In all den Nächten... by moth-to-flame
Summary: Was ist, wenn sie täglich beobachtet werden? Wenn er ihre Post liest, jedes ihrer Worte kennt, auch wenn sie es nur ihren engsten Freunden anvertraut haben? Was ist, wenn er all ihre Schwächen kennt? Schlimmer noch: wenn er weiß, was sie lieben - woran sie hängen?..und droht, es ihnen zu nehmen, wenn sie nicht kooperieren??
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Own Character, Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Action, Angst, Friendship, General
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 6 Completed: Ja Word count: 11623 Read: 34300 Published: 17.11.11 Updated: 17.11.11

1. Kapitel 1 by moth-to-flame

2. Kapitel 2 by moth-to-flame

3. Kapitel 3 by moth-to-flame

4. Kapitel 4 by moth-to-flame

5. Kapitel 5 by moth-to-flame

6. Kapitel 6 by moth-to-flame

Kapitel 1 by moth-to-flame
In all den Nächten...


Ein kalter Raum. Stille. Dunkelheit. Ein geöffnetes Fenster. Draußen verwandelte sich der bewölkte Tag in eine sternenlose Nacht. Die bodenlangen Samtvorhänge flatterten. Der beißende Wind erzeugte ein heulendes Geräusch im ganzen Haus. Die Tür des Raumes fiel jäh mit einem lauten Knall ins Schloss.
Das Bett war zerwühlt, die Laken noch warm. Die Nacht nicht mehr jung. Die Lampe auf dem Nachttisch brannte und warf wabernde Schatten an die Wände des sonst dunklen Raumes. Ein Wimmern in der Finsternis.
Ein Körper. Bebend. Zusammengekauert in der Ecke. Knie angewinkelt, Kopf gesenkt. Schluchzen mischte sich unter die Geräusche der fortgeschrittenen Nacht.
Die Frau war nackt. Ihr Leib feuchtgeschwitzt. Schweißperlen funkelten im fahlen Licht auf ihrer Haut.

Die Windböen wurden stärker. Eine Gänsehaut breitete sich auf dem Körper aus. Die Frau erhob sich plötzlich. Schloss das Fenster und verbannte den Wind und die Kälte, die er mit sich brachte, nach draußen. Durch verschwommene Wasserschleier betrachtete sie den Schatten, den sie an der Wand erzeugte. Sie fröstelte. Es war eisig, hier im Schlafzimmer. Ihre Brustwarzen waren hart und schmerzten. Die Kälte kroch immer weiter in ihr Inneres. Schnell warf sie sich ihr Nachthemd über und öffnete die Tür zum Badezimmer.
Das Licht war unangenehm gleißend. Sie erschrak darüber, wer ihr aus dem Spiegel entgegenstarrte. Eine Frau mit bläulichen Lippen und totenblasser Haut. Ihr Körper wurde wieder von einem kalten Schauer gepackt. Ihre großen blauen Augen zierten dunkle Ringe und ihr kurzes Haar stand wirr vom Kopf ab. Glanzlos und stumpf traf sie schließlich auf den Blick ihres Gegenübers.
Sie schloss die Augen und wandte sich ab.

Die Küche war ebenso kalt wie alle anderen Zimmer im Haus. Immer noch fröstelnd sah die Frau zu, wie sich einzelne Regentropfen auf dem Fenster sammelten. Ein leises Seufzen entfuhr ihr. Der Kaffe vom Abend war kalt und stark. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse und sie leerte die Tasse in den Abguss.

Es war wieder eine dieser Nächte, in denen die junge Frau die Sinnlosigkeit ihres Lebens einholte. Peinigende Kopfschmerzen breiteten sich von den Schläfen ausgehend aufwärts aus. Sie fühlte sich unendlich müde. Ihr Körper sehnte sich nach dem Schlaf, der ihr seit Tagen fehlte. Doch immer, wenn sie erschöpft in ihr Bett fiel, wollte der Schlaf nicht kommen. Ein einziger Gedanke konnte das Einschlafen verhindern. Das kalte Zimmer. Die Leere. Die Einsamkeit in ihrem Herzen. Die Bedrohung dieses Fremden, der seine scharfen Krallen nach ihrer Seele ausgestreckt hatte.
Seit Wochen schon diese Erpressungen, die sie in eine Zwickmühle und manchmal bereits an den Rand eines Nervenzusammenbruches gebracht hatten.
Was für eine Nachricht würde morgen auf ihrem Abstreifer liegen? Welche Forderungen würde der Fremde stellen. Was sollte sie diesmal tun?
Die Aussichtslosigkeit übermannte sie abermals und sie schluchzte aufs Neue.
Mit zitternden Händen bedeckte sie ihr Gesicht und lies sich auf einen Küchenstuhl fallen. Die Frau ließ ihren Tränen freien Lauf und sie glichen den Regentropfen, die nun fordernd gegen das Glas schlugen, sich verbanden und winzige Rinnsale bildeten, die sich ihren Weg nach unten suchten.
Einmal mehr wünschte sie sich, eine tröstende Hand würde sich von hinten auf ihre Schulter legen. Dieser Gedanke verursachte nur noch mehr Tränen und irgendwann schlief sie kraftlos ein.

weiter: Kapitel 2
Kapitel 2 by moth-to-flame
2. Kapitel

Sie erwachte und das Erste, was sie spürte, war die harte Unterlage des Küchentisches, auf die ihr Kopf gesunken war. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie immerhin zwei Stunden mehr oder weniger geschlafen hatte. Wie immer am Morgen nach einer dieser durchwachten Nächte fühlte sie sich elend.
Gähnend hievte sie ihren schmerzenden Leib vom Stuhl und rieb sich die brennenden Augen. Es regnete immer noch. Plötzlich erklang der aufdringliche Laut ihres Weckers aus dem Schlafzimmer. Sie stöhnte leise.
Die Frau duschte, kleidete sich an und machte neuen Kaffee. Dann folgte der tagtägliche Gang vor die Tür, um die morgendliche Zeitung zu holen. Angst machte sich in ihr breit. Wie jeden Morgen. Wartete heute wieder eine unliebsame Überraschung auf sie? Wie jeden Tag lag ein kleines Kuvert neben der Morgenpost.

Sam hob beides auf und trug es in die Küche.
Sie hatte alles versucht. Hatte die ganze Nacht auf der Lauer gelegen. Nächtelang alle Lichter brennen lassen, bis sich die Nachbarn beschwert hatten. Erfolglos. Wenn sie ihm auflauerte, kam er nicht. Dann lag am nächsten Morgen kein Umschlag auf der Matte. Wie oft hatte sie damit gespielt, die Polizei zu rufen! Hammond oder ihren Teammitgliedern Bescheid zu sagen! Aber der Unbekannte führte klare Strafen auf. Und sie wusste, dass er es ernst meinte. Er hatte es ihr schon oft genug bewiesen. Mit Horror dachte sie an den Morgen vor einer Woche zurück, als eine tote Katze auf ihrem Fußabtreter gelegen hatte. Um den Hals des Kadavers war ein Umschlag gebunden. Darin ein Zettel mit den Worten: Denk nicht mal dran. Sonst endest du auch so.
Es war, als könnte er ihre Gedanken lesen.
Sie war eine starke Frau und konnte viel ertragen, dafür war sie ihr Leben lang ausgebildet worden. Aber auch sie hatte ihre Grenzen. Und die Drohungen häuften sich. Mittlerweile hatte sie Furcht vor dem Erpresser. Konnte nachts kein Auge zu tun, weil sie wusste, dass er da war. Sie spürte seine Präsenz, wie sie die eines Goa'uld Symbionten spüren konnte. Sie konnte ihn weder sehen noch hören. Aber er lauerte dort draußen. Wie konnte man gegen einen Gegner kämpfen, dessen Gesicht man nicht kannte?

Langsam ging die Frau zur Schublade und holte ein Messer heraus. Einige Sekunden lang starrte sie gedankenverloren auf die blitzende Klinge, bevor sie mit einer einzigen wütenden Bewegung den Briefumschlag öffnete.
Wie gewöhnlich roch der Zettel schwach nach Veilchen. Weder bedrohlich noch...männlich. Eher wie ein Liebesbrief eines verliebten Mädchens an ihren Schwarm. Sam lachte höhnisch über diesen Gedanken.
Die Nachricht war simpel, kurz und unmissverständlich wie immer. Sie sollte den General überzeugen, SG1 nach PX1937 zu schicken.
Sam seufzte. Ihr kam die Kennzahl des Planeten bekannt vor, aber es war definitiv keiner, den SG1 schon einmal besucht hatte.

Oft hatte sie schon den Gedanken gehabt, nur einer, der sich mit dem Stargate-Projekt äußerst gut auskannte, konnte solche Informationen haben. Aber sie war machtlos. Wenn der Unbekannte im SGC arbeitete, konnte er sie praktisch auf Schritt und Tritt beobachten...und sie wüsste nicht einmal etwas davon. Es könnte jemand sein, den sie jeden Morgen grüßte, auf den sie mehrere Male am Tag in einen der dunklen Gänge 26 Stockwerke unter der Erde traf.
Diese Gedankengänge jagten ihr Angst ein. Lange konnte sie das nicht mehr aushalten. Sie würde einen Schlussstrich ziehen. Noch heute.
Mit diesem Entschluss verließ sie zwei Stunden später das Haus. Sie ließ ihren Blick ein letztes Mal suchend über die Umgebung schweifen, bevor sie in ihren Wagen stieg.

***

"Wo bleibt Sam nur wieder...", murmelte Daniel. "Sie wird jeden Augenblick kommen.", versicherte Jack, trommelte jedoch selbst nervös auf der Tischplatte herum. Teal'c hob eine Augenbraue. "Major Carter ist innerhalb der letzten zwei Wochen mehrmals zu spät zu einer Besprechung erschienen.", stellte er fest.
"Dreimal. Und sie wird einen triftigen Grund dafür haben.", verteidigte Jack sie.
Hammond sah auf die Uhr und seufzte. "Viermal. Und sie braucht einen verdammt guten Grund dafür.", sagte er.
"Ich finde es eher beunruhigend. Sam ist sonst immer die Erste gewesen...", meldete sich Daniel wieder.
"Würden Sie jetzt bitte alle aufhören.", sagte Jack genervt. Es war ihm auch nicht entgangen, dass Sam in letzter Zeit etwas abwesend gewirkt hatte.
Und sie alle wussten, dass es einen Grund dafür geben musste. Samantha Carter konnte man nicht nachsagen, dass sie ihre Arbeit nicht ernst nahm...

Im nächsten Augenblick betrat Sam den Besprechungsraum. Jack musterte sie eingehend. Ihre Uniform wirkte perfekt wie immer, ihre Haare waren frech frisiert und sie trug dezentes Make-up. Ein Außenstehender hätte nichts bemerkt. Aber Jack konnte die dunklen Ringe unter ihren Augen sehen, die keine Schminke vollständig überdecken konnte. Ihre ganze Erscheinung war bei genauerer Beobachtung schlaff, müde. Ihre Augen blickten stumm und glanzlos vor sich hin. Man vermisste das strahlende Blau, in dem man sich so leicht verlieren konnte, wenn man nicht aufpasste.
Carter hatte den Kopf schuldbewusst gesenkt. "Darf ich fragen, warum Sie sich erneut verspätet haben?", fragte Hammond mit einem drohenden Unterton. Sam zuckte leicht zusammen. Auch das war keine normale Reaktion, stellte Jack fest.
Auch die Augen der übrigen Teammitglieder waren auf die Frau fixiert.

Eine Sekunde zögerte Sam. Fast hätte sie dem General die Wahrheit gesagt. Beinahe hätte sie endlich den Mund aufgemacht, hinausgeschrieen, warum sie immer zu spät kam. Weil Sie erst heute Morgen erfahren hatte, welchen Planeten sie bei der heutigen Besprechung vorstellen musste. Informationen sammeln hatte müssen, um überhaupt etwas darüber sagen zu können...!
Und warum sie nur mehr halb bei der Arbeit war. Warum ihre Konzentration spätestens nach einer halben Stunde nachließ, ihre Gedanken schnell abdrifteten. Aber dann besann sie sich etwas Besseren. Es war, als hätten die Wände Ohren. Sie fühlte sich nicht sicher. Beobachtet. Tag und Nacht beobachtet.
"Der Verkehr, Sir.", flüsterte sie schließlich.
Hammond hatte Mühe, überhaupt etwas zu verstehen. Er verschob seine Predigt auf später. Er konnte selbst sehen, dass das nicht gerade das war, was die Frau im Moment benötigte.
"Na schön. Fangen wir endlich an. Major...", forderte er sie auf.
"Ja Sir.", sagte Sam leise und schenkte ihrem Vorgesetzten noch einen letzten distanzierten Blick. Sie hob den Kopf und begann ihren Vortrag.

***

"Und können Sie mir bitte noch einmal erklären, WARUM wir auf diesen Planeten gehen sollen?", fragte Jack. "Vielleicht verstehe ich die Beweggründe ja noch nicht ganz...", addierte er.
"PX1937 bietet aussichtsreiche Naquadah-Felder. SG4 war vor mehreren Wochen dort. Konnte aber keine Bodenproben nehmen, weil ein Jaffa-Trupp das Tor umstellt hatte.", erklärte sie.
"Und Sie denken, dass die Goa'uld jetzt den Planeten jetzt verlassen haben?", versicherte sich Hammond. "Das halte ich für unwahrscheinlich. Solange die Möglichkeit besteht, dass Tau'ri den Planeten besuchen, würde jeder Systemlord dort Truppen postieren.", meldete sich Teal'c. Sam war am Ende mit ihren Argumenten. Sie konnte ja schlecht sagen, dass SG1 dorthin musste, weil ein gesichtsloser Erpresser es von ihr verlangte. "Wir könnten ja erst mal eine Sonde durchschicken.", schlug Daniel vor.
Der General nickte.
"In Ordnung. Wenn Major Carter es für gerechtfertigt hält, werden wir morgen genau das tun. Wenn die Sonde positive Bilder sendet, haben Sie grünes Licht für diese Mission.", sprach er schließlich und warf Sam einen weiteren fragenden Blick zu. Vielleicht tat ihr ein Tag Ruhe ganz gut. Jack runzelte die Stirn. Er war nicht zufrieden mit dieser Entscheidung.
"Sie können wegtreten.", entließ sie Hammond. "Auf ein Wort, Major!?", annoncierte er, als Sam gerade die Tür erreicht hatte. Sie warf dem General einen fragenden Blick zu, kehrte dann aber an den Tisch zurück.

"Setzen Sie sich.", forderte Hammond.
Carter tat wie ihr geheißen und fühlte, wie peinigende Nervosität in ihr aufstieg.
"Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Sam. Aber wenn Sie irgend etwas auf dem Herzen haben...", begann der Mann und suchte hilflos nach den richtigen Worten.
"Es ist nichts Sir. Es geht mir gut.", sagte Sam sofort. Es klang automatisiert, fast reflexartig. Sie verschränkte abweisend die Hände vor der Brust. Ihr Blick war auf einen unbestimmten Punkt an der Wand gerichtet. "Wenn Sie das sagen, Major.", gab Hammond zweifelnd zurück.
Sam schloss kurz die Augen, holte tief Luft und stand dann auf. "Es wird nicht mehr vorkommen, dass ich zu spät erscheine.", versprach sie. Hammond nickte. Als sie unaufgefordert den Raum verließ, spürte der General an ihrer Haltung und der Art ihrer Bewegungen, dass etwas nicht stimmte. Sie wirkte so...teilnahmslos.

***

Sam war froh, den Tag zu Hause verbringen zu können. Sie startete den Wagen und blickte immer wieder in den Rückspiegel. Vielleicht folgte ihr der Unbekannte von der Basis aus? Oder sie litt mittlerweile schon unter Verfolgungswahn. Sie hatte heute während der Besprechung gespürt, dass die Anderen langsam misstrauisch wurden. Und speziell Hammond wusste, dass etwas in der Luft lag. Beinahe hätte sie es ihm auch gesagt. Aber wenn nun der Unbekannte zuhörte? Sie würde es ihm sagen. Ja, das würde sie. Sie fuhr zur nächsten Telefonzelle, sah sich unsicher nach Beobachtern um und wählte die Geheimnummer zu Hammonds Büro. Diese Leitung war abhörsicher.
"Hammond?"
"Sir. Ich bin es noch einmal. Ich...uhm...haben Sie vielleicht doch etwas Zeit für mich?", fragte sie zögernd.
"Sam. Natürlich. Ich bin froh, dass Sie anrufen.", kam Hammonds Stimme verzerrt aus dem Apparat.

***

Der Mann harrte nun schon seit einer Stunde in seiner unbequemen Position aus. Dunkelheit hatte sich über den Vorort von Colorado Springs gelegt und es würde verdammt kalt werden. Schon jetzt konnte man erkennen, dass die Nacht sternenklar und eisig werden würde. Es war zwar erst September, aber hin und wieder spürte man den näherrückenden Herbst ziemlich deutlich. Seine Beine waren eingeschlafen und ein unangenehmes Kribbeln suchte sich seinen Weg aufwärts. Er stöhnte leise, ließ das Fernglas aber nicht sinken. Solche Situationen hatte er schon unzählige hinter sich. Oft schon hatte er fremde Frauen ohne ihres Wissens eine Zeit lang beobachtet. Es war alles nur eine Frage der Geduld und der Körperbeherrschung. Er sah Samantha hinter dem Fenster auf und ab gehen. Sie war äußerst nervös, stellte er fest.
Er spürte wieder diese vertraute Erregung in sich aufsteigen, wenn er sie durch das Fensterglas beobachtete. Er genoss die Macht, die er über sie hatte. Und war erstaunt, wie leicht es ihm gefallen war, sie davon zu überzeugen, dass er es ernst meinte. Er lachte leise. Weiber! Sie waren alle gleich. Egal ob sie nun einen Doktor in Physik hatten oder Soldatinnen waren. Er ließ das Fernglas sinken.
Heute morgen, während sie bereits bei der Arbeit gewesen war, hatte er wieder ihre Post durchsucht. Aber außer der Ansichtskarte einer Freundin aus Mallorca, einer Rechnung und Werbung war nichts Interessantes dabei gewesen.
Er überlegte, was er wohl Morgen von ihr verlangen könnte. Eigentlich war das ja nur ein netter Nebeneffekt, um seine Autorität zu demonstrieren. Sie in Bedrängnis zu bringen und dann zuzusehen, wie sie versuchte, sich wieder heraus zu manövrieren. Morgen würde sie auf den Planeten gehen, den er ihr angewiesen hatte. Ihm war zu Ohren gekommen, dass es dort Naquada gab. Wie viel sollte er verlangen. 10 Gramm? Ein Kilo? Ein sadistisches Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Ein Kilogramm Naquada...da konnte man schon leuchtende Augen bekommen. Ob sie das überhaupt transportieren konnten? Es hatte schließlich eine sehr hohe Dichte. Außerdem würde es auffallen, wenn sie ein Kilo von dem wertvollen Metall mit zur Erde nahm und es dann einfach verschwand. Außerdem konnten auch wenige Gramm davon einem Menschen zu Reichtum verhelfen...
Er setzte den Feldstecher wieder an. Erneut spürte er dieses angenehme Gefühl, das sich immer mehr verstärkte, je länger er zusah. Sein Platz war wirklich perfekt. Er konnte nicht gesehen werden. Aber er sah sie, als stünde er in einiger Entfernung als stille Beobachter. Ihre Bewegungen waren bedacht und grazil. Sie erinnerte ihn an eine Katze. Und sie war wunderschön. Ihr Körper war sehnig und durchtrainiert, und trotzdem hatte sie eine annehmbare Oberweite. Ihr Hintern war genauso einwandfrei wie alles andere. Was hätte er alles gegeben, um sie einmal nackt zu sehen? Aber vielleicht konnte dieser Traum ja Wirklichkeit werden? Seine Erregung stieg. Er öffnete mit einer Hand den Reißverschluss seiner Hose, mit der anderen hielt er das Fernglas fest umklammert.

Er umschloss seinen erigierten Penis und begann zu masturbieren, während er Samantha Carter beobachtete und sich vorstellte, es seien ihre Hände, die ihm Befriedigung verschafften. Wenige Minuten später kam er. Der Orgasmus war sogar noch besser als der letzte Nacht...diese Frau übte eine richtige Faszination auf ihn aus. Er unterdrückte ein Stöhnen und schloss kurz genussvoll die Augen.

Er hatte schon immer einen kleinen Hang zum Voyeurismus gehabt. Die wenigen Frauen, die es in seinem Leben gegeben hatte, hatten ihn alle deswegen verlassen. Er war einen Niete im Bett. Normaler Sex gab ihm nicht den Kick, den er bekam, wenn er einer fremden Frau bei ihren täglichen Geschäften zusah. Am besten nachts. Auch seinen Freundinnen hatte er am liebsten dabei zugesehen, wie sie sich selbst befriedigten. Das war oft zuviel gewesen. Seine letzte Freundin hatte ihn sogar als perversen Spanner beschimpft.

Doch alle anderen Frauen waren ein Witz gegen die, die er im Moment immer noch beobachtete. Sie war göttlich...und gab ihm, wonach er lange gesucht hatte. Er leibte sie mit jeder Faser seines Körpers, sehnte sich nach ihr. Das war seit dem Tag so, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Vor etwa einem Jahr, als er zum Stargate-Projekt versetzt worden war. Er hatte immer gute Arbeit geleistet und obwohl er kein Soldat war, hatte er sich den Anforderungen gewachsen gefühlt. Er war Wissenschafter, wie sie. Er bewunderte ihre Arbeit, und doch wusste er, wie schwach sie in Wirklichkeit war. Dass sie sich trotz ihrer äußerlichen Selbstsicherheit und Unabhängigkeit eigentlich längst nach einem Mann sehnte, der ihr einmal zeigte, wo es lang ging. Und er wäre genau der Richtige für sie. Er hatte Macht über sie. Macht. Sie tat alles, was er wollte. Bald würde es an der Zeit sein, sich ihr vorzustellen. Und dann würde sie ihn lieben, ob sie wollte oder nicht.

Schließlich wurden die Schmerzen in den Beinen unerträglich. Er stand auf und streckte sich stöhnend. Seine Anzugshose war versaut, aber das störte ihn nicht im Mindesten. Es war Nacht. Die Nacht war seine Vertraute.
Er sah wieder zu dem Fenster zu Carters Wohnzimmer. Sie ging immer noch auf und ab wie ein eingesperrtes Tier. Dann blieb sie plötzlich am Fenster stehen und starrte nach draußen. Ihm war fast so, als würden sich ihre Blicke treffen und er erstarrte.
Sein Herz pochte gegen seine Brust, nicht nur wegen der Gefahr, entdeckt zu werden. Sie war so schön. So wunder-wunderschön. Der Raum war hell erleuchtet und draußen war es schon stockdunkel. Es war unmöglich, dass sie ihn sah.

Endlich drehte sie sich wieder um und fing wieder an, auf und ab zu gehen.
Carter war heute wirklich sehr nervös. Woran das wohl lag? Sie hatte doch nichts verraten...oder? Panik ergriff Besitz von ihm. Nein....beruhigte er sich selber. Nein, das würde sie nicht wagen. So intelligent, wie sie war, hatte sie sich inzwischen sicherlich schon ausgemalt, dass nur eine Person mit internen Informationen über das Stargate in Frage kam. Und dann wusste sie auch, dass er nicht irgendein Verrückter war, sondern planvoll vorging. Aber vielleicht hatte sie vor, etwas auszuplaudern? Er lachte wieder höhnisch. Eine kleine Lektion würde ihr auf jeden Fall nicht schaden...

weiter: Kapitel 3
Kapitel 3 by moth-to-flame
3. Kapitel

Sam warf sich ihren langen schwarzen Mantel über und zog sämtliche Gardinen und Vorhänge im ganzen Haus zu. Das Licht ließ die Frau absichtlich brennen, um bei dem Fremden, falls er sie wirklich beobachten sollte, den Eindruck zu erwecken, dass sie zu Hause war. Leise schloss sie die Tür auf und ging mit gedämpften Schritten zu ihrem Wagen, um zum Treffpunkt mit dem General zu fahren. Sie hatte wieder dieses beunruhigende, angsteinflößende Gefühl, beobachtet zu werden. Abwehrend schüttelte sie den Kopf und stieg in den Wagen. Erst, als sie den Zündschlüssel umdrehen wollte, bemerkte sie den kleinen Umschlag, der zwischen Windschutzscheibe und Scheibenwischer geklemmt war. Sie schloss kurz die Augen. "Bitte, lass es nicht das sein, was ich glaube...", murmelte sie leise und stieg noch einmal aus. Sie packte den Umschlag und setzte sich wieder ins Auto. Seufzend schaltete sie die Innenbeleuchtung ein und riss voller Ungeduld das Kuvert auf.
Der Inhalt ließ keinen Zweifel am Absender zu. Es war wieder ein Zettel mit ein paar handgeschriebenen Worten darauf.
Wenn du tust, was ich denke, dass du vorhast, ist Daniel Jackson morgen tot.
Und darunter:
Du denkst, das ist ein Spiel, Sam? Ich spiele nicht.

Sam fröstelte, nicht nur wegen der Kälte in dem unbeheizten Wagen. Langsam stieg sie aus und ging zurück ins Haus. Sperrte ab und ließ sich mit dem Rücken zur Tür zu Boden sinken. Die erste Träne lief ihr über die Wangen und dann schluchzte sie ungehalten. Was hatte sie getan, um so etwas zu verdienen? Das war nicht fair.

Nach einer Weile stand sie auf und versuchte vergeblich, den General zu erreichen. Wie sollte sie ihm das Morgen erklären? Mit quälenden Gedanken an den nächsten Tag und unbändiger Furcht vor einem unsichtbaren Phantom bereitete sie sich schließlich auf eine weitere schlaflose Nacht voller Alpträume vor.

***

Am nächsten Morgen

Daniel schob sich die Brille zurecht und klopfte zögernd an die Tür zu Jacks Quartier.
"Ja?", kam es mürrisch von der anderen Seite.
"Uhm...kann ich kurz reinkommen?", fragte der Archäologe. Man hörte das Quietschen abgenutzter Matratzenfedern, tappende nackte Füße auf Linoleumboden. Dann wurde die Tür geöffnet. Wortlos schloss Daniel sie wieder hinter sich und folgte Jack in den Raum. Seine Haare glänzten feucht. Wahrscheinlich war er gerade duschen gewesen. Daniel atmete erleichtert auf. Nach einer Dusche war ein guter Zeitpunkt, um mit Jack O'Neill zu reden. Warmes Wasser hatte eine sehr entspannende Wirkung auf ihn. Diese Erfahrung hatte Daniel bereits öfters gemacht. "Was ist?", fragte Jack ungeduldig.
"Was?", fragte Daniel unaufmerksam zurück.
Jack schüttelte resigniert den Kopf und unterdrückte ein Lächeln.
"Ich wollte Ihnen eigentlich nur sagen, dass die Sondendaten ergeben haben, dass...", begann der jüngere Mann endlich.
"...die Jaffa den Planeten verlassen haben. Ja, ich hab's gehört. Kommen Sie zur Sache, Daniel.", unterbrach ihn Jack wissend. Daniel stutzte.
"Es geht um Sam.", sagte er schließlich verhüllt.
"Ja? Und weiter...", fragte Jack gespielt gelangweilt und machte es sich wieder auf seinem Bett gemütlich.
"Finden Sie nicht, dass sie sich etwas...merkwürdig verhält?", wollte Daniel wissen.
Jack holte tief Luft. "Tun wir das nicht alle manchmal?", gab er zurück. Nach einer Weile lenkte er jedoch ein. "Ich hab auch bemerkt, dass sie in letzter Zeit etwas...", begann er.
"...abwesend ist?", legte ihm Jackson in den Mund. Jack nickte und sein Gesicht nahm einen nachdenklichen Ausdruck an.
"Aber das geht uns nichts an. Es ist ihre Sache.", sagte er schließlich.
"Ich denke, dass es ihr schlecht geht. Irgend etwas stimmt nicht. Und das geht uns sehr wohl etwas an!", antwortete der Wissenschafter eindringlich. "Wenn Sie meinen...", murmelte Jack. Daniel schnaubte empört, drehte sich um und verließ wortlos den Raum. Jack zuckte die Achseln und hing wieder seinen eigenen Gedanken nach. Bis Hammonds Stimme ihn durch die Lautsprecher aufforderte, in dessen Büro zu kommen. Jack schenkte dem Kissen noch einen sehnsuchtsvollen Blick und hievte sich schließlich seufzend aus seinem Bett. Erst vor der Tür seines Quartiers fiel ihm auf, dass er noch immer barfuss war.

***

"Ah Colonel. Schön, dass Sie gleich gekommen sind.", warf ihm Hammond an den Kopf und bot ihm den Stuhl gegenüber seines pompös wirkenden Schreibtisches an.
Jack setzte sich zögernd und sah sich abwartend im Raum um. Wieder einmal wirkte Hammonds Büro wie ein patriotisches Schauerkabinett auf ihn. Wo man auch hinsah sah man Weißkopfseeadler in allen Variationen, Flaggen in allen Größen und Auszeichnung des Generals selber. Es war überladen, warf einen fast um.
"Ich hab darüber nachgedacht, mein Büro ein bisschen...uhm...persönlicher einzurichten.", brach Hammond das Schweigen, als er Jacks herumschweifenden Blick bemerkte. Jacks Augen landeten auf dem Gesicht seines Vorgesetzten. Er nickte kurz. "Aber?"
"Nun ja...es gefällt mir so wie es ist, um ehrlich zu sein.", gab der ältere Mann zu.
Jack hob die Augenbrauen, aber eigentlich verwunderte ihn das nicht allzu sehr.

"Warum haben Sie mich hergebeten?", fragte der Colonel schließlich nach einer neuerlichen Phase des Schweigens. Hammond lächelte.
"Wie immer. Nicht lange um den heißen Brei herumreden, sonder gleich zur Sache kommen. Aber diesmal ist es nicht so leicht. Es geht um...Major Carter.", erklärte Hammond endlich und musterte sein Gegenüber.
Jack seufzte und hob abwehrend seine rechte Hand.
"Daniel ist heute schon damit zu mir gekommen. Ich glaube einfach, sie hat einen schlechten Tag.", sagte er schließlich.
"Ihr auffallendes Verhalten zieht sich jetzt schon über...", begann Hammond wieder.
"...dann hat sie eben eine schlechte Woche!", unterbrach Jack ihn aufgebracht.
Dann herrschte wieder Stille zwischen den beiden Männern.
"Auffallendes Verhalten...", murmelte Jack schließlich die Worte des Generals wieder.
Hammond nickte langsam.
"Sie wissen mehr als ich, richtig?", riet O'Neill.
Wieder nickte Hammond.
"Ihre Berichte kommen verspätet, fehlerhaft oder unvollständig. Die Reporte über ihre neuesten Forschungsergebnisse am Reaktor sind seit 5 Tagen überfällig. Sie kommt zu spät zur Arbeit. Sie wirkt abgelenkt, fast desinteressiert. Sie redet nur das Nötigste, verbringt viel mehr Zeit zu Hause. Arbeitet nur noch selten in ihrem Labor...! Sagen Sie mir, ob das typisch für die Samantha Carter ist, die wir kennen.", stieß der General unter einem Atemzug hervor.
Jack musste den Kopf schütteln. Natürlich war das nicht typisch für Carter. Wenn jemand genau, pünktlich, interessiert und kommunikativ war, dann sie. Sie war der Workaholic, den man bis spät nach Mitternacht nicht aus seinem Büro bringen konnte...

"Und zum Beispiel heute bei unserer Besprechung. Ich hatte das Gefühl, dass Sie ihren Vortrag aus dem Stehgreif heraus gehalten hat. Außerdem war sie wohl selber nicht ganz überzeugt von dem Planeten, den sie vorgeschlagen hat.", fuhr Hammond fort. "Und gestern hat sie mich angerufen und wollte mit mir reden. Wir machten einen Treffpunkt aus. Um 23.00 Uhr im Colonial Park. Ich war da...", addierte er nachdenklich.
Jack blinzelte mehrmals. "Sie ist nicht gekommen?", fragte er ungläubig.
Hammond nickte traurig.
"Sie klang am Telefon sehr verängstigt. Aber sie fragte, ob ich ein wenig Zeit für sie hätte.", erklärte er. Jack sah ihn an, als wäre er ein Gespenst. Langsam keimte auch in ihm die Sorge um Carter. Das alles sah ihr ganz und gar nicht ähnlich...

"Warum sollte sie das tun. Erst einen Treffen abmachen und dann nicht erscheinen?", stellte sich Jack die Frage laut. Hammond seufzte.
"Das kann ich mir auch nicht erklären, Colonel. Es sei denn...", begann der Ältere.
"...sie wird unter Druck gesetzt. Sie wollte es Ihnen erzählen, aber irgendwer hat sie daran gehindert.", beendete Jack den Satz. Hammond nickte wieder bedächtig. "Welche Beweise brauchen Sie noch?", wollte der Ältere ungeduldig wissen.
"Irgend etwas muss der Auslöser für ihr Verhalten sein. Und so könnte man es wenigstens ansatzweise erklären. Sehen Sie. Sie wissen, dass ich große Stücke auf Major Carter halte..."
"Ja, das tue ich auch.", unterbrach Jack wieder. Hammond ignorierte ihn.
"Sie ist eine der besten Offiziere hier und außerdem die Nummer Eins in Sachen Sternentortechnologie. Wenn es irgendwo brennt, hat sie die Lösung. Sie ist ein Genie. Aber auch Genies sind nicht unverwundbar.", sprach Hammond feierlich.
"Sie haben Angst, dass Carter zuviel Verantwortung trägt und einen schwerwiegenden Fehler machen könnte?", fragte O'Neill.
Der General schüttelte den Kopf. "Das ist zweitrangig, Jack. Ich habe Angst um Sam."

Der Colonel hob beide Augenbrauen und ließ abwesend seine Finger über die Oberfläche des Tisches gleiten. Das hatte er auch. Das hatte er auch...
"Und was schlagen Sie jetzt vor, Sir?", fragte er leise. Hammond ließ die Frage im Raum stehen.
"Sie werden Carter überwachen. Vielleicht können Sie unseren Verdacht bestätigend. Die Aktion startet heute Abend.", sagte er nach einer Weile bestimmt. Jack war von der Endgültigkeit in der Stimme des Generals überrascht. Perplex beobachtete er, wie Hammond aufstand und auch ihn anwies, sich zu erheben. Jack tat es zögernd.
"Ich soll eines meiner Teammitglieder beschatten? Sir...das kann nicht ihr Ernst sein. Das kann ich nicht tun! Ich kann Carter nicht so hintergehen!", erboste er sich.
"Sie wird nichts davon erfahren.", erwiderte Hammond.
"Ach ja? Wir haben es hier mit Samantha Carter zu tun. Sie wird meine Anwesenheit spätestens nach einer Stunde bemerken.", erinnerte er ihn.
Hammond seufzte. "Ich sehe keine andere Möglichkeit, JACK. Wenn sie wirklich bedroht wird, dann müssen wir ihr helfen. Ohne, dass sie uns etwas sagt und ihr Erpresser misstrauisch wird. Wir wissen nicht einmal, mit wem wir es zu tun haben. Ob es nur ein Spinner ist oder ob er es ernst meint...", gab Hammond zu denken.
Jack holte tief Luft. "Er meint es ernst. Sonst würde sich Carter nicht so verhalten. Dann hätte sie es uns längst gesagt.", gab er zu bedenken.
"Ja. Das ist allerdings richtig. Aber mit geeigneten Druckmitteln ist jeder Mensch beeinflussbar.", erwiderte der General.
O'Neill nickte andächtig. Das war nicht gut...das war ganz und gar nicht gut!
Allein die Vorstellung, dass irgendein verrückter Fremder eines seiner Teammitglieder bedrohte, ließ ihn vor Wut kochen. Und dass es gerade Sam war, machte die Sache nicht gerade besser...
Er ballte die Fäuste. Wenn er den Mistkerl schnappen sollte, dann Gnade ihm Gott!
"Sie werden die Mission auf PX1937 heute durchführen. Aber gehen Sie keine Risiken ein. Sobald der friedliche Anschein, den der Planet macht, sich ändern sollte, kehren sie sofort zurück.", fügte der General zum Schluss hinzu.

weiter: Kapitel 4
Kapitel 4 by moth-to-flame
4. Kapitel

Mit routinierter Leichtigkeit verschaffte sich der Fremde Zugang zu Sams Haus. Sein elektrischer Dietrich knackte das Schloss in weniger als einer Minute, ohne Spuren zu hinterlassen. Pfeifend und mit lässigem Gang schlenderte er durch die Räume, als wäre er jeden Tag hier. Im Gegenteil - es war das erste Mal, dass er sein Schicksal herausforderte und am helllichten Tag in ihr Haus einbrach. Aber er musste es tun. Eine innere Unruhe hatte ihn erfasst und das nächtliche Beobachten aus einiger Entfernung genügte ihm irgendwie nicht mehr. Staunend ließ er seine Blicke über die Einrichtung schweifen. Spärlich, aber durchaus geschmackvoll. Dicke Staubschichten auf den Fensterbänken und die wenigen Topfpflanzen, die dem Verdursten nahe waren, erinnerten daran, dass Carter mehr Zeit in der Basis verbrachte als hier.

Sie hatte seine gestrige Aufforderung anscheinend verstanden. Zumindest hatte sie danach das Haus nicht mehr verlassen. Er war gespannt, ob sie seine neue Forderung erfüllen würde können...

Er blieb vor dem Kaminsims stehen und betrachtete das halbe Dutzend Fotos in unauffälligen Rahmen, die sich darauf befanden. Auch auf diesen Bilderrahmen lag eine kleine Staubschicht. Eines zeigte Sam kurz nach dem Abschluss der Akademie. Sie lächelte stolz in die Kamera und er war wieder einmal von ihrer atemberaubenden Schönheit überwältigt. Ein anderes Bild zeigte sie mit einer Freundin. Beide schauten gespielt ernst, waren in ihre Uniform gekleidet und salutierten.

Ein anderes zeigte ihre Eltern. Es war ein sehr altes Bild. Die Personen auf den anderen zwei Fotos sagten ihm nichts. Das letzte zeigte Sam zusammen mit dem Rest von SG1. Teal'c und der Colonel sahen finster und ablehnend in die Kamera, Sam hatte ihr allgegenwärtig aufrichtiges Lächeln aufgesetzt und Jackson, der Archäologe, grinste verschmitzt. Die vier Personen waren in Zivilkleidung und der rechte Rand war ein wenig verschwommen.
Dann begab er sich in ihr Schlafzimmer. Er wurde von einem ziemlich großen Doppelbett überrascht. Es war nicht gemacht. Seltsam, er hätte sie anders eingeschätzt. Die Laken waren zerwühlt und kreuz und quer lagen Klamotten im Raum verstreut. Es war der einzige Raum, in dem Unordnung herrschte.
Gierig sog der Mann Luft ein. Das Zimmer war länger nicht gelüftet worden. Ein Hauch eines Parfüms lag in der Luft. Unverkennbar Sam. Mit aller Willenskraft, die er aufbringen konnte, hielt er sich selber davon ab, sich in ihr Bett zu legen.

Er ging weiter ins Badezimmer. Üblicher Weiberkram. Nur etwas dezenter. Es wurde Zeit, wieder zu verschwinden. Er hatte sich nur ein, zwei Stunden frei genommen und musste bald wieder zur Arbeit. Er installierte noch ein Abhörgerät in ihrem Telefon. Jetzt wusste er immer, mit wem und über was sie redete... Er kehrte wieder ins Wohnzimmer zurück und sah sich ein letztes Mal um.
Der Fremde beschloss, Carter ein Zeichen seines Besuches zu hinterlassen.
Abends würde er ihre Reaktion dann auskosten können!

***

Sam kam sich mies vor - wie eine Diebin. Aber das war sie schließlich ja. Auch wenn es nur ein Dekagramm eines Metalls war, das sie mitgehen lassen hatte, setzte ihr dieser Gedanke zu. Eigentlich hatte sie beschlossen, diese Nacht in der Basis zu verbringen, aber nun war sie doch auf dem Weg nach Hause. SG1 hatte eine Woche Urlaub. Sam wusste ganz genau, aus welchem Grund. Hammond hatte zwar nichts weiter gesagt, als sie ihm erklärt hatte, dass es ihr leid tue und sie sich anders entschieden hätte. Außerdem wäre er dann später nicht mehr erreichbar gewesen.
Trotzdem wusste sie, dass alle sich Sorgen um sie machten. Begründet. Und trotzdem war sie gezwungen, zu schweigen.
Das kleine unscheinbare Säckchen mit dem Naquada lag im Handschuhfach und Sam schaffte es nur mit Mühe, sich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren.

Wenn irgend jemand ihren Diebstahl entdecken würde, was würde sie dann zu ihrer Verteidigung sagen können? Sicher war sie gezwungen worden, das Metall zu stehlen...aber interessierte das irgend einen Richter? Was würde dieser Schweinehund noch alles von ihr verlangen? Und wie weit würde sie selbst gehen müssen? Würde er seine Drohung ernst machen, Daniel umzubringen, wenn sie nicht kooperierte?
Heute auf PX1937 hätte sie sich fast Daniel anvertraut. Sogar O'Neill war heute sehr auf sie eingegangen und Sam wusste, dass auch Teal'c spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Aber wenn der Unbekannte auch nur den Verdacht hegte, sie könnte etwas gesagt haben...
Sie würde sich das nie verzeihen können, wenn Daniel oder den Anderen etwas zustoßen würde. Nicht solange sie die Forderungen ihres Erpressers noch erfüllen konnte.

Langsam drosselte sie den Motor und blieb in der Einfahrt stehen. Seufzend nahm Carter das Briefchen Naquada, das unnatürlich schwer in ihrer Hand lag, aus dem Handschuhfach und ging ins Haus. Als sie die Tür hinter sich geschlossen und Licht gemacht hatte, merkte sie sofort, dass etwas anders war als sonst. Stocksteif blieb sie stehen und sah sich wachsam um. Sie wünschte, sie hätte ihre MG bei sich.
Und dann wusste sie plötzlich, was sie stutzig gemacht hatte. Ein Hauch eines Rasierwassers lag in der Luft. Sam konnte nicht sagen, welche Marke es war. Aber es war kein ihr bekanntes. Es war weder teuer noch billig, soviel sie sagen konnte.
Angstschweiß drang ihr aus allen Poren. Was, wenn er noch hier war? Dann wusste er längst, dass sie da war. Langsam durchquerte sie den Raum und ging in die Küche. Hier war der hauchzarte Duft fast nicht mehr wahrnehmbar. Unter ihren Füßen quietschten die Dielen. Es war so still, dass einem die Seele gefrieren konnte.

Nachdem sie sich versichert hatte, dass sie die alleine im Haus war, kehrte sie ins Wohnzimmer zurück und ließ sich erst mal auf das Sofa sinken. Er war hier gewesen. In ihrem Haus. Ihr Blick blendete und unbändige Verzweiflung erfüllte sie. Was sollte sie nur tun? Er wurde immer dreister. Sie fühlte sich wie ein in die Ecke getriebenes Tier.

Ihre wässrigen Augen erfassten das Kaminsims. Ihr fiel sofort auf, dass ein Foto fehlte, obwohl sie nur verschwommen durch einen Schleier von Tränen sah. Mit einem Ruck stand sie auf und wischte sich die Tränen aus den Augen. Das Bild von SG1 fehlte. Es war ausgeschlossen, dass sie selbst es woanders platziert hatte. Die Fotos hatten hier ihren angestammten Platz und nirgendwo sonst.
Wollte er ihr nur deutlich machen, welche Macht er über sie hatte? Dass er in ihr Reich eindringen und während ihrer Abwesenheit im Haus herumspazieren konnte, wie es ihm passte? Ihr Angst einjagen? Das war ihm längst gelungen. Wütend kickte Sam ihre Schuhe durch die Wohnung und schluchzte erneut. Sie ging ins Schlafzimmer, um sich etwas Bequemeres anzuziehen.
Sie machte Licht und blieb wie angewurzelt stehen. Auf den zerwühlten Laken fand sie neben mehreren ihrer Slips das Foto, welches im Wohnzimmer fehlte. Das Glas des Rahmens war zerbrochen und die Gesichter von Teal'c, Jack und Daniel mit Scherben zerkratzt. Auf dem Foto und der Unterwäsche befand sich eine weißliche, gallertartige Flüssigkeit. 'Sperma' - schoss es Sam durch den Kopf. Angeekelt hielt sie sich die Hand vor den Mund und unterdrückte den Brechreiz, der brennend in ihrer Kehle aufstieg. Sie ließ sich resignierend auf den Boden sinken.

Sie hatte sich immer für eine starke Persönlichkeit gehalten, aber wie viel konnte sie noch aushalten, bevor sie innerlich zugrunde ging?

***

Endlich hatte sie also sein Präsent entdeckt. Er lächelte, als er aus der Ferne ihre Reaktion sah. Wie gerne wäre er jetzt bei ihr gewesen und hätte den Schock ausgekostet, der sich auf ihrem süßen Gesicht ausgebreitet hatte...
Dieses Verlangen verstärkte sich, als er ihr dabei zusah, wie sie unter Würgeanfällen und mit schierem Ekel die 'Schweinerei' wegmachte und die Betten neu bezog.
Aus seiner inneren Unruhe heraus entschloss er sich, noch einen Schritt weiter zu gehen. Eine neue Herausforderung, sozusagen 'dem Feind ins Gesicht fassen'.
Der Mann fischte sein Handy aus der Innentasche seines Jacketts und wählte die Nummer, die er seit einem halben Jahr gespeichert und doch bis jetzt nie den Mut gefunden hatte, diese auch zu wählen.
Nach dem fünften Klingeln hob sie ab.
"Carter?"
Ihre Stimme klang wieder fest. Niemand würde glauben wie schwach und verletzlich diese Frau am Apparat in Wirklichkeit war. Sein Puls erhöhte sich und er schwitzte. Adrenalin pumpte durch seinen Körper und es fühlte sich an, als wäre er high. Mit verstellter Stimme antwortete er schließlich.
"Hallo Sam. Wie geht's?"
"Wer ist da?". Unsicherheit klang durch die immer noch gefasste Stimme durch.
"Rate mal!", forderte er sie auf. Eine Weile herrschte Stille am anderen Ende und er fürchtet schon, sie würde auflegen.
"Was wollen Sie?", fragte Sam heiser.
Er ignorierte ihre Frage. "Hast du mein Geschenk erhalten?", fragte er und lachte höhnisch.
"Sie verdammter Mistkerl!", rief sie aufgebracht.
"Es ist immer wieder erhebend, jemandem eine Freude zu machen, nicht war, Sam?"
"Ich weiß, dass Sie in der Basis arbeiten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich weiß, wer Sie sind.", kam es zurück.
Der Mann am anderen Ende lächelte. "Oh. Das glaube ich nicht. Weißt du, ich sehe dich sehr oft und wenn ich merke, dass du...du weißt schon, dann...", sagte er und machte eine kleine Pause. "Magst du Daniel Jackson? Ein wirklich netter Kerl. Wär wirklich schade um ihn, findest du nicht?", fügte er hinzu.
Ein wütendes Schnauben war die Antwort.

"Deine Freundin schreibt aus Mallorca. Ihr geht es gut. Mann und Kinder sind wohlauf. Vermisst du nicht auch manchmal so ein Leben? Frei von all der Last, die du tragen musst?", fragte er mit dunkler Stimme und grinste. MACHT!
Stille am anderen Ende.
"Sie lesen meine Post?". Das war eine Feststellung, keine Frage.
"Ach Sammy, warum den so förmlich, spar dir das SIE, nenn mich einfach Wesley...du kannst auch Wes sagen.", gab er zurück.
Das war natürlich nicht sein richtiger Name, das wusste auch Carter.
"Na schön, WES. Warum tust du das?", fragte die Frau.
"Hmm. Diese Frage hab ich mir auch schon ein paar Mal gestellt. Warum tue ich das? Vielleicht liegt es in der Natur der Dinge. Weißt du, manche Menschen haben einfach das Bedürfnis dazu. Und ich so jemand, schätze ich mal. Und weißt du was? Du machst mich scharf. Wenn ich dir und deinem kleinen süßen Hintern zusehe, ist das besser als ein Fick mit Angelina Jolie.", behauptete er.
Sam schloss kurz die Augen und schluckte. Sie versuchte, die Stimme zu erkennen, aber er verstellte sie. Ziemlich geschickt, um es genau zu sagen. "Hmm...da war doch noch was...ach ja, Sammy. Hast du das mit, worum ich dich gebeten habe?", fragte er wieder.
"Das Naquada? Ja. Aber ich versichere dir, damit wird man dich leicht ausfindig machen können.", sagte sie. Ihre Stimme war nicht mehr als ein schwaches Krächzen. Das verriet ihrer Unsicherheit und entkräftete ihre Drohung.
"Lass das mal meine Sorge sein, Süße. Ich hab da meine Methoden...Also, du legst das Zeug Morgen bevor du gehst vor die Tür auf die Morgenpost, okay?", befahl er.
"Schade Wes, ich muss morgen nicht zur Arbeit. Pech gehabt.", sagte sie triumphierend Erst nachdem sie es ausgesprochen hatte, fiel ihr ein, dass diese Tatsache etwas war, was er nicht unbedingt wissen hätte müssen. Sie hätte ihm auflauern können. Endlich seine Identität herausgefunden. Sie stöhnte über sich selbst.
"Das ist natürlich ein Problem. Danke jedenfalls für den Tipp. Dann fährst du zum City Bahnhof und deponierst es in Schließfach Nummer 4213. Alles klar? Den Schlüssel legst du in das Fach rechts davon, müsste ebenfalls frei sein... Ich muss langsam wieder aufhören, sonst wird unser kleines Gespräch hier ziemlich teuer...", sagte er und lachte leise.
"Verdammtes Arschloch.", zischte Sam.
"Na na. Verabschiedet man so einen Freund?", sagte er und lachte weiter.
"Also dann. Ich melde mich mal wieder, Schätzchen. Ich liebe dich...."
Sam knallte den Hörer auf die Gabel. Sie wusste nicht, was sie wütender machte. Dieser Bastard oder ihre eigene Dummheit?

***

Jack nahm einen weiteren Schluck Kaffee und starrte wieder aus dem Fenster des Vans. Man hatte eine erstaunlich gute Sicht auf das Innere des Hauses.
Vor allem bei Nacht. Obwohl er den Wagen einige Meter weiter entfernt zwischen zwei andere, ziemlich zerbeulte Autos hatte stellen müssen, um nicht sofort entdeckt zu werden. Das Äußere war ziemlich unauffällig und die Fenster waren von außen verspiegelt. Das Nummernschild trug eine gewöhnliche Nummer. Im Inneren des Wagens war ziemlich viel Platz. Eigentlich war er für Überwachungen durch mehrere Personen konstruiert, aber Jack hatte sich geweigert, auch noch Teal'c und Daniel an dieser fragwürdigen Aktion teilnehmen zu lassen. Besser gesagt, er hatte sie trotz Hammonds Bitte nicht einmal davon in Kenntnis gesetzt. Aber das würde er schon noch nachholen...
Bis jetzt hatte sich nicht viel getan. Carter hatte eine ziemlich langes Telefonat geführt und war dann schlafen gegangen. O'Neill stellte sich auf eine lange Nacht ein. Er hatte kein gutes Gefühl bei dieser Sache.
Und es kam ihm ungerecht vor, Carter ohne ihre Zustimmung überwachen zu lassen. Nein, das würde sie nicht gutheißen...sie so in ihrem privaten Umfeld auszuspionieren...

Jack riss die Augen auf. Er war wieder einmal kurz eingedöst. Fluchend setzte er sich auf. Er war es einfach nicht mehr gewöhnt, nächtliche Überwachungsaktionen durchzuführen. Und Kaffee hatte bei ihm ohnedies noch nie angeschlagen.
Er gähnte verhalten und starrte dann wieder mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit. Bald würde die Dämmerung einsetzen und er würde - ob es ihm nun gefiel oder nicht - von jemandem abgelöst werden. Die kommende Urlaubswoche würde aus nächtlichen Wachen und täglichem Schlaf bestehen. Er adjustierte noch einmal die winzige Kamera nach, die fast unsichtbar auf dem Dach des Vans angebracht war. Ein kleiner Monitor neben einem der Fenster zeigte ihm in klarem schwarz-weiß, was das Miniauge am Dach sah - nichts.
"Super!", entfuhr es ihm. Er stand auf und streckte seine steifen Glieder.

Ein Postwagen fuhr wenig später vor und deponierte einen kleinen Stapel vor der Haustür. Das hatte Jack schon lange aufgegeben. Die Post hatte sich bei ihm immer meterhoch gestapelt und war, wenn er endlich einmal zu Hause vorbeisah, nicht mehr sehr aktuell. Sam musste freundliche Nachbarn haben, die ihre Post wenigstens ins Innere des Hauses verfrachteten, wenn sie nicht da war.
Zwei Stunden später beobachtete er, wie Sam die Haustür öffnete, sich argwöhnisch umsah, dann heraustrat und die Haustür doppelt versperrte. Sie war fertig angezogen und ging in Richtung ihres Wagens. Jack schielte auf seine Armbanduhr. Es war erst halb sechs. Wo wollte sie um diese Zeit bereits hin? Carter schien den dunkelgrünen, etwas rostigen Van nicht zu bemerken, der praktisch neben ihrer Haustür parkte. Stattdessen warf sie immer wieder unsichere Blicke zurück zum Haus, bevor sie das Auto startete und davonbrauste. Jack überlegte, ob er ihr folgen oder da bleiben sollte. Er entschied sich dafür, ihr zu folgen.
Der Colonel gewährte der Frau einige Sekunden Vorsprung, bevor er über die kleine Abtrennung nach vorne kletterte und sich hinter das Lenkrad schob. Er startete und ließ die Scheinwerfer ausgeschaltet. Er trat aufs Gas und hatte Mühe, seinem Major überhaupt noch nachzukommen. Sie schien es ziemlich eilig zu haben.

***

Auf dem Weg zum Bahnhof kam ihr eine Idee. Sie würde die Handschriften vergleichen! Alle Akten von sämtlichen Mitarbeitern. Jede Personalakte trug eine Unterschrift der Person. Wenn sie diese mit der Handschrift auf den Nachrichten des Erpressers verglich, konnte sie vielleicht herausfinden, wer es war! Warum hatte sie nicht schon früher daran gedacht!? Das konnte sie selbst tun und wenn sie vorsichtig war, würde niemand Anderer davon erfahren. Zugriff zu den Personalakten zu bekommen dürfte eigentlich auch kein erwähnenswertes Problem darstellen. Das war der Lichtschein am Ende des Tunnels. Hoffnung keimte in ihr auf...

Nervös trat sie wieder stärker aufs Gaspedal. Sie hatte die Absicht, sehr früh bei den Schließfächern zu sein und das Naquada dort zu deponieren. Dann würde sie sich ein Versteck suchen und beobachten, was geschah. Sam würde nur Ausschau nach Personen halten müssen, die sich auffällig nahe am Schließfach befanden...vielleicht hatte sie sogar Gelegenheit, ihn beim Öffnen des Faches zu erwischen. Sie war sich sicher, dass sie das Gesicht des Mannes erkennen würde...
Natürlich konnte sie den Fremden nicht alleine überwältigen, aber wenigstens würde sie dann endlich wissen, wer er war. Und dann würde die Mach schrumpfen, die er über sie hatte.

***

Die Straßen waren fast noch leer und Sam kam schnell voran. Jack blieb auf gehörigem Abstand, erkannte aber bald die Richtung, die sie einschlug. Sie fuhr ins Zentrum der Stadt und er stutzte, als sie schließlich vor dem riesigen Bahnhofskomplex stehen blieb. Wenn sie verreisen wollte, hätte sie doch Gepäck mitgenommen, oder? Vielleicht hatte sie aber auch gestern schon gepackt, als er seine Beschattung noch nicht aufgenommen hatte?
Er beobachtete, wie sie ausstieg und mit schnellen Schritten die Bahnhofshalle betrat. Erst jetzt wagte er es, ebenfalls zu parken. Einige hundert Meter vom Eingang entfernt zwängte er den Van in eine winzige Parklücke und hatte beim Aussteigen Mühe, dem benachbarten alten Ford nicht ein oder zwei Dellen mehr in seine Flanken zu verpassen. Schnell hastete er zum Eingang und betrat die Halle. Er sah sich nach Sam um. Die Halle war noch nicht so gerammelt voll wie tagsüber, aber man konnte auch nicht sagen, dass sie leer war. Hinter einer Gruppe Touristen am anderen Ende der großen Halle erkannte er schließlich den schwarzen, fast bodenlangen Mantel, den sie trug. Er nahm seine Beine in die Hand und folgte ihr unauffällig. Er blieb am Eingang zur nächsten Halle stehen und duckte sich hinter einen Kaffeeautomaten.
Sie steuerte auf die riesige Wand von Schließfächern zu und ließ ihre Blicke über die unzähligen Nummern schweifen. Jack runzelte die Stirn.
Sie suchte eine bestimmte Nummer, das war offensichtlich, aber wofür?

Endlich schien sie gefunden zu haben, was sie suchte. Das vorletzte Fach in der letzten Reihe ganz unten. Wurde wahrscheinlich nicht oft verwendet und stand meistens frei. Sam fischte einen kleinen weißen Umschlag aus ihrer Manteltasche und legte ihn in das Fach. Dann warf sie eine Münze ein, sperrte ab und legte den Schlüssel in ein anderes Fach daneben. Das war nun wirklich ungewöhnlich. Jack holte sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer des Generals, während er weiterhin Sam beobachtete.
Hammonds Stimme klang verschlafen.
"Guten Morgen Sir, hab ich Sie geweckt?", fragte er kess.
"Nein. Was haben Sie?", fragte er kurz und knapp. "Sie ist heute Morgen früh los und hat irgend einen Umschlag in einem Schließfach am City Bahnhof gebracht. Es ist das vorletzte Fach in der letzten Reihe ganz unten.", meldete O'Neill.
"Oh...Okay. Ich glaube, der Inhalt dieses Kuverts wäre sehr aufschlussreich?", mutmaßte der Mann am anderen Ende.
"Ja Sir.", erwiderte Jack als ihm bewusst wurde, dass Hammond sein eifriges Nicken nicht sehen würde.
"Ich werde ein paar Männer hinschicken. Folgen Sie weiter Major Carter.", kommandierte der General.
Jack legte auf und sah sich suchend nach Sam um. Endlich entdeckte er sie, wie sie gerade in einem der Nischen Richtung Toiletten verschwand. Er seufzte und wartete geduldig. Ihm war nicht klar, welche Auswirkungen für Sam es haben konnte, wenn Wesley die Männer sehen würde, die sich an dem Schließfach zu schaffen machten...

Sam ließ sich wirklich Zeit und schließlich beschloss Jack, ihr nachzugehen.
Er bog um die Ecke und übersah den Schatten hinter einem Wandvorsprung.
"Colonel!", kam es plötzlich mit einer sehr bekannten Stimme.
"Verflucht. Carter!", stieß er erschrocken hervor.
"Was machen Sie hier?", flüsterte Sam. Ihre Stimme klang ziemlich normal.
"Das müsste ich eigentlich Sie fragen", gab er zurück und starrte sie an.
"Kommen Sie!", befahl Sam und packte O'Neill am Handgelenk. Ehe er es sich versah stand er zusammen mit ihr in der Damentoilette.

weiter: Kapitel 5
Kapitel 5 by moth-to-flame
5. Kapitel

"Äh? Carter...ich...uhm...?", sagte Jack und riss sich von ihrem eisernen Griff um sein Handgelenk los. Er fühlte sich unwohl, um es gelinde zu sagen.
"Entschuldigung, Sir.", murmelte Sam. Jack winkte ab.
"Was tun Sie hier?", wiederholte sie ihre Frage.
"Ich...uhm...beschatte Sie.", gab er schließlich zu. Sam hob die Augenbrauen.
"Seit wann?", wollte sie wissen. Ihre Stimme hatte einen gefährlichen Tonfall angenommen. "Seit gestern Abend. Befehl von Hammond. Ich glaube Sie wissen, wieso.", erklärte er hastig.
Sam nickte langsam. "Ich bin zu dem Treffen nicht gegangen weil...", sagte sie immer noch gedämpft und zögerte.
"...Sie von irgend jemanden erpresst werden?", legte er ihr in den Mund. Sie nickte wieder zögernd und erzählte ihm, was der Fremde schon alles von ihr verlangt hatte.
Es gab keinen Ausweg, sie musste es irgend jemandem sagen. Das gestrige Telefonat hatte ihr den Rest gegeben...und sie fühlte sich in der Gegenwart des Colonels sicher.
Sie erzählte ihm von all den Forderungen, die er gestellt hatte, von dem Naquada, das nun in dem Schließfach war und auf seinen Abholer wartete und...von dem Telefongespräch mit ihm. Nur die Sache mit dem Foto im Schlafzimmer erwähnte sie nicht.
"Sie haben seine Stimme nicht erkannt?", versicherte sich Jack und hatte seine eigene nun auch gedämpft, nun da er wusste, dass der Mann sich wahrscheinlich im gleichen Gebäude aufhielt.
Sam schüttelte den Kopf. "Er hat sie ziemlich gut verstellt. Aber ich bin sicher, dass er in der Basis arbeitet. Sonst wüsste er nicht so gut Bescheid über Planeten oder z.B. etwas wie Naquada...", gab sie zu denken. Diesmal nickte Jack.
"Und er meint es ernst?", fragte er, obwohl er die Antwort darauf eigentlich schon kannte.

Sam nickte und rollte die Augen. "Oh ja. Er erwähnt immer wieder, dass er keine Spiele spielt. Einmal hat er mir eine tote Katze auf die Türmatte gelegt. Und er weiß alles über mich. Er liest meine Post...es ist als kenne er jedes meiner Worte, noch bevor ich es ausspreche...Ich habe während der letzten Tage oft mit dem Gedanken gespielt, jemanden einzuweihen...ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Dann hab ich Hammond angerufen, aber...", sie unterbrach sich und schluchzte.
Jack sah sie erstaunt an. Sie hatte in den letzten Wochen sehr viel mitgemacht. Und sie war nahe daran, zu zerbrechen...dieser Mistkerl!
"...er hat gewusst, dass Sie sich mit Hammond treffen wollen?", mutmaßte er.
Sam nickte und wischte sich eine Träne von der Wange.
"Er hat damit gedroht, Daniel umzubringen...", sagte sie schließlich.
Im gleißenden Neonlicht des Raumes sah sie furchtbar aus. Ihr Gesicht war bleich, ihre Augen wässrig und ihre Lippen rissig. Sie wirkte müde und erschöpft. Jack konnte das sehr gut nachvollziehen und bewunderte ihre Stärke.
Zögernd trat er von einem Fuß auf den anderen. Er wagte es nicht, sie zu berühren.
"Oh mein Gott...", sagte er zögernd.

"Hat er irgend etwas über sich gesagt?", fragte er nach einer Weile. Sam hatte sich gefasst und überlegte kurz. "Nein. Nein. Nur, dass er Wesley heißt und schon immer gerne...Frauen beobachtet hat. Und das ihn das scharf macht. Er sagte, er würde sich wieder bei mir melden.", sagte sie leise.
"Schweinehund! Wesley ist sicher nur ein Pseudonym", zischte O'Neill. Sam schloss die Augen und seufzte leise.
"Ich bin froh, dass Sie da sind.", sagte sie schließlich. Jack sah sie erstaunt an.
"Und ich bin froh, dass Sie es mir gesagt haben.", erwiderte er aufrichtig.
"Um Daniel müssen Sie sich keine Sorgen machen. Er ist mit Teal'c auf Chulak. Und wir werden erst mal so weiter machen wie bisher. Ich werde keine Sekunde mehr von Ihrer Seite weichen. Sie spielen nicht mehr mit. Und wir werden ihn festnageln.", bestimmte er und nickte bekräftigend.
Sams Mundwinkel umspielte ein schwaches Lächeln.
"Er macht Fehler. Ich habe mir gedacht, wir könnten die Handschrift seiner Nachrichten mit den Unterschriften auf den Personalakten vergleichen...", schlug sie vor.
"Das klingt doch vielversprechend!", antwortete er und sah ihr einige Momente lang in die Augen. Sam erwiderte seinen Blick und die beiden starrten sich einige Sekunden lang atemlos an.
Plötzlich läutete Jacks Handy. Er stöhnte.
"O'Neill.", meldete er sich ernst. Sam sah ihn abwartend an.
"Meine Männer waren binnen zehn Minuten dort. Das Schließfach war bereits leer.", meldete sich Hammond.
"Verstanden, Sir. Ich komme gleich mit Carter in der Basis vorbei. Wir haben Ihnen einiges zu sagen!", erklärte er und legte auf. "Unser 'Wesley' ist mit dem Naquada verschwunden, noch bevor Hammonds Männer hier waren.", teilte er Sam mit.
Diese nickte.
"Los, wir fahren mit meinem Wagen.", beschloss er und nickte Richtung Tür.
"Ich fühle mich hier drin nicht...wohl...", gab er zu.
Sam lächelte und folgte ihrem Vorgesetzten zu einem grünen Van.
"Sie haben den hier gar nicht bemerkt...ist praktisch auf ihrem Küchentisch gestanden.", witzelte Jack und wies auf den Wagen.
Sam zuckte lächelnd die Schultern.
"Zu auffällig, um aufzufallen...", sagte sie.
Jack nickte langsam und runzelte die Stirn. Diese Aussage würde ihn noch einige Zeit beschäftigen.

***

Hammond schenkte Carter ein weiteres, mitfühlendes Lächeln. Mit Sams Einverständnis hatte er sowohl Daniel als auch Teal'c in die Sache eingeweiht und nun beratschlagten sie gemeinsam, was zu tun war. Sam fühlte sich in der Anwesenheit ihrer Freunde sicher, und doch, in ihrem Hinterkopf nagte der Gedanke an das kalte, einsame Schlafzimmer. Und sie würde 'Wesley' niemals unterschätzen. Er war hier. In der gleichen Einrichtung wie sie. Und das flößte ihr Furcht ein, die ihr niemand nehmen konnte...
"Wir werden genau das tun, was Sie vorgeschlagen haben, Major. Die Unterschriften vergleichen.", bestimmte der General. "War er einmal bei Ihnen im Haus?", fragte Daniel.
Sam zögerte. Daniel runzelte die Stirn. "Ja...", sagte sie schließlich. "Ja?", hakte Jackson nach. "Er hat dafür gesorgt, dass ich weiß, dass er da war.", sagte sie leise.
"Wie?", wollte Teal'c wissen. Sam sah ihn an und senkte dann schnell den Kopf.
"Darauf will ich nicht näher eingehen.", sagte die Frau. Teal'c nickte voller Verständnis und Sam lächelte ihm dankbar zu.
"Dann muss er im Haus gewesen sein, als Sie bereits im SGC waren?", fragte Daniel weiter. Langsam dämmerte Carter, worauf ihr Freund hinauswollte. Sie nickte.
"Und wenn er hier in der Basis arbeitet, muss er sich frei genommen haben...", dachte der Archäologe laut.
"Und das scheint irgendwo auf. Wir müssen praktisch nur diese Akten finden und wenn die Zeit stimmt, haben wir ihn!", kombinierte Jack.
Alle Anwesenden nickten zustimmend. Das war eine heiße Spur.
"Es war gestern...", fügte Sam hinzu.
"Dann nichts wie an die Arbeit. Wenn dann auch noch die Handschriften übereinstimmen, haben wir genug Beweise, um ihn festnehmen zu lassen.", bestimmte Hammond eifrig.

Binnen zwei Stunden hatten sie mehrere Stöße Akten zusammengetragen. Während Jack und Teal'c die Unterschriften der Personalakten mit der Schrift auf den Nachrichten des Phantoms durchgingen, nahmen sich Sam und Daniel die Urlaubszeiten vor.
"Das wird eine Menge Arbeit!", stellte Daniel seufzend fest. Sam nickte abwesend.
Sie war viel zu vertieft in die Akte, die vor ihr auf dem Tisch lag.
Daniel seufzte erneut und warf einen gequälten Blick auf den nicht kleiner werdenden Stapel Akten vor ihnen.

weiter: Kapitel 6
Kapitel 6 by moth-to-flame
6. Kapitel

Daniel rieb sich die Augen und ging schwankend den Gang hinunter Richtung Kaffeeautomat. Er gähnte und entdeckte Jack, der breitbeinig auf einem Stuhl neben dem Automaten hockte und Löcher in die Luft starrte. "Hey.", sagte Daniel erschöpft. Jack richtete den müden Blick auf seinen Freund und gähnte. Er nahm noch einen Schluck Kaffee. "Müde?", fragte Daniel. Jack sah ihn perplex an "Nein.", sagte er ernst. Daniel starrte zurück, bis er begriff, dass es nur ein Scherz gewesen war.
"Sehr witzig, Jack.", stellte er fest. Jack nickte. "Sie wissen schon, Daniel. Blöde Fragen - blöde Antworten. Ich war die gesamte letzte Nacht dabei, Carter zu beschatten. Und heute diese....verdammten Akten.", knurrte er.
Daniel nickte. Dann kam auch Teal'c dazu und nickte beiden kurz zu.
"Major Carter sollte auch einmal eine Pause machen.", schlug der Jaffa vor.
Daniel und Jack nickten synchron. "Sag ihr das.", erwiderte O'Neill und hob seinen Kaffeebecher wieder an die Lippen. "Ich verstehe sie. Jetzt haben wir die Chance, den Mann zu schnappen. Das sollte so schnell wie möglich gehen.", sagte Daniel.
"Ja. Also, wieder ran an die...Akten.", bestimmte Jack und stand ächzend auf.
Er warf noch ein paar Münzen in den Automaten.

"Hey. Machen Sie mal eine kurze Pause...Hier...", sagte er und stellte den Kaffee schließlich neben Sam auf den Tisch.
Sie drehte sich zu ihm um und lächelte. "Danke.", sagte sie aufrichtig und stand auf. Sie streckte sich und gähnte. Mit einem einzigen Zug leerte sie den Becher und atmete tief durch. "Die Hälfte ist bald geschafft!", verkündete sie.
Jack nickte. "Ja, bei uns sieht es auch gut aus. Wir haben schon ein paar, die ähnlich sind, aber noch keine hundertprozentige Übereinstimmung.", erwiderte er.
Daniel hatte sich gesetzt und arbeitete weiter. Teal'c war noch draußen und vertrat sich die Füße.
Sie alle hatten sich in Sams Labor ausgebreitet.
Zwei Stunden, etliche Tassen Automatenkaffees und mehrere Müdigkeitsphasen später stieß Jack ein triumphierendes "Hah!" aus.
Daniels Kopf war auf den Aktenstapel vor sich gesunken und schnellte mit atemberaubender Geschwindigkeit nach oben. Sam und Teal'c standen sofort auf und sahen über seine Schulter. "Ich glaube, ich hab das was!", verkündete Jack feierlich. Sam nahm ihm die Akte aus der Hand und ließ ihren Blick prüfend zwischen dem Blatt mit Wesleys' Nachricht und der Unterschrift darauf hin und herschweifen. "Passt perfekt. Das S in Smith ist unverkennbar!", stellte sie freudig fest. Auch Teal'c nickte zustimmend. "Morton Smith, ein Name, den wir uns merken sollten!", meinte Jack.
Daniel war inzwischen auch wieder mehr oder weniger wach und sah sich das ganze mit eigenen Augen an. "Ja. Das könnte er sein.", sagte er.

Danach machten sich alle vier über die anderen Akten her. Schnell konnten sie alle nicht in Frage kommenden aussortieren. Übrig blieben vier Akten, in denen die Zeit für den vergangenen Tag stimmen konnte. Eine schied aus - es handelte sich um eine Frau. Blieben drei. Eine davon trug die Bezeichnung "Morton Smith".
"Wir haben ihn.", stellte Sam atemlos fest und starrte auf den Namen. Das war dieser Mann, der soviel Macht über sie gehabt hatte. Dieser Abschaum...dieses Ekel.
"Bei dem Namen würde ich mir auch ein Pseudonym zulegen.", sagte Jack. Seine Erleichterung war offensichtlich.
Auch Daniel und Teal'c atmeten auf.

***

Wo war sie, verdammt noch mal! Ihr Auto parkte nicht vor dem Haus. Morton wartete schon stundenlang auf ein Zeichen von Sam. Seit heute morgen im Bahnhof hatte er sie nicht mehr gesehen. Und selbst dort hatte er sie aus den Augen verloren. Er hatte irgendwie gewusst, dass sie früh kommen würde. Dann hatte er sich schnell das Naquada geholt und hatte noch versucht, Sam in der Menge der Besucher auszumachen. Aber er war gescheitert und schließlich hatte er die Suche aufgegeben und das Gebäude verlassen.
SG1 hatte heute gegen Mittag eine wichtige Besprechung gehabt, zu der er natürlich keinen Zugang hatte. Sollte das etwa bedeuten...nein...nein! Morton verwarf diesen Gedanken ganz schnell wieder. Das würde sie nicht wagen! Knurrend stand er auf und ging zurück zu seinem Wagen, den er einige Häuser weiter geparkt hatte und fuhr nach Hause. Morgen würde sie was erleben! Wenn sie wirklich etwas ausgeplaudert hatte, dann würde er sie bestrafen! Sie würde es büßen, ihn zu hintergehen!

***

"Er ist Wissenschafter.", stellte Jack verwundert fest. "Überrascht Sie das?", fragte Daniel beinahe irgendwie gekränkt. "Uhm...ja. Das tut es.", gab der Colonel zu.
"Warum?", wollte Daniel wieder wissen. O'Neill zuckte die Schultern. Sam ignorierte die beiden. "Was werden wir jetzt tun?", fragte sie.
Jack gähnte in seine Faust. "Erst mal ein wenig schlafen, würde ich vorschlagen.", sagte er. "Morgen werden wir diese Ergebnisse Hammond vorlegen und beratschlagen, wie wir weiter vorgehen.", addierte er. Der Rest seines Teams nickte.
Sam ging in ihr Quartier, legte sich aufs Bett und war fast sofort tief eingeschlafen.

Erst Daniels Klopfen weckte sie am nächsten Morgen. Verschlafen stand sie aus dem Bett auf und war erstaunt, sich in voller Montur vorzufinden. Sie öffnete die Tür. Daniel begrüßte sie mit einem Lächeln. "Gut geschlafen?", fragte er.
Sam gähnte und nickte dann glücklich. "Die erste durchgeschlafene Nacht seit...seit Langem.", teilte sie ihm mit.
"Hammond ist bereits informiert. Die Besprechung beginnt in einer halben Stunde.", sagte er.
"Danke, Daniel.", antwortete sie aufrichtig.
Der Mann nickte und drehte sich um, um zu gehen.
Sam schloss die Tür. Das erste echte Lächeln seit Wochen umspielte ihre Lippen.
Sie nahm sich ein Handtuch und verließ den Raum Richtung Duschräume.
Eine ausgiebige Dusche und sie würde diesem Tag gefasst ins Auge sehen.
Alles würde gut werden. Sie hatten diesen Morton. Oder Wesley, wie er sich selbst nannte. Sam schnaubte verächtlich.
Sie grüßte einige der Personen, die ihr entgegenkamen. Die meisten lächelten zurück. Bei einem hatte sie das Gefühl, irgend etwas an ihm würde ihr bekannt vorkommen. Aber das täuschte sie wahrscheinlich. Sie betrat den Duschraum und stellte sicher, dass sie die Einzige war, bevor sie das Schild auf 'Damen' stellte, sich auszog und unter den heißen Wasserstrahl des Duschkopfs trat.
Ein leises Stöhnen entrann ihrer Kehle, als das heiße Wasser ihren Rücken peitschte. Sie war völlig vertieft in ihre Dusche und nahm das Geräusch der sich leise schließenden Tür nicht wahr...

***

Dieses Lächeln, das sie ihm als Begrüßung draußen am Gang zugeworfen hatte! Sein Inneres tobte wie ein Orkan und er hatte Mühe, seine Handlungen unter Kontrolle zu behalten. Auf Zehenspitzen schlich er näher an die Duschkabine heran, die als einzige benutzt wurde. Er hörte das laute Rauschen des Wassers und sah die Schemen ihres nackten Körpers. Er begab sich auf gefährliches Terrain. Aber die Erregung, dieses unbändige Verlangen, pochte in seiner Brust wie ein zweiter Herzschlag. Er musste sie haben! Jetzt. Und er würde sie bestrafen...
Er wartete ungeduldig, bis das Wasserrauschen leiser wurde und schließlich gänzlich verebbte. Dann tat sich die Tür der Duschkabine auf und eines ihrer wunderschönen langen Beine wurde sichtbar. Das matte Licht des Raumes spiegelte sich in den Wassertropfen, die von ihrer samtweichen Haut perlten. Mit einer einzigen, präzisen Bewegung, schoss er hervor und versuchte, sie zu packen.
Ein erschrockener Schrei war die Antwort und ihr feuchter Körper entglitt ihm mehrmals. Das Badetuch, mit dem sie ihre Blöße bedeckte, fiel zu Boden und sie starrte ihn erschreckt an. Erkennen spiegelte sich in ihren stahlblauen Augen.

***

Plötzlich wurde ihr auch wieder bewusst, woher ihr der Mann auf dem Gang bekannt vorgekommen war. Das Rasierwasser! Es hatte den gleichen Geruch wie damals in ihrem Haus! Sie schluckte und hob abwehrend ihre Arme, als Morton wieder wie eine Dampflok auf sie zugerast kam. Seine Augen waren dunkel vor Verlangen und blitzten gefährlich. Er hob seine Arme und wollte nach ihr greifen. Sam wich geschickt aus und er fasste ins Leere.
Er stutzte und sein gieriger Blick verschlang sekundenlang ihren nackten Körper. Dann hörte sie ein animalisches Grunzen und er stürzte wieder auf sie zu.
"Komm her!", knurrte er. Seine Stimme war wirklich ganz anders als am Telefon. Ein kalter Schauer lief der Frau über den Rücken. Aber irgendwie wirkte der mittelgroße Mann mit dem schmutzigen aschblondem Haar weniger bedrohlich als der unbekannte Erpresser, der ihr diese Nachrichten geschickt hatte. Das war Wesley gewesen. Vor ihr stand nun Morton. Der kranke Mann mit einem Hang zum Voyeurismus. Morton Smith, der lieber fremde Frauen beobachtete und sich dabei einen runterholte als mit seiner Frau zu schlafen.
Er kam wieder schnaufend auf sie zu. Sam parierte seinen Angriff mit fast spielender Leichtigkeit. Sie war ihm körperlich überlegen. Die Macht, die er über sie gehabt hatte, existierte nicht mehr. Und er wusste es. Mit einem verzweifelten Schnauben startete er einen neuerlichen Versuch, sie zu fassen. Doch diesmal traf er Sam unvorbereitet und seine Fingernägel gruben sich in das zarte Fleisch ihres rechten Oberarmes. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu winden, aber er hielt ihren Arm umklammert, als würde sein Leben davon abhängen.
"Sam...", brummelte er mit tiefer Stimme. Der vertraute Geruch seines Rasierwassers stieg ihr wieder in die Nase und mischte sich mit einem schwachen Moschusduft, der von ihm ausging. Angewidert begann Sam, mit ihren Füßen nach ihm zu treten. Sie traf sein linkes Schienbein und er grunzte überrascht auf, ließ aber nicht los.
Er kam näher und seine Augen blitzten lüstern. Er drückte seinen schmächtigen Körper gegen ihren. Er trug einen leichten Leinenanzug und seine Erektion presste sich gegen ihr Becken. Das war genug. Sam wandte einen Trick an, den sie sich ihm Selbstverteidigungskurs angeeignet hatte und riss sich unerwartet los.
"Nein!", fluchte Morton leise. Sam versuchte Abstand zwischen sich und dem Angreifer zu bringen. Der Weg zur Tür war versperrt. Sie musste einen direkten Anlauf wagen, um an ihm vorbei zu kommen.
Und das tat sie dann auch. Sie lief auf ihn zu und rammte ihr Knie in seine Weichteile. Der Mann schrie gedämpft und sein Körper krümmte sich. Er sank langsam zu Boden und griff sich an den Schritt. Er fluchte wieder leise.
Aber bevor Sam die Tür erreichen konnte, war er wieder hinter ihr und umfasste ihr Fußgelenk.
Er riss so fest daran, dass Carter das Gleichgewicht verlor und hart auf dem gefliesten Boden aufschlug. In diesem Moment gab Sam ihre Selbstbeherrschung auf und schrie aus Leibeskräften um Hilfe. Morton zog sie näher an sich und schlug sie ins Gesicht. "Halts Maul!", schrie er außer sich. Dann zog er an ihren Haaren und presste seine Lippen auf die ihren. Sämtliche Muskeln in Sams Körper versteiften sich. Er schmeckte nach Kaffee und etwas Anderem. Schließlich ließ er von ihr ab und sie spuckte ihm ins Gesicht. Dann versetzte sie ihm einen Kinnhaken. Sein Kopf flog zurück und er gab ein gurgelndes Geräusch von sich. Sam schmeckte den kalkigen Geschmack von Blut auf ihrer Zunge. Ihre Lippe war aufgesprungen.

Sie schlug wieder und wieder auf Smith ein, der davon aber nicht sehr beeindruckt zu sein schien. Er wehrte ihre Schläge ab und schließlich hievte er seinen Körper auf den ihren. Sein größerer Körper bedeckte ihren fast vollständig und sie ächzte unter dem Gewicht. Sein erigierter Penis drückte hart gegen ihren Unterbauch. Sie konnte seinen Schweiß riechen und wand sich verzweifelt. Doch sein Gewicht nietete sie an den Boden, der sich eiskalt gegen ihren nackten Rücken anfühlte.
Sie schrie wieder. Morton presste ihr eine Hand auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen. Vergeblich versuchte Sam immer wieder, dem Mann zu entkommen. Seine andere Hand wanderte zum Reißverschluss seiner Hose. Als Sam realisierte, was er vor hatte, mobilisierte sie ungeahnte Kräfte. Sie schlug wild um sich und für den Bruchteil einer Sekunde verlor Morton die Überhand.
Sie rollte sich zur Seite und sprang geschickt auf die Füße. In diesem Augenblick stürmte Teal'c in den Raum. Morton kam ächzend auf die Füße und musterte den Jaffa unbeeindruckt. Der Krieger ließ seinen Blick zwischen den beiden Personen hin und herschweifen und verweilte dann auf Sam. Diese gab ihm mit einem stillen Nicken zu verstehen, dass alles in Ordnung war. Sie beobachtete, wie Teal'c langsam auf den anderen Mann zuschritt.
Geschockt verfolgte sie das Geschehen.
Morton stand da und sah seinen Angreifer abschätzig an. Sein Reißverschluss stand immer noch offen und er gab ein seltsam verletzliches Bild neben Teal'c ab.
Im nächsten Moment betrat Jack schnellen Schrittes den Raum. Sam realisierte, dass sie immer noch nackt war. Jack stand im Raum und starrte mit offenen Augen auf die Szene, die sich ihm bot. Erst sah er, wie Teal'c den anderen Mann packte, so dass dieser fast vom Boden abhob. Dann versetzte er ihm einen Schlag in die Bauchgegend. Röchelnd und nach Luft ringend sank Morton zu Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Jack sah zu Sam. Keine Faser bedeckte ihren Körper. Er wollte wegsehen. Aber er konnte seinen Blick nicht abwenden. Er schüttelte unmerklich den Kopf und reagierte plötzlich wieder schnell. Er griff auf den Kleiderstapel zu seiner Linken und reichte Sam ihr T-Shirt. Dankbar nahm sie es und streifte es sich über.
Smith lag immer noch dort, wo Teal'c ihn fallen gelassen hatte. Er erbrach sich. Teal'c wandte sich angeekelt ab.

Jack tat einen Schritt auf Sam zu. "Alles in Ordnung?", fragte er zögernd. Sam nickte.
"Ja.", sagte sie leise. Sie stand unter Schock. O'Neill nickte Teal'c zu. Dieser packte Morton am Genick und schleifte ihn aus dem Raum. Sam begann zu schluchzen. Zögernd trat Jack auf sie zu. Sam sah ihn kurz an und ließ sich dann von ihm umarmen. Sie weinte sich an seiner Schulter aus. Sein Rasierwasser war ihr auch vertraut. Aber auf eine ganz andere Art und Weise. Es strahlte Geborgenheit und Wärme aus. Sie legte den Kopf auf seinen Brustkorb und hörte auf sein gleichmäßig pochendes Herz. "Ziehen Sie sich etwas an. Ich bringe Sie zu Frasier.", sagte er mit rauer Stimme. Sam nickte abwesend. Sie wollte und konnte gar nicht daran denken, was passieren hätte können.
Sie löste sich von ihm. "Danke.", flüsterte sie. Er nickte kurz und verließ den Raum, um vor der Tür auf sie zu warten.

"Alles okay?", fragte er besorgt, als sie schließlich angezogen aus dem Duschraum trat. "Ja. Es geht schon wieder.", teilte sie ihm mit.
Er legte einen Arm um ihre Schulter und gemeinsam gingen sie zur Krankenstation.
Seine sanfte Berührung hatte etwas Tröstliches an sich, das nur er ihr geben konnte.

***

Sam stand am Fenster und blickte starr in die Dunkelheit hinaus. Der Wind hatte aufgefrischt und die Bäume beugten sich unter der Brise. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken und unbewusst griff sie sich auf ihre geschwollene Lippe. Sie seufzte. Vielleicht wieder eine schlaflose Nacht. Mit einem Alptraum von Morton Smith, der sie schweißgebadet aufschrecken ließ. Vielleicht würde sie wieder stundenlang an diesem Fenster stehen und versuchen, draußen etwas auszumachen. Versuchen, zu vergessen, was oder wer dort draußen lauern konnte.

Morton Smith saß im Gefängnis und würde vermutlich nie mehr auch nur in ihre Nähe kommen. Trotzdem hatte er vielleicht sein Ziel erreicht. Er hatte immer noch Macht über sie. Er verfolgte sie in ihren Träumen, in all den Nächten, die sie alleine in ihrem Schlafzimmer verbrachte. In all den Nächten...

Ende
Diese Geschichte wurde archiviert am http://stargatefanfic.de/viewstory.php?sid=1192