück.
"Ich...vielleicht sollte ich Sie warnen, Sam.", meinte er endlich nach einer Weile. "Warnen?", wiederholte sie amüsiert. Jack nickte ernsthaft. "Ich weiche solchen Gesprächen meistens aus. Und deshalb muss ich Sie warnen, dass Sie vielleicht nicht den Colonel erleben, den sie gewöhnt sind.", erklärte er. Sam nippte an ihrem Tee und zog die Augenbrauen hoch. "Oh, das...uhm...merke ich schon alleine bei diesem Satz.", sagte sie wahrheitsgemäß und lächelte. Jack seufzte. Und wie Recht sie hatte...
"Aber ich habe auch nicht gehofft, es heute mit meinem Colonel zu tun zu haben.", addierte sie. Diesmal zog O'Neill die Augenbrauen hoch, aber er verstand, was sie damit ausdrücken wollte.
Er ließ mehrere Sekunden verstreichen, bevor er zum Sprechen ansetzte. "Die meisten können sich nicht vorstellen, was es heißt, das eigene Kind zu verlieren...verstehen Sie mich jetzt nicht falsch - Sam - das sollen sie auch nicht.", er machte eine kleine Pause, in der Sam verständnisvoll nickte, "Aber sie wissen, DASS es furchtbar ist. Und dann versuchen sie, ihr Wissen zum Ausdruck zu bringen. Sie täuschen dieses fehlende Verständnis vor. Und geben einem, was man als letztes braucht, nämlich Mitleid.". Sam lauschte angespannt. Jacks Blick lag auf einem Punkt in der Ferne. Carter fand es seltsam, dass gerade sie diejenige sein sollte, die Zugang zu Jack O'Neill bekam. Sie als Frau, als seine Teamkollegin, die eigentlich keinerlei Wissen über ihn als Mensch hatte. Sie kannte ihn nur als Vorgesetzten, als verlässlichen Partner im Kampf um die Erde, als Arbeitskollegen. Aber vielleicht machte es ihm diese Distanz und gleichzeitige Verbundenheit durch die gemeinsam Arbeit, das gemeinsame Wissen, das andere Menschen niemals haben würden, einfacher, sich ihr zu öffnen.
"Ich weiß natürlich, dass sie damit nur helfen wollen - aber sie tun es nicht. Und dann muss man neben dem Schmerz des Verlustes, der fast unerträglich ist, auch noch auf die Gefühle der Menschen um einen herum achten.", er zog die Schultern hoch, "das geht nicht.".
Sam fehlten die richtigen Worte, also beschloss sie, gar nichts zu sagen und einfach bestätigend zu nicken.
"Und dieser Unfall...hat mich wieder an all das erinnert. Ich weiß, dass ich daran eigentlich keine Schuld trage, aber es ist schwer, sich davon zu überzeugen. Sie...Sie hätten ihr Gesicht sehen sollen...ihre Augen...", sagte er und seine Stimme wurde zu einem erstickten Flüstern. Er sah ihr das erste Mal seit seiner Ankunft in die Augen. Sam lächelte traurig und seufzte.
"Oh Gott, ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie grade ihre Meinung über mich ändern.", sagte er und schnaufte leise. "Warum sollte ich...Sie haben Recht. Das tue ich gerade. Aber sie wird besser, auch wenn Sie mir das jetzt nicht...glauben.", gab sie als Antwort.
O'Neill zog die Stirn kraus und Sam sah einen Anflug von Amüsiertheit auf seinem Gesicht. "Wie auch immer...jedenfalls ist der Grund dafür, dass ich dann lieber für mich alleine bin, der, dass ich es dann nur mir recht machen muss, verstehen Sie? Und irgendwann merken die Leute, dass ich nicht von ihren Bemühungen um mein Seelenheil halte und lassen mich in Ruhe...und das passt mir ganz gut so.", meinte er. Sam nickte erneut.
"Natürlich ist es schwer, in einem leeren, stillen Haus zu sitzen und sich mit diesen Erinnerungen auseinander zu setzen. Aber wenn ich es nicht so schaffen kann, dann schaffe ich es gar nicht. Außerdem arbeite ich gerade daran, das vielleicht ein bisschen zu ändern.", sagte er und machte eine vielsagende Handbewegung. "Ja?".
Jack nickte. "Vorausgesetzt, dass dieser Tee hier irgendwann wirklich genießbar wird.", scherzte er und streute noch großzügig Zucker in die warme Flüssigkeit. Doch dann wurde er sofort wieder ernst.
Diesmal herrschte ein langes Schweigen zwischen ihnen, das schließlich Sam mit einer Frage brach, die ihr schon lange auf dem Herzen lag. "Was haben Sie gestern damit gemeint, dass Dr. May sicher nicht mehr mit Ihnen reden wird?", sie schluckte, "...ich weiß von Hammond, dass sie heute wirklich nicht in der Basis aufgetaucht ist, obwohl sie das eigentlich hätte sollen.", addierte sie. Jack schloss die Augen und rieb sich mit der rechten Hand die Nasenwurzel.
"Ich weiß nicht, ob Sie das wirklich wissen wollen, Sam. Gestern hatte ich nämlich nicht gerade einen Glanzauftritt, müssen Sie wissen.", begann er nach einer langen Pause, in der Sam nervös ihre Hände geknetet hatte. "Sagen wir, ich habe versucht, meine Gedanken mit Alkohol wieder in geordnete Bahnen...zu lenken. Das gleiche muss sich wohl auch Robin May gedacht haben, weil ihr Freund...sie verlassen hat. Irgendwie kamen wir damit dann auf einen gemeinsamen Nenner.", fuhr er fort. Sam fühlte ein mulmiges Gefühl in sich aufsteigen. "Ich weiß, dass es jetzt wie eine Ausrede klingt, wenn ich das, was dann geschah, dem Alkohol und meiner allgemeinen Unzurechnungsfähigkeit zuschreibe, aber ich denke mal, es war so. Jedenfalls hatte mein Verstand einen Aussetzer...er schaltete sich erst wieder ein, als es schon fast zu spät war. Ich konnte noch verhindern, dass...dass Robin und ich...Sie wissen schon. Aber sie war von meinem plötzlichen Rückzieher verständlicherweise nicht gerade sehr begeistert.", erzählte er.
Sam atmete tief durch. So etwas hatte sie nun wirklich nicht erwartet. "Sie haben den Fehler früh genug verhindert. Wahrscheinlich ist Dr. May das mittlerweile auch selber klar geworden und ihr ist es einfach nur peinlich, Ihnen wieder unter die Augen zu treten.", meinte sie unbeholfen. Solche intimen Gespräche hatte sie schon lange nicht mehr geführt...das letzte Mal vielleicht mit ihrer Freundin auf der High School! "Ja, daran hab ich auch schon gedacht. Und eigentlich bin auch ICH froh darüber, sie nicht mehr sehen zu müssen.", gab er zu. Sam nickte und trank ihre Tasse leer. "Es tut wirklich gut, sich das alles von der Seele zu reden.", bemerkte Jack plötzlich. "Das ist schön.", meinte Carter und fasste nach seiner Hand. Jack erwiderte den Druck und fühlte ohne weiterer Worte, was sie ihm noch alles sagen wollte. Das erste Mal seit langer Zeit fühlte er sich verstanden. Verstanden von einem anderen Menschen. Und das war ein schönes Gefühl, das er fast schon vergessen hatte. Gegen dieses Gefühl kam ihm diese körperliche Anziehungskraft, die zwischen ihm und Sam herrschte, so unbedeutend vor...
"Ich sollte jetzt lieber gehen, Sam.", sagte Jack einige Minuten später. Sam nickte und drückte noch einmal sanft seine Hand. O'Neill stand auf und zog sich seine Jacke an. Sam begleitete ihn noch zur Tür. Jack stoppte noch einmal kurz und sah sie an. "Ich denke, ich werde es auch diesmal schaffen.", sagte er und Sam verspürte den unbändigen Drang, ihn zu umarmen. Schließlich gab sie nach und legte ihre Arme um ihn. "Danke für den Tee.", flüsterte Jack und Sam begann zu kichern. "Sie haben nur einen einzigen Schluck getrunken.", sagte sie und löste sich von ihm. "Ja. Der Tee war auch nicht der Grund, dass ich so lange geblieben bin.", gab er zurück. "So schlecht ist er auch nicht.", verteidigte Carter. Jack lächelte schwach. Es war schön, ihn lächeln zu sehen. Schließlich drehte Jack sich um und öffnete die Tür.
"Es regnet. Wie könnte es auch anders sein.", stellte er fest und deutete nach oben. Sam lächelte ihn traurig an. "Bis dann.", sagte sie. Jack senkte seinen Blick, bis er ihr in die Augen sah. "Danke, Sam. Das hat verdammt gut getan.", gab er zu. "Das freut mich.", sagte sie ehrlich. Jack nickte und wandte sich zum gehen.
"Ach Carter, dieses...zusammen nachdenken...und reden...klappt auch umgekehrt. Und ICH habe Kaffee zu Hause. Sogar eine ganze Menge. Also wenn Sie irgendwann mal ein Problem haben, alleine zu Hause zu sitzen, ist nicht das Wahre.". Sam nickte lächelnd. "Ich komm darauf zurück.", versprach sie. Lächelnd schloss sie die Tür hinter sich. Ja, das würde sie...

~end~
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