Carbon Copy by JolinarJackson
Summary: : Daniel wird von einer alternativen Realität um Hilfe gebeten. Die Erde steht dort am Rande der Zerstörung: Ba’al und die Ori haben sich zusammen geschlossen, um sie zu erobern. Die letzte Hoffnung scheint die Verlorene Stadt der Antiker zu sein. Mit Jack O’Neill, Rodney McKay und Carson Beckett bricht Daniel auf, um die alternative Version der Erde zu retten, nicht wissend, dass dieses Abenteuer sein Leben und die Beziehung zu seinem besten Freund für immer ändern wird.
Categories: Stargate Universe, Stargate SG-1, Stargate Atlantis Characters: Ba’al, Carson Beckett, Daniel Jackson (SG-1), Evan Lorne, Everett Young, Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Nicholas Rush, Other Character, Own Character, Rodney McKay, Teal’c (SG-1)
Genre: Action, Angst, Crossover, Friendship, General, Hurt/Comfort, Slash, Torture / Gewalt
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 12 Completed: Ja Word count: 35739 Read: 89245 Published: 03.11.11 Updated: 04.11.11
Story Notes:
Spoiler: Kleine für Kinofilm, Der Feind in seinem Körper, Freund oder Feind?, Seth, Lebenslinien, Doppelter Einsatz, Die Entscheidung, Avenger2.0, Helden, Die Verlorene Stadt, Neue Machtverhältnisse, Avalon, Das Geheimnis der Ori, Ex-Deus Machina, Die Quelle der Wahrheit

Anmerkungen: Geschrieben für den Stargate SG-1 Big Bang 2010.

Cheerleader: Findo, du hast mir die Antworten gegeben, die ich brauchte, hast mir geholfen, die Löcher zu füllen und den Plot zu straffen. Ohne dich wäre Ba’al nicht so clever und das Ende nicht so, wie es jetzt ist. Danke für den Chat, die ermutigenden Mails und dafür, dass du einfach nur deinen Job gemacht hat.

Beta: Anne McSommers, du hast es wirklich geschafft, diese Story in nur wenigen Tagen zu betan. Danke dafür, dass du die richtigen Fragen gestellt hast, die mich dazu gebracht haben, den Anfang etwas zu ändern.

1. Kapitel 1 by JolinarJackson

2. Kapitel 2 by JolinarJackson

3. Kapitel 3 by JolinarJackson

4. Kapitel 4 by JolinarJackson

5. Kapitel 5 by JolinarJackson

6. Kapitel 6 by JolinarJackson

7. Kapitel 7 by JolinarJackson

8. Kapitel 8 by JolinarJackson

9. Kapitel 9 by JolinarJackson

10. Kapitel 10 by JolinarJackson

11. Kapitel 11 by JolinarJackson

12. Kapitel 12 by JolinarJackson

Kapitel 1 by JolinarJackson
1.


Sie waren schnell und leise. Daniel Jackson wusste nicht mal, dass sie da waren und auf ihn warteten.

Sein Büro lag in Dunkelheit, als er eintraf. Er schaltete das Licht ein und navigierte vorbei an Büchern, die sich auf Stühlen stapelten, an Regalen, in denen mehr Bücher standen und blieb an seinem Schreibtisch stehen, auf dem sich nicht nur Bücher und Notizen, sondern auch unerledigte Papierarbeit überlagerten. Daniel ließ seine Tasche zu Boden fallen und stellte seine Kaffeetasse ab. Er weckte seinen Computer mit einem Tastendruck aus dem Stand-By-Modus, ehe er seine E-Mails checkte. Er antwortete seiner Team-Kollegin Sam mit einem Ja auf die Frage, ob sie später zusammen frühstücken würden und schüttelte lächelnd den Kopf, als sie sofort mit einem Smiley antwortete. Sie hatte die Basis vermutlich nicht mal verlassen, sondern die ganze Nacht an ihrem neuesten Projekt gearbeitet.

Er rief eine Liste des anwesenden Personals auf und runzelte die Stirn. Jack hatte ihm gesagt, dass er ihn sofort sehen wollte und dass es dringend sei.

Daniels bester Freund war erst seit kurzem Leiter des Stargate-Kommandos und er schien noch nicht recht in diese Rolle hinein gewachsen zu sein. Während dem Telefonanruf, der Daniel vor etwa einer Stunde aus dem Schlaf gerissen hatte, hatte Jack geklungen, als sei etwas passiert. Da niemand im SGC in Alarm-Stimmung zu sein schien, hatte Daniel bei seiner Ankunft angenommen, dass Jacks Problem eher persönlicher Natur war.

Doch Jack war nicht in seinem Büro oder in einem der Quartiere gewesen.

Und nun sah Daniel, dass der General nicht mal anwesend zu sein schien und dabei hatte Jack ihn hier im SGC sprechen wollen.

Daniel entschloss sich, auf ihn zu warten und schloss seine Bürotür. Das SGC bei Nacht war heute lauter als noch vor sieben Jahren. Daniel stellte immer wieder fest, dass die Basis gewachsen war, seit sie das erste Mal durch das Tor auf einen anderen Planeten gegangen waren.

Die Soldaten waren zahlreicher, die Wissenschaftler nachtaktiver. Daniel war gerade dabei, sich in eine seiner Übersetzungen zu vertiefen, als das Licht ausging und sein Computer sich mit einem widerwilligen Piepsen verabschiedete.

“Verdammt“, murmelte er, “Nicht schon wieder.“

Mehr Personal bedeutete mehr Stromverbrauch und in letzter Zeit zeigte sich, dass das SGC schon Jahrzehnte vor seiner Nutzung für Reisen zu anderen Planeten in Gebrauch gewesen war. Die Generatoren waren alt und Jack versuchte schon seit längerem, das nötige Budget für ihre Erneuerung von Washington zu bekommen. Dort sah man jedoch noch keinen Anlass für eine Sanierung. Daniel tastete sich an seinen Bücherregalen entlang zur Tür und öffnete sie. Im Flur brannte Licht. Scheinbar war nur sein Büro vom Ausfall betroffen. Er ging zurück zu seinem Schreibtisch und griff zum Telefon. Stirnrunzelnd stellte er fest, dass es tot war. Seufzend machte er sich auf den Weg, um ein Büro mit einem funktionierenden Telefon zu finden. Sie waren abgeschlossen und erst die Tür zum Lagerraum am Ende des Korridors ließ sich öffnen. Daniel wusste, dass die Lagerräume ebenfalls über Telefone verfügten.

Im Nachhinein war ihm klar, dass er besser hätte aufpassen sollen. Wäre er nur etwas aufmerksamer gewesen, nur etwas weniger auf die Telefonliste an der Wand konzentriert, dann hätte er sie zwischen Regalen lauern sehen.

So aber war er gerade dabei, nach dem richtigen Ansprechpartner zu suchen, als jemand seinen Arm packte und eine Nadel in seinen Oberschenkel stieß. Daniel schrie auf und stieß den Angreifer von sich. Ihm wurde schwindelig und er stützte sich an die Wand. Er wollte sich umdrehen, aber sein Körper verarbeitete den Befehl nicht richtig. Als er zusammensackte, fing ihn jemand auf und half ihm, langsam zu Boden zu gleiten.

“Entschuldige, Danny“, sagte jemand leise und noch während Daniel in die Bewusstlosigkeit glitt, fragte er sich, warum Jack ihn angreifen sollte.



***



Bewusstsein kehrte langsam zurück und mit hämmernden Kopfschmerzen. Daniel verzog das Gesicht und kniff die Augen zusammen, drückte sein Gesicht mit einem leisen Stöhnen in das Kissen.

“Aspirin steht auf dem Nachttisch“, sagte Jack und Daniel nickte vorsichtig.

“Danke.“

“Alles klar?“ Sein Freund klang besorgt.

“Lass mich einfach in Ruhe sterben“, antwortete Daniel.

“Soll das witzig sein?“, fragte Jack und Daniel öffnete die Augen einen Spalt. Jack saß in einem Stuhl neben seinem Bett und hinter ihm erkannte Daniel die typische Einrichtung eines SGC-Quartiers für Besucher.

Was war passiert? War er ohnmächtig geworden?

Jack trug die grünen BDUs und seine Haare waren etwas durcheinander, seine Augen etwas müde, aber er wirkte wie immer. Dennoch stimmte irgendetwas nicht. Etwas nagte an Daniels Unterbewusstsein. Er runzelte die Stirn. “Was ist passiert? Ich weiß nicht … ich bin nach Hause gefahren, oder?“

Jack lehnte sich vor und stützte die Unterarme auf seine Knie und Daniel ahnte, dass jetzt etwas kam, was ihm ganz und gar nicht gefallen würde.

“Du bist nicht in deinem SGC, du bist in meinem SGC – in einer alternativen Realität.“

Daniel war versucht zu lachen. Für etwa eine Sekunde. Dann erinnerte er sich. Er setzte sich abrupt auf, ignorierte die ansteigenden Kopfscherzen. “Ihr habt mich entführt“, stieß er wütend hervor.

Jack hob abwehrend die Hände. “Danny, ich schwöre, wir haben einen guten Grund.“

“Mich zu entführen? Wir dachten, ihr wäret Freunde.“

“Wir sind Freunde“, antwortete Jack fest.

Daniel verließ das Bett und stützte sich auf den Nachttisch, als das Zimmer einen Moment lang schwankte. Jack stand auf und machte Anstalten, um das Bett herum auf ihn zuzukommen, aber Daniel hob die Hände und lehnte sich an die Wand. “Bleib weg.“

“Danny, du solltest dich wirklich hinlegen.“

“Ich sollte wirklich nach Hause gehen“, erwiderte Daniel. Er verschränkte die Arme. “Ich gehöre hier nicht her. Und ich will nicht hier bleiben. Bring mich nach Hause.“

Jack vergrub die Hände in den Hosentaschen. “Sobald du etwas für uns getan hast“, sagte er.

Daniel weitete ungläubig die Augen. “Uh … nein.“

“Danny-“

“Hör auf damit, mich so zu nennen. Wir kennen uns kaum.“

Jack senkte getroffen den Blick. “Richtig“, meinte er leise. Dann blickte er wieder auf. “Ich gebe dir noch ein bisschen Zeit, um dich zu erholen.“ Er wandte sich ab.

“Whoa, Moment mal!“, rief Daniel und machte einen Schritt auf Jack zu, blieb jedoch stehen, als sich der andere Mann zu ihm umdrehte, “Ich will nach Hause. Sofort.“

Jack schüttelte den Kopf. “Tut mir leid.“

Er verließ das Zimmer so schnell, dass Daniel nicht mehr dazu kam, einen Protest zu äußern. Daniel folgte ihm zur Tür und zog am Griff, aber es war abgeschlossen. Wütend trat er gegen das blau lackierte Metall. “Jack!“, rief er, “General O’Neill!“ Er schlug mit der flachen Hand gegen die Tür.

Es kam keine Reaktion.

Entmutigt lehnte er seine Stirn gegen das kühle Metall und atmete tief durch, ehe er sich fragte, wie er in diese Situation geraten war.



Realität Nr. 389 – 26 Stunden zuvor

Es war eindeutig das interessanteste Gerät, das das Stargate-Programm gefunden hatte, wenn auch das am wenigsten erforschte.

Ohne die Fernbedienung war es nichts weiter als ein blinder Spiegel, der in einem der kleinsten Räume des SGC auf Ebene 25 verstaubte und rund um die Uhr von Kameras überwacht wurde. Sergeant Granger, der nachts Wache in den Archiven hatte, hatte in den letzten Wochen wieder ein größeres Interesse am Quantum-Spiegel feststellen können. Wann immer er zum Dienst in den Archiven kam, in denen die Dinge lagerten, die das SGC nicht nach Area 51 ausflog, da sie häufig gebraucht wurden oder die im Augenblick erforscht wurden, waren in den letzten Wochen Wissenschaftler beim Spiegel gewesen und hatten ihn verschiedenen Tests unterzogen.

Sie wirkten immer unzufrieden, wenn sie wieder gingen, also nahm Granger an, dass der Spiegel wohl bald ein Rückflugticket nach Area 51 bekommen würde. Die schützende Platte, die vor Jahren nach dem letzten Zwischenfall auf der Oberfläche installiert worden war, war inzwischen wieder entfernt worden, um die Untersuchungen zu erleichterten. Für Granger bedeutete das mehr Arbeit, denn er musste den Raum regelmäßig persönlich und nicht nur über die Kamera, kontrollieren.

Er warf einen kurzen Blick auf den Bildschirm und vertiefte sich dann wieder in sein Buch. Doktor Bill Lee trat an seinen Schreibtisch nahe des Aufzuges und stellte eine kleine Kiste auf dem Tisch ab. Er kramte in seiner Hosentasche und legte dann eine reichlich mitgenommene Bestätigung von General O’Neill vor. “Ich habe Erlaubnis, die mitzunehmen.“

Er öffnete die Holzkiste und Granger warf einen kurzen Blick auf die Goa’uld-Handspange. Er tippte die Archivnummer, die auf der Kiste stand, in seinen Computer ein und vermerkte Lees Namen, ehe er meinte: “Viel Spaß.“

Lee schien den Kommentar ernst zu nehmen, lächelte und betrat mit seinem Forschungsobjekt den Fahrstuhl. Granger seufzte kopfschüttelnd, als die Türen sich schlossen und blickte wieder auf die Kameraübertragung. “Wird Zeit, dass ich einen Platz in einem der Teams bekomme“, murmelte er widerwillig. Er konzentrierte sich auf sein Buch, bis eine Bewegung aus dem Augenwinkel seinen Blick zurück zu der Videoübertragung zog. Er erstarrte. In der Oberfläche des Spiegels war etwas zu sehen. Vier Männer standen auf der anderen Seite … und dann waren sie plötzlich in der Basis. Alarmiert riegelte Granger den Bereich der Ebene ab, in dem der Spiegel stand und betätigte den Alarmknopf. Er stand abrupt auf und stolperte einen Schritt zurück, die Hand an der Waffe, als er sich selbst in die Kamera winken sah.



***



Jack O’Neill vermutete, dass General Hammond während seiner Position als Leiter des SGCs mindestens zehn Assistenten gehabt haben musste, die er irgendwo versteckt hielt, denn bei ihm hatte es immer so einfach gewirkt. Er hatte die Büroarbeit immer nebenbei erledigt, als wäre es nichts. Vermutlich hatte er Klone von Walter Harriman gehabt, von denen er Jack nie erzählt hatte.

Jack wüsste gerne, wo Hammond sie versteckt hielt. Nicht nur, damit sie seine Büroarbeit erledigten, sondern auch, damit er das Original los werden konnte, das ihn mitten in der Nacht anrief.

“General?“ , fragte Walter, als Jack nur mit einem “’lo?“ ans Telefon ging.

Jack seufzte in sein Kissen. “Wird die Basis angegriffen? Braucht Thor uns? Ist Apophis mal wieder von den Toten auferstanden?“, knurrte er.

“Nein, Sir.“

“Dann lassen Sie mich schlafen.“

“Es ist der Quantum-Spiegel, Sir. Er wurde aktiviert. Wir haben Besuch.“

Jack setzte sich abrupt auf und wischte die Müdigkeit mit einer Hand aus seinen Augen. “Ich bin schon unterwegs.“ Er legte auf. Der verdammte Spiegel. Wie Carter es geschafft hatte, den General damals davon zu überzeugen, das Ding nicht zu zerstören, war Jack noch immer ein Rätsel.

Für ihn bedeutete der Spiegel nur Ärger. Er zog sich an, zögerte einen Moment und griff dann nach seinem Handy. Er wusste, dass Carter und Teal’c in der Basis waren. Aber er wollte unbedingt noch ihren Experten für Kontaktaufnahmen dazu holen. Er wählte Daniels Nummer und suchte seine Autoschlüssel.

Daniel hob bereits nach dem dritten Klingeln ab und klang ekelhaft munter. “Hallo?“

“Daniel, der Spiegel wurde aktiviert. Komm sofort in die Basis.“ Er hörte Daniel noch sagen “Und dir auch einen Guten Morgen, Jack“ , ehe er auflegte.



***



Jack hätte ohne weiteres 20 Dollar gewinnen können, wenn er mit Daniel darum gewettet hätte, was sie erwartete, sobald sich die Fahrstuhltüren auf Ebene 28 öffneten.

“Guten Morgen, Sir“, sagte Sgt. Walter Harriman dienstbeflissen und gab Jack eine Tasse Kaffee, als der mit Daniel den Fahrstuhl verließ, “Guten Morgen, Dr. Jackson.“

“Wen haben wir, Walter?“, fragte Jack und machte sich auf den Weg zum Konferenzraum. Daniel ging neben ihm, Walter einen Schritt vor ihnen.

“Die medizinischen Tests sind bereits abgeschlossen. Alles sieht gut aus. Insgesamt vier Besucher, Sir. Der Leiter des Teams ist Major … Colonel Kawalsky.“

Es versetzte Jack auch nach so langer Zeit noch einen Stich, den Namen seines verstorbenen besten Freundes zu hören. Er ließ es sich nicht anmerken, während Walter weiter sprach. “Außerdem haben wir Sgt. Granger und Dr. Lee bei uns.“

Der Name Granger sagte Jack nichts, aber er kannte natürlich Bill Lee und Daniel entkam ein überraschtes “Hm“. Walter blieb vor der Tür zum Konferenzraum stehen und schob seine Brille zurecht. “Das vierte Mitglied des Teams ist Lt. Fraiser.“

“Janet?“, fragte Daniel, seine Augenbrauen über das Gestell der Brille gehoben.

“Nein, Doktor“, antwortete Walter, “Cassandra.“

Jack und Daniel warfen sich einen überraschten Blick zu.

“Major Carter und Teal’c sind bereits da, Sir.“ Damit öffnete Walter die Tür und ließ Jack und Daniel den Vortritt. Sam und Teal’c saßen am großen Konferenztisch in der Mitte des Raums, mit dem Rücken zu Jack und Daniel. Sie drehten sich zu ihnen um, als sie eintraten. Teal’cs Gesicht war ungerührt, wie immer, nur ein Schimmer in seinen dunklen Augen verriet, dass er nicht nur neugierig war, sondern auch etwas überrumpelt. Sam war blass, ihre blauen Augen groß und etwas verstört. Daniel nahm an, dass das an Cassies Anwesenheit lag. Sam hatte Cassandra erst vor ein paar Tagen am College besucht.

Jack fand es ebenfalls gruselig, die junge Frau am Konferenztisch sitzen zu sehen, dir rot-blonden Haare streng zurückgebunden und eine Militäruniform tragend. Am Oberarm – dort, wo die SG-Teams in dieser Realität ihre Team-Insignien trugen – prangte die Silhouette des Spiegels mit einer fetten 1 darüber. Auf dem anderen Arm befand sich nicht, wie in dieser Realität üblich, das Ta’uri-Zeichen, sondern einfach nur R298 auf weißem Untergrund. Vor Cassandra lag die Fernbedienung für den Spiegel. Neben ihr saß ein junger Mann, den Jack nicht kannte. Er hatte blonde, kurze Haare, tiefbraune Augen und ein sympathisches Gesicht.

Das musste Sgt. Granger sein. Doktor Lee sah nicht anders aus als in dieser Realität. Etwas übergewichtig, fast glatzköpfig und ein Drei-Tage-Bart im Gesicht. Nur seine Brille war anders – sie hatte einen roten Rahmen.

Er saß auf Cassandras anderer Seite und blickte Jack und Daniel mit unverhohlener Neugier an. Jack fragte sich, ob sie auch in seiner Realität existierten und er deshalb nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten suchte.

Colonel Kawalsky – die dunklen Haare sorgsam zurückgekämmt und mit einer kleinen Narbe auf der Wange – saß neben Lee und lächelte Jack schief an. “Jack“, sagte er gut gelaunt. Sein Blick wanderte zu Daniel. “Hey, Doc! Schön, Sie zu sehen.“

Daniel nickte zögerlich. Er war etwas überrascht, da dies die erste ihnen bekannte Realität zu sein schien, in der er auch im SGC war. Er und Jack setzten sich an den Tisch – Daniel neben Sam und Jack auf seinen Platz am Kopfende.

“Also …“, sagte er verunsichert. Die vier wirkten weder gehetzt, noch bedroht. Jack war sich ziemlich sicher dass sie vollkommen ruhig waren. Das brachte ihn zu einer Vermutung. “Ihr besucht öfter andere Welten?“

Kawalsky nickte und ließ dann ein Lächeln sehen. “Wir haben sogar mehrere Teams. Erforscht ihr keine ARs?“

Jack hob die Augenbrauen. “Nein.“

Sam wirkte fasziniert. “Bisher waren unsere Begegnungen mit alternativen Realitäten eher zufällig.“

Lee stützte die Unterarme auf den Konferenztisch und lehnte sich vor, Verwirrung klar auf seinem Gesicht zu lesen. “Wieso? Ich meine, es ist doch offensichtlich, dass ARs Informationen untereinander austauschen können.“

“Es ist uns unheimlich“, antwortete Jack lapidar.

Kawalsky lachte. “Man gewöhnt sich dran.“

“Also“, fragte Daniel, “habt ihr kein Stargate-Programm?“

“Doch“, antwortete Kawalsky, “Cheyenne Mountain beherbergt seit zwei Jahren zwei parallel laufende Programme – das SGC und das QMC, das Quantum Mirror Kommando. Die Aufsicht über beide Abteilungen hast übrigens du, Jack. Du bist auch bei uns General.“

Jack ließ ein Grinsen sehen. “Gut zu wissen.“

Cassandra sprach das erste mal: “Aber es gibt auch Unterschiede.“ Sie blickte Sam und Teal’c an. “Euch zum Beispiel habe ich noch nie gesehen.“

Sam und Teal’c warfen sich einen überraschten Blick zu.

“Na ja, ich …“ Sam legte die Stirn in Falten. “Tatsächlich haben wir beide in dieser Realität sehr guten Kontakt zueinander. Vor allem seit …“ Sie brach ab und biss sich auf die Unterlippe.

“Seit meine Mom tot ist?“, fragte Cassandra. Sie nickte. “Keine Sorge. Ich komme klar. Das ist auch bei uns passiert.“

“Janet war meine beste Freundin. Du hast anschließend eine Weile bei mir gewohnt. Jetzt bist du am College und studierst Medizin.“

Cassandra lächelte. “Das kann ich mir nicht vorstellen. Und … nach Moms Tod habe ich eine Weile bei Onkel Jack …“ Sie brach ab und senkte den Blick. Ein Räuspern später fügte sie hinzu: “… bei Onkel Jack gewohnt.“ Sie ließ offensichtlich etwas aus, aber Jack wollte nicht nachhaken, da es privater Natur zu sein schien.

Stille senkte sich über den Tisch und Jack lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück, ehe er fragte: “Ihr seid also auf der Suche nach Informationen?“

Kawalsky verfiel wieder in die Rolle des Anführers und nickte. “Ja. Wir wollen uns austauschen. Ihr erhaltet Infos, wie erhalten Infos. Ein sauberer Deal.“

“Tja“, meinte Jack und stand auf, “ich werde telefonieren müssen, aber grundsätzlich hört sich die Idee gut an. Ihr könnt euch frei bewegen, allerdings hätte ich gerne jemanden …“ Er brach ab und rieb sich die Stirn. Es war ihm unangenehm, Kawalsky und Cassandra wie ein Sicherheitsrisiko zu behandeln.

“Babysitter?“, fragte Kawalsky mit gehobenen Augenbrauen, “Keine Sorge, wir verstehen, dass ihr vorsichtig seid.“

Dr. Lee sah auf die Uhr. “Wir haben noch volle 40 Stunden, ehe wir zurück in unsere Realität müssen.“

Granger erklärte: “Entropisches Kaskadenversagen. In der Regel reicht aber eine Stunde in unserer Realität, um den Effekt zu neutralisieren und weitere 45 Stunden ohne Probleme hier verbringen zu können.“

Sam blickte ihn erstaunt an. “Das hört sich alles sehr organisiert an.“

Lee nickte. “Wir haben viel geforscht, Informationen aus anderen Welten mit QMCs genutzt …“

“Darüber würde ich gerne mehr hören“, meinte Sam und blickte mit großen blauen Augen fragend zu Jack.

Der nickte ihr zu. “Viel Spaß.“



***



“Also, Doc“, meinte Kawalsky und lächelte ihn über den Tisch der Kantine hinweg an, “was treiben Sie in dieser Realität so?“

Die Kantine war um diese Uhrzeit fast menschenleer. Die Besucher zeigten sich bereits jetzt bereit dazu, Informationen zu teilen und Lee klärte Sam gemeinsam mit Cassandra über das QMC-Programm auf. Jack telefonierte noch immer mit dem Präsidenten, während Granger in Teal’cs Begleitung zum Spiegel gegangen war, um ihrer Welt ein Zeichen zu geben, dass sie freundlich aufgenommen worden waren. Daniel zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck Kaffee. “SG-1-Missionen, ein paar Übersetzungen … uh … ich soll nächste Woche in die Antarktis fliegen.“

Kawalsky hob die Augenbrauen. “Ihr seid auch auf der Suche nach der Verlorenen Stadt?“

“Ja“, antwortete Daniel.

Kawalsky rührte in seinem Müsli. “Und Sie arbeiten daran, die Koordinaten zu finden?“

Daniel nickte. “Es ist nicht leicht, aber ich denke, ich bin auf einem guten Weg.“

“Tatsächlich?“, fragte Kawalsky und grinste, “Interessant.“



***



“Ihr habt also keine Fernbedienung für den Spiegel?“, fragte Cassie und Sam nickte. Sie bedauerte die Tatsache, dass sie den Spiegel nicht kontrollieren konnten. Sie hätten vielleicht schon längst selbst ein QMC-Programm, wenn die Fernbedienung noch da wäre.

Lee rieb sich nachdenklich das Kinn. “Wir treffen öfter auf Realitäten mit demselben Problem. Im Augenblick sind wir dabei, eine eigene Fernbedienung zu entwickeln.“

Sam starrte ihn erstaunt an. “Das könnt ihr?“

Lee winkte mit einem verlegenen Lächeln ab. “Noch nicht … aber wir arbeiten dran.“

Sam lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und blickte nachdenklich auf den Konferenztisch. Ihre Neugier siegte schließlich. “Ich bin also in euerer Realität nicht Teil des SGCs?“

Cassie schüttelte den Kopf und Lee erklärte: “Sie arbeiten im Pentagon. Man hat Ihnen den Job angeboten, aber …“ Er seufzte. “Sie haben darum gebeten, die Stelle für Sie freizuhalten, bis es Ihrem Vater besser geht. Sie wollten bei ihm in Washington bleiben.“

Sam senkte betroffen den Blick. Jack betrat den Konferenzraum und die drei drehten sich zu ihm. Er stemmte die Hände in die Hüften. “Wir haben grünes Licht.“

Weiter: Teil 2
Kapitel 2 by JolinarJackson
2.


Realität Nr. 298 – Gegenwart

Daniel saß in einem der Stühle in der Ecke des Raumes, als die Tür sich öffnete. Jack trat als erster ein, gefolgt von zwei weiteren Männern. Als Daniel Colonel Kawalsky erkannte, kniff er wütend die Lippen zusammen. Der dritte Mann stellte sich neben Jack, die Hände in die Hosentaschen vergraben. Daniel kannte ihn nicht. Er hatte helle Augen und dunkle, kurze Haare. Er war jünger als Jack und Kawalsky und hatte ein attraktives, freundliches Gesicht. Nach einem Moment des Schweigens meinte Jack: “Du kennst Colonel Kawalsky, den Leiter des QMC.“ Er nickte zu dem Fremden. “Das ist Colonel Evan Lorne. Er leitet das SGC. Die beiden berichten an mich.“

Daniel konzentrierte sich auf Jack. “Ihr habt kein Recht, mich einfach mitzunehmen, als wäre ich ein Werkzeug, das man sich ausleihen kann.“

Jack wirkte getroffen von der Bemerkung, aber er schüttelte den Kopf. “Wir haben nicht die Absicht, dir etwas anzutun, Danny.“

Daniel verschränkte die Arme und Jack seufzte. “Daniel“, korrigierte er sich, “Im Gegenteil.“ Er blickte zu Lorne und Kawalsky, ehe er sagte: “Wir schicken dich sofort nach Hause, wenn du uns einen Gefallen getan hast.“

“Es ist kein Gefallen, wenn ich dazu gezwungen werde, oder?“

“Kommen Sie schon, Doc“, seufzte Kawalsky.

Lorne hatte offenbar nicht die Geduld ihn zu überreden. “Wir brauchen die Adresse zur Verlorenen Stadt.“

Daniel weitete überrascht die Augen. “Die Verlorene Stadt der Antiker?“, fragte er.

Lorne zuckte mit den Schultern. “Ja.“

Daniel entkam ein hilfloses Lachen. “Die habe ich nicht.“

“Danny-“

“Es ist die Wahrheit.“ Daniel starrte Jack entschlossen an. “Ich kann euch nicht helfen, selbst wenn ich es wollte.“

Jack blickte zu Kawalsky und der meinte: “Wir geben Ihnen alles, was Sie brauchen, um die Adresse zu finden. Wir können in die Antarktis reisen, wenn das notwendig ist.“

Daniel schüttelte den Kopf. “Es könnte Jahre dauern“, meinte er.

Kawalsky runzelte die Stirn. “In Ihrer Realität haben Sie mir selbst gesagt, Sie seien kurz davor.“

Daniel stand auf, die Augenbrauen ungeduldig zusammengezogen. “Kurz davor heißt nicht, dass die Sache in fünf Minuten erledigt ist.“ Frustriert begann er, auf und ab zu gehen. “Und hier könnte sie anders versteckt sein. Möglicherweise muss ich vollkommen von vorne anfangen.“

“Wir haben Experten, die an der Sache arbeiten“, erklärte Jack, “Von vorne müsstest du nicht beginnen.“

“Sollen eure Experten es lösen.“

“Sie schaffen es nicht“, antwortete Jack.

“Und das ist mein Problem?“, fragte Daniel. Er lehnte sich an die Wand. “Fragt euren Daniel“, sagte er.

“Wir fragen Sie“, antwortete Kawalsky.

Daniel schüttelte den Kopf. “Ihr könnt nicht einfach in eine andere Realität gehen und verlangen, dass die eure Probleme löst.“

Lorne wandte sich ungeduldig ab. “Das hat keinen Sinn.“

“Evan“, begann Jack, aber Lorne drehte sich zu ihm um und schüttelte den Kopf.

“Nein. Ich habe von Anfang an gesagt, dass das eine schlechte Idee ist.“ Er öffnete die Tür. “Wir sollten uns auf unser tatsächliches Problem konzentrieren, anstatt Geistern nachzujagen …“ Mit einem letzten wütenden Blick zu Daniel verließ er das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Jack starrte zu Boden, die Schultern hochgezogen, und grub seine Hände in die Hosentaschen.

Daniel ließ die Stille einige Momente über ihnen hängen, dann fragte er: “Du warst es, der mich angerufen und in die Basis bestellt hat, oder?“

Jack antwortete nicht, aber sein schuldbewusster Blick war Daniel Bestätigung genug. Er wandte sich an Kawalsky. “Sie waren bei der Entführung dabei. Was habt ihr mit den Wachen gemacht?“

“Sie haben keinen Angriff erwartet“, antwortete Kawalsky ruhig.

Daniel nickte bitter. “Weil wir euch vertraut haben. Sie dachten, ihr würdet euren Jack in unsere Realität bringen, wie besprochen, um mit meinem Jack zu reden.“ Er schüttelte den Kopf. “Das war ein feindlicher Akt.“

“Nein“, antwortete Kawalsky, “niemand wurde verletzt. Wir haben die Wachen mit Zats betäubt.“

“Es war ein Angriff“, antwortete Daniel, “Wenn ihr keinen verdammt guten Grund …“

Er wurde unterbrochen, als die Tür aufgerissen wurde und ein atemloser Walter Harriman in den Raum blickte.

“General, Colonel“, keuchte er, “wir haben Nachricht von der Odin.“

Jack und Kawalsky blickten sich alarmiert an und verließen ohne ein weiteres Wort den Raum. Daniel hörte, wie die Tür abgeschlossen wurde und ließ sich auf das Bett fallen.



***



Daniel wusste, dass er hier weg musste. Er starrte auf die Tür und wartete, dass sie sich öffnete. Er würde die erste Gelegenheit ergreifen, die sich ihm bot. Es hatte eine halbe Stunde gedauert, aber schließlich hatte er durch die Tür mithören können, wie einer seiner Wachleute meinte, er würde ihm etwas aus der Kantine holen.

Daniel nahm an, dass das Sicherheitsprotokoll in diesem SGC sich kaum von dem in seinem unterschied und nur zwei Soldaten zu seiner Bewachung abgestellt worden waren. Das Schloss wurde betätigt und Daniel spannte sich an. Er blieb auf der Bettkante sitzen und blickte den eintretenden Airman so unschuldig wie möglich an.

“Sir, ich bringe Ihnen etwas zu Essen“, sagte der junge Mann und stellte das Tablett auf den Tisch nahe der Tür.

“Danke“, sagte Daniel und stand auf. Sein Blick fiel auf die Zat, die neben der Beretta am Gürtel des Mannes hing. Er ging auf den Tisch zu und warf einen Blick unter die Haube, die das Essen warm hielt. “Milchreis?“

Der Soldat setzt einen entschuldigenden Blick auf. “Ja, Sir. Ich fürchte, das ist das Beste, was ich Ihnen im Moment anbieten kann.“

Daniel lächelte. “Ist okay.“ Er lehnte sich vor, als wolle er den Stuhl herausziehen und der Soldat wandte sich ab, um den Raum zu verlassen. Daniel versetzte ihm einen Stoß und zog die Zat aus der Halterung. Ehe der Airman seine Beretta ziehen konnte, hatte Daniel ihn in die Bewusstlosigkeit befördert. Der andere Wachmann stürmte ins Zimmer. Daniel schoss auch auf ihn und rannte dann aus dem Raum, an einem Mann mit einem weißen Kittel vorbei.

“Hey!“, rief der noch, aber Daniel ignorierte ihn und rannte stattdessen auf den Fahrstuhl zu. Er betete zu einer unbekannten Gottheit ohne glühende Augen, dass diese Basis genauso ausgelegt war die in seiner Realität. Die kargen Korridore jedenfalls sahen genauso aus. Der Alarm erklang und ließ ihn fluchen. Er hörte aufgeregte Stimmen am Ende des Korridors und änderte seine Fluchtroute. Er öffnete den Notausstieg und kletterte in den Schacht, ehe er die schwere Klappe wieder schloss.

In dem schwach beleuchteten Schacht warf er einen Blick nach oben, dann nach unten, ehe er sich zur Tür drehte. “Ebene 16“, murmelte er. Der Spiegel war auf Ebene 19, wie bei ihnen auch. Das hatte Bill Lee ihnen erzählt.

Nur war die Ebene hier kein Archiv, sondern die Zentrale des QMC.

Er kletterte die schmale Leiter hinunter. Er wusste, dass er nicht viel Zeit hatte.

Sie würden wissen, dass er auf dem Weg zum Spiegel war. Er rutschte in seiner Hektik ab und nur sein fester Griff um eine der Sprossen verhinderte, dass er den Schacht hinunter fiel. Als er auf Ebene 19 ankam, öffnete er die Schachttür nur einen Spalt und blickte in den Korridor. Er lag ruhig da. Daniel ahnte, dass es nicht lange so bleiben würde und verließ den Schacht.

Er ließ die Tür offen stehen und rannte auf den Raum zu, in dem er den Spiegel vermutete – den größten Raum der Ebene. Er spähte um die Ecke. Zwei Soldaten bewachten den Raum. Im Augenblick waren sie aber entspannt und lehnten an der Wand. Einer lachte über einen Witz, den der andere gerade beendete. Sie merkten nicht einmal, dass Daniel da war, ehe sie schon bewusstlos zu Boden sanken.

Daniel betrat den Raum und schloss die Tür ab. Er war allein. Außer dem Spiegel und einem Schreibtisch mit einem Computer war der Raum leer. Und als er den blinden Spiegel vor sich sah, wusste er plötzlich, wo sein taktischer Fehler lag. Er hatte die Fernbedienung nicht.

Ein weiterer Schritt in den Raum hinein löste einen Alarm aus – wahrscheinlich eine Sicherheit vor Eindringlingen aus anderen Realitäten. Vom Korridor drangen aufgeregte Stimmen herein und Daniel drehte sich zur Tür um. “Verdammt.“

Als die Tür nach mehreren harten Schlägen aufflog, tat er das einzig vernünftige und hob die Hände.



***



Jacks Griff um Daniels Arm war hart genug, um wehzutun, aber da seine Hände hinter dem Rücken mit Handschellen gesichert waren, konnte er nichts dagegen tun. Jack schleifte ihn den Korridor auf Ebene 10 entlang. An den Türen erkannte Daniel, dass auch in dieser Realität hier die Zellen waren. “Ihr könnt nicht erwarten, dass ich es nicht zumindest versuche“, sagte er.

Jack stieß eine der Türen auf und schubste ihn in die Zelle. Daniel schenkte dem spartanisch eingerichteten Raum kaum eine Beachtung, sondern drehte sich sofort zu Jack um. Der General folgte ihm hinein und hielt die beiden Soldaten hinter ihnen mit einem Blick ab, ihnen zu folgen, ehe er die Tür zuschlug. “Was denkst du dir dabei? Du verurteilst uns dafür, dass wir Menschen verletzt haben und dann machst du es selbst und es ist in Ordnung?“

“Ich will nach Hause. Ich habe nicht die Absicht, Leuten zu helfen, die so offensichtlich feindliche Absichten haben.“

Jack kam mit raschen Schritten auf ihn zu und Daniel machte zwei erschrockene Schritte zurück, als der General schrie: “Du hast keine Ahnung von unseren Absichten! Nicht die geringste!“

Daniel drückte sich an die Wand und starrte ihn trotzig an.

“Wir haben’s auf die nette Tour versucht, aber das bringt offenbar nichts“, fuhr Jack fort, Wut und Frustration in seinem ganzen Auftreten.

Daniel bekam tatsächlich etwas Angst, aber er trat sie resolut nieder. “Das nennt ihr freundlich?“

Jack zerrte ihn zum Bett und öffnete die Fesseln um Daniels rechtes Handgelenk. Anstatt auch das linke zu befreien, fesselte er ihn an den Bettpfosten. Er versetzte Daniel einen Stoß, sodass sich die Bettkante in seine Kniekehlen bohrte und er auf das Bett fiel. “Was hast du jetzt vor?“, fragte der Archäologe und versuchte, seine Panik zu ignorieren, als Jack vor ihm stehen blieb, die Arme verschränkt und einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, den Daniel nicht kannte. Nicht von seinem Jack.

“Hast du eine Ahnung, was es mich gekostet hat, meine Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass wir das Richtige tun? Du wirst uns helfen“, sagte Jack vollkommen ruhig.

Daniel schluckte hart. “Nein. Mach was du willst. Prügel … Folter …“ Er brach ab, als Jacks Augen sich verengten. “Lasst es euren Daniel machen.“

“Er ist tot!“, schrie Jack und Daniel fühlte sich, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen.

“Habt ihr ihn umgebracht, weil er euch nicht helfen wollte?“ Die Idee war absurd, aber Daniel war wütend und etwas verängstigt und er würde alles tun, um den Mann ihm gegenüber aus der Fassung zu bringen. Es gelang ihm scheinbar. Jack wandte sich ab und fuhr sich durch die grauen Haare. Als er sich wieder zu Daniel umdrehte, hatte sich sein Ausdruck geändert. Die Augen wirkten müde … geschlagen und plötzlich hatte Daniel das Gefühl, etwas furchtbar Falsches gesagt zu haben.

Er starrte Jack an und schluckte hart, wartete auf eine Reaktion. Jack blickte ihn an, auf die Handschellen, dann in Daniels Augen und er kniff die Lippen zusammen. Ohne zu wissen, wieso, entkam Daniel ein leises: “Entschuldigung.“

Jack wandte sich ab und verließ die Zelle. Die Tür wurde zugeknallt und Daniel zuckte zusammen. Er zog an den Handschellen, als würden sie nachgeben, aber natürlich hielten sie. Daniel streckte sich auf dem harten Bett aus und starrte nach oben. Er wartete.



***



Es dauerte nur eine halbe Stunde, bis Jack zurückkam. Daniel setzte sich auf. “Was passiert jetzt?“, fragte er. Jack schwieg. Er löste die Handschellen und warf sie auf das Bett, ehe er in seine Tasche griff und ein kleines schwarzes Plättchen herausholte. Er ergriff Daniel am Arm und steckte das Plättchen in seine Brusttasche, ehe er ein Funkgerät aus seiner Hosentasche zog und hineinsprach: “Jetzt.“

Helles Licht umgab sie und Daniel erkannte die Beam-Technologie der Asgard wieder, ehe er vor dem grellen Licht die Augen schließen musste.

Als er sie wieder öffnete, blickte er auf die Kommando-Brücke eines Raumschiffes der Erd-Flotte. Der kommandierende Offizier saß direkt vor ihnen in seinem Stuhl. Sein 2IC saß rechts neben ihm und konzentrierte sich auf seinen Bildschirm. Auf der linken Seite des Kommandeurs saß ein weiterer Soldat, ebenfalls beschäftigt. Hinter ihnen standen Besatzungsmitglieder an weiteren Bildschirmen, die in die grauen Wände eingelassen waren oder arbeiteten mit Laptops. Alle trugen dunkelblaue Uniformen mit einem Abzeichen auf der Brust, auf dem eine Silhouette des Schiffes zu sehen war – darunter der Name: Artemis. Leise Konversationen erfüllten die Brücke. In den Gesichtern lag eine Angespanntheit und Unruhe, die Daniel nervös machte. Der kommandierende Offizier nickte Jack zu und stand von seinem Stuhl auf.

“General O’Neill“, sagte der Kommandeur. Er blickte Daniel mit skeptischen, grünen Augen an und hob die dunklen Augenbrauen. “Dr. Jackson … sie zu sehen ist … merkwürdig.“ Er streckte die Hand aus und Daniel ergriff sie automatisch, las das Namensschild des Mannes: Col. Everett Young. “Willkommen auf der Artemis“, sagte Young. Daniel blickte zu Jack, der ihn noch immer am Arm hielt.

“Was soll das? Was mache ich hier?“

Jack zog an seinem Arm, drehte Daniel zum Aussichtsfenster um, das das Weltall zeigte.

“Du willst wissen, worum es geht, nicht wahr?“ Er drängte ihn vorwärts und ließ ihn dann los.

Daniel riss die Augen auf und trat unwillkürlich einen Schritt vor, direkt an das Fenster. Schock arbeitete sich durch seine Verwirrung und es dauerte einen Moment, bis er realisierte, was er da sah. “Oh, mein Gott.“

Pyramidenförmige Goa’uld-Mutterschiffe – mindestens zehn – hingen in der Ferne. Aber sie waren nicht die einzigen … die fremden Schiffe, von denen nur drei oder vier da waren, hatten eine nach vorne gebogene Form. Sie waren hell gefärbt – beinahe weiß – und Daniel bezweifelte, dass er sie je zuvor gesehen hatte.

Er blickte nach links und rechts und sah mehr Schiffe neben der Artemis – diese eindeutig von der Erde, eindeutig bereit zur Verteidigung. Es mussten um die 15 Schiffe sein. Als Daniel nach unten blickte, konnte er die Erde sehen, winzig klein und verwundbar.

“Status, Colonel“, verlangte Jack.

Young räusperte sich. “Wir haben keinen Kontakt zu ihnen. Sie befinden sich außerhalb der Schussweite – wir können sie nicht erreichen, aber sie uns auch nicht. Sie scheinen auf etwas zu warten oder etwas zu planen. Ich bin mir nicht sicher. Ich habe mit Colonel Telford, Colonel Caldwell und Colonel Makepeace gesprochen … dank der Asgard haben wir mehr Feuerkraft als sie, sind in der Überzahl. Aber sie geben nicht auf. Sie warten.“

“Worauf?“

“Wenn wir das wüssten, Sir.“

Daniel fragte: “Wer sind die anderen?“

“Ihr kennt sie nicht?“, fragte Jack überrascht.

Daniel drehte sich zu ihm um, den Rücken zur Frontlinie. “Nein, ich denke nicht.“

Young warf Jack einen Seitenblick zu und antwortete: “Es sind Ori, Doktor Jackson.“

“Verbündete der Goa’uld?“

“Für gewöhnlich nicht“, antwortete Young.

Jack stemmte die Hände in die Hüften. “Nachdem Ba’al die Macht über die anderen Systemlords erlangt hat, sind die Ori aufgekreuzt, haben seine Stellung bedroht.“

Daniel schüttelte den Kopf. “Moment mal … Ba’al hat die Kontrolle?“

“Lange Geschichte“, antwortete Jack, “Er hat sich mit den Ori zusammengeschlossen. Wir haben immer nur die Priore getroffen – Diener der Ori, die nur etwas höher gestellt sind als die Soldaten und die Anhänger – und wir wissen, dass sie eine Befehlshaberin haben, die sie die Orici nennen.“

“Orici“, wiederholte Daniel.

“Ihr Name ist Kalina“, antwortete Young, “Wir haben sie nie gesehen.“

Jack nickte. “Aber laut einigen Gerüchten soll sie schön sein … und über echte Macht verfügen.“

“Macht?“, fragte Daniel.

“Keine Handspangen, Danny, keine Technologie … diese Ori halten Kalina für eine Göttin und sich selbst für Halbgötter, deren Aufgabe es ist, ihre Lehren zu verbreiten. Und scheinbar kann Kalina Dinge tun, von denen die Goa’uld nur träumen. Völlig ohne Hilfsmittel.“

Daniel schluckte. “Was ist mit den Asgard … ihr habt doch sicher auch hier Verbündete.“

“Das Tor ist blockiert“, antwortete Jack, “Seit drei Tagen. Sie wählen immer wieder neu an und ihr Wahlvorgang ist schneller als unserer. Die Asgard sind zu weit weg, als das ein Schiff sie rechtzeitig erreichen könnte und sie haben selbst genug Probleme mit den Replikatoren.“

“Und die Tok’ra?“, fragte Daniel. Jack blickte ihn fragend an. “Ihr kennt die Tok’ra nicht?“, fragte Daniel.

“Sollten wir?“

Daniel wandte sich ab. “Natürlich nicht. Sam ist nicht im SGC, sie ist nie Wirtin für Jolinar geworden, hat nie …“ Er brach ab und starrte auf die feindlichen Schiffe in der Ferne.

Er spürte Jack direkt hinter sich, ehe der General sprach. “Unsere einzige Hoffnung ist die Verlorene Stadt. Wir brauchen die Adresse.“

“Ihr könnt nicht raus wählen“, erinnerte Daniel.

“Wir haben Experten, die daran arbeiten, den Wahlvorgang zu beschleunigen. Wir brauchen auf jeden Fall die Adresse, falls es ihnen gelingt. Wir könnten nur diese eine Chance haben.“

“Ihr hättet mir gleich sagen können, worum es geht“, meinte Daniel.

“Du hast uns nicht zuhören wollen.“

“Warum habt ihr es uns nicht früher erklärt?“

“Befehl von ganz oben. Andere Realitäten sollen unsere nicht für schwach halten.“

Daniel blickte auf die Erde hinunter. “Ihr habt mehr erreicht als wir. Ihr habt eine ganze Flotte von Schiffen …“ Er brach ab.

“Wir brauchen deine Hilfe“, erinnerte Jack ihn.

Daniel nickte langsam. Dann sagte er: “Ich muss in die Antarktis und die Datenbank der Basis sehen, in der der Stuhl steht.“ Er drehte sich zu Jack um und blickte zu ihm auf. “Ich helfe euch.“

weiter: Teil 3
Kapitel 3 by JolinarJackson
3.


Realität Nr. 389

“Wie bitte?!“, fragte Jack fassungslos und starrte seinen besten Freund an, als wäre er verrückt geworden.

Daniel stand mit dem Rücken zum Spiegel, eine Hand hinter seinem Rücken in der Nähe der Spiegeloberfläche, und blickte Jack bittend an. “Sie brauchen meine Hilfe, Jack. Ich werde nicht lange weg sein. Ich will ihnen nur helfen, die Adresse zur Verlorenen Stadt zu finden und sie vielleicht dorthin begleiten und in ein paar Tagen bin ich wieder da.“

Jack blickte ungläubig zu Sam, die mit einer Hand in ihren blonden, kurzen Haare dastand und Daniel fassungslos anblickte. Teal’c hob eine Augenbraue, sodass sie beinahe das goldene Tattoo auf seiner Stirn berührte. Angesichts des ungläubigen Schweigens seiner Teamkameraden erklärte Daniel: “Ich muss ihnen helfen, Jack. Ihre Erde steht kurz vor dem Untergang.“

“Daniel, diese Leute haben sich hier eingeschlichen und dich entführt. Was, wenn sie lügen? Wir können dich da nicht rausholen, verstehst du? Wir haben keine Fernbedienung zum Spiegel. Du wärst auf dich allein gestellt.“

Daniel verdrehte die Augen. “Das ist mir doch vollkommen klar. Aber, Jack … ich muss ihnen helfen.“

Jack blickte zu Sam. “Carter!“

“Was?“ Sie blickte ihren Vorgesetzten ratlos an.

“Sagen Sie was“, verlangte Jack.

“Was soll ich sagen, Sir?“

“Daniel Jackson ist in der Lage, selbst Entscheidungen zu fällen, O’Neill“, sagte Teal’c, die Hände gelassen hinter dem Rücken verschränkt.

Jack blickte zu dem größeren Mann auf. “Herzlichen Dank, T.“

Teal’c neigte das dunkelhäutige Haupt, als würde er sagen wollen “Keine Ursache“ . Ob der Jaffa den Sarkasmus in der Stimme seines irdischen Freundes bemerkt hatte, gab er nicht zu erkennen.

Jack wandte sich wieder an Daniel. Seine braunen Augen blitzten entschlossen auf. “Du bleibst hier. Komm von dem Spiegel weg.“

“Nein, Jack“, antwortete Daniel.

Jack hob die Augenbrauen. “Nein?“ Er blickte zu Sam. “Carter!“

“Ich … Sir, ich …“ Ihr hübsches Gesicht zeigte Ratlosigkeit, dann verdrehte sie die blauen Augen. “Ich würde ihnen an Daniels Stelle auch helfen, Sir.“

“Wer hat behauptet, dass ihr zwei zu den klügsten Menschen der Erde gehört?“, fragte Jack und blickte zwischen seinen beiden jüngsten ehemaligen Teammitgliedern hin und her. Dann fixierte er Daniel mit einem entschlossenen Blick. “Komm von dem Spiegel weg.“

“Nein, Jack.“

“Ihr Daniel soll ihnen helfen.“

“Er ist tot. Also ist entropisches Kaskadenversagen auch kein Problem. Ich kann nicht krank werden, wenn mein Alter Ego tot ist“, antwortete Daniel.

“Super. Dann müssen wir uns ja nur noch um Ba’al, diese komischen Ori, die verrückten Alter Egos und deine Vorliebe, dich in Schwierigkeiten zu bringen, sorgen. Du gehst nicht.“

Daniel starrte Jack entschlossen an, Jack starrte Daniel entschlossen an.

“Doch“, sagte der Archäologe schließlich.

“Nein.“

“Doch.“

“Nein.“

“Jack-“

“Daniel?“

Der Archäologe schüttelte den Kopf, fuhr sich durch die dunklen Haare und sagte dann: “Wir sehen uns.“

Jacks Augen weiteten sich entsetzt. “Nein, Daniel, wag es ja nicht!“

Aber der Archäologe lehnte sich zurück und berührte den Spiegel.



Realität Nr. 298

“Schaltet ihn ab“, sagte Daniel und der junge Techniker, der neben Jack stand, gehorchte. Das letzte, was Daniel sah, war Jacks wütendes Gesicht, als er auf den Spiegel zustürzte, dann war die Oberfläche blind.

“Huh“, machte Jack und fragte: “Lief gut, oder?“



***



Daniel schloss die blaue Fleece-Jacke, die er aus Daniel Jacksons Schrank im SGC geholt hatte, und blickte zu dem General auf. Jack war damit beschäftigt, Young letzte Anweisungen zu geben. Dann trat er neben Daniel an das Aussichtsfenster auf der Brücke der Artemis und schloss seine Fleece-Jacke ebenfalls. Dann zog er am Saum des Pullovers, den er darunter trug und blickte Daniel entschuldigend an. “Die Antarktis-Basis ist nicht so gut geheizt. Wir müssen aufpassen, dass nicht alles weg schmilzt.“

Daniel nickte verstehend. “Ist bei uns genauso.“

Jack drehte sich zu Colonel Young um. “Wir geben Ihnen Bescheid, wenn wir zurück wollen. Sie wissen, wie Sie mich erreichen. Egal, was passiert … ich will es wissen.“

“Ja, Sir“, antwortete Young. Dann nickte er Major Marks zu. Daniel winkte Young noch kurz zu, ehe er vor dem grellen Licht die Augen schloss.

Als er sie öffnete, stand er in der Basis in der Antarktis. Über ihm erhob sich eine Glaskuppel, gestützt von Metallstreben. Durch die Kuppel konnte Daniel den Himmel sehen – blau und wolkenlos. Nichts deutete auf die Gefahr hin, die im Weltall lauerte. Der Boden war vom Schnee befreit worden, aber vereist und reflektierte die einfallenden Sonnenstrahlen. Schneeraupen und andere Fahrzeuge waren hier geparkt. Hinter Daniel befand sich der Ausgang zum ewigen Eis. Zu seiner rechten führte ein Gang zur bewohnten Sektion der Basis. Daniel kannte das Layout des Stützpunktes in seiner Realität: im bewohnbaren Teil befanden sich zwei Gästequartiere, die Quartiere der Wissenschaftler und Soldaten, mehrere Labors, eine Kantine, eine kleine Krankenstation und Badezimmer. Eine winzige Stadt mitten im Nirgendwo. Links von ihm saßen zwei Soldaten an einem Schreibtisch neben dem Eingang zu einem improvisierten Lift, der hinunter zum Herz der Basis führte. Dort lagen eine kleine und eine große Kammer – von den Antikern vor Millionen von Jahren erbaut, als sie noch auf der Erde gelebt hatten. In dem kleinen Raum hatten sie in Daniels Realität eine Datenbank der Antiker gefunden, angefüllt mit Chroniken und Plänen von Raumschiffen, die scheinbar schon vor Jahrtausenden ins All geschickt worden waren, um neue Gegenden des Universums zu erkunden. Daniel hatte Jack bereits danach gefragt und der hatte ihm bestätigt, dass in dieser Realität eine ähnliche Datenbank gefunden worden war und untersucht wurde.

In der großen Kammer unter dem Eis ruhte hier wie auch in Daniels Realität der Antiker-Stuhl – rein theoretisch fähig, Drohnen auf feindliche Schiffe zu schießen und die Erde damit zu verteidigen. Aber Jack hatte ihm bereits erklärt, dass die Energiequelle, die der Stuhl dafür benötigte – das Zero-Point-Modul – erschöpft war.

Zwar konnte der Stuhl weiterhin aktiviert werden, aber nur einzelne Drohnen abfeuern und diese nicht sehr weit. Jack hoffte, dass sie ein solche ZPM in der Verlorenen Stadt finden würden. Ein paar neugierige Blicke trafen sie, aber die Menschen gingen zurück an die Arbeit, als sie Jack erkannten. Daniel sah sich um. “Genauso wie bei uns“, sagte er.

“Ich zeige dir die Datenbank“, antwortete Jack und ging voran in die Richtung des bewohnbaren Teils. Wissenschaftler kamen ihnen entgegen und nickten Jack grüßend zu. Daniel brauchte einen Moment, um sich an das grelle Neonlicht zu gewöhnen.

“Wir haben die Datenbank runterladen und auf unsere Computer ziehen können.“ Jack deutete zum Ende des Korridors. “Da hinten sitzt unser Experte.“

Sie passierten mehrere Türen und weitere Korridore und waren noch ein ganzes Stück von ihrem Ziel entfernt, da öffnete sie sich und ein Mann stürmte auf den Korridor. Er hatte kurze dunkle Haare, trug eine grell orange Fleece-Jacke und er kam Daniel irgendwie bekannt vor.

“Und möglicherweise“, wetterte er und drehte sich zurück zur Tür, um in den Raum sprechen zu können, “ist genau das die Lösung, an die wir nicht herankommen, weil Sie zu feige sind.“ Die Tür schloss sich automatisch und der Mann wandte sich ab. Er kam auf Jack und Daniel zu. Daniel erkannte Rodney McKay, als der Wissenschaftler vor ihnen stehen blieb und Jack anfunkelte, die ohnehin schon schmalen Lippen eng zusammengepresst. “Dieser störrische Angsthase verhindert jeglichen Fortschritt an dem Projekt. Aber Sie mussten ihn ja unbedingt einstellen.“

Jack ließ ein leidiges Seufzen hören. “Er ist-“

“Ja“, unterbrach Rodney ungeduldig. Er schien Daniel erst jetzt zu bemerken und gab ihm einen abschätzenden Blick.

Daniel streckte rasch die Hand aus. “Ich bin Daniel Jackson.“

Rodney ignorierte die Begrüßung und warf die Hände in die Luft. “Hört hier eigentlich niemand auf mich?“ Damit schob er sich an ihnen vorbei und stolzierte davon.

Jack räusperte sich. “Das war Dr. Rodney McKay. Er leitet die Suche nach der Adresse und ist unser Experte für den Spiegel.“

“Ich kenne ihn“, sagte Daniel. Rodney McKay – egozentrisch, wehleidig und vorlaut – war lange Sams Nemesis gewesen. Daniel hatte inzwischen das Gefühl, dass sie sich aneinander gewöhnt hatten, was wahrscheinlich nur deshalb möglich war, weil Rodney eher selten im Stargate Command anwesend war und Sam seine kläglichen Anmachversuche ignorierte.

Auch in Daniels Realität war er einer der führenden Wissenschaftler in der Antarktis-Basis. Es war Sam gewesen, die Rodney für die Stelle vorgeschlagen hatte.

“Ihr habt also auch einen?“

Daniel nickte. “Aber ich habe nicht viel mit ihm zu tun.“

“Glückspilz“, antwortete Jack, “Er war übrigens dagegen, dich zu holen.“ Jack ging weiter den Korridor entlang.

Als er die Tür öffnete, durch die Rodney gekommen war, sagte ein Mann: “Nein, Rodney. Ich setze mich nicht in den Stuhl.“ Er drehte sich zu ihnen um und Daniel erkannte, dass er in seinem Alter sein musste. Er hatte dunkle Haare und ein freundliches, rundes Gesicht. Er saß an einem der vier Computer. Regale mit medizinischen Fachbüchern und Whiteboards mit komplizierten Gleichungen waren im Raum verteilt. In einer Ecke stand ein Heizelement, daneben ein Tisch mit einer Mikrowelle und einer Kaffeemaschine. Der Raum war fensterlos wie alle anderen hier und erhellt durch Neonlampen.

Als der Mann Jack erkannte, weitete er erschrocken die strahlend blauen Augen. “Oh, Sie sind es.“

“Dr. Beckett“, grüßte Jack mit einem Lächeln, “Probleme?“

“Haufenweise“, antwortete der Mann, “Alle haben mit diesem … diesem …“

Er brach mit einem hilflosen Kopfschütteln ab und Jack meinte: “Unser Land ist Ihnen sehr dankbar, dass Sie es mit ihm aushalten.“

Beckett und Jack teilten ein kurzes Lachen über den scheinbar oft erprobten Scherz. Jack nickte zu Daniel. “Das ist Dr. Daniel Jackson.“

Beckett schüttelte seine Hand. “Ich habe viel von Ihnen gehört“, sagte er und Daniel bemerkte, dass er einen schottischen Akzent hatte, “Sie kommen aus einer … anderen Realität?“

Daniel nickte. Beckett lachte ungläubig. “Das ist so … verrückt.“

Daniel zuckte mit den Schultern und lächelte, unsicher, was er darauf erwidern sollte.

“Dr. Carson Beckett“, stellte Jack vor, “besitzt ein ungewöhnlich starkes Antiker-Gen. Wir haben ihn durch Zufall gefunden. Er hat das Gen auch entdeckt. Manche Technologie der Antiker kann nur von Menschen mit den entsprechenden Genen bedient werden. Glaub mir, unsere Biologen sind absolut begeistert von der ganzen Sache. Sie schreiben die Evolution neu, da wir ja irgendwie mit den Antikern verwandt sein müssen. Ich habe das Gen. Aber Dr. Beckett ist unser bisher begabtester Kandidat.“

Daniel blickte Carson mit neu entfachtem Interesse an. “Wirklich? Das ist beeindruckend.“

Carson zuckte mit den Schultern. “Ich würde ja sagen Danke, aber leider bin ich nur halb so begeistert darüber wie jeder andere hier.“

“Geben Sie der Sache noch ein paar Tage, Doktor.“

An Daniel gewandt erklärte Jack: “Er hat vor zwei Wochen von dem Stargate-Programm erfahren.“

“Oh!“, lächelte Daniel, erinnerte sich an seine eigene Überwältigung, als er das Tor das erste mal gesehen hatte, “Dann sollten Sie der Sache tatsächlich noch etwas Zeit geben. Sie sind also in der Lage, den Stuhl zu steuern?“

Carson verzog das Gesicht. “Wenn Sie damit meinen, dass ich in der Lage bin, beinahe einen Militärhubschrauber abzuschießen, dann Ja. Ich fürchte, ich habe zwar das Gen, aber kein Talent. Doktor McKay will mich dazu bringen, wieder auf den Stuhl zu steigen, aber ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.“

Jack wurde ernst. “Könnte es etwas bringen im Bezug auf die Adresse?“

“Wissen wir nicht“, antwortete Carson.

“Ich habe bei uns bisher keine Hinweise darauf gefunden, dass die Adresse im Stuhl versteckt ist“, antwortete Daniel.

McKays Stimme hinter ihnen unterbrach das Gespräch: “Sie haben keine Ahnung. Ich bin derjenige, der dieses Projekt seit Monaten leitet. Ich weiß mehr darüber, als jeder andere hier.“

“Und doch“, meinte Jack mit gehobenen Augenbrauen, “kommen Sie nicht voran.“

Rodney runzelte die Stirn. “Wissenschaft kann man nicht hetzen, General.“

“Daniel wird Ihnen jetzt unter die Arme greifen.“

Rodney schnaubte. “Was weiß er schon?“

Daniel zog die Augenbrauen zusammen. “Ich arbeite in meiner Realität an diesem Projekt.“ “Wir haben ihn hergeholt, um zu helfen.“

“Wirklich?“, fragte Rodney und blickte zu Jack, Herausforderung in den blauen Augen, “Also gibt es tatsächlich einen relevanten Grund für seine Anwesenheit.“

Carson senkte den Blick, beinahe beschämt. Eine wortlose Kommunikation schien zwischen Jack und Rodney zu entflammen. Sie starrten sich an, die Spannung im Raum plötzlich erdrückend. Daniel verschränkte die Arme und blickte ratlos von einem zum anderen. Schließlich löste Jack sich aus der Starre. “Sie arbeiten zusammen, Doktor.“ Er machte sich auf den Weg zur Tür. “Keine Widerworte.“ Damit verließ er den Raum.

Carson räusperte sich und wirkte beinahe peinlich berührt, während Rodney sein finsteres Starren auf Daniel heftete. “Nun, Sie haben den General gehört“, sagte er, seine Stimme widerwillig, und trat an einen der Computer, “Fangen wir an.“

weiter: Kapitel 4
Kapitel 4 by JolinarJackson
4.


Die Datenbank befand sich auf den Computern, aber Daniel zog es vor, sie im Original zu betrachten. Auf Carsons Berührung hin erhob sich ein holographischer Bildschirm aus der einfachen, grauen schmalen Box, die Rodney als USB-Stick der Antiker bezeichnete. Die Lettern leuchteten orange-rot auf einem hellen, gelblichen Hintergrund und Daniel fuhr mit der Hand durch die Projizierung, fasziniert, bevor er begann, sich auf die unzähligen Texte darin zu konzentrieren. In seiner Realität hatte er bisher nicht die Möglichkeit gehabt, die Datenbank im Original zu sehen, sondern an seinem Computer daran gearbeitet.

Wie sich herausstellte, war diese Datenbank der in seiner Realität sehr ähnlich. Die nächsten Stunden konzentrierten Daniel und Rodney sich darauf, die Einträge nach Hinweisen durchzugehen, während Carson etwas abseits an einem Computer saß, dicke Bücher wälzte und Notizen machte.

Daniels Augen überflogen den ihm bekannten Text, bis er über einen Absatz stolperte und inne hielt. “Huh.“

Rodney blickte von seinem Bildschirm auf. “Was?“, fragte er. Daniel antwortete nicht, ganz auf den Text konzentriert, und so kam Rodney zu ihm. Er schob Daniel zur Seite und blickte selbst genauer auf den Text, die Augen angestrengt zusammen gekniffen. “Wo haben Sie diesen Text gefunden?“

Daniel zuckte mit den Schultern. “Ich wollte sehen, ob Informationen über den Stuhl in der Datenbank sind und habe unter Praclarush Taonas nachgesehen.“

Carson hob fragend die Augenbrauen. “Was heißt das?“

Rodney seufzte. “Ein Team von uns war dort, nachdem General O’Neill letztes Jahr das Wissen der Antiker in seinen Kopf runter lud. Auf Praclarush Taonas fanden wir den Hinweis, dass die Verlorene Stadt auf der Erde liegt.“

“Nur ist sie längst nicht mehr hier“, bestätigte Daniel, “Wir haben dasselbe erlebt.“ Er rieb sich die Stirn. Kopfschmerzen machten sich langsam bemerkbar.

“Ja, aber wie bringt uns das weiter?“

Daniel deutete auf den Text. “Hier steht, dass ein Teil der Verlorenen Stadt für immer auf der Erde bleiben wird. Wir wissen, dass das die Basis unter dem Eis ist. Und dass jeder, der von antikischem Blut ist, die Stadt finden kann, wenn er sella findet.“

“Okay“, meinte Rodney. “Wir haben antikisches Blut“, sagte mit einem Blick zu Carson, der aufstand und zu ihnen kam. “Wo finden wir diesen Sella-Typen?“

Carson verdrehte die Augen. “ Sella heißt Stuhl, Rodney. Sollten Sie Latein nicht beherrschen?“, fragte er und fing sich einen bösen Blick von Rodney ein, den er mit einem ironischen Lächeln abwehrte.

Rodney konzentrierte sich auf Daniel. “Also brauchen wir doch den Stuhl.“

“Ja und jemanden mit dem Antiker-Gen, um ihn zu bedienen“, antwortete Daniel. Beide blickten zu Carson.

Der hob abwehrend die Hände und machte einen Schritt zurück. “Nein. General O’Neill-“

“Ist unterwegs. Der Mann hat wichtigeres zu tun, als sich in den Stuhl zu setzen“, meinte Rodney.

Carson weitete beleidigt die Augen. “Und ich nicht?“

“Nein“, antwortete Rodney.

“Ich will nicht“, sagte Carson, “Ich werde alle umbringen, wenn ich mich da rein setze.“

“Carson-“

“Rodney“, unterbrach Daniel und trat zwischen die beiden Männer, “gehen Sie doch schon mal vor und bereiten Sie alles am Stuhl vor, okay? Wir kommen gleich nach.“

Rodney starrte ihn skeptisch an.

“Bitte“, sagte Daniel. Rodney starrte ihn noch einen Moment unentschlossen an, dann stapfte er davon. Wenn es möglich war, eine automatisierte Tür zuzuwerfen, dann hatte er es gerade getan.

Carson fuhr sich durch die kurzen Haare. “Ich kann das nicht.“

“Carson“, sagte Daniel und ergriff seine Schultern, “es wird nichts passieren.“ Er lächelte zuversichtlich. “Sie dürfen keine Panik haben, sonst aktivieren sie versehentlich das falsche System. Das könnte der Grund sein, aus dem Sie eine Drohne abgefeuert haben, anstatt andere Bereiche des Systems zu öffnen. Irgendwo in diesem Stuhl ist eine Datenbank – wir brauchen sie. Das Schicksal der Erde hängt davon ab.“

Carsons Augen weiteten sich. “Soll mich das beruhigen?“

Daniel verzog das Gesicht. “Hat das nicht funktioniert?“

Carson schüttelte den Kopf.

“Okay“, meinte Daniel, “aber es ist die Wahrheit.“

Carson seufzte und senkte den Blick. “Ich weiß.“ Er schaute zu Daniel auf. “Könnten Sie Rodney wenigstens davon abhalten, mich nervös zu machen?“

Daniel lächelte. “Ich tue, was ich kann.“



***



Die Antiker-Basis unter dem Eis erreichten Daniel und Carson über den Fahrstuhl unter der Glaskuppel. Erhellt wurde der Außenposten von Leuchtelementen, die die Wissenschaftler aufgestellt hatten. Es herrschte rege Betriebsamkeit. Mehrere Wissenschaftler standen um eine deaktivierte Drohne geschart und untersuchten sie. Die Waffe war so lang wie Daniels Arm und sah ein bisschen aus wie eine Qualle. Andere beschäftigten sich mit dem etwas abseits gelegenen Nebenraum, in dem die Datenbank gefunden wurde, und wieder andere mit dem Stuhl. Rodney stand auf dem Podest neben dem Stuhl, einen Laptop in der Hand und war voll und ganz auf das konzentriert, was der Bildschirm ihm zeigte. Als Carson und Daniel näher kamen, blickte er zu einem etwas älteren Mann mit einer Brille und etwas längeren, hellbraunen Haaren, der am Fuß des Podests stand.

“Was soll das sein?“, fragte Rodney.

Der Mann verschränkte die Arme – kampfbereit – und antwortete mit einem starken tschechischen Akzent: “Das ist die Energieberechnung des ZPMs.“

“Nein, das ist Mist“, antwortete Rodney und gab ihm den Laptop zurück, “Muss ich denn alles alleine machen?“

Carson und Daniel blieben stehen und beobachteten, wie Rodney wild auf die Tastatur einhieb, während der andere Mann das Gerät hielt.

“Das ist Radek Zelenka“, sagte Carson leise, “Er ist sehr gut, aber Rodney weigert sich, das anzuerkennen.“

Zelenka schüttelte den Kopf. “Rodney“, sagt er fest und klappte den Laptop zu, “Dr. Rush persönlich hat diese Berechnungen kontrolliert.“

“Rush ist ein Idiot“, antwortete Rodney, “Er hat hier überhaupt keine Befugnis. Wie kommen Sie dazu, ihn einzubeziehen? Er soll sich mit dem Stargate beschäftigen und nicht mit meinen Abteilungen.“

Zelenka verdrehte die Augen. Rodney bemerkte Daniel und Carson und atmete erleichtert aus. “Na, wunderbar! Sie haben ihn überredet.“ Er kam auf Carson zu und schob ihn mit einer Hand das Podest hoch und zu dem Stuhl. Carson blickte zögerlich zu Daniel, dann atmete er durch. “Also“, sagte Rodney, “setzen Sie sich.“

Carson ließ sich auf dem Stuhl nieder, als würde er ihn beißen, sobald er ihn berührte, und lehnte sich dann zurück. Das Gerät erwachte zum Leben. Die Rücklehne verlagerte sich nach hinten und die Beinstützen nach oben. So glich er eher einem Liegestuhl. Carson hatte die Hände um die Lehnen verkrampft und die Augen fest geschlossen.

“Whoa!“, rief jemand und Daniel folgte dem Ruf zu der Drohne auf dem Untersuchungstisch. Sie leuchtete und vibrierte – bereit zum Abschuss.

“Carson“, sagte er rasch und eilte das Podest hoch und zu dem Arzt. Er legte seine Hände auf Carsons Schultern. “Entspann dich“, sagte er eindringlich. Zelenka murmelte einen tschechischen Fluch, als die Drohne vorwärts ruckte, dann jedoch wieder liegen blieb. Die Wissenschaftler stoben auseinander und zu den Wänden, als könne sie das vor der Waffe schützen. “Nein“, sagte Daniel fest, “Ganz ruhig.“

Rodney verdrehte die Augen. “Herr Gott noch mal, Carson, jetzt kriegen Sie-“

“Sh!“, unterbrach Daniel ihn. “Carson“, sagte er dann fest, “Panik aktiviert das Waffensystem. Entspann dich.“

Carson kniff angestrengt die Augen zusammen. Rodney mischte sich ein. “Denken Sie an den Zitronenkuchen Ihrer Mutter.“

Daniel blickte ihn fragend an und Rodney zuckte mit den Schultern. “Er hat letzte Woche eine halbe Stunde davon geredet“, meinte er und verdrehte die Augen. Ein blick zur Drohne zeigt Daniel, dass sie nicht mehr leuchtete.

“Guter Gedanke“, meinte er zu Rodney und der zuckte mit den Schultern. An Carson gewandt sagte Daniel: “Sehr gut.“

“Okay?“, fragte Carson unsicher, “Was jetzt?“

Daniel blickte zu Rodney. “Was denken Sie?“

“Ich?“, fragte Rodney, “Ich dachte, Sie sind das Genie aus einer parallelen Realität.“

Daniel verdrehte die Augen. “Okay, wir wissen, dass Antiker-Technologie gedankengesteuert funktioniert.“

“Ja“, meinte Rodney, “Zumindest dann, wenn man das Gen hat.“

Zelenka murmelte: “Was bei Ihnen ja nicht der Fall ist.“

Rodney starrte ihn böse an. “Das habe ich gehört.“

“Carson“, sagte Daniel, “ich will dass Sie an die Verlorene Stadt denken.“

Carson nickte, aber nichts passierte.

“Das war wohl nichts“, meinte Rodney.

“Nein“, antwortete Daniel, “Mein Fehler. Carson, die Antiker haben Latein gesprochen und möglicherweise sind Informationen über die Verlorene Stadt mit einem Code geschützt. Denken Sie urbis perisse.“

Plötzlich leuchtete der Stuhl auf und Carson öffnete die Augen. “Oh!“, machte er und starrte an die Decke. Daniel und Rodney folgten seinem Blick. Zelenka entkam ein erstaunter Laut und alle Anwesenden starrten zu dem Hologramm, das über dem Stuhl erschienen war.

Daniel betrachtete die Abbildung der Milchstraße mit großen Augen und Rodney trat neben ihn. “Wow!“, machte er.

“Allerdings“, antwortete Daniel. Das Bild der Milchstraße wurde kleiner und antikische Buchstaben erschienen daneben.

“Was steht da?“, fragte Carson.

Daniel konzentrierte sich auf die Buchstaben. “Terra inde itneras … testamentum …“ Er riss die Augen auf. “… Atlantis.“

“Atlantis“, wiederholte Rodney nickend.

Carson schüttelte den Kopf. “Aber Atlantis … Atlantis gibt es nicht.“

“Es ist die Verlorene Stadt“, sagte Daniel atemlos. Er starrte Rodney ungläubig an. “Atlantis.“

Rodney wandte sich an Zelenka. “Machen Sie ein Video davon.“

Zelenka verdrehte die Augen, aber er gehorchte und ging, um eine Kamera zu organisieren.

“Carson, Sie müssen durchhalten“, sagte Daniel.

Der Arzt nickte. “Das geht schon. Es ist nicht so anstrengend.“

Rodney runzelte die Stirn. “Terra inde itneras. Testamentum Atlantis“, sagte er, “bedeutet: Von der Erde aus … itneras … um zum Vermächtnis Atlantis zu kommen.“

“Ja“, nickte Daniel. Zelenka kehrte mit einer Kamera zurück und begann zu filmen. Alle Anwesenden waren inzwischen um den Stuhl versammelt und folgten der Diskussion.

Rodney räusperte sich. “Was bedeutet denn itneras?“

“Es bedeutet nichts“, antwortete Daniel, “Das Wort gibt es nicht.“

“Vielleicht ist es ein Tippfehler“, meinte Rodney. Daniel und Carson blickten ihn fragend an und Rodney zuckte mit den Schultern. “Was? Bloß, weil sie Raumschiffe und Stargates gebaut haben, während es Pangaea noch gab, heißt das noch lange nicht, dass sie unfehlbar sind. Ich meine, ich mache laufend Rechtschreibfehler.“

Carson verdrehte die Augen und Daniel antwortete: “Ich denke, nicht, dass es ein Fehler ist.“

“Sondern?“, wollte Carson neugierig wissen.

“Absicht“, antwortete Daniel.

“Wieso?“, fragte Rodney, skeptisch.

“Weiß ich noch nicht.“

“Klasse.“

Der Fahrstuhl rumpelte zu einem Stopp und Daniel drehte den Kopf. Jack stieg aus der Kabine und schien überrascht von der Ansammlung um den Stuhl zu sein. Er kam auf sie zu und die Menschen ließen ihn durch.

“Wie läuft es?“, fragte er.

“Die Antiker haben einen Tippfehler gemacht und jetzt glaubt Dr. Jackson, darin sei das Geheimnis des Universums verborgen“, antwortete Rodney. Daniel warf ihm einen finsteren Blick zu.

Jack nickte. “Für gewöhnlich hat Daniel Recht mit solchen Annahmen.“

Rodney verdrehte die Augen. “Mir war klar, dass Sie das sagen werden.“ Es lag eine unterschwellige Anklage in seinem Ton, die Daniel stutzen ließ.

Jack kniff verärgert die Augen zusammen. “Es ist Zeit fürs Mittagessen“, sagte er aber, ohne auf Rodney einzugehen, “Danny, du musst am Verhungern sein. Seid ihr hier fertig?“

Zelenka schaltete die Kamera aus. “Alles aufgezeichnet.“

Carson nahm das als Zeichen, dass er den Stuhl verlassen konnte. Das Hologramm erlosch und der Arzt stand rasch auf. So sehr er sich auch an den Gedanken gewöhnt zu haben schien, im Stuhl zu sitzen, er schien erleichtert, aufzustehen. Rodney seufzte: “Wir sollten sofort weiter arbeiten.“

Jack lächelte Daniel an. “20 Minuten werden keinen Unterschied machen“, lockte er. Er wurde ernster. “Ich kann von hier aus sehen, dass du Kopfschmerzen hast. Du brauchst eine Pause.“

Daniel seufzte tief. “Ja“, gab er zu, “okay.“

Carson nickte auf seinen fragenden Blick hin, auch bereit für eine Pause.

“Dr. McKay?“ fragte Daniel.

“Ich sollte weiter arbeiten“, sagte der Wissenschaftler kopfschüttelnd.

Carson schlug vor: “Ich bringe unsere Portionen ins Labor. Dann können Sie essen und arbeiten.“

Rodney gab sich einverstanden. “Nichts mit-“

“Zitrusfrüchten“, unterbrach Carson. Rodney drehte sich zu ihm um und Carson lächelte. “Ich weiß.“



***



Daniel rieb sich die Stirn, während er an einem der Tische in der Kantine saß und auf Jack wartete, der ihm angeboten hatte, sein Essen zu holen. Seine Gedanken kreisten noch immer um das Wort itneras. Es ergab keinen Sinn, dass die Antiker ein sinnloses Wort in ihre Datenbank integrierten. Vor allem bezweifelte er, dass es ein Fehler war – die Antiker machten in ihren Aufzeichnungen nie Fehler.

“Aspirin?“, fragte Jack und stellte ein Tablett mit zwei Tellern Suppe, zwei Schalen mit Salat und zwei Gläsern vor Daniel ab. Er zog die kleine Dose mit Tabletten aus seiner Hosentasche.

Ein Lächeln stahl sich auf Daniels Lippen. “Du hast Aspirin dabei?“

Jack räusperte sich. “Ich habe immer Aspirin dabei, Danny. Du … er hatte oft Migräne.“

Daniel blickte erstaunt zu Jack auf und senkte verlegen den Blick, als sein Starren ruhig erwidert wurde.

“Das ist … wow.“

“Dein Jack …“ Er brach ab und rührte in seiner Suppe. Daniel ahnte, was er hatte fragen wollen.

“Nein, nein. Er ist mein bester Freund und er ist auch derjenige, der mich in die Kantine schleift, wenn ich essen muss oder in die Krankenstation wenn es mir nicht gut geht … aber er trägt kein Aspirin mit sich herum.“

“Eure Beziehung ist etwas anders, als die zwischen Danny und mir“, antwortete Jack und stocherte in seinem Salat. Daniel nickte schulterzuckend. Er probierte die Suppe und merkte nicht nur, dass sie gut schmeckte, sondern auch, wie hungrig er eigentlich war.

Nach ein paar Minuten der Stille fragte er: “Also … wie ist er gestorben?“

Jack schloss gequält die Augen und Daniel schüttelte den Kopf. “Tut mir leid. Entschuldige. Ich hätte nicht fragen sollen, ich-“

“Er wurde von Ba’al getötet.“ Jack blickte zu ihm auf.

Daniel schüttelte den Kopf. “Tut mir leid. Du musst nicht-“

“Es ist nur natürlich, dass du es wissen willst, Danny. Du bist … du“, lächelte Jack beinahe hilflos. Er räusperte sich und erklärte dann: “Bevor sie Position im All über der Erde bezogen, war Danny mit einem Team in Ba’als Reihen unterwegs. Wir haben Gerüchte gehört, laut denen Ba’al sich mit Kalina zusammen schließen wollte und wollten sichergehen. Sie wurden gefangen genommen. Ba’al wählte unser Tor an und wir empfingen Bilder von der MALP, die wir vor dem Team durchgeschickt hatten und …“ Jack rieb sich mit einer Hand über den Mund, ehe er fortfuhr: “… sie hatten sie gefoltert. Vor unseren Augen hat Ba’al sie einen nach dem anderen getötet und verkündet, dass wir ihnen bald folgen würden.“

Daniel starrte Jack wortlos an. Der General räusperte sich und fuhr dann fort: “Wir haben ein Team hingeschickt. Ich habe bis zu dem Moment noch geglaubt, dass es ein Trick sein könnte … aber sie haben die … die Körper nach Hause gebracht.“ Jack blickte in Daniels Augen. “Er ist tot.“

“Das tut mir leid“, sagte Daniel, dem gerade erst auffiel, dass er das noch gar nicht gesagt hatte, “Das ist furchtbar.“

Jack seufzte. “Ja“, bestätigte er, “das ist es.“



***



Carson stellte einen Teller mit einem Sandwich neben Rodneys Tastatur ab und der Wissenschaftler hob den Blick. “Danke“, meinte er.

Carson nickte. “Kein Problem.“ Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben Rodney, um sein eigenes Sandwich zu essen. “Es ist zu meinem eigenen Schutz. Auf leeren Magen sind Sie unleidlich“, erklärte er mit einem Lächeln.

Rodney verdrehte die Augen. “Ich ahne, was jetzt kommt.“

“Noch unleidlicher als mit vollem Magen“, fuhr Carson grinsend fort.

Rodney unterdrückte ein Lächeln. “Ich finde es unglaublich, dass ein Typ wie Sie - ohne jegliche Erfahrung mit dem Tor, ohne wissenschaftlichen Hintergrund-“

“Medizin ist Wissenschaft“, unterbrach Carson.

Rodney schnaubte wegwerfend. “… ohne wissenschaftlichen Hintergrund - das Antiker-Gen abbekommt. Wie unfair ist das?“

Carson zuckte mit den Schultern. Rodney biss von dem Sandwich ab und seufzte erleichtert auf, als sein bereits recht hungriger Magen sich zu beruhigen begann. Carson legte fragend den Kopf schief. “Was erwarten Sie zu finden?“

Rodney blickte ihn fragend an.

“In Atlantis“, erklärte Carson.

“Die Lösung unserer Probleme“, antwortete Rodney.

Carson verdrehte die Augen. “Das weiß ich. Aber was?“

“Wenn ich das wüsste“, seufzte Rodney und blickte auf den Text, der auf seinem Bildschirm flirrte, “Es könnte alles sein. Die Antiker waren einfallsreich.“

“Irgendwie beunruhigend“, meinte Carson, “dass nur eine Hand voll Menschen auf der Erde weiß, dass wir kurz vor einem Krieg stehen.“

Rodney sagte nichts dazu. Carson richtete ernste, blaue Augen auf ihn und fuhr fort: “Aber Sie werden eine Lösung finden.“

Rodney hielt mit dem Sandwich auf dem Weg zu seinem Mund inne. Er blickte Carson an, der sich auf sein Sandwich konzentrierte. “Ich habe da volles Vertrauen“, fuhr der Arzt fort.

Rodney räusperte sich. “Ach ja?“

Carson blickte auf und schenkte ihm ein breites Lächeln und Rodney lächelte automatisch zurück.

“Sicher“, sagte Carson überzeugt, “Sie sind ein Genie, richtig?“ Er klopfte Rodney auf die Schulter, ehe er aufstand und an seinen Laptop zurückkehrte. Für gewöhnlich hätte Rodney eine sarkastische Antwort gegeben, aber er blickte Carson nur nach, murmelte ein “Sicher“ und fragte sich, ob das Sandwich vielleicht nicht mehr ganz in Ordnung gewesen war. Er fühlte sich etwas merkwürdig.

Carson seufzte müde und konzentrierte sich auf seinen Computer und seine Bücher. Rodney legte den Rest des Sandwichs auf seinen Teller und versuchte, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, aber es fiel ihm schwer. Er blickte zu Carson. Der Arzt wirkte in seine Arbeit vertieft. Neugierig geworden fragte Rodney: “Was tun Sie da eigentlich?“

Carson blickte über seine Schulter zu ihm. “Ich habe General O’Neill gesagt, dass ich einen Weg finden könnte, das Antiker-Gen zu synthetisieren.“

Rodneys Augen weiteten sich fasziniert und er kam zu Carsons Arbeitsbereich. “Das können Sie?“

“Ich weiß nicht“, antwortete Carson, “Ich kann’s versuchen, richtig?“

“Richtig“, antwortete Rodney und blätterte in dem medizinischen Fachwälzer, der aufgeschlagen auf der Tischplatte lag.

Carson legte eine Hand auf die von Rodney, um ihn daran zu hindern. “Lassen Sie das.“

Rodney zog seine Hand weg und stützte sich auf dem Tisch auf. “Also … könnten Sie Leuten, die das Gen nicht haben ermöglichen, die Antiker-Technologie zu benutzen, für die das Gen gebraucht wird.“

“Möglicherweise“, antwortete Carson, konzentrierte sich scheinbar auf seine Notizen, aber er wusste, wie sehr Rodney sich das Antiker-Gen wünschte. Er konnte die Aufregung des anderen Mannes neben ihm regelrecht spüren und verkniff sich ein Lächeln.

“Sie brauchen doch sicher Testpersonen.“

“Bieten Sie sich an?“, fragte Carson und blickte zu Rodney auf.

“Na ja, ich …“ Rodney verschränkte die Arme und meinte betont beiläufig: “Wenn Sie sonst niemanden finden.“

Carson lächelte und Rodney war etwas schockiert, als er merkte, dass er rot wurde. “Ich meine ja nur“, sagte er rasch und wandte sich ab, um zurück an seinen Tisch zu gehen.

Carson markierte seine Seite mit einem Stift und schlug das Buch zu. Er folgte Rodney zu seinem Platz und lehnte sich mit den Unterarmen auf den Tisch. “Bisher kamen Sie mir nicht so heldenhaft vor“, scherzte er mit einem Lächeln. Er stieß Rodney mit seiner Schulter an.

Rodney blickte auf seinen Bildschirm und antwortete etwas beleidigt: “Für die Wissenschaft …“

“Ich dachte, Medizin ist keine Wissenschaft.“ Dafür fing Carson sich einen bösen Blick ein. Er nahm ihn mit einem Lächeln. Rodney blickte in seine Augen und plötzlich wurde ihm bewusst, wie nah sie einander waren. Zu nah.

Es machte ihn nervös. Er räusperte sich und stand auf, ehe er zu einem der Whiteboards ging. “Ich muss weitermachen“, sagte er.

Carson seufzte tief und senkte den Blick. “Klar“, meinte er. Er beobachtete Rodney einen Moment dabei, wie er auf das Whiteboard schrieb, dann ging er zu seinem Tisch und nahm das Buch, seine Notizen und den Laptop hoch. “Ich werde ein bisschen in meinem Quartier arbeiten.“

Rodney nickte abgelenkt. Carson verließ das Labor so schnell wie möglich. Erst, als er weg war, blickte Rodney ihm nach. Er rieb sich die Stirn und versuchte, sich auf seine Berechnungen zu konzentrieren, aber sein Kopf war wie leer gewischt. Etwas war anders, als wäre alles etwas zusammen gerückt, um Platz für etwas neues zu schaffen. Er wusste nur nicht, was es war. Rodney seufzte und beschloss, später darüber nachzudenken. Da Carson nun weg war und ihn nicht mehr ablenken konnte, konnte er sich endlich auf seine Arbeit konzentrieren.

Erst, als Carson in seinem kleinen Quartier angekommen war, atmete er auf. Er lehnte sich an die geschlossene Tür und starrte ins Nichts. “Verdammt“, murmelte er. Rodney war arrogant, meistens nervtötend und sein Laune unberechenbar. Aber in den letzten zwei Wochen hatte er sich oft genug auch von einer weicheren Seite gezeigt – meistens dann, wenn er mal das Labor verließ und mit Carson zusammen etwas essen ging oder wann immer er ein gutes Stück in seinen Forschungen vorangekommen war.

Dann war er humorvoll, mitteilsam und aufmerksam. Und in diesen Rodney hatte Carson sich – ein wenig – verliebt. Nur hatte er überhaupt keine Ahnung, was Rodney fühlte.

Und da sie auf unbestimmte Zeit zusammenarbeiten würden, war es keine gute Idee, seine Gefühle anzusprechen. Aber vor gerade mal fünf Minuten hatte er sich vermutlich verraten. Und er hatte keine Ahnung, wie Rodney darauf reagieren würde.

weiter: Kapitel 5
Kapitel 5 by JolinarJackson
5.


Die Buchstaben bohrten sich in seine Augen und er dachte nach, ob es gesund wäre, eine vierte Aspirin zu nehmen. Als Carson vor Stunden bei Daniel und Rodney vorbei gesehen hatte, hatte er das Licht im Labor etwas gedämpft, um sie daran zu erinnern, dass sie ausruhen mussten. Bei Rodney hatte es funktioniert.

Sein Kopf lag nahe der Tastatur und er schnarchte leise. Daniel hob die Augenbrauen und fragte sich, ob er dem Wissenschaftler die grausamen Rückenschmerzen ersparen und ihn wecken sollte, um ihn ins Bett zu schicken oder ob er ihn so vornüber gebeugt liegen lassen sollte. Dann glitten seine Augen wieder zu dem Video, das der Computerbildschirm ihm zeigte. Er hatte Pause gedrückt und starrte seit einiger Zeit auf das Hologramm über dem Stuhl.

Itneras …“, murmelte er, als würde das seinen Denkprozess beschleunigen und die Kopfschmerzen verjagen. Er rieb sich die Stirn und stützte den Kopf auf eine Hand.

Das nächste, was er spürte, war eine Hand auf seiner Schulter. Erschrocken fuhr er zu Carson herum.

“Daniel, es ist drei Uhr früh“, sagte Carson leicht anklagend. Seine Hand ergriff automatisch Daniels Handgelenk und nahm seinen Puls. Die Bewegung wirkte so routiniert und natürlich, dass Daniel ihn nur stumm anblickte. Carson sah zu ihm auf und verzog mitleidig das Gesicht. “So schlimm?“

“Du erkennst an meinem Puls, ob ich Kopfschmerzen habe?“

“Nein“, antwortete Carson grinsend, “deine Stirn, deine Augenpartie … Migräne?“

Daniel nickte.

Carson seufzte. “Gehen Sie schlafen. Wenn es morgen noch nicht besser ist, werde ich mit Ihnen auf die Krankenstation gehen und wir finden ein passendes Schmerzmittel.“

Daniel sah ein, dass er etwas Schlaf nachholen musste und glitt von seinem Stuhl. Rodney ließ ein lautes Schnarchen hören und die beiden anderen Männer drehten sich in seine Richtung. Der Wissenschaftler hatte seine Position verändert, während Daniel eingenickt war.

Eine Hand lag unter seiner Wange, der andere Arm hing schlaff nach unten. Das einzige, was ihn davon abzuhalten schien, vom Stuhl fallen, war die Tatsache, dass sein Brustkorb gegen die Tischkante gepresst war. Sein Mund war leicht geöffnet und von seinem Mundwinkel zum Kinn trocknete eine Spur Speichel. Carson seufzte und verschränkte die Arme. “Gott, das ist so attraktiv“, meinte er ironisch und verdrehte die Augen. Daniel blickte zu ihm hinunter, nicht sicher, ob der Arzt nur einen Witz machte oder ob er einen Witz über einen Mann machte, für den er etwas empfand. Carson seufzte. “Wo ist mein Geschmack geblieben? Ich muss verrückt sein.“

Das beantwortete Daniels Frage. Carson warf ihm ein Lächeln zu, scheinbar plötzlich etwas nervös und Daniel lächelte zurück, um ihm zu versichern, dass er kein Problem mit der Tatsache hatte, dass Carson schwul war.

“Geh ins Bett“, sagte der Arzt, “Schlaf.“

“Was ist mit Rodney?“

“Ich kümmere mich um ihn“, antwortete Carson. Er zuckte mit den Schultern. “Ich bringe ihn ins Bett.“ Er nickte zur Tür. “Da sind Quartiere für Besucher weiter den Gang runter. Nummer 1 ist frei.“

Daniel nickte. “Okay.“



***



Daniel erwachte mit trockenem Mund und der Vermutung, dass ihn im Schlaf ein Truck überfahren hatte.

Er stöhnte leise und grub seinen Kopf in das Kissen. Das karg eingerichtete Gästequartier war nur schwach beleuchtet, aber das schon wenige Licht tat seinen Augen weh und ließ seinen Kopf hämmern. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass er die Auswirkungen der Reise in eine alternative Realität spüren könnte. Er kannte entropisches Kaskadenversagen, aber möglicherweise war das hier etwas, dem sie bisher noch nicht begegnet waren. Ihre Erfahrung mit dem Quantum-Spiegel war ziemlich begrenzt. Daniel richtete sich auf und kniff die Augen zusammen, um seine Pupillen vor dem Licht zu schützen. Er zog seine Schuhe an und brauchte zehn Minuten, um sie zuzubinden. Vielleicht hatte er auch einfach nur einen schlimmen Migräne-Anfall.

Als er das Labor betrat, waren Carson und Rodney schon da. Rodney grübelte vor dem Bildschirm über das Video und Carson stand neben ihm und blickte ihm über die Schulter. Er drehte sich zu Daniel um und sein grüßendes Lächeln verwandelte sich in ein tiefes Stirnrunzeln. “Noch immer so schlimm?“, fragt er besorgt. Bei seinen Worten drehte sich auch Rodney zu ihm.

“Schlimmer“, antwortete Daniel.

“Okay“, meinte Carson und kam auf ihn zu, “Krankenstation.“



***



Die Krankenstation war klein, für Daniels empfindliche Augen zu hell beleuchtet, aber dafür gut ausgestattet. Die Betten waren durch Vorhänge voneinander getrennt. Er konnte Türen sehen, die in ein Labor, zum Röntgen und in einen Lagerraum führten. Carson hatte ihn auf eines der Betten komplimentiert und ihn kurz untersucht.

Dann war er im Lagerraum verschwunden.

“Danny“, sagte Jack besorgt, als er in der Krankenstation eintraf und kam zu seinem Bett.

“Hey!“, grüßte Daniel mit einem gequälten Lächeln.

Jack verschränkte die Arme. “Dr. Beckett hat mich angerufen und meinte, du würdest dich nicht gut fühlen.“

“Es ist nur eine Migräne“, sagte Daniel rasch. Dann seufzte er. “Hoffe ich.“ Er blickte zu Jack auf. “Oder kennt ihr so etwas? Diese Art Symptome … tritt das manchmal nach einer Reise durch den Spiegel auf?“

Jack schüttelte den Kopf. “Nicht, dass ich wüsste. Aber ich werde mich im QMC melden und bei Dr. Lee nachfragen, nur, um sicherzugehen.“

“Entropisches Kaskadenversagen?“, fragte Daniel.

“Wie sollte das möglich sein?“, fragte Jack, “Mein … Daniel ist tot.“ Er räusperte sich und verbannte die Trauer aus seinen braunen Augen. “Außerdem ist EKV für Außenstehende optisch wahrnehmbar.“

“Richtig“, meinte Daniel leise. “Sicher nur eine Migräne“, meinte er dann mit einem Lächeln. Er hoffte, dass es so war. Sie waren in den letzten Jahren zu oft scheinbar harmlosen Erkrankungen über den Weg gelaufen, um nicht ein dumpfes Gefühl in der Magengegend zu hinterlassen. Um sich abzulenken fragte er: “Wo hast du dich gestern den Rest des Tages rumgetrieben?“

Jack lehnte sich an die Wand. “Na ja, ich war auf der Artemis, der Odin und im SGC und habe nachgesehen, wie die Arbeiten am Wahlprogramm laufen. Wir wollen schneller raus wählen als Ba’al rein wählen kann. Sieht ganz so aus, als würden wir es hinkriegen. Allerdings glaubt Dr. Rush, dass wir nur ein Mal anwählen können, ehe Ba’al in der Lage ist, noch schneller zu wählen. Unser Nachteil ist, dass er über ein DHD verfügt. Es fällt ihm leichter, ein schnelleres Wahlprogramm zu schreiben. Unsere Experten versuchen, rauszuholen, was sie können, aber letztlich verfügt Ba’al über viel mehr Informationen über das Tor als wir. Er hat sich damit beschäftigt und die Ori sind verdammt clever. Woher auch immer sie kommen, sie verstehen mindestens genauso viel vom Tor wie die Antiker.“

Daniel nickte vorsichtig. “Aber ein Mal wählen reicht, um Atlantis zu erreichen.“

“Ein Mal wählen reicht, um ausgewählte Menschen zu evakuieren. Die oberen Etagen wollen lieber die Alpha-Seite anwählen anstatt ein Ziel, dass uns möglicherweise gar nichts bringt.“

Daniel rieb sich die Stirn. “Also suchen wir vielleicht umsonst nach der Adresse.“

“Möglicherweise“, antwortete Jack.

Carson kam auf die beiden Männer zu. “Okay. Nimm die.“ Er hielt Daniel zwei Tabletten in einem kleinen Becher entgegen. “Die sollten innerhalb kürzester Zeit wirken. Du solltest sie jetzt nehmen und sofort etwas essen gehen.“

“Ich sorge dafür“, antwortete Jack.

Carson nickte ihm dankbar zu, dann wandte er sich an Daniel: “Ich will dich in frühestens einer halben Stunde zurück bei der Arbeit sehen.“

Daniel nickte widerwillig.



***



Die Kantine war voll, aber Jack und Daniel fanden zwei Plätze an einem der hinteren Tische. Jack sorgte dafür, dass Daniel sein Tablett für drei füllte, ehe er ihm erlaubte, sich zu setzen. Daniel hatte einen Kugelschreiber in seiner Hosentasche gefunden und das Wort itneras in antikischen Lettern auf eine Serviette geschrieben.

Nachdenklich betrachtete er es, während er aß. Sein Blick glitt zu Jack und er stützte den Kopf auf eine Hand.

“Jack?“, sagte Daniel und der General blickte von seinem Müsli auf, “In dieser Realität, gab es da … war ich da verheiratet?“

Jack legte den Löffel weg und rieb sich die Stirn. Daniel kannte die Geste. Sie bedeutete, dass Jack nervös wurde – er sah sie selten an seinem besten Freund.

“Warum fragst du?“

“Neugierde, denke ich“, antwortete Daniel mit einem Schulterzucken, “Ich war verheiratet.“

“Tatsächlich?“, fragte Jack überrascht, “Mit wem?“

“Sha’re … von Abydos.“

“Kasufs Tochter?“, fragte Jack lächelnd. Dann schüttelte er den Kopf. “Sie war schon verheiratet, als wir auf Abydos eintrafen. Es gab ein paar Mädchen, die Daniel schöne Augen gemacht haben, aber er hat nie eine von ihnen geheiratet. Er verbrachte ein Jahr auf Abydos, ehe er die Erde anwählte und zurückkehrte. Mit der Information in der Tasche, dass es noch mehr Stargates da draußen gibt.“

Daniel runzelte die Stirn. “Wow! So anders.“

“Du sagst, du warst verheiratet?“

“Sie ist gestorben“, antwortete Daniel.

“Das tut mir leid.“

Daniel nickte. Jack nahm den Löffel auf und drehte ihn nachdenklich in den Händen, dann schien er zu einem Entschluss zu kommen. “Weißt du, du … er … hatte hier jemanden.“

Daniel lächelte neugierig. “Wirklich?“

Jack nickte.

“Etwas ernstes?“, fragte Daniel.

“Sehr ernst“, antwortete Jack.

“Mit wem?“

Jack zuckte mit den Schultern, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. “Verrate ich dir nicht.“

Daniel lächelte. “Wenn ich dir etwas sage, was du noch nicht weißt – über jemanden hier auf der Basis – verrätst du es mir dann?“

Jack kniff die Lippen zusammen, ein spielerischer Ausdruck in den Augen. “Kommt auf die Information an. Ist sie gut?“

“Sehr gut“, antwortete Daniel.

“Lass hören“, forderte Jack.

Daniel lehnte er sich vor. “Carson scheint etwas für Rodney übrig zu haben.“

Jack weitete die Augen. “Niemals.“

“Doch“, antwortete Daniel lachend. Seine Augen blieben auf der Serviette hängen und er erstarrte. Plötzlich machte es einen Sinn. Es war kein Fehler – es war nicht mal ein Wort.

“Oh, mein Gott.“

“Was?“, fragte Jack besorgt. Daniel starrte auf die Serviette, dann zu Jack. Er blickte den General mit offenem Mund an.

“Was? Danny?“, fragte Jack.

Daniel stand auf. “Ich muss etwas nachprüfen.“ Damit verließ er die Kantine.

Jack rief ihm nach: “Lohnt es sich, mitzukommen?!“

Er erhielt keine Antwort.



***



“Ich hab’s!“, sagte Daniel, als er ins Labor stürmte und Rodney und Carson, die noch immer das Video betrachteten, starrten ihn überrascht an.

Carson begann zu lächeln. “Wirklich?“, fragte er.

Rodney wirkte skeptisch. “Tatsächlich?“

“Ja“, antwortete Daniel und trat an eines der Whiteboards.

Er griff nach dem Stift und schrieb ein Wort in antikisch darauf, als Jack ins Labor trat. “Habe ich was verpasst?“, fragte er.

Daniel schüttelte den Kopf. “Genau richtig.“ Er deutete auf das Wort. “Seht es euch an.“

Die drei gehorchten. Daniel wippte ungeduldig auf den Fußballen, aber als der ewige Lehrer, der er war, wartete er darauf, dass sie selbst auf die Lösung kamen.

“ Itneras?“, fragte Rodney langsam. Jack hob die Augenbrauen, eine fragende Geste, die Daniel von seinem besten Freund kannte.

“Was bedeutet das?“

“Nichts“, antwortete Rodney leicht genervt, “es ist der Rechtschreibfehler.“

“Daniel?“, fragte Jack.

“Seht es euch an“, wiederholte der Archäologe aufgeregt. Stille trat ein, während die drei wieder gehorchten.

Schließlich seufzte Rodney: “Okay, das ist albern.“

“Rodney“, sagte Carson tadelnd und der Wissenschaftler blickte zu ihm auf.

“Nein, ehrlich. Es ist ein Rechtschreibfehler. Er tut so, als wäre es ein Code.“

“Genau!“, rief Daniel und deutete triumphierend auf Rodney.

Jack fragte zögernd: “Es ist … ein Code?“

Daniel schrieb wieder auf das Whiteboard und als er zurücktrat, stand unter den Zeichen eine weitere Reihe von Zeichen.

Rodney stand auf. “Oh, mein Gott. Oh, das ist … genial“, sagte er begeistert und ging auf die Tafel zu. Carson und Jack warfen sich einen verwirrten Blick zu.

“Nicht wahr?“, fragte Daniel und deutete auf die untere Reihe, “Wer würde schon darauf kommen?“

“Wer würde dem irgendeine Bedeutung beimessen?“, ergänzte Rodney.

“Und selbst wenn …“, meinte Daniel.

“… braucht man ein extensives Wissen der Antiker-Sprache, um dahinter zu kommen“, meinte Rodney.

“Jungs“, unterbrach Jack, “Goa’uld- und Ori-Schiffe warten darauf, uns zu vernichten. Erklärt mir, was ihr habt.“

“Die Adresse“, sagte Rodney.

Daniel erklärte: “Das Wort itneras gibt es nicht. Wir dachten, es wäre ein Fehler. Aber wenn man die Buchstaben spiegelverkehrt schreibt, ergeben sie neue Zeichen, die Sinn ergeben.“

“Zahlen“, sagte Rodney begeistert. Er nahm Daniel den Stift aus der Hand und schrieb unter die Zeichen. “1, 5, 7, 12, 25, 27, 38“, las er vor.

Jack weitete die Augen. “Eine Adresse. Nein, es sind sieben Zahlen. Sollten es nicht sechs-“

“Die Adresse ist achtstellig. Eine andere Galaxie“, erklärte Daniel, “Wir haben sie. Die Adresse nach Atlantis.“

weiter: Kapitel 6
Kapitel 6 by JolinarJackson
6.


“Das ist ein Witz, oder?“, fragte Rodney schockiert und starrte Jack ungläubig an. Der General hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und blickte ihn mit gehobenen Augenbrauen an.

Er stand am Fenster des Konferenzraums im SGC. Durch dieses, eine Ebene tiefer, konnte man den Stargate-Raum sehen. Auf dem großen Konferenztisch lagen die Fleece-Jacken der vier Männer. Gleich, nachdem die Artemis sie mit der Asgard-Beamtechnologie von der Antarktis ins SGC gebracht hatte, hatten sie sich der warmen Jacken entledigt. Sie hatten die Adresse.

Nun ging es darum, wer nach Atlantis gehen sollte. Jack wollte die Gruppe so klein wie möglich halten, da jeder auf der Erde gebraucht und keine Gefahr in Atlantis erwartet wurde. Noch schimmerte der geöffnete Ereignishorizont hinter der Iris und warf Schatten an die Rückwand des Torraumes. In 24 Minuten würde sich das Tor abschalten. Die Frage war, ob die Wissenschaftler im Kontrollraum unter ihnen bis dahin in der Lage sein würden, schneller wieder anzuwählen als Ba’al. Jack hatte seinen Einfluss beim Präsidenten geltend gemacht und der hatte zugestimmt, die Reise nach Atlantis der Evakuation zur Alpha Seite vorzuziehen.

“Doktor McKay“, begann Jack, aber Rodney unterbrach ihn rüde.

“Nein. Ich gehe mit nach Atlantis. Denken Sie ja nicht, ich würde nicht mit durch dieses Tor gehen. Sie brauchen mich.“

Ein Räuspern hinter ihnen veranlasste Daniel dazu, sich umzudrehen. Ein Mann – kleiner als er – stand vor ihnen. Er hatte beinahe schulterlange braun-graue Haare und seine dunklen Augen blickten müde, aber entschlossen.

Er trug eine Brille, die seinen Drei-Tage-Bart nur noch mehr hervorheben zu schien, dafür aber dunkle Augenringe kaschierte. Als er sprach, konnte Daniel einen starken, schottischen Akzent heraushören, der ausgeprägter war als der von Carson. “Ich bin sicher, die Diskussion, wer mit nach Atlantis geht und wer nicht, ist höchst interessant, aber, General …“, und er blickte Jack bezeichnend an, “… wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. In 22 Minuten können wir das Tor anwählen. Sie sollten bereit zur Abreise sein.“

Jack ignorierte den stechenden Tonfall und blickte stattdessen zu Daniel. “Das ist Dr. Nicholas Rush, unser Stargate-Experte.“

Daniel konnte nicht umhin, Rodneys verächtliches Schnauben zu hören. Jack ignorierte es. “Er arbeitet an dem neuen Wahlprogramm. Doktor Rush, Sie kennen Dr. Jackson.“

Der Schotte nickte. “Sicher.“

Jack trat auf den Wissenschaftler zu. “Können Sie schneller wählen als Ba’al?“

“Sie können sich da sicher sein“, antwortete der Mann und blickte Rodney an, “Ich bin der führende Experte für die Stargate-Technologie.“

Rodney verdrehte die Augen und fragte: “Haben Sie eine Ahnung, wie wir zurückkommen, Dr. Rush? Das Tor wird vielleicht besetzt sein, wenn wir nach Hause kommen wollen.“

“Eine Stoppuhr sollte ausreichen, um Ihnen den korrekten Zeitpunkt zum Anwählen anzusagen. Mit ein paar Modifikationen des DHD auf der anderen Seite, die ich Ihnen genauestens aufschreiben werde, sollten Sie in der Lage sein, schneller zu wählen als Ba’al.“

“Wir sollten oder wir sind?“

Rush kniff verärgert die Augen zusammen und antwortete: “Vertrauen Sie meinem Urteil, Dr. McKay. Hätten Sie es nicht vorgezogen, sich mit dem QMC und der Basis in der Antarktis zu beschäftigen anstatt mit dem Tor, dann wüssten Sie, dass ich Recht habe.“

“Schon gut“, unterbrach Jack den schwelenden Streit, “Wir sind gleich im Kontrollraum, Doktor Rush.“

Der andere Mann nickte und verließ mit einem vernichtenden Blick in Rodneys Richtung den Konferenzraum.

“Dieser aufgeblasene Wichtigtuer“, murmelte Rodney, was ihm eine gehobene Augenbraue von Jack einbrachte.

“Ja, Doktor McKay, Sie sind da ganz anders“, kommentierte er. Rodney verschränkte die Arme. Jack kehrte mit einem Seufzen zu ihrem Thema zurück. “Ich brauche Dr. Beckett“, sagte Jack ruhig, “wegen seiner Fähigkeit, die Systeme der Antiker zum Laufen zu bringen und ich brauche Daniel, weil er die Sprache beherrscht.“

“Ich lese die Sprache der Antiker ebenso gut wie Dr. Jackson und ich habe noch dazu ein extensives Wissen über ihre Technologie, General. Wenn Sie mich mitnehmen haben Sie nicht nur einen Übersetzer, sondern auch jemanden, der tatsächlich weiß, wonach wir suchen. Der einzige Grund, aus dem Sie Dr. Jackson vorziehen ist doch der, dass er wie Ihr toter Lover aussieht.“

Totenstille trat ein. Daniel starrte Rodney an, dann Jack. Der General war blass geworden.

Carson versetzte Rodney einen leichten Stoß in die Seite. “Rodney“, zischte er.

“Was?“, fragte der Wissenschaftler, “Ist doch wahr.“

Jack räusperte sich. “Dr. McKay, Sie werden uns auf dieser Mission begleiten“, sagte er tonlos, “Wir treffen uns in 15 Minuten am Tor.“

Rodney nickte zufrieden und verließ den Konferenzraum. Carson warf Daniel einen unsicheren Blick zu, folgte dem anderen Mann aber, als Jack ihm auffordernd zunickte. Daniel wollte sich ihm anschließen, aber Jack sagte: “Danny, ich wollte es dir sagen.“

Daniel schüttelte den Kopf. “Nein. Das ist was Privates.“

Jack kam auf ihn zu. “Ich versichere dir, dass ich-“

“Jack“, unterbrach Daniel kopfschüttelnd, “wir haben keine Zeit dafür.“ Er lächelte. “Alles ist okay.“ Damit verließ er den Konferenzraum, Rodneys Worte wie eine Wiederholungsschleife im Ohr – und die Frage im Kopf, was er wirklich in dieser Realität machte.



***



Es war nicht so, dass der Gedanke ihn abstieß oder störte. Daniel hatte sich immer als ein liberaler Mensch gesehen, der nicht nur andere Kulturen akzeptierte und erforschte, sondern auch Sub-Kulturen offen gegenüber stand.

Er war nur etwas überrascht. Nicht wirklich wegen sich selbst – Daniel hatte im College eine Weile lang mit seinem Mitbewohner geflirtet, obwohl nie mehr daraus geworden war – sondern wegen Jack. Daniel war nicht der Typ Mann, der an Schubladen glaubte, aber Jack hatte bisher nie auch nur den geringsten Anlass gegeben, ihn für schwul zu halten.

Daniel sollte es wissen. Er hatte vor Jahren jegliche Hoffnung aufgegeben, dass Jack auf die Art an ihm interessiert sein könnte.

Daniel starrte auf den Spind seines Alter Egos und fuhr mit dem Daumen über das Namensschild. Hinter ihm beschwerte Rodney sich über unbequeme Schuhe, während Carson versuchte, die Ausrüstung, die ihm gegeben worden war, in der richtigen Reihenfolge anzuziehen. Daniel öffnete den Spind und blickte hinein. Uniformen lagen darin, ordentlich aufeinander gelegt. Grün auf beige auf schwarz. Basisuniformen waren ebenfalls da. Blaue und grüne. Im Regal darunter lag Zivilkleidung. Daniel erkannte den weißen Pullover wieder, den er in seiner Realität ebenfalls besaß. Es sah alles aus wie in seinem Spind. Das musste heißen … unter der Jeans fand er eines seiner Tagebücher. Manchmal überfiel ihn der Wunsch, direkt nach Dienstschluss oder vor Dienstbeginn etwas aufzuschreiben. Er hatte eines seiner Tagebücher immer in seinem Spind – gut versteckt unter seiner Kleidung.

Daniel nahm es an sich und öffnete es, blätterte durch Tagebucheinträge und hielt inne, als er auf ein Foto traf. Cassie, Jack und er selbst auf den Stufen der Veranda hinter Jacks Haus. Daniel saß eine Stufe niedriger als Jack und lehnte an seiner Schulter. Cassie hockte hinter Jack und hatte die Arme um seinen Hals geschlungen.

Sie lächelten in die Kamera. Daniel drehte das Foto um.

Onkel Jack, Onkel Daniel und ich nach meinem Einzug, Sommer 2004

Daniel steckte das Foto zurück und blätterte zum letzten Eintrag. Ihm fiel ein Zettel entgegen. Jacks Handschrift ignorierte die vorgegebenen Linien darauf. Die blaue Farbe des Kugelschreibers war leicht verblasst und das Papier weich und mitgenommen. Alt.

Noch ein Jahr, Danny.

Darunter ein Smiley. Carsons leise Stimme ließ ihn zusammen zucken.

“Daniel?“

Er schlug das Notizbuch zu und blickte ihn an.

“Alles okay?“, fragte Carson besorgt. Er trug die volle schwarze Missionsausrüstung, sogar die Schutzweste, sein Rucksack über einer Schulter. Rodney war nicht mehr da.

Daniel räusperte sich und nickte. “Sicher.“

“Wir müssen los“, meinte Carson.

“Ja“, antwortete Daniel langsam, “sicher. Ich komme sofort.“

Carson nickte und verließ die Umkleide. Daniel seufzte tief und steckte das Notizbuch zurück, ehe er nach der schwarzen Uniform griff.

Der Gedanke stieß ihn nicht ab und er störte ihn auch nicht.

Tatsächlich war Daniel etwas neidisch.



***



Der Torraum war zwei Ebenen hoch und beinhaltete neben dem riesigen Ring aus Naquadah, der zu anderen Planeten führte, nur die Rampe, die hinauf zum Tor verlief. Daniel stand mit Carson am Fuß der Rampe, als das Stargate sich schloss. Sofort startete eine Neuanwahl. Auf der Rampe vor Daniel und Carson stand eine MALP, bereit, das Gebiet für das Einsatzteam zu erkunden. Die Iris blieb geschlossen, während das Tor wählte. Daniel blickte über sein Schulter in den durch ein Fenster vom Torraum getrennten Kontrollraum, wo Dr. Rush konzentriert auf einen Bildschirm starrte und Rodney ignorierte, der in seiner schwarzen Uniform neben ihm stand und auf ihn einredete. Jack – ebenfalls in Missionsuniform – beobachtete die beiden amüsiert, während die Techniker um sie herum den Streit ignorierten. Daniel stieß die Luft aus und drehte sich wieder zum Tor. “Wir müssen schneller sein“, murmelte er. Carson nickte stumm. Das dritte Chevron rastete ein.

Carson starrte auf das Tor. “Ich habe ein wahnsinnig dummes Gefühl bei der ganzen Sache.“

Das vierte Chevron rastete ein.

“Wie meinst du das?“, fragte Daniel.

“Ich weiß nicht“, antwortete Carson. Chevron fünf rastete ein. “Ist nur ein blödes Gefühl.“

Rodney und Jack kamen zu ihnen. Rodney hielt einen aufgeklappten Laptop in der Hand. Rodney wirkte atemlos vor Aufregung und auch Daniel spannte seinen gesamten Körper an. Nicht nur die Tatsache, dass sie schneller sein mussten als Ba’al spielte hier eine Rolle, sondern auch das Ziel ihrer Reise. Atlantis. Chevron sechs rastete ein.

Rodney blickte auf den Bildschirm des Laptops und nickte. “Das Energielevel sieht gut aus. Keine Energiespitzen.“

“Womit wird das Tor versorgt?“, fragte Daniel, “Um das achte Chevron zur Asgard-Heimatwelt anzuwählen, brauchten wir eine externe Energiequelle.“

Rodney nickte. “Ja, wir haben ein von den Asgard entwickeltes Gerät bei einem Austausch mit einer anderen Realität erhalten“, erklärte er und blickte zum Tor.

Chevron sieben rastete ein.

“Wir schaffen es“, lächelte Rodney. Chevron acht rastete ein und das Tor öffnete sich mit einem Kawoosh hinter der Iris.

Jack drehte sich zum Kontrollraum um. “Gute Arbeit“, sagte er. Doktor Rush nahm das Lob mit einem kaum bemerkbaren Nicken hin, konzentrierte sich aber dann wieder auf die Kontrollen. Das MALP wurde auf den Ereignishorizont zugesteuert und die Iris öffnete sich.

“Werfen wir einen Blick auf die andere Seite“ , schlug Rush per Sprechanlage vor und der Roboter auf Rädern verschwand im Ereignishorizont. Rodney blickte auf den Laptop in seiner Hand und Jack lehnte sich näher, um über seine Schulter sehen zu können.

“Wir haben Tageslicht“ , sagte Rush. Daniel wurde neugierig und trat an Rodneys andere Seite. Der Bildausschnitt zeigte einen großen, hellen Raum. Direkt vor der Kamera befand sich eine Treppe, die auf eine zweite Ebene hinaufführte. Diese wurde von einer Fensterfront begrenzt. Blauer Himmel war dahinter zu sehen. Die Kamera der MALP schwenkte umher und fand Korridore, die tiefer in die Stadt hinein führten. Der Boden war rot und die Wände in einem neutralen Grau gehalten. Farbelemente – ebenfalls in rot – verliehen ihnen eine freundliche Ausstrahlung. Lichtelemente hinten an den Wänden und in manchen der Säulen schienen sogar Wasserelemente eingebaut zu sein: kleine Wasserfälle und Aquarien, in denen jedoch nichts lebte. Insgesamt war die Architektur schnörkellos und zweckgebunden – antikisch.

“Wow!“, sagte Carson, “Ich war auf der Artemis und unter dem Eis der Antarktis, aber das …“

Die Kamera blickte sich im Raum um, aber niemand war zu sehen.

“Alles sieht verlassen aus“, meinte Rodney.

“Die Wärmesensoren zeigen kein Leben an“ , fügte Rush hinzu.

“Lasst uns gehen“, nickte Jack und rückte sein Cappie gerade. Seine Hände legten sich dann auf die MP, die um seine Schulter hing.

Rodney blickte auf eine Stoppuhr. “Noch 36 Minuten und 32 Sekunden.“ Er steckte die Uhr in seine Hosentasche. Daniel ging neben Jack die Rampe hinauf.

Der General warf ihm einen Seitenblick zu und fragte: “Alles okay?“

Daniel nickte ihm zu. “Ja.“ Und das stimmte. Die Kopfschmerzen waren zu einem dumpfen, ertragbaren Schmerz abgeklungen und er würde gleich die Verlorene Stadt der Antiker betreten. In einer anderen Realität, aber dennoch …

Jacks Stimme klang unsicher. “Ich meine-“

“Ich weiß, was du meinst“, antwortete Daniel und lächelte versichernd, “Alles klar, Jack. Wirklich.“ Damit betrat er den Ereignishorizont.



***



Er betrat Atlantis. Daniel liebte es auf den ersten Blick. Es war alles, was er sich darunter vorgestellt hatte und er hatte nicht mal den Torraum verlassen.

Jack blickte sich um, die Waffe im Anschlag, aber relativ entspannt. Sie erwarteten keine Bewohner. Die Stadt galt nicht umsonst als verloren. Carson ließ ein erstauntes “Wow!“ hören, als er neben Daniel trat und sich umblickte. Rodney verließ als letzter das Tor, steckte aber sofort seine Hand in den Ereignishorizont. Sie wollten das Tor die vollen 38 Minuten geöffnet lassen. Rodney wartete, bis Rushs Stimme über die Funkgeräte verkündete: “Wir haben etwas in den Horizont gelegt.“

Er zog seine Hand weg und trat neben Daniel. “Eins muss man ihnen lassen. Sie hatten wirklich Geschmack.“

Daniel nickte. Jack ging die Treppe hinauf zur Fensterfront. “Seht euch das an“, sagte er und die drei anderen folgten ihm. Vor dem Fenster erstreckte sich ein Ozean, so weit das Auge reichte. Kein Land war zu sehen. Die Sonne wurde von den sanften Wellen reflektiert, die gegen die Piers der Stadt schlugen. Die Stadt selbst war riesig. Sie standen erhöht, in einem der vielen Türme, die sie umgaben. Glasfronten schimmerten in der Sonne und ließen nur erahnen, wie viele unerforschte Räume hier warteten. Die Stadt war bildschön, wirkte wie eine der modernen Metropolen auf der Erde mit ihren Skylines, und Daniel hätte alles für etwas mehr Zeit hier gegeben. Mit einem Seitenblick sah er ein paar Schritte entfernt etwas, das wie ein Kontrollraum wirkte. Die Geräte standen ungerührt da – bedeckt von Folien – und warteten auf die Rückkehr ihrer Erschaffer. Daniel hoffte, dass sie sich auch mit ihnen zufrieden geben würden.

“Ist der ganze Planet ein Ozean?“, fragte Carson.

Rodney verzog das Gesicht. “Unwahrscheinlich.“ Er wandte sich ab. “Bringen Sie die Geräte zum Laufen.“

Carson nickte und ging mit Rodney auf den Kontrollraum zu. Jack griff zum Funkgerät. “Sieht alles sicher aus. Wir werden nach den ZPMs suchen und nach Technologie und wählen zurück, sobald wir die Modifikationen am DHD vorgenommen haben.“

“Ich habe es gefunden“, sagte Rodney in dem Moment und deutete auf einen hüfthohen Tisch vor sich, von dem er die schützende Folie entfernt hatte.

Daniel trat zu ihm. Die Symbole des Tores waren auf den übergroßen Tasten eingraviert. Daneben befand sich ein Bildschirm, im Augenblick blind. Der Tisch war wie alle anderen hier von einem hellen Orange, das mit dem roten Boden kontrastierte. Antiker legten Wert auf eine ästhetische Technik. Er bewunderte sie jedes mal aufs neue. Seine Finger fuhren das Symbol nach, das der Ursprungsort sein musste.

Rush fragte: “Wie ist es dort?“

Jack antwortete knapp: “Ich denke, wir haben später Zeit für einen Reisebericht.“

Daniel konnte Rushs Neugierde nachvollziehen und griff selbst zum Funkgerät: “Die Stadt ist riesig. Umgeben von Wasser.“ Er zögerte einen Augenblick. “Wunderschön“, schloss er dann. Rush antwortete darauf nicht.

“Nein, die auch nicht“, seufzte Rodney und deutete auf eine Kontrolleinheit in einer Ecke des Raumes, “Versuchen wir’s hier.“

Carson zog die Folie hinunter und berührte das Gerät. Die Kontrollfelder leuchteten auf. Rodney begann, sie zu betätigen – vorsichtig und konzentriert. Carson beobachtete ihn fasziniert dabei. Daniel entfernte sich vom DHD und ging auf einen schmalen Übergang zu, der in einen abgetrennten Raum führte. Beinahe wie ein Äquivalent zu General Hammonds Büro – das jetzt Jacks war – wirkte er und Daniel stellte sich vor, dass der Anführer der Stadt an dem Tisch darin gesessen und seine Leute gelenkt hatte.

Er machte einen Schritt auf das Büro zu, blieb auf der Brücke stehen und legte eine Hand auf das kühle Metallgeländer. Sein Blick ging zum geöffneten Tor und er lächelte.

“Ist es das, was du dir vorgestellt hast?“, fragte Jack neben ihm sanft und Daniel blickte ihn lächelnd an.

“Mehr.“

Jack schluckte hart und blickte ebenfalls zum Tor. Er wirkte peinlich berührt.

“Was ist?“, fragte Daniel besorgt.

Jack zuckte mit den Schultern. “Dieses Lächeln“, antwortete er. Daniel senkte den Blick.

“Entschuldige“, sagte Jack.

“Schon gut“, antwortete Daniel.

“Wir haben es!“, rief Rodney und die beiden Männer traten zu ihm und Carson. Rodney blickte auf einen holographischen Bildschirm, berührte eine der weiß leuchtenden Tasten auf der Kontrolleinheit und nickte langsam. Carson tippte neugierig eine der Tasten an. “Lassen Sie das“, schnappte Rodney. Carson verschränkte die Arme.

“Wo müssen wir hin?“, fragte Jack.

“Die ZPMs …“, sagte Rodney und rief einen Plan auf, der eine Gesamtansicht der Stadt sein musste. Sie sah aus wie ein etwas misslungener Stern. “… befinden sich an den Nord- und Südpiers der Stadt.“ Er deutete auf die beiden Stellen.

Daniel nickte. “Und eines ist im Zentrum“, ergänzte er und deutete auf einen Signalpunkt.

“Ja“, antwortete Rodney. “Das ist …“ Er rief eine Seitenansicht auf. Er deutete auf den höchsten Turm. “Wir sind hier. Das ZPM ist zehn Stockwerke unter uns.“

“Wo ist der Lift?“, fragte Jack.

“Wir können es nicht mitnehmen“, antwortete Rodney.

Carson runzelte die Stirn. “Wieso nicht?“

Rodney verdrehte die Augen. “Die Stadt braucht es. Das Tor braucht es. Wir nehmen die beiden ZPMs an den Piers mit aber wir können keinesfalls das im Zentrum nehmen. Nicht, wenn wir in der Lage sein wollen, raus zu wählen. Außerdem brauchen wir es, falls wir hierher zurückkehren.“

“Okay“, nickte Jack verstehend, “zwei sind besser als keins. Wie sieht es mit Waffen aus?“

Rodney stieß entnervt die Luft aus. “Ich mache so schnell ich kann, General, aber ich brauche eine Weile, um mich durch die Aufzeichnungen zu lesen.“

“Okay“, antwortete Jack, inzwischen offenbar Rodneys schroffe Art gewohnt, “Daniel und ich holen die ZPMs. Sie lesen und modifizieren das DHD. Doktor Beckett wird ihnen helfen.“

Rodney gab sich mit einem Nicken einverstanden.

“Gut. Bei Problem wenden wir uns an Sie, Doktor McKay.“

“Wäre besser“, antwortete der.

“Legen wir los.“

weiter: Kapitel 7
Kapitel 7 by JolinarJackson
7.


Es kostete Daniel viel Überwindung, nicht die ganzen Räume zu betreten, die vom Korridor abzweigten.

“Weiter gerade aus, Dr. Jackson“ , sagte Rodney etwas ungeduldig und Daniel war froh, dass der Wissenschaftler es geschafft hatte, eine Pogramm zu finden, das ihre Wärmesignaturen las.

Das machte es ihnen leichter, die Piers zu finden. Daniel blieb stehen, als er an einer Fensterfront vorbeiging, die ihm einen atemberaubenden Blick über die Stadt bot. Wenn sie Atlantis in seiner Realität fanden, musste er dorthin. Es war groß genug, um ein Lebenswerk zu werden.

“Dr. Jackson, ist alles in Ordnung?“ , fragte Rodney.

Daniel griff zum Funkgerät. “Ja. Ich war nur …“ Er brach ab und ging weiter. Seine Kopfschmerzen hatten sich inzwischen mit aller Macht zurückgemeldet und er verzog das Gesicht und rieb sich die Stirn.

“Ich hab’s“ , sagte Jack in dem Moment, “Hier ist es. Es ist in einer … Box. Ich kann es sehen, aber ich komme nicht dran.“

“Gibt es Kontrollelemente? Vielleicht kann ich es von hier aus öffnen“ , sagte Rodney.

Daniel blendete den Dialog aus und lehnte sich an die Wand. Ihm war schwindelig. Er schloss die Augen und stöhnte leise. Als er die Augen wieder öffnete, sah er leicht verschwommen. “Okay“, murmelte er, “etwas stimmt nicht.“ Er schluckte eine Welle der Übelkeit hinunter und stieß sich von der Wand ab. Er musste weiter. Je eher er das ZPM hatte, desto eher kehrten sie zur Erde zurück und desto eher konnte er in seine Realität und herausfinden, was nicht mit ihm stimmte.

Er stolperte über seine eigenen Füße und taumelte gegen eine Wand, als das Hämmern hinter seiner Stirn stärker wurde.

Das letzte, was er hörte, war Rodneys tadelnde Stimme: “Dr. Jackson, gehen Sie weiter. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“

Dann wurde ihm schwarz vor Augen.



***



“Daniel?“ Jemand hielt sein Handgelenk und er öffnete vorsichtig die Augen. Carson kniete neben ihm und sah auf die Uhr. Er war verschwitzt und atmete angestrengt.

“Dr. Beckett?“ Jacks besorgte Stimme ließ Carson das Pulsmessen unterbrechen und zu seinem Funkgerät greifen.

Ehe er etwas sagen konnte, tippte Daniel sein Knie an. Carson lächelte erleichtert. “Er kommt gerade zu sich, General. Kein Grund zur Besorgnis.“

Jack klang skeptisch. “Ich sollte kommen.“

“Nein“ , antwortete Rodney, “General, ich brauche Sie hier im Kontrollraum. Sie müssen etwas für mich aktivieren.“

Daniel aktivierte sein Funkgerät mit zitternden Händen. “Mir geht’s gut, Jack.“

Der General antwortete mit einem zweiflerischen “Okay“ . Daniel richtete sich mit Carsons Hilfe vorsichtig auf und lehnte sich an die angenehm kühle Wand hinter ihm. Carson bot ihm seine Flasche an und Daniel nahm ein paar Schlucke. Er fühlte sich gleich besser, als das trockene Gefühl in seinem Mund weggespült wurde. “Wie lange war ich weg?“, fragte Daniel.

“Lange genug, um herzukommen.“ Carson war noch immer etwas außer Atem. “Schätzungsweise 15 Minuten.“

“Du warst schnell“, meinte Daniel beeindruckt.

“Ja, ich bin fasziniert von meiner Kondition. Und Rodney hat eine Abkürzung gefunden“, antwortete Carson mit einem Lächeln. Dann wurde er professionell. “Schwindelgefühle? Übelkeit?“

Daniel schüttelte den Kopf. “Nur Migräne“, antwortete er.

“Was ist passiert?“, fragte Carson.

“Ich bin nicht sicher“, antwortete Daniel, “Aber die Kopfschmerzen wurden stärker und ich bin … einfach zusammen gebrochen.“

“Jetzt wirkst du okay. Regelmäßiger Puls“, meinte Carson und stand auf. Er streckte Daniel die Hand entgegen. “Komm. Wir müssen dein ZPM holen und zurück zum Torraum.“

Daniel ließ sich hoch helfen und taumelte leicht, als er auf die Beine kam.

“Geht es?“, fragte Carson besorgt und Daniel nickte.

“Ja. Geht schon.“ Er machte in paar unsichere Schritte und lächelte. “Ist schon besser.“ Er nahm einen letzten Schluck Wasser, ehe er Carson die Flasche gab. Der Arzt steckte sie in Daniels Rucksack und sie gingen weiter.

“Es ist nicht mehr weit“, sagte Daniel. Sie bogen um eine Ecke und befanden sich nun in einem Korridor, der auf einer Seite von einer Fensterfront begrenzt war. Ihnen bot sich ein Blick über die Stadt und das weite Meer. Daniel war jedes Mal aufs Neue beeindruckt, wie groß Atlantis zu sein schien.

Carson blickte aus der Fensterfront, während sie daran vorbeigingen. “Beeindruckend, nicht wahr?“, fragte er.

Daniel nickte. “Die Stadt ist älter als Rom.“

“Ich sage dir, wenn das Militär sich entschließt, hierher zurückzukommen und die brauchen einen Arzt …“ Carson zuckte mit den Schultern. “Ich würde den Job nehmen.“

“Das ist gut“, meinte Daniel, “Ich habe dran gedacht, dein Alter Ego zu bitten, für uns zu arbeiten.“

Carson lächelte. “Das wird ihm gefallen …“ Er runzelte die Stirn. “Lass nur nicht zu, dass er sich auf den Stuhl setzt. Ich hätte beinahe einen Hubschrauber abgeschossen.“



***



Das ZPM hatte sich in einer schützenden Ummantelung auf einem kleinen Balkon befunden. Die salzige Seeluft fuhr durch Daniels Haare und schaffte es tatsächlich, seine Migräne etwas zu mildern. Er brauchte einen Moment, ehe er es geschafft hatte, das ZPM aus seiner Schutzvorrichtung zu entfernen. Daniel fuhr mit den Fingern über die glatte Oberfläche der zylinderförmigen Energiequelle, ehe er sie in seinen Rucksack packte. Als er sie aus der Verankerung gelöst hatte, waren die orangen Kristalle darin erloschen. Carson griff zum Funkgerät: “Wir haben es und machen uns jetzt auf den Rückweg.“

Rodney antwortete: “Okay.“

Jack fügte hinzu: “Dr. McKay arbeitet bereits daran, das DHD zu modifizieren. Wir hätten ein Fenster in fünf Minuten, aber das werden wir nicht schaffen. Wir wollen also in knapp 43 Minuten raus wählen. Zu diesem Zeitpunkt sollte das Tor auf der Erde sich zwischen zwei Anwahlen befinden.“

Daniel setzte seinen Rucksack auf und verzog das Gesicht, als er merkte, wie schwer das ZPM tatsächlich war. “Dann lass uns gehen“, meinte er zu Carson.



***



Nicholas Rush war nervös. Er starrte auf das Whiteboard, das er sich in einer Ecke des Kontrollraums aufgebaut hatte, und versuchte, Sinn aus den Zahlen darauf zu machen.

Die Unruhe um ihn herum lenkte ihn nicht ab und niemand wagte es, ihn zu stören, wenn er nachdachte. Alle konzentrierten sich auf die Computer um sie herum und die Daten, die sie ihnen gaben. Sie hatten es nur ein Mal geschafft, schneller als Ba’al zu wählen.

Seit die Verbindung zu Atlantis unterbrochen worden war, wurde ihr Leben wieder von der regelmäßigen Anwahl es Goa’uld bestimmt. Aber Nicholas musste es schaffen, das Wahlprogramm noch ein Mal zu verbessern. Er musste einfach. Nicht nur Colonel Lorne erwartete das von ihm, sondern er selbst auch. Das Tor schaltete sich ab und wurde direkt wieder angewählt.

“Atlantis?“, fragte Walter Harriman angespannt und Rush blickte auf die Uhr.

“Möglich. Es kommt darauf an, wie schnell sie die ZPMs holen konnten und ob Dr. McKay in der Lage ist, das DHD schnell zu modifizieren.“

“Die Iris, Doktor?“

“Bleibt geschlossen“, antwortete Rush, “bis wir einen Code haben. Anweisung des Generals.“ Er nahm seinen Laptop zur Hand und ging erneut die Anweisungen durch, die er McKay mitgegeben hatte.

Er nickte sich selbst zu. Wenn McKay seiner Anleitung folgte, müsste Atlantis schneller rein wählen können als Ba’al. Das Geräusch des sich öffnenden Tores hinter der Iris brachte Nicholas dazu, nur kurz aufzublicken. Er war es gewöhnt. Ein warnender Ton von dem Computer, an dem Harriman saß, hingegen ließ ihn den Laptop vergessen. “Was war das?“, fragte er scharf.

Harriman runzelte die Stirn, blickte zum Tor und dann auf seinen Bildschirm. “Sir, das Diagnostik-Programm hat ein Problem entdeckt.“

“Ein Problem?“ Rush schob Harriman samt seinem Stuhl zur Seite und rief das Diagnostik-Programm auf. “Was ist das?“, fragte er leise, starrte auf die Zahlenkolonnen, die durch ein Fenster in der Mitte des Bildschirms ratterten.

“Sir?“, fragte Harriman verunsichert und auch die anderen Techniker waren nun aufmerksam geworden, “Was sollen wir tun?“

“Mich in Ruhe lassen“, antwortete Nicholas scharf und rief einen anderen Teil des Diagnostik-Programms auf. “Oh, mein Gott“, murmelte er, kalte Panik in seiner Stimme, “Oh … nein, nein! Nein!“ Er tippte Befehle ein, während die anderen ihm ratlos zusahen. Der Computer ignorierte ihn.

“Was ist los?“, fragte Sgt. Siler leise und Harriman antwortete: “Keine Ahnung. Aber wenn er so reagiert … ist es nichts Gutes.“



***



“Bist du in Ordnung?“, fragte Jack besorgt, als Daniel und Carson in den Torraum zurückkehrten und Daniel nickte.

Er wirkte etwas blass und müde, also glaubte Jack ihm nicht so recht.

“Ja.“

Carson ging die Treppe hinauf zum Kontrollraum und gesellte sich zu Rodney, der mit dem Oberkörper in der Atlantis-Version des DHDs vergraben war und über Rushs Anweisungen schimpfte. Daniel sah auf die Uhr. “Wann wählen wir an?“

“Wir haben ein Fenster in …“ Jack blickte auf die Stoppuhr. “… 13 Minuten.“

“Reicht das?“

Jack nickte. “McKay denkt, er ist in ein paar Minuten fertig mit der Modifizierung.“

Daniel blickte zum regungslosen Tor und setzte den Rucksack ab, um seinen Rücken zu entlasten. Jack legte besorgt eine Hand auf seinen Arm. “Bist du sicher, dass du in Ordnung bist?“

Daniel lächelte versichernd. “Nur Migräne.“

“Wir hätten dich nicht mit hierher nehmen sollen.“

Daniel schüttelte den Kopf. “Ich denke nicht, dass es mit der Torreise zusammen hängt. Eher mit der Reise durch den Spiegel.“

Jack drückte versichernd seinen Arm und lächelte. Dann wandte er sich ab.

“Jack“, sagte Daniel und der General drehte sich wieder zu ihm um, “ich habe dir noch nicht gesagt, wie leid mir … sein Tod tut.“

Jack runzelte die Stirn. “Doch, hast du.“

Daniel schüttelte den Kopf und trat auf Jack zu. Leise sagte er: “Nein, ich meine … dein Verlust … tut mir so leid.“

Jack schluckte und wich seinem Blick aus. Er räusperte sich. “Mein Verlust …“, nickte er. Er warf Daniel ein hilfloses Lächeln zu. Daniel legte eine Hand auf Jacks Schulter. Jack atmete tief durch und ballte die Hände zu Fäusten, dann schüttelte er den Kopf und zog Daniel in eine plötzliche Umarmung. Ein Arm wickelte sich um Daniels Hüfte und zog ihn näher, während sich die andere Hand in seine kurzen Haare grub. Jack drückte seine Wange an Daniel Schläfe. Daniel zögerte einen Moment, unsicher, wie er reagieren sollte, dann legte er die Arme um Jacks Oberkörper. Er und Jack hatten sich im Laufe der Jahre umarmt, wenn auch nicht oft.

Dennoch fühlte es sich anders an, irgendwie intimer, und Daniel schloss die Augen. Jacks Körper war warm und er roch nach dem Aftershave, das Daniel so mochte. Jack festigte die Umarmung kurz, ehe er sie löste und sich abwandte, peinlich berührt. “Entschuldige.“

“Ist okay“, sagte Daniel schnell.

Jack seufzte, blickte ihn noch immer nicht an. “Wir sollten sehen, wie weit McKay ist.“

Daniel akzeptierte Jacks offensichtlichen Wunsch, das Thema ruhen zu lassen.

“Okay.“



***



Das Tor öffnete sich und McKay stieß ein triumphierendes Geräusch aus. “Wir haben eine Verbindung“, sagte er.

Jack lächelte ihn an. “Gute Arbeit, Doktor.“ Er stand von den Stufen auf, wo er mit Daniel gewartet hatte und trat auf das Tor zu.

Er gab seinen Iris-Code ein und zog dann den Ärmel seiner grünen Jacke wieder über das GDO. “Wir sollten gehen.“

Rodney nickte und kam mit Carson die Stufen zum Tor hinunter. Daniel setzte seinen Rucksack auf, während Carson es vorzog, seinen in der Hand zu behalten. Rodney warf einen sehnsüchtigen Blick zurück zum Kontrollraum. “General-“

“Wir kommen wieder, Dr. McKay. Sobald wir unser Problem gelöst haben.“

Rodney nickte und ging entschlossen auf das Tor zu, ein breites Grinsen im Gesicht. “Das werden wir.“

Carson runzelte die Stirn. “Du bist doch sonst nicht so optimistisch.“

“Ja“, antwortete Rodney und blieb vor dem Ereignishorizont stehen, “aber wir haben jetzt ZPMs. Was soll noch passieren?“

“McKay“, meinte Jack warnend, “wenn jemand so etwas sagt, dann geht alles den Bach runter.“

Rodney winkte ab. “Ich finde, diese Mission war ein Spaziergang.“

Jack winkte ihn ungeduldig auf das Tor zu und Rodney ging hindurch.

“Nervensäge“, murmelte Jack und folgte ihm mit Carson und Daniel.

Auf der anderen Seite stolperte er in Rodney und fluchte. “McKay, bewegen Sie sich vom Tor weg. Jemand könnte …“ Er brach ab, als ihm auffiel, dass Rodney die Hände gehoben hatte und Carson und Daniel es ihm nachtaten.

Er blickte über Rodneys Schulter dorthin, wo der Kontrollraum sein sollte und stöhnte auf, als ihn stattdessen Ba’al anlächelte, die Arme verschränkt. Ba’als menschlicher Wirt war attraktiv, mit dunklen Augen, schwarzen Haaren und einem markanten Gesicht. Obwohl er recht schmal gebaut war, strahlte Ba’al eine Autorität aus, die auch Jack anerkennen musste. Von allen Goa’uld, mit denen sie es über die Jahre hinweg zu tun bekommen hatten, war Ba’al der klügste.

Man durfte ihn nicht unterschätzen. Manchmal kam es Jack surreal vor, dass ihr größter Feind schlicht und einfach ein zu groß geratener Wurm war, der in einem menschlichen Wirt lebte. Hinter und neben Ba’al standen Jaffa, ihre Waffen auf die Ta’uri gerichtet. Sie trugen die für Jaffa typische Uniform, bestehend aus schützenden Metallplatten und einem Kettenhemd. Ba’al selbst bevorzugte einen schlichteren Stil und trug ein dunkles Oberteil aus Leder, das keine Ärmel hatte und eine dunkle Hose, die in seine schwarzen Stiefel gesteckt war.

Hinter Ba’al, auf einem Podest, stand sein Thron. In den schlichten, schwarzen Wänden des Raumes spiegelte sich das künstliche Licht der Lampen.

“Verdammt, McKay“, meinte Jack, “was habe ich Ihnen gesagt?“

Rodney seufzte. “Das ist so unfair.“

weiter: Kapitel 8
Kapitel 8 by JolinarJackson
8.


Daniel verzog vor Schmerz das Gesicht, als er auf die Knie gezwungen wurde. Der Jaffa hinter ihm nahm ihm unsanft den Rucksack ab. Die Tasche landete neben denen von Carson, Rodney und Jack vor Ba’als Füßen. Der Goa’uld hatte noch immer nicht gesprochen, sondern blickte sie nur mit einem süffisanten Grinsen an.

Schließlich machte er ein paar Schritte auf sie zu. Seine Stimme klang leicht verzerrt, ein Erkennungszeichen, dem die Goa’uld nicht so recht entkommen konnten. Eines der Dinge, das ihre Anhänger denken ließ, die Goa’uld seien Götter.

“Es ist immer wieder überraschend, wo ihr Ta’uri überall auftaucht.“

Jack setzte ein Grinsen auf. “Abwechslung versüßt das Leben.“

Ba’al drehte sich zu einem Jaffa um, der in der Nähe der Tür stand. “Ruf sie her.“

Der Krieger nickte und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Ba’al musterte seine Gefangenen. “Colonel Jack O’Neill.“

“Ich bin General“, meinte Jack, “Ich wurde befördert.“

Ba’al lachte, ehe er sich an Rodney wandte. “Dr. McKay.“ Dann blickte er Carson prüfend an. “Ein neues Gesicht.“

Carson starrte Ba’al ängstlich an. Er konnte nicht viel über ihn wissen, aber Daniel war sich sicher, dass er wusste, dass Ba’al die Erde belagerte.

“Dein Name?“, fragte Ba’al.

“Ich …“ Carson schluckte schwer, blickte Hilfe suchend zu Rodney. Ba’al verzog verärgert das Gesicht und ergriff eine Hand voll von Carsons kurzen Haaren. Er zwang ihn, ihn anzusehen.

“Ich finde es heraus. Auf die eine Art …“ Er hob seine freie Hand und ließ die goldene Handspange daran aufleuchten. “… oder auf die andere.“

Der Arzt starrte ängstlich auf das Foltergerät. “Carson Beckett.“

Ba’al lächelte ihn an, während Carson schwer schluckte und versuchte, dem Goa’uld entschlossen in die Augen zu sehen. Ba’al ließ ihn schließlich los und Carson senkte sofort den Blick. Unbewusst zog er schützend die Schultern hoch. Jack und Daniel tauschten einen Blick. Carson sollte nicht hier sein. Keiner von ihnen. Wie hatte Ba’al es nur geschafft, sie gefangen zu nehmen?

Ba’al blieb vor Daniel stehen und der Archäologe blickte zu ihm auf. Dem Goa’uld war deutlich Überraschung ins Gesicht geschrieben, während er Daniel musterte. Dann kniff er wütend die Augen zusammen und packte Daniels Jackenärmel. Er zerrte ihn hoch. “Ist das ein Trick?“, fragte er wütend. Daniel antwortete nicht, sondern blickte ihn nur fest an. Ba’al ließ ihn so plötzlich los, dass Daniel zurück auf die Knie fiel. Ba’al starrte einen Jaffa in der Nähe an. “Jaffa, kree!“

Der Mann nickte ängstlich und rannte aus dem Raum. Ba’al starrte die vier Ta’uri an. “Wie ist das möglich? Ich habe dich getötet“, sagte er.

Jack zuckte mit den Schultern, ein zynisches Lächeln auf den Lippen. “Magie“, antwortete er. Ba’al schlug ihm ins Gesicht. Carson zuckte zusammen und Daniel legte ihm rasch eine beruhigende Hand auf den Arm. Ba’al wartete, bis Jack sich das Blut von der Lippe gewischt hatte und zu ihm aufblickte.

“Sag mir auf der Stelle, wie das möglich ist.“

Als Jack beständig schwieg, streckte Ba’al die Hand aus und einer seiner Jaffa reichte ihm hastig seine Stabwaffe. Ba’al packte Daniels Arm und schleifte ihn zu Jack, ehe er seine Waffe auf Daniels Kopf richtete. “Sag es mir oder er stirbt“, zischte Ba’al und aktivierte die Waffe, “schon wieder.“

Jacks dunkle Augen starrten Daniel panisch an. Er schluckte hart und Daniel konnte sehen, dass er zögerte. Der Archäologe schüttelte den Kopf. “Jack, tu es …“

Ba’al stieß ihm grob die Waffe in den Rücken und er schwieg.

“Er kommt durch ein Tor“, sagte Jack leise und Daniel schloss die Augen.

“Ein Tor?“, fragte Ba’al und Jack ergänzte: “Aus einer alternativen Realität.“

Die Waffe traf erneut Daniels Rücken und er verzog vor Schmerz das Gesicht.

“Erklär es mir.“

Eine Frau antwortete: “Eine alternative Realität existiert neben der unseren. Es gibt viele Millionen. Die Antiker haben ein Tor entwickelt, durch das es möglich ist, zwischen den Realitäten zu reisen.“

Die vier Gefangenen und Ba’al wandten den Kopf in Richtung der Tür. Eine Frau stand darin. Ihre blonden Haare waren kunstvoll hochgesteckt und geflochten. Sie trug ein helles Kleid, das ihre schmale Figur umspielte und zugleich betonte. Die grünen Augen blickten kalt und passten zu dem emotionslosen Lächeln in ihrem hübschen Gesicht. “Ein Konzept, dass die Goa’uld noch nicht für sich entdeckt haben“, fügte sie etwas abfällig hinzu und ihre weiche Stimme stand im krassen Gegensatz zu ihrem kühlen Auftreten. “Ich bin überrascht, dass die Ta’uri es kennen.“

Ba’al trat auf sie zu und Daniel war überrascht, als er eine Verbeugung andeutete. Die Goa’uld gaben sich vor ihren Sklaven und Kriegern als Götter aus. Wenn Ba’al sich verbeugte, musste er einen sehr guten Grund dafür haben, denn er zählte zu den stolzesten seiner Art. “Kalina“, sagte er, “wie du siehst, war unser Plan ein voller Erfolg.“

“Ich sehe es“, antwortete sie und ging an Ba’al vorbei, als wäre er gar nicht da. Ihre Aufmerksamkeit war auf die vier Menschen gerichtet. Daniel wusste, dass sie die Orici sein musste. Sein Blick traf den von Jack. Der General war ebenso überrascht wie er. Kalina schenkte ihnen nur kurz Beachtung, dann ging sie zu den Rucksäcken. Ein Jaffa beeilte sich, wahllos einen davon zu öffnen und ihr zu präsentieren. Kalina warf einen Blick hinein, dann holte sie vorsichtig das ZPM heraus. “In so manchen Bereichen scheinen die Ta’uri weiter entwickelt zu ein, als die Goa’uld.“ Sie blickte Ba’al an. “Das ist eine Technologie der Antiker. Eine beinahe unerschöpfliche Energiequelle.“ Sie starrte Jack an. “Das kann nur eines bedeuten. Sie haben die Basis der Antiker gefunden.“

Stille legte sich über den Raum.

Jack räusperte sich: “Und jetzt? Kriegen wir einen Preis?“



***



Die Zellentür fiel zu.

“Ich habe was besseres erwartet!“, rief Jack den Jaffa hinterher, die sie hergebracht hatten und zog dann seine Kappe vom Kopf. Daniel lehnte an der Wand neben den Gitterstäben und hatte die Arme verschränkt.

Carson stand neben ihm und blickte unsicher von einem zum anderen. Die Zelle war klein mit schwarzen Wänden und nur erhellt von einem Lichtelement an der Korridorwand gegenüber. Direkt darunter befand sich der Mechanismus zur Öffnung der Tür. Sie könnten den Arm durch die Gitterstäbe stecken, aber sie würden den Mechanismus nicht erreichen können. Der Korridor war zu breit. Rodney tigerte unruhig auf und ab. “Das ist ein kompletter Alptraum.“

“Für mich ist es auch nicht ideal“, antwortete Jack, “Aber wir sind hier.“ Er blickte Carson mit einem beruhigenden Gesichtsausdruck an und legte kurz eine Hand auf seine Schulter. “Und wir kommen hier wieder raus.“

Rodney verschränkte die Arme und blickte seine drei Mitgefangenen an. “Wie konnte Ba’al das drehen? Wir haben die Erde angewählt.“

“Sie sind der Experte“, antwortete Jack.

“Nein“, antwortete Rodney, “Dr. Rush ist der Experte.“

“Auf einmal?“, fragte Jack. Rodney funkelte ihn an.

Daniel rieb sich müde die Augen. “Okay. Kalina weiß eine Menge über die Antiker.“

“Alle Ori“, antwortete Jack.

“Und die Antiker sind die Erbauer des Stargates.“ Daniel zuckte mit den Schultern. “Es fällt ihr sicher leicht, es zu manipulieren.“

Rodney schnaubte. “Oder Dr. Rush hat Mist gebaut.“

Carson räusperte sich. “Was passiert denn jetzt?“

“Wir warten ab“, antwortete Jack, “Rechnen Sie aber nicht damit, dass die nächsten Stunden angenehm werden.“

Carson starrte ihn erschrocken dann. Dann ging er an Rodney vorbei in eine Ecke der Zelle und ließ sich dort zu Boden sinken. Er stützte den Kopf in eine Hand und starrte zu Boden. Rodney blickte ihn mitleidig an. Jack trat näher an Daniel heran und legte eine Hand auf seinen Arm. “Bist du okay?“

Daniel nickte. “Kopfschmerzen“, meinte er. Dann seufzte er tief. “Jack, du weißt, was Ba’al tun wird, nicht wahr? Erst recht nach deiner Reaktion vorhin.“

Jack rieb sich die Stirn und fuhr sich dann frustriert durch die grauen Haare. “Ich vermute es.“

“Du kannst ihm nichts sagen. Auch wenn er mich tötet.“

Jack kniff die Lippen zusammen und wich Daniels Blick aus. Daniel duckte sich etwas, um ihn ansehen zu können. “Versprich es mir“, sagte er leise.

“Danny, ich kann nicht.“

“Und ob“, antwortete Daniel, “Du bist General Jack O’Neill. Ich bin doch nicht mal … er. Es wäre dumm …“

Er brach ab, als Jack eine Hand in seinen Nacken legte.

“Du bist er, Danny. Du siehst aus wie er und du bist wie er …“ Er starrte Daniel in die Augen und Daniel fühlte sich unwohl bei der Masse von Emotionen, die er darin sah. Jack lehnte sich näher zu ihm und Daniel dachte einen Moment, er würde ihn auf die Lippen küssen. Stattdessen platzierte Jack einen sanften Kuss auf seiner Stirn. “Danny“, flüsterte er, “ich muss dich deinem Jack zurückbringen.“ Er atmete tief durch, ehe er sich plötzlich abwandte.

Daniel beobachtete, wie Jack sich an der gegenüberliegenden Seite hinsetzte und ging zu ihm. Er setzte sich neben ihn und ergriff etwas zögerlich die Hand, die zwischen ihnen auf dem Boden lag. “Danke“, sagte er leise, “Aber tu es nicht.“

Jack schwieg und Daniel lehnte seinen Kopf an die Wand und schloss erschöpft die Augen. Rodney blieb neben Carson stehen. Einen Moment wirkte er, als wolle er gar nichts sagen, dann schien er sich einen Ruck zu geben. “Alles okay?“, fragte er.

Carson blickte zu ihm hoch. “Abgesehen von meinem baldigen Tod?“

Rodney ging in die Hocke. “Das ist … warte ab, wir kommen hier raus, ehe das passiert.“

“Du verstehst das nicht“, sagte Carson aufgebracht, “ich bin nicht gut in so was. Abenteuer bestehen. Ich …“

“Hey“, unterbrach Rodney ihn, “du hast dich bisher wirklich gut gehalten.“

Carson blickte ihn überrascht an. Rodney wandte den Blick ab, als wäre ihm peinlich, was er gesagt hatte.

Carson setzte an, etwas zu sagen, doch dann schüttelte er den Kopf.

“Was?“, fragte Rodney.

“Nichts“, antwortete Carson, “nur … danke.“



***



Carson rieb sich die Stirn. “Was dauert so lange?“, fragte er und Jack hielt sich in letzter Sekunde davon ab, mit den Schultern zu zucken. Es hätte Daniel geweckt, der mit dem Kopf auf Jacks Schulter lag und schlief. Ursprünglich hatte er aufrecht an der Wand gelehnt gesessen, aber im Schlaf war er zur Seite gerutscht, bis er an Jack gelehnt lag.

Rodney saß neben Carson und musterte seine zitternden Hände. “Hypoglykämischer Schock … oh, Gott, ich brauche was zu essen … bald.“

Jack verdrehte die Augen und antwortete Carson: “Es ist eine Verhörtechnik. Lass deine Opfer schmoren, damit sie sich vorstellen können, wie schlimm es werden wird.“

Carson nickte verstehend und verschränkte die Hände. Sie zitterten ebenfalls, aber aus einem anderen Grund. Schritte hallten in dem dämmrigen Gang wider und Jack stieß Daniel leicht ein, sodass dieser aufwachte und sich aufrichtete, sofort alarmiert. Jack stand auf, als zwei Jaffa vor der Zelle stehen blieben. Sie waren beide schwarz und kahlköpfig, einer von ihnen größer als der andere. Auf der Stirn des größeren funkelte das goldene Emblem Ba’als, während der andere es lediglich in die Haut tätowiert trug. Jack wusste, dass er Ba’als Primus gegenüber stand. Sie waren einander schon begegnet. Daniel kam ebenfalls auf die Beine und trat neben ihn. “Teal’c“, sagte er überrascht. Es war ungewohnt, Teal’c auf der Seite der Goa’uld zu sehen. Er kämpfte in Daniels Realität schon so lange gegen sie. Der Hüne blickte ihn perplex an, maskierte die Überraschung jedoch schnell mit einem wütenden Gesichtsausdruck. Daniel senkte den Blick.

Teal’c schien ihn ignorieren zu wollen und konzentrierte sich stattdessen auf Jack. “Mitkommen.“

“Wenn du so nett fragst“, meinte Jack mit einem aufgesetzten Lächeln und wartete, bis der andere Jaffa die Zellentür geöffnet hatte. Er wurde von Teal’c grob am Arm gepackt und warf Daniel ein versicherndes Lächeln zu. “Bin bald wieder da.“

Die Tür schloss sich mit einem Knall und Daniel drückte sich an die Gitterstäbe, um den dreien nachzusehen.

“Teal’c?“, fragte Rodney.

Daniel lehnte die Stirn an die kühlen Gitter. “In meiner Realität steht er auf unserer Seite. Er ist Teil von SG-1.“

“Ernsthaft?“, fragte Rodney.

“Er ist ein Freund.“ Er drehte sich zu Carson und Rodney um. “Das können wir vielleicht für uns nutzen. Wir könnten ihn überzeugen, sich uns anzuschließen.“

“Sind Sie wahnsinnig?“, fragte Rodney, “Der sieht aus, als könnte er mich mit einer Hand töten.“

Daniel ließ ein zynisches Lächeln sehen. “Das könnte er.“ Er seufzte. “Aber er ist intelligent. Er glaubt nicht an die Goa’uld. Er braucht nur Verbündete.“

Carson wirkte interessiert. “Könntest du das schaffen? Ihn überzeugen?“

“Du bist auch wahnsinnig“, sagte Rodney, “Der Kerl ist böse mit einem großen B.“

“Er ist ein Sklave“, antwortete Daniel aufgebracht. Er rieb sich die hämmernde Stirn und schwankte, als ihm schwindelig wurde.

“Daniel?“ Carson stand auf und kam auf ihn zu. Er ergriff eines von Daniels Handgelenken und nahm seinen Puls. Daniel lehnte sich an die Gitterstäbe. “Wird es schlimmer?“, fragte Carson sanft und Daniel nickte. Carson half ihm zu der hinteren Wand und Daniel setzte sich. Er lehnte sich an die Wand. “Du bist erschöpft“, sagte Carson, “Versuch zu schlafen.“

Es dauerte nicht lange und Daniel war tatsächlich eingeschlafen. Carson seufzte und blickte zu Rodney, der auf Daniels anderer Seite saß.

“Ich bin ratlos. Ich habe keine Ahnung, was mit ihm nicht stimmen könnte. Ich kenne nichts, was so schnell solche Symptome entwickeln könnte. Aber ich weiß auch nicht, wie das bei außerirdischen Krankheiten ist.“ Er lächelte hilflos.

“Könnte er ansteckend sein?“, fragte Rodney.

“Keine Sorge“, antwortete Carson, “falls ja, hast du es schon längst.“

“Beruhigend“, antwortete Rodney sarkastisch.



***



Jack stolperte, als Teal’c ihn grob um eine Ecke zerrte.

“Teal’c, huh?“, fragte er, “Was verdient man denn so als Primus?“

Teal’c antwortete nicht, sondern schleifte ihn weiter durch die Gänge. Hinter sich hörte Jack die Schritte des anderen Jaffa. Teal’c blieb vor einer roten Tür stehen und aktivierte den Mechanismus an der Wand. Die Tür glitt lautlos auf und Teal’c stieß Jack in einen Raum, der halb so groß war wie der Torraum. Er war leer und wurde an einer Seite von einem großen Panoramafenster beherrscht, das einen Blick auf die Erde und die Flotte von Erd-Schiffen ermöglichte. Sie waren auf einem Schiff! Jack lief es kalt den Rücken hinunter als er realisierte, dass sie näher an der Erde waren, als die anderen Ori- und Goa’uld-Schiffe. In Schussweite. Fragte sich nur, warum der Systemlord nicht handelte. Ba’al stand vor dem Fenster, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Jack wurde ein paar Schritte weiter in den Raum geführt und dann auf die Knie gezwungen. Ba’al bemerkte Jacks erschrockenen Blick aus dem Fenster.

“Wir befinden uns im Orbit um deinen Planeten. Eine Tarnvorrichtung ermöglicht es uns, unentdeckt zu bleiben. Ich habe sie selbst entwickelt. Dir ist sicher klar, dass ich eure Flotte angreifen könnte. Warum mache ich es nicht?“

Jack hob die Augenbrauen. “Du bist feige?“, fragte er.

Teal’c stieß ihm die Stabwaffe in den Rücken, aber Ba’al lachte nur und schüttelte den Kopf. “Tatsächlich habe ich im Augenblick noch andere Ziele.“ Er drehte sich zum Fenster um und blickte auf die Erde hinunter. “Ich suche die geheimnisvolle Basis der Antiker, die sich auf diesem Planeten befinden soll.“

“Hm“, machte Jack, “nie davon gehört.“

“Du lügst nicht sehr überzeugend. Ich habe Quellen, die mir sagen, sie existiert. Ich will sie finden.“

Jack seufzte. “Ich kann dir da nicht helfen. Wirklich.“

“In dieser Basis gibt es einen Stuhl. Mit ihm seid ihr in der Lage, jeden Angriff auf die Erde abzuwehren. Sag mir, wo sich die Basis befindet.“

“Uh … nein“, antwortete Jack.

“Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt. Ihr habt es geschafft, euer Anwahlgerät so zu modifizieren, dass ihr das Tor schneller öffnen konntest als ich. Wo seid ihr gewesen?“

Jack schwieg.

“Wo habt ihr die Antiker-Energiequellen her?“, wollte Ba’al wissen. Jack starrte aus dem Fenster und schwieg. Ba’al lächelte und sah zu Teal’c. “Bringt sie her.“

weiter: Kapitel 9
Kapitel 9 by JolinarJackson
9.


Evan Lorne schaute vom Konferenzraum durch das Panoramafenster auf das Tor hinunter und wippte auf den Fußballen. Er war nervös und müde und etwas überfordert. Aber er musste Stärke beweisen, da er in General O’Neills Abwesenheit gemeinsam mit Kawalsky für das SGC und QMC verantwortlich war. Das Tor war deaktiviert und ohne das konstante Schimmern, das der Ereignishorizont an die Wand geworfen hatte, wirkte der Raum merkwürdig leer.

Längst hätte General O’Neill mir den drei anderen zurück sein müssen. Aber jetzt hatten sie ein weiteres großes Problem.

Evan seufzte. “Erklären Sie es mir noch einmal so, dass es jemand, der nicht in Oxford studiert hat, verstehen kann?“

Nicholas Rush saß in einem der Stühle hinter ihm und rieb sich die Stirn, ehe er mit einer müden Handbewegung die langen Haare zurückstrich. Evan konnte seine Reflexion sehen und er wusste, dass sie in Schwierigkeiten steckten. Rush wirkte regelrecht geschlagen. Und das kam selten vor.

“Ba’al hat einen Virus in unser Torsystem geschleust. Wir sind nicht in der Lage, raus zu wählen. Unser Tor ist nutzlos.“

Evan drehte sich zu Rush um. “Alle Adressen sind … was? Verloren?“

“Nein. Aber …“ Rush seufzte. “Die Software ist zerstört, verstehen Sie?“

“Ich verstehe“, antwortete Evan, “Also sitzen wir hier fest.“

Rush nickte, die dunklen Augen auf einen Punkt hinter Evan gerichtet. Was auch immer Evan von Rush persönlich dachte – und das war nicht viel, denn der Schotte war launenhaft und arrogant –, er musste zugeben, dass er brillant war. Und wenn Rush keine Lösung sah, dann war keine da.

“Können General O’Neill und die anderen rein wählen?“

Rush schüttelte den Kopf. “Wir sind quasi unerreichbar. Unsere Software ist zerstört. Auf eine Anwahl wird das Tor nicht reagieren.“

“Arbeiten Sie an einer Lösung.“

Rush schüttelte den Kopf. “So, wie es im Moment aussieht … habe ich nicht viel Hoffnung.“



***



Daniel, Rodney und Carson wurden auf die Knie gezwungen. Während Carson die Schultern hochzog und den Blick zu Boden richtete, starrten Daniel und Rodney aus dem Fenster – auf die Erde.

“Oh, mein Gott“, sagte Rodney.

Jack lächelte Ba’al an. “Fühl dich nicht angesprochen.“ Er wirkte ruhig, aber Daniel konnte sehen, wie nervös er war. Die braunen Augen leicht verengt, die Körperhaltung angespannt. Jacks Blick ruhte hauptsächlich auf Daniel und er versuchte, ihm ein versicherndes Lächeln zu schenken. Jack lächelte kurz zurück. Teal’c stand wachsam hinter dem General, die Hände auf dem Rücken verschränkt. In einer Ecke des Raumes öffnete sich eine Tür und Kalina trat ein. Sie blieb nahe der Wand stehen und verschränkte die Hände miteinander. Ba’al deutete wieder eine Verbeugung in ihre Richtung an und hob fragend die Augenbrauen – bot ihr das Verhör an. Kalina schüttelte den Kopf.

Ba’al wandte sich mit einem zufriedenen Lächeln wieder an seine Gefangenen. “Also, General O’Neill“, sagte er und trat hinter die drei anderen Männer, die etwas abseits von Jack knieten, “wo ist die Basis der Antiker?“

“Würde mich auch interessieren“, antwortete Jack. Einer der Jaffa reichte Ba’al einen Folterstab und er aktivierte ihn – eine Warnung.

Daniel konnte Ba’al nicht sehen, aber er hörte seine Robe rascheln und wusste, dass er hinter Rodney stand. “Wo ist sie?“, fragte Ba’al lauernd.

Sämtlicher erzwungener Humor war aus Jacks Gesicht verschwunden. “Ich weiß es nicht.“

Ba’al berührte mit dem Stab Rodneys Schulter und Licht zuckte aus Rodneys Augen und Mund, als er aufschrie. Carson zuckte zusammen und starrte den Wissenschaftler mit erschrockenen Augen an. Daniel verzog das Gesicht. Er kannte die Wirkung des Gerätes. Es fühlte sich an wie Feuer. Jack starrte stoisch auf einen Punkt über Daniels Kopf. Rodney wimmerte, als der Schmerz nachließ und keuchte schwer.

“Rodney?“, fragte Carson panisch und fing sich einen Tritt von einem der Jaffa ein. Daniel erinnerte sich daran, dass Carson zum ersten Mal das Tor benutzt hatte – dass er das alles hier nicht kannte – und versuchte, seinen Blick zu fangen.

Als die ängstlichen Augen sich auf ihn fixierten, nickte er Carson zu.

“Oh, Gott“, murmelte Rodney.

“Wo habt ihr die Energiequellen der Antiker her?“, fragte Ba’al.

“Moment“, sagte Rodney, als Jack den Mund öffnete, “Ich bin noch nicht bereit.“

“Wir haben sie von einem Ort namens Oz“, antwortete Jack ernst auf Ba’als Frage, “Die böse Hexe des Westens hat sie uns gegeben.“

Daniel war versucht zu lachen, als Ba’al zögerte und darüber nachzudenken schien, ob das stimmen könnte. Ein neuer Aufschrei Rodneys überzeugte ihn davon, dass Ba’al Jack die Lüge nicht abgekauft hatte.

“Rodney“, sagte Carson panisch, als der andere Mann hustend zusammenbrach. Er berührte Rodney an der Schulter und drehte ihn auf den Rücken. Seine zitternden Hände fanden Rodneys Puls. “Rodney.“

“Weg von ihm“, befahl ein Jaffa und packte Carson am Kragen seiner Jacke. Carson riss sich los und wollte sich wieder über Rodney beugen, aber Ba’al bestrafte die Bewegung mit einer Berührung des Folterstabes. Carson brach keuchend neben Rodney zusammen, die Arme schützend um seinen Kopf geschlungen.

Ba’al trat hinter Daniel. “Überleg es dir gut, General O’Neill. Ich habe ihn einmal getötet und ich werde es …“ Seine Worte verschwammen und Daniel wurde übel. Seine Kopfschmerzen steigerten sich zu einem rasenden Hämmern, das alle Geräusche um ihn herum ausblendete, und er wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass Ba’al ihn nicht mal angerührt hatte.

Jacks Stimme drang durch den Nebel. “Daniel?“ Sie klang dumpf, als käme sie von weit weg und Daniel hatte nicht mehr die Kraft, aufrecht zu knien.

Er fiel nach vorne und stützte sich mit seinen Händen ab. Schmerz schoss von seinem Kopf, durch seinen ganzen Körper, und er versuchte zu schreien, aber ihm fehlte die Luft dazu. Ein Wimmern entkam ihm und ihm wurde schwarz vor Augen.

Er erwachte nur eine Sekunde später, als er auf dem Boden aufschlug und plötzlich waren alle Geräusche wieder da.

“Daniel! Lasst mich los.“

Er öffnete die Augen und sah Jack, der von Teal’c und einem anderen Jaffa festgehalten wurde. Rodney lag bewusstlos am Boden. Carson starrte Daniel fassungslos an, seine eigenen Schmerzen scheinbar vergessen. In seinen Augen lag ein Horror, den Daniel nicht verstand. Daniel hob ein Hand, um Jack wissen zu lassen, dass er bei Bewusstsein war.

“Was hat das zu bedeuten?“, fragte Ba’al und seine Stimme klang merkwürdig schrill. Daniel fragte sich, was passiert war. Ba’al war normalerweise nicht leicht zu erschüttern. Der Goa’uld ging mit schnellen Schritten auf Jack zu. “Sag es mir!“ Als Jack nicht antwortete, schlug Ba’al ihm mit dem Griff des Feuerstabs ins Gesicht. Jack sackte bewusstlos in sich zusammen. “Schafft sie weg!“, befahl Ba’al. Daniel fühlte, wie er von einem Jaffa gepackt und auf die Beine gezerrt wurde. Seine Knie hielten ihn nicht und er brach wieder zusammen. Der Jaffa zerrte ihn grob wieder hoch und Daniel schaffte es, stehen zu bleiben. Jack und Rodney wurden von je zwei Jaffa weggeschleift, beide bewusstlos. Daniel bekam einen Stoß in den Rücken und stolperte in Carson, der ebenfalls auf die Beine gezogen wurde.

“Was war das?“, fragte Carson ihn und Daniel schüttelte ratlos den Kopf. Er konnte Carson nicht ansehen. Sein Blick war auf Teal’c geheftet, der ihn anstarrte. Ihre Blicke trafen sich und Daniel erkannte Verwirrung in den dunklen Augen. Dann wurde er um eine Ecke gestoßen und verlor den Blickkontakt.

“Teal’c“, sagte Ba’al scharf und der hünenhafte Jaffa riss sich aus seiner Erstarrung. Er nahm den Feuerstab entgegen. Ba’al war aufgeregter, als Teal’c ihn jemals erlebt hatte. Vor allem schwang etwas im Ton des Goa’uld mit, das er noch nie gehört hatte – Angst.

Auch er war verwirrt. Als der junge Gefangene zusammengebrochen war, hatte er erst geglaubt, Ba’al hätte ihn mit dem Feuerstab getroffen, aber der Goa’uld war einen erschrockenen Schritt zurückgetreten.

Kalinas sanfte Stimme meldete sich zu Wort. “Lass es mich das nächste mal versuchen.“ Sie schien unbeeindruckt von dem, was eben geschehen war. Dabei … Teal’c hatte so etwas noch nie gesehen.

Er war ebenso verstört wie sein Gott.

“Wir nehmen den schwächsten aus ihrer Gruppe. Wir kriegen die Antworten.“

Ba’al antwortete nicht. Er starrte auf die Stelle, an der Daniel Jackson gekniet hatte.

Teal’c wusste, was er vor seinem inneren Auge sah, denn er selbst sah es auch. Beinahe hatte es so ausgesehen, als würde Daniel Jacksons Gestalt verwischen und dann … Teal’c schüttelte den Kopf. Es hatte so ausgesehen, als ob ein Mann, der ebenso aussah wie Daniel Jackson, versucht hatte, aus seinem Körper zu entkommen.

Und Teal’c fragte sich unwillkürlich, ob dieser Vorfall mit dem Gefangenen zusammenhing, der nur wenige Zellen von den vier Ta’uri entfernt war.



***



Carson beugte sich besorgt über Rodney, als der Wissenschaftler leise stöhnte.

“Rodney?“, fragte er. Seine Hände zitterten noch immer und die Schmerzen, die das Foltergerät hervorgerufen hatte, bildeten ein Echo in seinen Gelenken und Muskeln.

Sie brannten, wann immer er sich bewegte. Aber für Rodney musste es schlimmer sein, also riss Carson sich zusammen. Dennoch fragte er sich panisch, was er sich dabei gedacht hatte, durch das Tor zu gehen.

Er war nicht für diese Missionen gemacht. Rodney öffnete leicht die Augen und starrte an die Decke der Zelle. “Oh“, sagte er, “das war schmerzhaft.“

“Rodney, bist du okay?“, wollte Carson wissen.

Rodney setzte sich vorsichtig und mit Carsons Hilfe auf. “Bis auf Kopfschmerzen und das Gefühl, als hätte mich jemand …“ Er schloss die Augen. Sein Kopf hämmerte, seine Knochen, seine Muskeln … alles brannte. “Mir fällt kein Vergleich ein.“

Carson lächelte kurz. Rodney kniff die Augen zu, als der Raum sich um ihn herum drehte. “Mir wird schlecht.“

“Bitte nicht“, antwortete Jack und Rodney öffnete die Augen einen Spalt, um ihn anzusehen. Jack saß gegen die schwarze Wand gelehnt, seine Lippe blutig und ein Schnitt über der Augenbraue. Die Wunde blutete nicht mehr, aber getrocknetes Blut klebte an seiner Schläfe und Wange. Rodney hätte nicht erwartet, dass Daniel noch schlechter aussehen könnte als er sich fühlte, aber er wurde eines besseren belehrt. Der Archäologe saß neben Jack. Er war blass und kalter Schweiß bedeckte sein Gesicht. Jack hatte einen Arm um ihn gelegt und Daniels Kopf ruhte auf seiner Schulter.

Seine Augen waren geschlossen. Rodney konnte nicht sagen, ob er bewusstlos war oder wach, bis Daniel leise stöhnte und sich anspannte, als kämpfe er gegen einen Krampf.

Carson deutete seinen Blick richtig. “Es wird schlimmer.“

Rodney versuchte, die Kopfschmerzen wegzumassieren. “Habe ich was verpasst?“

“Nein“, antwortete Jack, “Ba’al hat uns zurück hierher bringen lassen, ehe er irgendwas erfahren hat.“

Rodney runzelte die Stirn. “Wieso?“

Jack festigte seinen Griff um Daniel. “Die ganze Sache mit dem entropischen Kaskadenversagen hat ihn etwas schockiert.“

“Was?“, fragte Rodney fassungslos. Jack schüttelte nur den Kopf und wich seinem Blick aus, fixierte seine Augen auf den Korridor. Ein seltsam leerer Blick lag in seinen Augen, der Rodney bekannt vorkam.

Carsons Stimme klang fassungslos und rau, als könnte er selbst nicht glauben, was er sagte. “Es sah aus, als würde … es sah aus, als würde ein zweiter Daniel aus ihm …“ Er brach hilflos ab.

“EKV. Ich habe es schon mal gesehen. Ich weiß, wie es aussieht“, antwortete Jack.

Rodney schüttelte den Kopf. “General, das ist unmöglich. Doktor Jackson ist tot.“

“Ich weiß“, antwortete Jack laut, “Ich habe die Beerdigung organisiert. Aber, McKay – es war EKV.“

Rodney hob besänftigend eine Hand. “Okay, sagen wir es war so … warum dauerte es so lange, bis sich die Symptome gezeigt haben?“

“Sie waren die ganze Zeit da“, antwortete Carson, “Daniel hat etwa 48 Stunden nach seinem Eintreffen in dieser Realität Kopfschmerzen bekommen.“

Jack und er schienen bereits alles besprochen zu habe, während Rodney noch bewusstlos gewesen war. “Die Symptome haben sich zu langsam entwickelt.“

“Vielleicht, weil Danny zu weit weg war. Vielleicht spielt Entfernung eine Rolle. McKay, unsere einzigen Erfahrungen mit EKV beruhen auf Situationen, in denen die Betroffenen sich begegnet sind. Seitdem haben wir immer vermieden, dass es auftritt. Es könnte also möglich sein.“

“Dann ist Dr. Jackson noch am Leben“, folgerte Rodney. Jack nickte. Plötzlich verstand Rodney den leeren, verzweifelten Ausdruck in seinen Augen wieder. Kurz nach Dr. Jacksons Tod hatte er ihn schon einmal getragen. Und obwohl Rodney für gewöhnlich nicht jemand war, der Trostworte spendete, sagte er: “Wir konnten es nicht wissen, General. Sie konnten es nicht wissen.“

Jack schüttelte den Kopf. “Wie?“ Die Antwort war so simpel wie erschreckend.

“Ba’al experimentiert mit Klonen. Das wissen wir“, antwortete Rodney. Carson starrte ihn überrascht an, kämpfte seine Neugier aber hinunter.

“Er könnte die anderen Teammitglieder auch geklont haben. So viel Aufwand … wofür?“, fragte Jack.

“Vielleicht, um zu verhindern, dass wir eine Rettungsaktion starten“, meinte Rodney.

“Wenn er noch am Leben ist“, sagte Jack, “könnte er hier sein.“

Rodney nickte. “Seit drei Monaten.“

Jack lehnte den Kopf an die Wand und schloss die Augen. Er drückte Daniel an sich und schluckte schwer. Ihm wurde übel, wenn er nur daran dachte, was sein Partner in den letzten Monaten durchgemacht haben könnte. Was das Team, das ihn begleitet hatte, durchgemacht haben könnte. Das SGC hatte sie einfach aufgegeben.

Und jetzt könnte diese Tatsache dazu führen, dass ein weiterer Daniel starb. Daniel stöhnte auf und drückte sich an Jack.

“Shh“, machte der General leise.

“Jack?“, flüsterte Daniel.

“Ja, alles okay“, versuchte der General, ihn zu beruhigen.

“Ich hab’ dir nie gesagt … nie …“

Jack fuhr mit einer Hand durch Daniels braune Haare.

“Lass es uns versuchen“, flüsterte Daniel.

“Was?“, fragte Jack. Daniel öffnete die Augen und blickte zu ihm auf, aber sein Blick war fiebrig und Jack ahnte, dass er keine Ahnung hatte, mit wem er sprach.

Jack beugte den Kopf und drückte einen Kuss auf Daniels Stirn. “Schlaf.“

Daniel zog Jacks Kopf weiter hinunter und küsste seine Lippen. Jack wich erschrocken zurück. “Danny …“, sagte er. Daniel hatte die Augen geschlossen und schüttelte den Kopf.

Dann verlor er das Bewusstsein.

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Kapitel 10 by JolinarJackson
10.


Die Schritte, die im Korridor widerhallten, ließen Carson zusammenzucken. Er drängte die Panik zurück und versuchte, sich darauf zu konzentrieren, stark zu bleiben, aber die Wahrheit sah so viel anders aus. Jack, Daniel, sogar Rodney … sie waren alle erfahren, was die Goa’uld anging, die Torreisen … Carson war erst seit zwei Wochen dabei und er hatte nie etwas aufregenderes gemacht als Kenneth Lloyd im College um ein Date zu bitten. Und da das übel geendet hatte, konnte das hier nur schlimmer werden.

Zwei Jaffa blieben vor der Zelle stehen. Einer von ihnen war Teal’c. Carson blickte zu Daniel, der sich seit dem letzten Anfall vor zehn Minuten nicht mehr gerührt hatte und ihm wurde bewusst, dass der einzige, der wusste, wie man Teal’c auf ihre Seite ziehen könnte, nicht in der Lage dazu sein würde.

Teal’c blickte in die Zelle hinein, ehe er die Tür mit einer Berührung der Kontrolleinheit an der Wand gegenüber der Zellentür öffnete. Er deutete auf Carson. “Mitkommen.“

Carson schluckte schwer. Jack schüttelte den Kopf und er ließ Daniel an die Wand gelehnt zurück, um aufzustehen. “Nein. Ihr nehmt mich mit. Ich bin der Anführer. Ich weiß am meisten über-“

“Schweig!“, donnerte Teal’c und Jacks Hände ballten sich zu Fäusten. Teal’c gab dem anderen Jaffa ein Zeichen und er kam in die Zelle, auf die Ecke zu, in der Carson und Rodney saßen.

“Nein, so läuft das nicht!“, rief Jack und wollte sich ihm in den Weg stellen, aber Teal’c stieß ihm den Lauf seiner Stabwaffe in Brust. Jack hob die Hände, während Carson von dem anderen Jaffa hoch gezerrt und zur Tür geschoben wurde. Jack starrte Teal’c an. “Nein“, sagte er, erinnerte sich an das, was Carson ihm über Teal’c und Daniels Worte über ihn erzählt hatte und fügte hinzu: “Bitte.“

In Teal’cs Augen regte sich etwas, das wie Mitleid aussah – vielleicht auch Überraschung – aber es erstarb genauso schnell wieder. Er stieß Jack mit der Stabwaffe weiter in die Zelle hinein und verließ das Gefängnis. Die Tür fiel laut ins Schloss. Carson zuckte zusammen und starrte Jack ängstlich an. Rodney sprang auf und ging mit schnellen Schritten zum Gitter. “Carson. Das wird schon.“

Der Jaffa begann, ihn mitzuziehen und Carson nickte Rodney zu, versuchte, seine Panik zu besiegen. Er schaffte es nicht wirklich.

“Carson“, rief Rodney, “du schaffst das!“ Seine Stimme verhallte und Carson war allein in den endlosen Gängen des Raumschiffes – mit den beiden Jaffa. Teal’c ergriff Carsons Jackenkragen und sprach ein paar Worte zu dem anderen Jaffa, die Carson nicht verstand. Der nickte und ließ Carson los, ehe er in eine andere Richtung weiterging.

Teal’c zerrte Carson weiter und der Arzt realisierte plötzlich, dass er etwas tun konnte. Er kratzte das wenige Wissen zusammen, dass er sich in den letzten zwei Wochen während Mittagspausen und abends in seinem Quartier angelesen hatte.

“Die Goa’uld sind falsche Götter.“ Er schluckte und fuhr fort: “Das weißt du. Dein Volk könnte frei sein von … den Symbionten.“

Teal’c zerrte ihn kommentarlos weiter.

“Okay“, sagte Carson, “ich weiß, ihr braucht sie, um zu überleben, aber vielleicht könntet ihr … ihr könntet … ich könnte eine Möglichkeit finden, dass ihr ohne sie überleben könnt. Ich bin Arzt. Mediziner …“

Teal’c schien das nicht zu verstehen.

“Schamane?“, versuchte Carson es und dann fiel ihm eine weitere Möglichkeit ein: “Heiler.“ Vielleicht bildete er sich Teal’cs kurzes Zögern nur ein. “Ich könnte das erforschen. Wir wissen nicht viel über eure Physiologie, weil wir …“ Er unterbrach sich. Es wäre sicherlich nicht von Vorteil zu erwähnen, dass das SGC bisher nur tote Jaffa und ihre Symbionten hatte untersuchen können.

Und er fühlte sich auch nicht ganz wohl dabei. Aber es waren die Berichte gewesen, die Carson am meisten interessiert hatten.

Er wünschte, er hätte mehr über die Kultur der Jaffa gelesen, die das SGC ebenso wenig kannte wie die Physiologie.

“Ich kann helfen. Mit deiner Hilfe.“

Teal’c blieb vor einer Tür stehen und sie öffnete sich automatisch.

“Oh, Gott“, flüsterte Carson, als er sah, was auf ihn wartete.



***



Daniel hatte sich noch nie im Leben mieser gefühlt.

Vielleicht nach dem Unfall auf Kelowna. Ein erneuter Krampf schüttelte seinen Körper und er biss die Zähne zusammen. Nein, noch nie. Jeder Muskel tat weh, krampfte und zitterte. Seine Kopfschmerzen waren unerträglich und merkwürdigerweise war ihm kalt. Er stöhnte leise, als ihn wieder ein Krampf traf und Jack zog ihn näher. Ein Kuss streifte seine Stirn. “Wir müssen ihn hier rausschaffen“, sagte Jack besorgt.

Rodney stand am Gitter und starrte das Kontrollpaneel auf der gegenüberliegenden Wand an, als könne er es so aktivieren. Dass Carson weg war, machte ihm zu schaffen. Er war krank vor Sorge. Carson hatte so ängstlich ausgesehen, als die Jaffa ihn weggeschleppt hatten.

“Tolle Idee, General. Ich biege einfach die Stäbe auseinander.“

“Können wir nichts mit dem Mechanismus machen?“

Rodney drehte sich zu ihm um. Frustration wurde zu Wut.

“Wir könnten ihn aktivieren, wenn unsere Arme zwei Meter lang wären.“ Er kramte in seinen Hosentaschen. Dann fragte er: “Haben Sie was zum Werfen?“

“Werfen?“

“Gegen den Mechanismus.“

Jack schüttelte den Kopf. “Die haben mir alles weggenommen.“

“Mir auch“, seufzte Rodney und drehte sich um, um wieder sehnsüchtig auf den Mechanismus zu starren.



***



Carson kauerte sich in einer Ecke des kleinen Raumes zusammen, in dem Kalina und vier Männer in Kutten auf ihn gewartet hatten.

Die Gesichter der Männer waren blass und ihre Haut gezeichnet von fremdartigen Erhebungen. Ihre Pupillen waren dunkel-weiß. Carson hatte Beschreibungen von Prioren gehört. Doch in keiner der Geschichten von den Soldaten des SGC, die in die Antarktis versetzt worden waren, hatte er etwas von der Art gehört, wie Ori folterten.

Er schloss die Augen und hielt sich die Ohren zu, aber die Stimmen der Priore wurden nur lauter in seinem Kopf, dröhnten durch seine Gedanken und ließen seinen ganzen Körper schmerzen, als wären alle Nerven überreizt. Seine Kleidung tat weh, als scheuere sie über seine Haut mit jedem heftigen Atemzug. Er wimmerte leise und sah durch die Tränen in seinen Augen die vier Priore mit ihren Büchern vor sich, daraus lesend, als würden sie predigen. Kalina stand etwas abseits und wartete. Wie lange, wusste er nicht. Es fühlte sich an wie Tage, konnten aber nur Stunden gewesen sein. Er verstand die Worte nicht. Sie waren lateinischen Ursprungs, soviel wusste er, aber sie klangen anders – irgendwie falsch. Und sie flossen ineinander, überlagerten sich und eigentlich interessierte es ihn auch überhaupt gar nicht, was sie sagten. Was sie wollten, wusste er trotzdem. Es war, als würden sie ihm die Fragen noch immer übermitteln, obwohl niemand sie mehr aussprach.

Woher habt ihr die Energiequellen? Wo liegt die Antiker-Basis?

Carson drückte sich an die Wand, schloss die Augen und versuchte, zu verschwinden. Sie durften nicht erfahren, wo die Basis lag oder dass sie ohne die ZPMs in den Rucksäcken nutzlos war. Denn dann würden sie sie mit ein paar gezielten Schüssen vernichten. Das einzige, das sie von einer Invasion abhielt, war die Angst vor den Drohnen. Ungebeten schlich sich ein Bild der Antarktis in Carsons Geist, wie er sie aus dem Hubschrauber gesehen hatte, bei der Ankunft in der Basis.

Er schüttelte den Kopf und zwang das Bild weg. Was er sah, konnten sie sehen, dessen war er sich sicher. Die Stimmen der Priore schienen lauter zu werden, die Schmerzen wurden schlimmer. Als würde sein Körper brennen. Ihm wurde heiß und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er konnte ihnen die Basis nicht zeigen. Er würde sie einlassen, ihnen Zugriff geben … Carson schluchzte. Er konnte ihnen die Basis nicht zeigen … und ehe Carson sich der Tatsache wirklich bewusst war, brach etwas durch seinen Schutzwall.

Und Carson brach unter der Folter.



***



Nicholas Rush betrat Colonel Lornes Büro mit einem Gesichtsausdruck, der den Soldaten ahnen ließ, dass ihre Situation von schlecht in den Bereich katastrophal gerutscht war. “Sagen Sie’s nicht“, bat er.

“Ich kann das Tor nicht reparieren, ohne Zugriff auf ein voll funktionsfähiges DHD zu erhalten. Und da wir weder raus wählen können, noch ein Schiff entbehren … kann ich das Tor nicht reparieren.“

Lorne rieb sich die müden Augen. Er und Kawalsky waren nicht überfordert von der Aufgabe, das SGC und QMC ohne Jacks Aufsicht zu leiten. Sie hatten das schon öfter getan, wenn der General auf anderen Planeten oder in Washington war.

Aber die Erde schwebte in Gefahr und die Repräsentanten aller Länder wurden im Augenblick vom Präsidenten und den Führern von Kanada, China, Frankreich und Russland eingeweiht … nur, um ihren Völkern mitzuteilen, dass die Erde vermutlich bald überrannt wurde. Ihre Situation war schlimmer als katastrophal.

“Sie sollten es doch nicht sagen.“

“Ich denke nicht, dass es etwas gebracht hätte, es zu verheimlichen.“

“Warum brauchen Sie ein funktionsfähiges DHD?“, fragte Lorne.

“Um das Wahlprogramm von dort auf unser Tor und unseren Wahlcomputer zu übertragen.“ Er schwieg und biss sich auf die Unterlippe, die Arme verschränkt.

Lorne ahnte schlimmes. Seine hellen Augen weitete sich fragend. “Dr. Rush?“

“Ich habe mich inzwischen mit dem Virus beschäftigen können. Er wurde von Ba’al speziell für unser Computersystem programmiert. Schlimmer noch: Er ist eine Abweichung des Avenger-Virus, der momentan von Dr. Felger perfektioniert wird.“

Stille legte sich über den Raum.

Avenger. Die Hoffnung des SGC – nun scheinbar sein Untergang. Lorne fragte: “Will ich wissen, wie Ba’al an die Informationen über unser Computersystem und Avenger kommen konnte?“

Rush antwortete wie immer direkt und unverblümt: “Dr. Linus.“

“Der in dem Team war, das mit Dr. Jackson von Ba’al gefangen genommen und gefoltert wurde.“

“Wir haben nach ihrem Tod die IDC-Codes geändert und alles, was gefährdet sein könnte“, antwortete Rush.

“Wir haben nicht so weit gedacht.“

“Linus hat mit Felger an dem Projekt gearbeitet.“

“Ba’al hat erreicht, was er wollte. Er hat uns von der Außenwelt abgeschnitten.“

“Wir haben den Spiegel“, gab Rush zu bedenken.

Lorne lachte humorlos. “Das hier ist unsere Realität. Doktor Jackson zu holen, um bei der Suche nach der Verlorenen Stadt zu helfen war eine Sache – das hier … das hier müssen wir alleine schaffen.“



***



Teal’c betrat den Raum, als die Priore und Kalina ihn verlassen hatten. Kalinas Gesicht war ebenso unlesbar wie das ihrer ergebenen Diener, also konnte Teal’c nicht sagen, ob sie bekommen hatten, was sie wollten.

“Sperr ihn ein“, sagte Kalina, ohne ihn eines Blickes zu würdigen und Teal’c neigte den Kopf in ihre Richtung, als sie ging. Er betrat den Raum und schloss die Tür. Er sah den Menschen in einer der Ecken zusammen gekauert. Er atmete hörbar schwer, seine Hände in dem schwarzen Stoff seiner Uniform verkrampft, und es schien, als würde ihm jeder Atemzug weh tun. Als Teal’cs Schatten über ihn fiel, zuckte er zusammen und drückte sich an die Wand, als könne sie ihn schützen. Teal’c blickte auf ihn hinunter und es war offensichtlich, dass die Ta’uri so verletzlich und schwach waren, wie man es sich erzählte. Sie hatten nicht die Kraft eines Jaffa oder die Technologie, die den Goa’uld zur Verfügung stand. Und dennoch konnte Teal’c nicht anders, als sich an die Worte seines Meisters Bra’ac zu erinnern – vor Jahren, als er noch in Apophis Diensten stand … ehe Ba’al Apophis Reich erobert und den Schlangengott und Bra’tac getötet hatte. Er hatte mit Bra’tac einmal im Garten seines Hauses gesessen und seinen Sohn Rya’c beobachtet, der mit einem Nachbarjungen spielte.

“Die Ta’uri haben Ra besiegt und Seth und sogar Chronos. Behaupte nicht, dass du nicht längst an den Göttern zweifelst. Ich weiß, dass du das schon getan hast, bevor diese Menschen überhaupt aufgetaucht sind.“

Und natürlich hatte Teal’c gezweifelt. Viele Jaffa zweifelten. Aber die Rivalität unter den Goa’uld war groß. So groß, dass ein friedliches Gespräch mit den Kriegern eines verfeindeten Goa’uld unmöglich war, die Formung einer Allianz undenkbar. Und die Goa’uld mochten keine Götter sein, aber sie verfügten über Macht und Waffen und genügend Jaffa, die ihnen treu zur Seite standen. Und da waren die Symbionten, ohne die die Jaffa starben.

Wie konnte Teal’c, der eine Familie hatte, überhaupt daran denken, sich gegen seinen Gott zu stellen?

Er blickte auf den Ta’uri hinunter. “Ist es wahr?“, fragte er. Der Mann zuckte zusammen, als hätte Teal’c geschrieen, obwohl der Primus nicht mal laut gesprochen hatte.

Folgen der Folter. Teal’c hatte schon viele Opfer der Ori gesehen.

Sogar Jaffa brachen unter ihrer Folter. Der Mann blickte mit verständnislosen, blauen Augen zu ihm hoch.

“Ist es wahr, dass du uns von den Symbionten befreien könntest?“, fragte Teal’c. Der Mann stöhnte leise und Teal’c ging neben ihm in die Hocke. “Antworte.“

Der Mann nickte schwach. “Wir … haben gute Mediziner. Alles, was wir brauchen, ist … ein gesunder Jaffa.“

Teal’c legte den Kopf schief.

“Du weißt, dass sie falsche Götter sind, oder?“, fragte der Mann leise. Er starrte Teal’c an. “Hilf uns bitte. Wir müssen … sie werden die Erde überrennen.“ Er schloss die Augen. Teal’c streckte eine Hand aus und legte sie auf den Arm des Ta’uri. Dann ergriff er seine Hand und zog ihn auf die Beine. Der Mann stolperte über seine eigenen Füße und wäre statt Teal’c einer der anderen Jaffa hier gewesen, wäre er gefallen. Aber Teal’c stützte ihn und legte einen seiner Arme um seine breiten Schultern. Der Mann schien kaum Kraft zu haben, sich selbst aufrecht zu halten. Er stöhnte leise.

Teal’c ging mit ihm auf die Tür zu. “Wir müssen deine Freunde holen“, sagte er.



***



Als Schritte durch den Gang hallten, drückte Rodney sich an die Gitter. Er starrte den Gang hinunter und wartete, bis er Teal’c mit Carson sah. Der Arzt schien unverletzt zu sein, aber er lief kaum aus eigener Kraft. Teal’c schleifte ihn mit sich – einer von Carsons Armen um seine Schultern geschlungen. Auf seiner rechten Schulter konnte Rodney des schwarzen Riemen einer Tasche erkennen. Er trat von der Tür zurück. “General“, sagte er und Jack stand auf und schob Rodney schützend hinter sich. Daniel lag bewusstlos am Boden in einer der Ecken der Zellen. Er reagierte seit einer halben Stunde nicht mehr. Carson war lange weg gewesen. Lange genug, um Rodney denken zu lassen, dass sie ihn vielleicht getötet hatten.

Teal’c öffnete die Zellentür und trat ein. Rodney sah Carson leicht den Kopf heben und atmete erleichtert auf. Teal’c blickte Jack an, dann zu Daniel. “Wir haben nicht viel Zeit“, sagte er, “Ich werde Daniel Jackson nehmen.“

“Was? Hey, Moment mal“, sagte Jack, “Er ist bewusstlos. Ihr könnt absolut nichts aus ihm rausbekommen, okay?“

Teal’c starrte ihn finster an. “Das habe ich nicht vor.“ Er hielt Rodney seine Tasche entgegen und jetzt erkannte der Wissenschaftler einen ihrer Rucksäcke wieder.

Carson blickte mühsam zu Jack auf. “General … er ist auf unserer Seite.“

“Was?“, fragte Jack.

“Wir haben keine Zeit“, sagte Teal’c und trat auf sie zu. Er drückte Rodney die Tasche in die Hand und der Wissenschaftler nahm sie. Die harten Kanten des ZPMs waren durch den Stoff zu spüren und Rodney blickte Teal’c überrascht an. Teal’c reichte Carson an ihn weiter.

Rodney hatte einen Moment Mühe, den Arzt aufrecht zu halten und den Rucksack über eine Schulter zu schwingen. “Was fehlt ihm?“, fragte er.

“Die Ori haben ihre eigenen Folter-Methoden.“ Teal’c trat auf Daniel zu und hob ihn hoch.

Jack kam auf ihn zu. “Ich nehme ihn“, sagte er fest.

“Du wirst für jemand anderen gebraucht“, antwortete Teal’c.

“Carson?“, fragte Rodney leise.

Carson stöhnte und antwortete: “Tut mir leid.“

“Was?“, fragte Rodney.

“Hab’s ihnen gezeigt.“

“Wir müssen aufbrechen“, sagte Teal’c und verließ die Zelle. Jack und Rodney blieb kaum etwas anderes übrig, als ihm zu folgen. Als Rodney Schwierigkeiten hatte, Carson alleine zu helfen, stützte Jack die andere Seite des Arztes.

“Warum hilfst du uns?“, fragte er.

Teal’c antwortete: “Ich habe alle Wachen in diesem Bereich abgezogen. Aber wir müssen uns beeilen. Für Erklärungen bleibt später noch Zeit.“ Er blieb vor einer weiteren Zelle stehen. Jack ließ Carson los und ergriff die Gitter, sein Blick unweigerlich zu dem einzigen Gefangenen in der Zelle gezogen, der am Boden lag und sich nicht regte.

“Danny“, flüsterte er. Blutige Schrammen zogen sich über Daniels Gesicht und seine Hände. Die grüne Hose war dreckig und blutverkrustet und das schwarze T-Shirt an manchen Stellen zerrissen. Blutige Wunden zeigten sich unter den Löchern. Seine Haare waren etwas länger und er hatte einen Bart, aber es war eindeutig Daniel.

Teal’c öffnete die Tür und Jack stürmte in die Zelle. “Baby“, sagte er und zog den bewusstlosen Mann hoch und in seine Arme. Daniel atmete, wenn auch schwach. Jack schluchzte. Drei Monate hatte er gedacht, Daniel verloren zu haben.

Drei Monate, in denen er beinahe aufgegeben und den Cheyenne Mountain verlassen hätte. Aber die Basis war auch Daniels Werk gewesen und Jack hatte sie nicht aufgeben können.

“General“, sagte Rodney warnend.

Jack nickte. “Ich weiß.“ Er kam mühsam auf die Füße, Daniel über seine Schulter gelegt. Er drängte den Geliebten in sich zurück und starrte zu Teal’c. “Wohin jetzt?“

“Zum Hangar“, antwortete der Jaffa.



***



Als die Tür zu seinem Quartier auf der Artemis sich öffnete und die Lichter eingeschaltet wurden, richtete Everett Young sich sofort alarmiert in seinem Bett auf.

“Sir“, keuchte ein Airman atemlos, “sie greifen an.“

Wie aufs Stichwort erschütterte ein Treffer das Schiff.

“Auf Verteidigungsposten“, befahl Young, “Ich bin sofort auf der Brücke.“

“Sir, Sie verstehen nicht“, sagte der Mann und Young starrte ihn an.

“Was?“, fragte er.

“Sie sind bereits durch unsere Blockade gebrochen. Eines ihrer Schiffe befindet sich direkt hinter unserer Frontlinie. Es hat sich plötzlich enttarnt und Todesgleiter und Al-Keshs Richtung Erde geschickt.“

Everett ließ sich nicht die Zeit, die Situation zu überdenken. Sein Instinkt übernahm. “Schicken Sie F-302s raus, um die Todesgleiter und die Al-Keshs abzufangen. Ich bin sofort auf der Brücke. Holen Sie mir die anderen Kommandeure und Colonel Lorne in eine Konferenzschaltung.“

Der Soldat nickte und wandte sich ab, während Everett aus dem Bett stieg und nach seiner Hose griff. “Airman!“, rief er.

Der junge Mann kehrte zurück. “Sir?“

“Wohin fliegen die Todesgleiter?“

“Antarktis, Sir.“

weiter: Kapitel 11
Kapitel 11 by JolinarJackson
11.


Dr. Rush rieb sich das Kinn und blickte zu Lorne. “Sie wissen, was das bedeutet.“

Lorne starrte weiterhin Colonel Young an, der auf dem Flachbildschirm im Konferenzraum zu sehen war. Hinter dem Kommandeur der Artemis war geschäftiges Treiben zu sehen. Das Bild wackelte in unregelmäßigen Abständen. Die Artemis wurde getroffen, aber noch hielten ihre Schilde.

“Sie kennen die Position der Antiker-Basis“, sagte Rush eindringlich, “Warum sonst sollten sie in die Antarktis fliegen?“

“Das müssen Sie mir nicht erklären“, antwortete Lorne gereizt.

Young nickte jemandem zu, den Lorne und Rush nicht sehen konnten und meinte dann: “Evan, wir haben versucht, das Schiff, das durch unsere Linie gebrochen ist, zu attackieren, aber die anderen feindlichen Schiffe lassen uns keine Gelegenheit. Wir sind vollauf damit beschäftigt, uns zu verteidigen.“

“Wie konnte es durch die Linien brechen?“

“Wir haben es einfach nicht gesehen. Dabei scannen wir das Umfeld alle 15 Minuten. Wir wissen nicht, wie unsere Geräte es übersehen konnten.“

“Möglicherweise eine neue Art der Tarnung“, überlegte Rush.

Lorne fuhr sich durch die kurzen Haare. “Everett, ich will dass die Artemis die Menschen in der Antiker-Basis evakuiert.“

Young nickte und gab den Befehl weiter.

Rush lachte humorlos. “Das war es, was sie von Anfang an wollten“, meinte er, “Die Antiker-Basis.“

“Wie konnten sie plötzlich wissen, wo sie liegt?“, fragte Lorne.

Rush verschränkte die Arme. “Sie kennen die Antwort darauf, Colonel.“



***



Rodney war so damit beschäftigt darauf zu achten, dass Carson nicht stolperte und ihn mit zu Boden riss, dass er nicht bemerkte, dass Teal’c stehen blieb. Erst die große Hand des Jaffa, die sich gegen seine Schulter drückte, machte ihn darauf aufmerksam, dass der Krieger sich nicht weiter bewegte. “Sei vorsichtig“, sagte der Hüne und Rodney schluckte, als er in seine Augen blickte. Teal’c wirkte vollkommen ruhig. Daniel aus der alternativen Realität lag inzwischen über seinen Schulter, noch immer bewusstlos. Rodney zog Carson näher und festigte den Griff um die Hüfte des anderen Mannes. Jack blieb neben ihnen stehen, der andere bewusstlose Daniel auf seiner Schulter.

Carson legte den Kopf auf Rodneys Schulter. “Hab’s ihnen gezeigt …“, murmelte er.

“Ja, weiß ich“, antwortete Rodney.

“Sei still“, sagte Teal’c und Rodney gehorchte. Vor ihnen lag der riesige Hangar. Todesgleiter, das Äquivalent der Goa’uld zu Kampfjets, hingen in ihren Vorrichtungen und machten sich zum Abflug bereit, manche von ihnen starteten gerade. Ein Truppentransporter, Al-Kesh genannt, verließ das Schiff. Während die Todesgleiter nur aus einer Pilotenkanzel und zwei Tragflächen bestanden, hatte das große Al-Kesh eine Form, die etwas an eine Pyramide erinnerte. Sowohl die Todesgleiter als auch das Al-Kesh schimmerten in einem neutralen Grau.

“Verdammt, die greifen an“, sagte Jack, starrte durch das Schutzschild, durch das die Gleiter das Schiff verließen und durch den Weltraum auf die weite Eiswüste der Antarktis zuhielten, die von hier aus so klein aussah.

“Das ist ein Tel’tak“, sagte Teal’c und deutete auf ein Schiff, das wie eine kleinere Version der Al-Keshs aussah, “Es ist ein Transportschiff. Es wird für unsere Zwecke reichen.“

“Merken die nicht, dass wir abhauen?“, fragte Jack.

Teal’c blickte in ernst an. “Das werden sie.“

“Super“, murmelte Jack, “Lass uns loslegen.“

Teal’c hob eine Augenbraue. Er wandte sich ab und ging voran. Sie schlichen eng an die Wand gepresst zum Tel’tak, hinter mehrere Todesgleitern vorbei. Das geschäftige Treiben im Hangar verhinderte, dass sie gesehen wurden. Die Tür des Schiffes stand offen und Teal’c trat als erstes ein.

“Das wird übel enden“, meinte Rodney, “Ich habe Flugangst.“

“Jetzt gehen Sie schon“, sagte Jack und stieß ihn vorwärts. Sie betraten die kleine Pilotenkanzel des Schiffes. Die Wände waren golden verkleidet und mit Hieroglyphen versehen. Zwei Sitze für Pilot und Co-Pilot waren vorhanden. Gesteuert wurde das Schiff mit einem rot leuchtenden, runden Kristall, der in etwa so groß wie Jacks Kopf war. Hinter Jack schloss sich die Tür. Teal’c kam aus einem Nebenraum. Rodney nahm an, dass das der Frachtraum des Schiffes war. Sogar Transportringe, mit denen man das Schiff per Beam-Technologie verlassen konnte, waren vorhanden. Jackson lag nahe der Wand am Boden und war so blass, dass Rodney sich mit einem Blick versichern musste, ob er noch atmete. Danny sah nicht besser aus; Jack legte ihn vorsichtig hin und streichelte seine Wange, ehe er sich zu Teal’c umdrehte, der im vorderen Teil des Schiffes im Pilotensitz Platz genommen hatte. “Lass uns verschwinden.“ Ein Zittern durchfuhr das Schiff, als die Motoren starteten. Jack beugte sich über Daniel. Rodney half Carson, sich zu setzen. Carson verzog das Gesicht und Rodney kniete sich neben ihn. “Wo tut’s weh?“

“Überall“, antwortete Carson.

Rodney lächelte. “Du hältst dich großartig“, versicherte er und nahm Carsons Hand. Der Arzt blickte überrascht zu ihm auf und Rodney ließ rasch seine Hand los. Nervös wandte er sich ab. “Wohin jetzt, General?“, fragte Rodney und sah nach Jackson. Er war noch immer bewusstlos, seine Haut bedeckt mit kaltem Schweiß.

Jack zog seine Jacke aus und deckte Danny damit zu, offensichtlich frustriert, dass er nicht mehr für ihn tun konnte. Er blickte zu Rodney. “Erst mal verschwinden wir hier.“

“Antarktis“, sagte Carson leise.

Jack schüttelte den Kopf. “Das ist keine gute Idee. Die haben die Basis gefunden und werden sie angreifen. Wir können da nichts mehr tun.“

Carson schüttelte den Kopf. “Hab’s ihnen gezeigt“, sagte er und öffnete leicht die Augen.

Rodney seufzte. “Ja, dass du es ein drittes Mal sagst, bessert die Lage nicht gerade.“

“Nein“, sagte Carson leise, “Atlantis … ich habe ihnen Atlantis gezeigt. Nicht die Basis.“

Jack kam zu ihnen und ging vor Carson in die Hocke. “Dr. Beckett, sind Sie sicher?“

“Ich wollte es nicht … aber sie haben … ich habe ihnen Atlantis gezeigt. Die Adresse und … die Stadt. Nicht die Basis. Sie mussten aufgeben, weil ich … es ihnen nicht gezeigt habe.“

“Sie wissen nicht, wo die Basis ist?“, fragte Jack.

Carson schüttelte den Kopf. “Sie wissen nur, sie … ist irgendwo in der Antarktis.“

“Deshalb fliegen sie dahin“, sagte Rodney.

“Aber was greifen sie an?“, fragte Jack. Er stand auf und ging nach vorne zu Teal’c. Das Fenster zeigte ihm die Erde, näher als zuvor. Todesgleiter und Al-Keshs flogen an ihnen vorbei und schienen keine Notiz von ihnen zu nehmen. Der Anblick war beängstigend.

“Wir sind im Tarnmodus und nicht in Gefahr“, sagte Teal’c, als hätte er Jacks Gedanken gehört, “Sie werden inzwischen entdeckt haben, dass ihr entkommen seid.“

“Teal’c, diese Gleiter … wenn sie nicht wissen, wo die Basis liegt, sondern nur ungefähr, wo … was werden sie dann tun?“

Teal’c blickte Jack einen Moment ernst an. “Sie werden Energiesignaturen in der Umgebung suchen und diese angreifen. Eine nach der anderen. Bis nichts mehr übrig ist.“

“Also haben sie die Basis möglicherweise noch nicht gefunden.“ Er setzte sich in den Co-Pilotensitz. “Teal’c, ich werde dich hinführen. Vielleicht haben wir doch noch eine Chance.“



***



Everett zuckte zusammen, als die Odin direkt neben ihnen von einem der Ori-Schiffe getroffen wurde und einem hellen Ball aus Feuer verschwand. Die Erschütterung der Explosion erfasste auch die Artemis. Major Marks, der seinen Posten neben Everett eingenommen hatte, verkündete: “Das ist das dritte Schiff, das wir an die Ori verloren haben. Ihre Waffen sind wirkungsvoller als alles, was wir bisher gesehen haben.“

“Unsere Schutzschilde stammen von den Asgard“, antwortete Young, “Wollen Sie mir sagen, die Ori sind cleverer als die? Dann haben wir wirklich ein Problem.“

Sie hatten zwei der Goa’uld-Schiffe abgeschossen.

Die Kampfflieger der Erdflotte in ihren F-302s versuchten, die Todesgleiter und Al-Keshs über der Antarktis in Schach zu halten und machten hohe Verluste. Noch immer ließen ihnen die Gegner keinen Spielraum, um das Schiff anzugreifen, auf dem sich vermutlich Ba’al befand. Es schwebte weiterhin bedrohlich über Erde und schickte immer neue Todesgleiter Richtung Antarktis. Hinter Everett herrschte ein wildes Durcheinander. Die Besatzung rief sich Befehle zu und versuchte, Schäden zu regulieren.

“Feuern Sie weiter. Konzentrieren Sie sich auf die Ori“, befahl Everett und hielt sich an den Lehnen seines Stuhls fest, als eines der Ori-Schiffe sie traf.

“Schilde auf 50%“, verkündete Marks.

“Wir sind die nächsten“, murmelte Everett, “Kontaktieren Sie Lorne. Wir evakuieren die Mitglieder der Antarktis-Expedition von hier aus ins SGC.“

Marks nickte und während er mit Lorne sprach, rief Captain Fry von Everetts anderer Seite über den Lärm eines anderen Treffers hinweg: “Sir, Berichte von der Erde. Todesgleiter und Al-Keshs haben angefangen, Forschungsstationen in der Antarktis zu bombardieren. Zwei zivile Stationen sind bereits zerstört.“ Er blickte Everett erschrocken an. “Die sind auf dem Weg nach McMurdo.“

Everett rieb sich die Stirn. “Die suchen die Antiker-Basis und greifen alles an, was danach aussieht, als ob sie es sein könnte.“

Marks sagte: “Sir, Colonel Telford für Sie.“

Everett blickte auf den Bildschirm vor sich und nickte dem Kommandeur der Selene zu. “David, was gibt’s?“

Telfords dunkle Augen waren das einzige in seinem Gesicht, das seine Anspannung zeigte. Die scharf geschnittenen Gesichtszüge wirkten vollkommen ruhig. “Ich habe den Kontakt zu meinen F-302s verloren. Sieht so aus, als ob wir die Schlacht über der Antarktis verlieren. Gerade eben wurde uns bestätigt, dass die Todesgleiter und Al-Keshs Richtung McMurdo fliegen.“

Everett nickte. “Ja, habe ich auch gerade gehört. Unsere F-302s sind noch in der Schlacht, aber stark dezimiert. Colonel Caldwell hat seine Piloten verloren. Wir kriegen keinen Kontakt zur Prometheus, aber sie ist noch da. Wahrscheinlich ist ihr Funksystem gestört.“

Die Artemis wurde von einem erschütternden Treffer erfasst.

“Sir, Schilde auf 30%. Antarktis-Expedition sicher im SGC angekommen“, sagte Marks.

“David, ihr müsst McMurdo evakuieren. Alle Stationen in der Antarktis – egal, ob zivil oder militärisch – müssen sofort evakuiert werden.“

Telford nickte. “Unsere Schilde sind bei 76%. Everett-“

“Ich weiß“, unterbrach Young. Die Schlacht war so gut wie verloren.



***



Teal’c landete das Tel’tak so sanft, dass Jack es kaum merkte.

“Das Schiff ist noch immer getarnt“, sagte der Jaffa und stand von seinem Sitz auf.

“General?“, fragte Rodney und kam in die Pilotenkanzel. Er starrte hinaus in die Antarktis und auf die SGC-Basis direkt vor ihnen. Offiziell galt die Basis als ein Forschungsstandort der USA. Nur wenige wussten, das ein paar Meter unter der Oberfläche der Antiker-Außenposten lag. “General, was soll das? Was tun wir hier?“, fragte Rodney.

Jack stand auf. “Wir retten die Welt“, sagte er, “Mal wieder.“

Teal’c folgte ihm in den hinteren Teil des Schiffes. Jack beugte sich über seinen Partner, der noch immer bewusstlos war. Als Teal’c Jackson auf die Beine half, erkannte Rodney, dass er wach war. Er hielt den Kopf in einer Hand und hatte die Augen geschlossen. Seinem Gesicht sah Rodney an, dass er starke Schmerzen haben musste. “Was …“, fragte er verwirrt. Er blickte zu Teal’c auf. “Was …“

“Lange Geschichte, Danny“, antwortete Jack, “McKay, Sie helfen Beckett.“ Er hob Danny auf seine Schultern.

“Okay“, meinte Rodney, fühlte sich etwas überfordert. Er setzte den Rucksack mit dem ZPM darin auf. Dann half er Carson auf die Beine und folgte den anderen nach draußen. Die Kälte der Antarktis ließ ihn beinahe zurück ins Schiff stolpern. Sie waren bei weitem falsch angezogen für diese Temperaturen. Schnee knirschte unter seinen Stiefeln. Der Eingang zur Basis war noch einige Meter entfernt. Er hörte, wie die Tür des Schiffes zu glitt und als er sich zum Schiff zurückdrehte, musste er mehrmals blinzeln. Vor ihm lag nur die weite Eiswüste. Die Tarnung des Schiffes war perfekt. Man würde es erst bemerken, wenn man dagegen lief. Der kalte Wind zerschnitt Rodneys Lungen bei jedem Atemzug und er verzog das Gesicht. “Oh, Mann, das ist so unfair. Hätte ich den Job doch nie angenommen“, murmelte er.

“McKay“, sagte Jack und er klang nicht genervt oder tadeln, sondern schockiert.

Rodney starrte ihn an. “Was? Man wird doch wohl noch-“

“Ist das McMurdo?“, fragte Jack und Rodney blickte in die Richtung, in die Jack starrte. Eine Rauchwolke stieg in der Ferne auf. Darüber lieferten sich Todesgleiter und Al-Keshs ein erbittertes Gefecht mit F-302s. Der Krieg war hier.

Er nickte. “McMurdo.“ Seine Augen weiteten sich erschrocken. “General, dieses Al-Kesh-“

“Es kommt näher“, bestätigte Jack.

“Wir müssen uns beeilen“, sagte Teal’c und hob Jackson mit einer schnellen Bewegung über seine Schulter. Jack rannte voran zum Eingang der Station. Teal’c folgte ihm. Rodney wollte hinter ihnen her, aber Carson stolperte.

“Oh, komm schon“, sagte Rodney eindringlich, “Komm, komm, komm!“

Carson stolperte erneut.

“McKay!“, schrie Jack.

“Ich mache ja schon!“, antwortete Rodney. Er versuchte, Carson hochzuheben, stolperte über eine Schneewehe und fiel in den Schnee, Carson mit ihm.

“Das gibt es doch nicht!“, hörte er Jack fluchen. Rodney stand auf und half Carson hoch. Und plötzlich war Teal’c da und half ihm, den Arzt zum Eingang der Station zu stützen. Rodney stolperte über Schneewehen und rutschte mehrfach aus, aber er schaffte es, auf den Beinen zu bleiben. Erleichtert rannte er mit Teal’c in die Station. Innerhalb der Glaskuppel war es ruhig. Die Plätze der Wachposten waren verlassen. Die Fahrzeuge standen verwaist auf ihren Plätzen. Niemand war zu sehen und es war totenstill. Jack stand vor dem Aufzug, der nach unten in den Außenposten führte, und drückte auf den Rufknopf. “Verdammt, McKay“, sagte er, drückte immer wieder ungeduldig den Kopf.

“Was?“, fragte Rodney gereizt, “Wir sind nicht alle Superman, wissen Sie?“

Jack drückte weiter den Knopf und Rodney meinte: “Davon geht es auch nicht schneller.“ Draußen schlugen Sprengsätze ein und zerschlugen die Stille. Sie wurden angegriffen. Der Feind war hier. Die Explosion bildete ein Echo über der endlosen Eiswüste und Rodney schnappte nach Luft. Er schob Jacks Hand beiseite und drückte selbst auf den Knopf. Der provisorische Lift rumpelte zu einem quietschenden Halt und Rodney konnte gar nicht schnell genug die Tür öffnen und einsteigen.

“Sie müssen schon evakuiert haben“, sagte Jack mit einem Blick zurück in den Eingangsbereich. Zwei weitere Sprengsätze schlugen ein, dieses mal dicht genug, dass die Hitze durch die Tür schlug und Rodney sie spüren konnte. Der Lift setzte sich gemächlich in Bewegung. Rodney starrte auf das durch die Glaskuppel verzerrte näher kommende Al-Kesh, die Einschläge und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich verschwinden konnten, ehe sie unter der Oberfläche verschwanden und er das Al-Kesh nicht mehr sehen konnte. Der Lift hatte gerade die Hälfte der Strecke zurückgelegt, da waren mehrere Explosionen über ihnen zu hören.

Das Geräusch von splitterndem Glas und berstendem Metall war ohrenbetäubend. Der Lift schwankte und Rodney hatte einen Moment die Sorge, dass er stehen bleiben würde – oder abstürzen –, aber sie war unbegründet.

Jack schob die Tür auf, ehe sie ausstiegen. Auch hier unten herrschte Ruhe. Die Arbeitsstationen waren verlassen, der große Raum still und der Stuhl auf seinem Podest verwaist. Eis regnete von der Decke, die Einschläge klangen durch die meterdicke Eisschicht dumpf. “Sie sind direkt über uns“, sagte Jack.

“Sie werden solange schießen, bis alles vernichtet ist“, antwortete Teal’c.

Jack eilte zum Stuhl, der in der Mitte des Raumes stand und setzte Danny auf dem Boden ab. “McKay, helfen Sie Beckett.“

“Ja, ja“, murmelte Rodney und half Carson zu dem Stuhl zu gehen, “General, ich weiß nicht ob-“

“Welche Möglichkeiten haben wir denn noch?“, fragte Jack. Erneut gab es Einschläge, wieder regneten Teile der Decke auf sie hinab.

Teal’c setzte Jackson neben sein Alter Ego und blickte nach oben. “Ist eure Baukunst stabil?“, fragte er.

“Du meinst für den Fall, dass die Ori und Goa’uld uns angreifen?“, fragte Jack mit gehobenen Augenbrauen. Teal’c griff nach dem Rucksack und Rodney befreite sich aus den Trägern. Teal’c öffnete den Rucksack und Jack nahm das ZPM heraus. Er kniete sich an die Basis des Podestes und öffnete die ZPM-Kammer. “Das ZPM ist noch nicht ausgeschöpft“, sagte er zu Teal’c, der ihn interessiert beobachtete, während er die alte Energiequelle herausholte, “Aber es hat nicht mehr genug Energie, um die Waffen zu aktivieren. Das hier …“ Er setzte das neue ZPM ein, das gehorsam aufleuchtete, als es in Position war. “.. sollte reichen.“

Rodney setzte Carson in den Stuhl. Nichts passierte. Carson lag mit geschlossenen Augen auf dem Gerät und rührte sich nicht. Sorge ergriff Rodney und er rüttelte an Carsons Schulter. “Hey, aktivieren!“, sagte er. Carson drehte schwach den Kopf. “Komm schon“, bat Rodney.

Jack hob die Augenbrauen. “Vielleicht stimmt was mit dem ZPM nicht.“

Rodney schüttelte den Kopf. “Nein, es sollte funktionieren.“

“Woher wollen Sie das wissen? Sehen Sie sich das Ding doch mal lieber an.“

“Ich kann das Problem nicht durch Anstarren lösen, General, ich- autsch!“

Die Fußstützen des Stuhls hatten ihn ins Schienbein getroffen, als er sich aktivierte.

“Das ist es“, sagte er begeistert, “Jetzt die Drohnen.“

Carson kniff die Augen zusammen und versuchte, sich zu konzentrieren, aber er schüttelte den Kopf. “Ich kann nicht.“

Eine weitere Explosion, diese lauter, traf die Station. Jack sprang zur Seite, als sich ein großer Teil der Decke löste und dicht neben ihm einschlug. Er eilte zu Jackson und Danny. “McKay!“, rief er. Teal’c gesellte sich zu Jack und half ihm, die beiden anderen Männer an eine geschütztere Stelle des Raumes zu bringen.

“Carson, komm schon. Konzentrier dich.“

Carson schüttelte den Kopf. “Ich versuch’s. Ich …“

“Komm schon“, flehte Rodney. Er ergriff fest Carsons Schulter und der andere Mann zuckte weg, als hätte Rodney ihn geschlagen. “Du kannst das“, sagte Rodney. Er beugte sich über Carson und legte seine Hände in Carsons Nacken. “Sieh mich an!“, sagte er laut, “Ignorier die Schmerzen.“

Carson schluchzte.

“Ich weiß, das ist schwer, aber, Carson …“

Ein weitere Einschlag und in der Decke über dem Stuhl entstanden Risse. Rodney blickte kurz nach oben, dann wieder zu Carson und als er bemerkte, dass der andere Mann schwer atmend ängstlich an die Decke starrte, presste er seine Stirn an die von Carson und zwang die blauen Augen, ihn anzusehen.

“Carson … aktivier die Drohnen. Ich weiß, dass du es kannst.“

Carson starrte Rodney an – Schmerzen und Erschöpfung lagen in seinen Augen.

“Komm schon“, sagte Rodney, etwas leiser. Er blendete ihre Umgebung aus. “Komm schon.“ Er schloss die Augen und streichelte mit den Fingern durch Carsons dunkle Haare, dann drückte er einen Kuss auf seine Lippen. “Komm schon.“

Ein gelber Lichtblitz neben ihm ließ ihn aufblicken und er erstarrte, als sich Hunderte kleiner, gelber Lichtbälle ihren Weg durch die Decke und in die Freiheit erkämpften. Er blickte wieder zu Carson, der mit geschlossenen Augen und angestrengtem Gesicht im Stuhl saß.

“Das ist es“, sagte er fassungslos, “Das ist es!“



***



Lorne und Rush standen nebeneinander im Konferenzraum und blickten auf die Satellitenbilder, die der Flachbildschirm ihnen zeigte. Über McMurdo tobte eine Schlacht zwischen der Erde und den Angreifern. Aus dieser Entfernung war schwer zu sagen, welche Seite die Oberhand hatte, oder welcher der kleinen Punkte zu welcher Seite gehörte.

Rush deutete auf mehrere kleinen schwarzen Punkte, die sich in Richtung der Antiker-Basis bewegten.

“Sie werden angreifen.“

“Das haben sie bereits“, antwortete Lorne und starrte auf die Rauchwolke, die sich über der Basis erhob. Die Vogelperspektive war gewöhnungsbedürftig, aber er wusste, dass es nicht gut aussah.

Rush rieb sich das Kinn. Dann kniff er die Augen zusammen und lehnte sich näher zum Bildschirm. “Colonel“, sagte er. Lorne folgte seinem Blick. Etwas helles hob sich von Rauchwolken ab.

“Was ist das?“

“Wenn ich es nicht besser wüsste …“, murmelte Rush.

“Drohnen“, sagte Lorne, als die gelben, pfeilschnellen Waffen näher kamen, unterwegs die Todesgleiter und Al-Keshs über der Antarktis zerfetzten, “Ein Bild von dem Schiff, schnell.“

Rush eilte an den nahen Schreibtisch und rief mit der Tastatur ein anderes Satellitenbild auf. Es zeigte das Ha’tak, von dem die Todesgleiter-Attacke ausgegangen war. Es hing noch immer unterhalb der Erdflotte – unangreifbar, da die Erde zu sehr damit beschäftigt war, die anderen Schiffe abzuwehren. Rush eilte wieder zu Lorne. Gemeinsam beobachteten sie, wie die Drohnen das Ha’tak zerrissen. Die Explosion war heftig, ein Teil des Schiffes raste auf die Kamera zu und als der Satellit getroffen wurde, fiel das Bild aus. Rush und Lorne starrten auf den dunklen Bildschirm, als würde er noch immer die Schlacht zeigen.

“Sie haben es geschafft“, sagte Lorne schließlich. Rush konnte nur stumm nicken.



***



“Sir!“, rief Marks, “Wir sind auf 10%.“

Everett schloss die Augen. “Danke, Major.“

Captain Fry sagte: “Wir haben Bestätigung von der Selene. Alle Basen in der Antarktis wurden evakuiert.“

“Gut“, antwortete Everett.

“Sir“, sagte Marks wieder. Er starrte auf seinen Bildschirm. “Sir, da sind … Tausende von Energiesignaturen auf meinem Bildschirm und sie nähern sich uns.“

“Todesgleiter?“, fragte Everett. Er blickte durch das Fenster nach draußen auf die Schlacht zwischen den verbliebenen Erdschiffen, den letzten zwei Ha’taks und den noch immer scheinbar unbesiegbaren Ori-Schiffen.

“Nein“, antwortete Marks. Everett wollte gerade fragen, was es denn sei, da schrie eine Frau hinter ihm überrascht auf und Marks deutete in das All. “Sir“, sagte er fassungslos. Everett wandte den Blick nach draußen. Seine Augen weiteten sich überrascht, als eine Flut von gelb leuchtenden Körpern am Schiff vorbeizischte und direkten Kurs auf die feindlichen Schiffe nahm.

“Was …“

Die Hektik auf der Brücke erstarb, als alle aus dem Fenster starrten.

“Drohnen“, sagte Captain Fry ehrfürchtig, dann wiederholte er lauter, “Sir, das sind Drohnen aus der Antiker-Basis.“

Die Drohnen drangen durch die Schilde der feindlichen Schiffe, als würden sie sie gar nicht wahrnehmen, rissen Löcher in die Hüllen, und sogar die Ori-Schiffe konnten ihnen nicht stand halten. Everett stand auf und ging auf das Fenster zu, gesellte sich zu ein paar Technikern, die gebannt auf das Schauspiel starrten. Die feindlichen Schiffe explodierten, ihre Teile flogen ziellos durchs All, trafen einander und zerbrachen. Everett schloss geblendet die Augen, als auch die Schiffe der Ori in vier riesigen Feuerbällen aufgingen. Dann war es vorbei. Die Drohnen erloschen.

Atemlose Stille herrschte auf der Brücke.

Dann brachen alle gleichzeitig in Jubel aus. Everett fühlte sich von einem der Techniker in eine freudige Umarmung gezerrt und erwiderte sie knapp, noch immer auf die Stelle starrend, an der die feindlichen Schiffe geschwebt hatten.

“Es ist vorbei“, flüsterte er.

“Ja, Sir“, sagte Major Marks, der plötzlich neben ihm stand, “Es ist vorbei.“

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Kapitel 12 by JolinarJackson
12.


Eine atemlose Stille hing in der eisigen Luft der unterirdischen Basis. Jack und Teal’c hatten sich schützend über die beiden Daniels gelehnt und blickten nun skeptisch zur Decke hinauf.

Ein Husten von Danny ließ Jack den Blick zu seinem Partner wenden. Müde blaue Augen starrten ihn an.

“Baby“, sagte Jack leise und umfasste sein Gesicht mit den Händen, “Danny. Alles okay. Wir haben dich gefunden.“

Danny schloss kurz die Augen, als Jack einen Kuss in seine matten Haare drückte und ihn vorsichtig in eine Umarmung zog. Danny schnappte nach Luft und Jack blickte ebenfalls zu Daniel, der bewusstlos am Boden lag.

“Daniel?“, fragte er besorgt.

Teal’c kniete neben dem Archäologen und kontrollierte seinen Puls. “Er lebt, aber er ist sehr schwach“, sagte er. Seine dunklen Augen glitten zu dem Stuhl ein paar Meter entfernt.

Rodney lehnte mit dem Oberkörper über Carson, die Hände auf der Stuhllehne abgestützt. “Carson, alles okay?“, fragte er leise. Der Arzt nickte langsam und öffnete die Augen. Der Stuhl schaltete sich ab. “Du warst großartig“, sagte Rodney atemlos, “Einfach großartig.“

Carson lächelte leicht. Dann richtete er sich vorsichtig auf. Rodney half ihm. “Du solltest liegen bleiben oder nicht?“, fragte er unsicher.

Carson griff Rodneys Schultern und zog sich auf die Beine. “Nicht der Stuhl“, murmelte er, “Wer weiß, was ich damit anstelle, wenn ich …“

Er fiel vorwärts und Rodney fing ihn ungeschickt auf.

“Langsam, Carson, langsam“, sagte er.

Carson verschränkte die Arme in Rodneys Nacken. “Oh, Mann … es tut immer noch weh“, murmelte er.

“Du musst dich ausruhen“, meinte Rodney, “Immerhin hast du mir versprochen, dass du dafür sorgst, dass ich das ATA-Gen erhalte.“

Carson lachte leise, etwas hilflos. Rodney half ihm, sich auf den Boden neben den Stuhl zu setzen und Carson lehnte den Kopf an das Gerät. “Gut zu wissen, für was nutze zu sein“, sagte er erschöpft. Er schloss die Augen und Rodneys Hand fand ihren Weg in seine dunklen Haare. Carson lehnte seinen Kopf in die zärtliche Berührung.

Rodney lächelte. “Für mich – immer“, sagte er.



***



Lorne und Rush eilten die Treppe zum Kontrollraum des SGCs hinunter, an deren Fuß bereits Walter Harriman auf sie wartete. Es war merkwürdig ruhig im Kontrollraum. Beinahe alle waren in anderen Teilen des SGCs beschäftigt, da das Tor augenblicklich nicht zu gebrauchen war. Unaufgefordert sprach Walter, noch während die beiden Männer die letzten Stufen nahmen.

“Die Selene berichtet, dass alle feindlichen Schiffe vernichtet wurden, Sir. Wir haben drei Schiffe verloren. Die Odin, die Prometheus und die Diana. Die Artemis hat schwere Schäden davongetragen. Colonel Young hat berichtet, dass sie es nicht riskieren können, in die Erdatmosphäre einzutreten. Ein Team macht sich bereits bereit, an Bord gebeamt zu werden und bei den Reparaturen zu helfen.“

“Gut“, antwortete Lorne.

Harriman fuhr fort: “Viele Verluste bei den F-302s. Gerade wurde berichtet, dass einer der Piloten – ein Major Mitchell – lebend aus den Trümmern gezogen wurde. Das gibt Hoffnung für mehr Überlebende.“

Ein Signal von einem der Computer veranlasste Harriman dazu, an seinen Platz zurückzukehren. “Die Selene schickt eine Kontaktanfrage.“

“Stellen Sie sie durch“, sagte Lorne und wandte sich dann dem großen Bildschirm an einer der Wände zu.

Colonel Telford nickte ihm knapp zu. “Wir haben fünf Lebenszeichen in der Antiker-Basis gefunden. Evan, das wirst du nicht glauben.“

“General O’Neill?“, vermutete Lorne und Telford nickte.

“Ja, unter anderem. Wir schicken sie jetzt runter zu euch.“

Rush, der bis zu diesem Moment geschwiegen hatte, wandte sich an Lorne.

“Ich will wissen, wie sie das geschafft haben.“

“Sie sind nicht der einzige“, antwortete Lorne und macht sich auf den Weg in den Torraum.

Zwei Soldaten standen an der Tür und nickten Lorne und Rush zu, als sie eintraten. Nur ein paar Sekunden später traf der Transportstrahl von der Selene ein. Lornes erster Gedanke war, dass weniger durch das Tor aufgebrochen waren als jetzt zurückkehrten. Rodney stützte Carson, der sich müde und erleichtert im Torraum umblickte. Jack stützte einen weiteren, reichlich mitgenommen wirkenden Mann, aber neben ihm … die Soldaten traten mit gezogenen Waffen auf die Gruppe zu und Lorne zog Rush einen Schritt zurück, seine Augen auf den hünenhaften Jaffa inmitten der Gruppe geheftet, der einen scheinbar bewusstlosen Daniel Jackson in den Armen hielt.

Jack hob eine besänftigende Hand. “Nein. Waffen runter. Es ist in Ordnung.“

“Jack?“, fragte Lorne skeptisch und die Soldaten folgten seinem Ton, hielten ihre Waffen auf die Gruppe gerichtet.

“Er ist unser Freund“, sagte der General fest. Zögernd ließen die Soldaten die Waffen sinken.

Rush trat einen Schritt vor. “Dr. Jackson?“, fragte er fassungslos. Lorne blickte automatisch zu der bewusstlosen Gestalt in den Armen des Jaffa, aber Rushs Augen waren auf den Mann gerichtet, der nur mit Jacks Hilfe aufrecht zu stehen schien.

“Ist das …“, fragte Lorne.

Jack nickte. “Ja. Aber wir haben keine Zeit. Wir müssen Daniel in seine Realität zurückschicken.“

“EKV“, erklärte Rodney knapp und Rush verfiel in Bewegung.

“Ich gebe dem QMC bescheid“, sagte er und rannte aus dem Torraum. Einer der Soldaten nahm Jack auf eine Geste hin seinen Daniel ab. Lorne wollte gerade fragen, wo das medizinische Personal blieb, da stürmte Dr. Keller auch schon mit zwei Tragen und vier Sanitätern in den Torraum. Jack nahm Teal’c seine Last ab und ging mit einem letzten Blick zurück zu seinem Partner aus dem Torraum. Lorne folgte ihm. Am Fahrstuhl trafen sie auf Rush, der schon einen Lift gerufen hatte und die Tür aufhielt.

“Sie suchen bereits seine Realität. Wie schlimm ist es?“, wollte er wissen. Sie betraten den Fahrstuhl.

“Die Symptome sind schon in der Antarktis aufgetreten. Er atmet kaum noch“, sagte Jack.

Lorne schüttelte fassungslos den Kopf. “Das wird ein ziemlich außergewöhnliches Briefing.“

“Allerdings. Sie haben keine Ahnung wie außergewöhnlich“, antwortete Jack und verließ den Fahrstuhl.

Als sie den Spiegelraum betraten, war das Gerät bereits angeschaltet. Auf der anderen Seite des Spiegels standen Soldaten bereit. Ihre Waffen waren gesenkt aber sie wirkten bereit, jederzeit das Feuer zu eröffnen. Lorne entdeckte Jack O’Neill im Hintergrund und nickte ihm zu. Sein Jack trat vor den Spiegel. “Ich bin gleich zurück“, sagte er.

Lorne trat alarmiert auf ihn zu. “Sir, wollen Sie das wirklich-“

“Ja“, nickte Jack. Ohne ein weiteres Wort berührte er die Spiegeloberfläche.



Realität Nr. 389

Er beachtete die anwesenden Soldaten gar nicht, sondern fixierte seinen Blick stattdessen auf sein Alter Ego. O’Neill blieb vorsichtig, aber Jack konnte sehen, dass er ihm Daniel am liebsten entrissen hätte.

“Es tut mir leid“, sagte er. O’Neill hob die Augenbrauen. “Unser Daniel war … er ist noch am Leben.“ Jack konnte nicht umhin, bei den Worten zu lächeln. Dann wurde er wieder ernst. “Entropisches Kaskadenversagen hat eingesetzt und wir haben es zu spät bemerkt.“

O’Neill trat an den Soldaten vorbei und auf ihn zu, bis er direkt ihm gegenüber stehen blieb. Jack konnte unterdrückte Wut in seinen Augen sehen und schüttelte den Kopf. “Sobald er aufwacht, wird es ihm wieder gut gehen.“

O’Neill streckte die Hände aus und Jack machte einen halben Schritt zurück. “Warte noch.“

“Gib ihn mir“, verlangte O’Neill wütend.

“Ich muss dir etwas sagen.“

“Ihr entführt ihn, ihr bringt ihn dazu euch zu helfen und ihr bringt ihn beinahe um … was könntest du mir noch sagen?“

Jack lächelte und drückte Daniel an sich. “Du bist ein unglaublicher Idiot“, sagte er so leise, dass die Soldaten hinter O’Neill es nicht hören konnten.

“Was?“, fragte O’Neill lauernd.

“Du weißt, wovon ich spreche.“

O’Neill starrte ihn drohend an. “Was weißt du schon von mir?“

“Ich weiß, wie du Daniel angesehen hast, als er dir gesagt hat, dass er uns helfen wird. Ich kenne diesen Blick. Du warst besorgt, aber nicht um deinen Teamkameraden. Du liebst ihn.“

“Er ist mein bester Freund.“

“Ja“, sagte Jack, “Ja, das ist er.“ Er schüttelte den Kopf. “Aber er könnte mehr sein. Wenn du denkst, dass er dich abweist, dann liegst du falsch. Er liebt dich auch.“

In O’Neills Augen leuchtete Verstehen auf, gefolgt von Wut. “Er ist nicht dein Daniel. Bloß, weil ihr scheinbar so etwas wie ein Paar seid, heißt das noch lange nicht-“

“Er hat es mir gesagt“, log Jack, “Er liebt dich.“ Er trat vor und übergab Daniel an O’Neill. Jack hob die Hand und fuhr sanft durch Daniels Haare. “Sei kein Idiot“, sagte er, dann streckte die Hand nach hinten aus und war zurück in seiner Realität.



Realität Nr. 298

Er nickte dem Techniker zu und der schaltete den Spiegel ab.

“Worüber haben Sie gesprochen?“, fragte Lorne.

Jack starrte auf die blinde Spiegeloberfläche und antwortete: “Das war persönlich.“ Er wandte sich ab und lächelte Lorne an. “Und jetzt habe ich wirklich keine Zeit. Ich sollte … ich sollte bei Danny sein.“



Realität Nr. 389 – zwei Wochen später

“Wow!“, sagte Sam und legte eine Hand auf Daniels Arm. Sie trat näher an ihn heran und blickte zu seinem Alter Ego. Danny saß am Konferenztisch unterhielt sich angeregt mit Teal’c. Außer General O’Neill, Carson, Danny und Rodney war noch ein Dr. Rush aus der alternativen Realität zu Besuch gekommen. Gerade war das Briefing zu Ende gegangen. Zwar hatte Sam in der letzten Woche von Daniel immer wieder Einzelheiten über seine Erlebnisse auf der anderen Seite gehört, aber die Geschichte noch einmal aus anderen Perspektiven und vollständig zu hören, hatte sie beeindruckt.

“Ein ziemliches Abenteuer“, seufzte sie. Daniel nickte. “Bist du okay?“, fragte Sam und er zwang sich zu einem Lächeln.

“Natürlich.“

Die anderen wieder zu sehen war zwar schön, aber es brachte ihn zu den Gedanken zurück, die er seit seiner Rückkehr krampfhaft zu unterdrücken versuchte. O’Neill und Danny zusammen zu sehen – obwohl die beiden sich auf der Militärbasis doch sehr zurückhielten – tat weh. Aber Daniel wusste nicht, wie er seine eigene Situation ändern könnte und ob er es überhaupt tun sollte.

“Oh, bitte!“, beschwerte Rodney sich und kam die Treppe vom Kontrollraum hinauf in den Konferenzraum, “Das ist nicht wahr.“

Nicholas Rush folgte ihm, einen Laptop unter den Arm geklemmt und die Stirn in verärgerte Falten gelegt. “Sie wissen, dass es so ist“, antwortete er.

Rodney verdrehte die Augen und drehte sich mit in die Hüften gestemmten Händen zu Nicholas um. “Sie sind nicht besser darin, antikisch zu lesen.“

“Und ob ich das bin.“

“Es kann nur einen wissenschaftlichen Leiter auf dieser Expedition geben.“

“Mich“, antwortete Nicholas. Rodney schnaubte.

General O’Neill fühlte sich scheinbar genötigt, einzugreifen und stand von seinem Platz am Konferenztisch auf. “Gentlemen“, meinte er beschwichtigend. Die beiden Wissenschaftler blickten zu ihm. “Glauben Sie mir, dass wir uns alle bewusst sind, dass wir unbedingt eine Galaxie zwischen Sie beide bringen müssen, um unsere Ruhe zu haben.“ Er fing sich dafür einen bösen Blick von beiden Wissenschaftlern, fuhr aber unbeeindruckt fort: “Ich wollte es Ihnen erst später sagen, aber tatsächlich gibt es zwei Expeditionen. Wir besprechen später, wer Atlantis und wer Ikarus bekommt.“

Die beiden Wissenschaftler starrten einander nieder. Daniel fand, dass O’Neills Ablenkungsmanöver gescheitert war und versuchte es selbst. “Dr. Rush, konnten Sie das Wahl-Programm problemlos kopieren?“

Die dunklen Augen des älteren Mannes wandten sich Daniel zu. “Natürlich“, sagte er, “ich habe es geschrieben. Natürlich kann ich es kopieren.“

“Uh … eigentlich“, Sam hob eine Hand, “habe ich es geschrieben.“

Nicholas kniff die Augen zusammen und Daniel fürchtete das Schlimmste, aber der Wissenschaftler sagte: “Es ist brillant. Wie haben Sie das Doppler-Problem umgangen?“

“Dafür brauchte ich ein paar Stunden“, antwortete Sam.

Nicholas nickte. “Ich ebenfalls.“

Rodney verdrehte die Augen und wandte sich ab. Er ging zu Carson, der in einer Ecke des Raumes mit Jack stand. Hätte Daniel nicht darauf geachtet, wäre ihm gar nicht aufgefallen, wie Rodney seine Finger kurz mit denen von Carson verschränkte, ehe er seine Aufmerksamkeit Jack zuwandte. O’Neill tippte Daniel an und nickte in eine andere Ecke des Raumes. Dort lehnte er sich mit den Händen in den Hosentaschen an die Wand und blickte zu seinem Partner, der dazu übergegangen war, sich Notizen zur Jaffa-Kultur zu machen, während Teal’c sprach.

“Er könnte euren Teal’c befragen“, meinte Daniel amüsiert und O’Neill antwortete: “Ja. Das hat er. Ich glaube, er stellt Vergleiche an.“

Danny blickte zu ihnen und lächelte O’Neill zu. Der General lächelte zurück. “Wenn Ba’al uns nicht gefangen genommen hätte …“, meinte er, “… hätte ich ihn nie zurück bekommen.“

“Merkwürdig, nicht wahr?“, fragte Daniel, “So hatte es doch was Gutes.“

O’Neill nickte. “Danny“, sagte er dann und brach ab. Daniel blickte zu ihm auf. O’Neill schüttelte den Kopf. “Nur … danke.“

Daniel nickte. Ehe er “Gern geschehen“ antworten konnte, hatte Jack ihn in eine Umarmung gezogen. Daniel erwiderte sie und schloss die Augen, als Jack ihn kurz noch näher zog, ehe er ihn losließ. “Dein Jack liebt dich“, sagte er leise. Er legte eine Hand auf Daniels Schulter und blickte ihn aus ernsten, braunen Augen an. “Weißt du, wer bei uns beiden den ersten Schritt gemacht hat?“

Daniel blickte zu seinem Alter Ego. “Du?“, riet er.

“Nein“, lachte O’Neill, “viel zu feige.“ Er zwinkerte Daniel zu. “Denk darüber mal nach.“



***



“Mit geht’s wieder gut, Jack“, sagte Daniel entnervt, ließ sich aber in das Haus seines besten Freundes führen und nahm den Sitzplatz auf der Couch an, “Dr. Lam sagt, mir fehlt nichts. Es ist eine Woche her.“

“Du hast auf der Fahrt hierher geschlafen.“

“Ich bin nur müde“, antwortete Daniel und entspannte sich. Er liebte Jacks Couch. Seit der ersten Nacht, die er hier verbracht hatte, nachdem er von Abydos zurückgekehrt war.

Jack blickte ihn skeptisch an, dann verschwand er in der Küche und kehrte mit einem Glas Wasser zurück.

“Danke“, sagte Daniel. Jack griff in seine Hosentasche und stellte eine kleine Dose mit Aspirin auf dem Tisch ab. Daniel starrte die Tabletten an, dann hoch zu Jack. “Du hast Aspirin in deiner Hosentasche?“

Jack zuckte mit den Schultern und ließ sich in seinen Sessel sinken. Er stützte die Ellbogen auf den Knien ab. Sein Kinn ruhte in einer Handfläche. Daniel starrte noch immer die Tabletten an und Jack meinte: “Ich kann von hier aus sehen, dass du Kopfschmerzen hast.“

Daniel nickte langsam. Er nahm eine der Tabletten. Er leerte das Glas fast zu Hälfte und als er es zurückstellte, bemerkte er, dass Jack ihn anstarrte.

“Was?“

“Nichts“, antwortete der General sofort.

“Sicher?“, fragte Daniel.

“Ja.“

“Okay.“

“Okay.“

Stille breitete sich aus und Daniel blickte in Jacks Garten, dann zurück zu seinem Freund. “Interessante Besprechung, hm?“

“Ja“, antwortete Jack.

“Wurde unser Dr. Beckett schon gefunden?“

“Ja“, antwortete Jack, “und tatsächlich hat er gerade während eines Forschungsprojektes eine Anomalie in einer Gen-Probe gefunden.“

“Das Antiker-Gen“, meinte Daniel nickend.

“Genau“, antwortete Jack, “Er wurde aufgeklärt und hat die Schweigepflicht unterschrieben. Er sollte gerade auf dem Weg in die Antarktis sein.“

“Dr. McKay wird sich freuen“, meinte Daniel grinsend.

“Warum habe ich die Vermutung, dass dieser Satz eine tiefere Bedeutung hat?“

Daniel lachte. “Du hast es nicht gemerkt? Carson und Rodney sind ein Paar.“

“Ehrlich?“, fragte Jack schockiert, “Ich verstehe nicht, wie jemand auf McKay stehen kann. Er ist ein ewiger Besserwisser, immer am nörgeln, auf alles allergisch …“

Daniel zuckte mit den Schultern. “Ich glaube, er ist gar nicht so schlecht, wenn man ihn näher kennen lernt.“

“Hm“, machte Jack, “Hast du dich gefreut, sie wieder zu sehen?“

Daniel blickte Jack fragend an. “Sicher“, antwortete er.

“Auch diesen … Jack?“

Daniel lächelte. “Ja.“ Er wich Jacks Blick aus und konzentrierte sich stattdessen auf die Aspirin – die Aspirin, die Jack für ihn dabei gehabt hatte.

“Findest du es nicht ein bisschen merkwürdig, dass … wir – in einer anderen Realität – ein Paar sind?“

Daniel blickte zu Jack auf. “Nein“, sagte er, ehe er näher darüber nachdachte.

Jacks Augen weiteten sich ungläubig. “Nein?“

Daniel schloss die Augen und ballte die Hände zu Fäusten. Dann blickte er wieder zu Jack auf und starrte in seine Augen. “Nein“, wiederholte er, “ich fand es eigentlich …“ Er lächelte. “Ich mochte die Vorstellung“, sagte er. Jack schluckte schwer, dann stand er auf und verließ das Wohnzimmer. Daniel stützte den Kopf in die Hände. “Verdammt“, murmelte er. Er stand auf, um zu gehen, aber als er das Wohnzimmer verließ, stand Jack plötzlich vor ihm. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und starrte ihn mit einem unlesbaren Ausdruck an.

“Es tut mir leid“, sagte Daniel, “Ich hätte das nicht sagen sollen.“ Er fuhr sich verzweifelt durch die Haare. “Jack-“

“Mir auch“, sagte der General.

Daniel hielt inne. “Was?“

“Mir auch“, antwortete Jack.

Daniel zog die Augenbraune zusammen, hob einen Zeigefinger. “Aber-“

“Vergiss Carter“, unterbrach Jack und kam einen Schritt auf ihn zu.

Daniel schüttelte den Kopf. “Und-“

“Vergiss das Militär. Es gibt Don’t ask, don’t tell und wenn ich ehrlich bin … Ruhestand hört sich inzwischen ziemlich gut an.“

Er kam ein paar weitere Schritte auf Daniel zu, der ihn verwirrt anstarrte.

“Du-“

“Da war Andrew Peterson in der Air Force-Akademie. Wir hatten ein paar Dates“, meinte Jack, nahm den letzten Schritt auf Daniel zu und legte eine Hand in seinen Nacken. Er starrte ernst in Daniels Augen hinunter.

Daniel schnappte nach Luft, noch nicht in der Lage zu begreifen, was gerade passierte. “Ich-“

Jack schnitt ihm das Wort mit einem Kuss ab. Daniel schloss die Augen und legte die Arme um Jack, zog ihn näher.

“Außerdem“, murmelte der General zwischen zwei Küssen, “wenn so ein Typ wie McKay eine Beziehung führen kann …“

“Jack“, sagte Daniel und drückte seinen Freund an die Wand des Korridors.

“Ja?“

Daniel grinste. “Danke für die Aspirin. Und jetzt … halt die Klappe.“

ENDE
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